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DOI: 10.1055/s-2004-812936
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Entlastung für den Stadtteil? Die Auswirkungen eines niedrigschwelligen Drogenhilfeangebots auf die Anzahl an Drogenkonsumenten in Hamburg-St. Georg
Relief of Strain on the City District? The Effects of a Low-Threshold Drug Help Service on the Number of Drug Users in Hamburg St. Georg
Dipl.-Psych. Michael Prinzleve
Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung, der Universität Hamburg ZIS, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des UKE
Martinistraße 52
20246 Hamburg
eMail: prinzleve@uke.uni-hamburg.de
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
24. Mai 2004 (online)
Zusammenfassung
Fragestellung: Hat der Betrieb einer niedrigschwelligen Beratungsstelle mit integriertem Drogenkonsumraum eine entlastende Wirkung für einen von Drogenkonsumenten stark frequentierten Stadtteil? Methodik: Es wird die Anzahl von Drogenkonsumenten ermittelt, die sich im Stadtteil und in der Einrichtung aufhalten. Diese Zählung erfolgt unter drei Untersuchungsbedingungen: während des Betriebs der Einrichtung, im Zeitraum nach deren Schließung sowie an Tagen, an denen die Einrichtung ganztägig geschlossen hat. Ergebnisse: Die Öffnungszeiten haben einen direkten Einfluss auf die Anzahl an Drogenkonsumenten im Stadtteil. Dort werden während des Betriebs der Einrichtung deutlich weniger Drogenkonsumenten gezählt. Wenngleich die Einrichtung auch ein Anziehungspunkt für Drogenkonsumenten ist, führt ihr Betrieb „netto” zu einer Entlastung des Stadtteils. Schlussfolgerungen: Eine niedrigschwellige Einrichtung mit Drogenkonsumraum kann entscheidend zur Entlastung eines von Drogenkonsumenten stark frequentierten Stadtteils beitragen. Ausschlaggebender Faktor dabei ist die Attraktivität der Einrichtung. Eine für Drogenkonsumenten attraktive Einrichtung erfüllt nicht nur ihren Versorgungs- und Betreuungsauftrag, sondern reduziert auch die Belastung für die Anwohner.
#Abstract
Objective: Does the operation of a low-threshold drug help service with an integrated drug consumption room have a relieving effect on a city district heavily frequented by drug users? Methods: The number of drug users staying in the city district and coming to the drug service is investigated. This investigation is carried out under three different conditions: during the opening hours of the service, during the time following the closing hour and on those days when the service is closed all day. Results: The opening hours have a direct impact on the number of drug users in the city district. During opening hours, the number of drug users in the district is clearly lower. Though the centre is a point of attraction for drug users, the “net result” is a relief of the strain on the city district. Conclusions: A low-threshold drug help service with an integrated drug consumption room can decisively contribute to removing strain from a city district heavily frequented by drug users. The decisive factor is the attractiveness of the centre. Drug services that are attractive to drug users not only fulfil their task of health and social care but also reduce the residents’ strain.
#Einleitung
Niedrigschwellige Angebote der Drogenhilfe zielen zunächst auf die Reduzierung der gesundheitlichen, psychischen und sozialen Begleit- und Folgeerscheinungen des Substanzkonsums für die Drogenkonsumenten selbst. In einem umfassenderen Verständnis von Harm Reduction dienen sie jedoch auch zur Reduzierung der Belastungen für das soziale Umfeld und die Gesellschaft [1]. Besonders deutlich wird dies im Zusammenhang mit dem Betrieb von Drogenkonsumräumen. Diese dienen sowohl der Drogennotfallprophylaxe, Gesundheitsförderung und Förderung der Veränderungsbereitschaft auf Seiten der Drogenkonsumenten als auch zur Reduzierung der Belastung für die von öffentlichem Konsum und Szeneansammlungen betroffenen Stadtteile [2] [3].
Bei der Betrachtung des Forschungsstands zeigt sich jedoch, dass die Frage, inwiefern mit Drogenkonsumräumen auch eine Entlastung der Wohnquartiere erreicht wird, bislang nur unzureichend untersucht ist. In ihrer neuesten Übersichtsarbeit zum Stand der Forschung zu Drogenkonsumräumen seit dem Jahr 2000 berichten Kimber et al. [4] von insgesamt drei Studien, für den Zeitraum davor lassen sich ebenfalls nur drei Studien finden, in denen dieser Frage nachgegangen wurde [2] [5]. Methodisch wurden dabei entweder Befragungen von Anwohnern [6] [7] [8] bzw. Anwohnern, Geschäftsleuten, Politik und Polizei [9] durchgeführt oder aus der Auslastung der Drogenkonsumräume bzw. aus den Angaben der Konsumenten zu den Orten, an denen sie Drogen konsumieren, auf eine damit einhergehende Reduzierung des öffentlichen Konsums und somit Entlastung für die Wohnquartiere geschlossen [10] [11] [12]. Diese Untersuchungsansätze lassen jedoch nur indirekt Rückschlüsse auf die Entlastungseffekte von Drogenkonsumräumen zu. So kann eine hohe Auslastung der Konsumräume auch in erster Linie in unzureichenden Angebotskapazitäten, die dem tatsächlichen Bedarf nicht entsprechen, begründet sein [9] [13]. Angaben zum Konsumverhalten beziehen sich in der Regel auf den Kreis der Nutzer von Drogenkonsumräumen und lassen das Konsumverhalten derjenigen, die Drogenkonsumräume nicht in Anspruch nehmen, unberücksichtigt. Zudem zeigt sich, dass auch die Nutzer von Drogenkonsumräumen z. B. bei mangelnder Kapazität weiterhin in der Öffentlichkeit konsumieren, so dass unklar bleibt, ob die berichtete Verlagerung des Konsums in die Drogenkonsumräume tatsächlich mit einem Rückgang des Konsums in der Öffentlichkeit einhergeht. Befragungen von Anwohnern, Polizei, Geschäftsleuten etc. dagegen spiegeln die subjektive Sicht der Befragten wider, die zum einen entscheidend von der generellen Haltung gegenüber Drogenkonsumenten geprägt ist, zum zweiten davon, was subjektiv als Belastung empfunden wird.
Insgesamt lassen diese Untersuchungsansätze keine eindeutige und objektive Bewertung möglicher Entlastungseffekte zu. In der vorliegenden Studie wurde daher als Kriterium die Anzahl von Drogenkonsumenten ermittelt, die sich in dem Stadtteil aufhalten, in dem sich eine Beratungsstelle mit integriertem Konsumraum befindet. Eine solche Zählung von Drogenkonsumenten hat den Vorteil, dass damit eine direkte Messung von Effekten möglich wird, ohne auf subjektive Bewertungen oder Rückschlüsse bez. möglicher Be- und Entlastungseffekte zurückgreifen zu müssen. Dennoch wurde eine solche Zählung nach unserem Kenntnisstand bislang weder im Zusammenhang mit Drogenkonsumräumen noch mit anderen niedrigschwelligen Drogenhilfeangeboten wie z. B. Kontaktläden angewandt und auch international liegt unseres Wissens keine entsprechende Studie vor.
In der vorliegenden Studie wurde die Zählung durchgeführt im Hamburger Stadtteil St. Georg. St. Georg ist seit Mitte der 80er-Jahre der zentrale Ort für die sog. „offene Szene” der Drogen konsumierenden und mit Drogen handelnden Menschen in Hamburg. Es ist ein sehr heterogenes Bahnhofsviertel mit Prachthotels einerseits und dem Straßenstrich andererseits. Im Jahr 2002 lebten dort nach Angaben des Statistischen Landesamtes Hamburg 9940 Menschen [14]. Das in der Studie untersuchte Gebiet St. Georgs ist der Kern des Stadtteils mit Wohnstraßen, Kneipen und Geschäften, Sexshops und dem Straßenstrich, mehreren Bahnhöfen (Hauptbahnhof, U-Bahnstation, ZOB) sowie mit Museum und Theater.
Die Zählung wurde durchgeführt im Zusammenhang einer Evaluation der Verlängerung der Öffnungszeiten des Drob Inn, einer in St. Georg ansässigen Kontakt- und Beratungsstelle mit integriertem Drogenkonsumraum. Diese Verlängerung der Öffnungszeiten wurde eingeführt aufgrund von Beschwerden aus dem Stadtteil über die große Anzahl an Drogenkonsumenten, die sich in den Abend- und Nachtstunden dort aufhalten. Mit der Verlängerung der Öffnungszeiten von bis dahin 19:00 Uhr auf 24:00 Uhr waren zwei Ziele verknüpft: Es sollte ein dem Bedarf dieser Drogenkonsumenten angemessenes Angebot geschaffen werden, das gleichzeitig zu einer Verringerung der Anzahl an Drogenkonsumenten im Stadtteil und somit zu einer Entlastung für die Anwohner führt. Die Evaluation erfolgte entsprechend anhand von zwei Teilstudien, einer Befragung der Zielgruppe zu deren Hilfebedarf und der hier vorgestellten Zählung [15].
#Methodik
#Fragestellungen
Die Zählung wurde durchgeführt unter der leitenden Fragestellung, ob mit der Maßnahme der Verlängerung der Öffnungszeiten das Ziel einer Entlastung des Stadtteils erreicht wird. Von einer Entlastung kann dabei zunächst dann gesprochen werden, wenn sich während der verlängerten Öffnungszeiten die Anzahl von Drogenkonsumenten im Stadtteil verringert. Dies setzt allerdings voraus, dass Öffnungszeiten einen direkten Einfluss auf die Anzahl an Drogenkonsumenten im Stadtteil haben und sich dort z. B. im Anschluss an den Betriebsschluss einer Einrichtung eine Zunahme der Anzahl an Drogenkonsumenten feststellen lässt. Auf Seiten der Drogenkonsumenten erhöht die Verlängerung der Öffnungszeiten eventuell die Attraktivität einer Einrichtung mit der Folge, dass die Gesamtzahl der Drogenkonsumenten, die sich in dem entsprechenden Gebiet aufhält, zunimmt. Dies wiederum birgt die Gefahr, dass die unter Versorgungsaspekten erwünschte und für die Betreuung notwendige Anziehungskraft einer Einrichtung der intendierten Verringerung der Anzahl von Drogenkonsumenten und Entlastung für den Stadtteil zuwiderläuft. Von daher ergeben sich drei zu prüfende Hypothesen:
-
Die Verlängerung der Öffnungszeiten geht einher mit einer deutlichen Verringerung der Anzahl von Drogenkonsumenten im Stadtteil.
-
Die Öffnungszeiten haben einen direkten Einfluss auf die Anzahl an Drogenkonsumenten im Stadtteil.
-
Trotz der Anziehungskraft auf die Drogenkonsumenten hat der Betrieb der Einrichtung für den Stadtteil eine entlastende Wirkung.
Durchführung
Die Zählung wurde durchgeführt in einem Gebiet, das als repräsentativ für den Stadtteil Hamburg St. Georg betrachtet werden kann und welches das Drob Inn und dessen unmittelbares Umfeld mit einschließt. Die Zählung erfolgte an 20 Abenden bzw. Nächten im Zeitraum vom 10.6.2003 bis 8.7.2003. Diese 20 Erhebungstage verteilen sich auf drei Untersuchungsbedingungen in Abhängigkeit von den Öffnungszeiten des Drob Inn: fünf Werktage mit Schließung um 19:00 Uhr, acht Werktage mit Abendöffnungszeit, d. h. der Schließung um 24:00 Uhr, und sieben Wochenendtage, an denen das Drob Inn ganztägig geschlossen ist.
An jedem Erhebungstag fand die Zählung an sieben Erhebungszeitpunkten zwischen 18:00 Uhr abends und 2:00 Uhr nachts statt. Für jeden Erhebungszeitpunkt wurde ein Zeitfenster von 15 Minuten festgelegt und innerhalb dieses Zeitfensters wurde für jeden Erhebungstag ein randomisierter Startzeitpunkt ermittelt, an dem die Zählung zu beginnen hatte. Die jeweiligen Zeitfenster wurden dabei entsprechend ihrer inhaltlichen Relevanz für die Fragestellung ausgewählt und erlauben es, den Verlauf der Anzahl an Drogenkonsumenten über den Abend abzubilden (s. Tab. [1]). Während der Öffnungszeiten des Drob Inn erfolgte dort zeitgleich eine Zählung durch die dortigen Mitarbeiter.
Erhebungszeitpunkt | Zeitfenster[1] | Relevanz |
T1 | 18:00 - 18:15 | vor Schließung 19:00 Uhr |
T2 | 19:15 - 19:30 | nach Schließung 19:00 Uhr |
T3 | 20:15 - 20:30 | |
T4 | 21:30 - 21:45 | während Abendöffnungszeit |
T5 | 23:00 - 23:15 | |
T6 | 00:15 - 00:30 | nach Schließung 24:00 Uhr |
T7 | 01:15 - 01:30 | nach Betriebsschluss des ÖPNV |
1 Innerhalb des Zeitfensters liegt der randomisierte Startzeitpunkt. |
Gezählt wurden Konsumenten illegaler, sog. harter Drogen wie Heroin, Kokain und Crack, unabhängig von der momentanen Tätigkeit der Betreffenden. Ob die Person der Prostitution nachging, dealte oder Alkohol konsumierte, war für die Zählung unerheblich. Entscheidend war, dass sie als Konsument illegaler Drogen eingeschätzt wurde. Als Zähler wurden ausschließlich Experten mit ausgewiesener Felderfahrung eingesetzt. Zum Einsatz kamen 26 unterschiedliche Experten, wobei es sich zur Hälfte um Mitarbeiter aus dem Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung der Universität Hamburg, zur anderen Hälfte um externe Experten aus der Drogenhilfe handelte. Die große Anzahl unterschiedlicher Personen wurde gewählt, um systematischen Fehlern durch die Zähler entgegenzuwirken.
An jedem Erhebungszeitpunkt wurden die Drogenkonsumenten zeitgleich von zwei Zählern gezählt. Die Zähler registrierten die Konsumenten unabhängig voneinander mittels eines mechanischen Handzählers. Für die statistischen Auswertungen wird der Mittelwert der beiden Zähler berücksichtigt. Darüber hinaus mussten die Zähler zu jedem Erhebungszeitpunkt das Wetter protokollieren, um dessen Einfluss auf die Anzahl an Drogenkonsumenten überprüfen zu können.
Die Zählung erfolgte auf einer vorher definierten, standardisierten Strecke, die nach Durchführung einer Expertenbefragung und Auswertung der polizeilichen Beschwerdelage festgelegt wurde. Die Strecke wurde so gewählt, dass der Bereich repräsentativ für den Stadtteil St. Georg ist und zudem das Drob Inn mit einschließt. Aus arbeitsökonomischen Gründen musste die Strecke innerhalb von 30 Minuten pro Erhebungszeitpunkt zu begehen sein.
Auf dieser Strecke erfolgte eine Totalerhebung, d. h., jeder gesehene Drogenkonsument wurde gezählt. Doppelzählungen, also die zwei- oder mehrfache Zählung derselben Person innerhalb eines Erhebungszeitpunkts, waren zu vermeiden und bei Unsicherheit zu notieren. Zwischen den einzelnen Erhebungszeitpunkten waren Doppelzählungen zulässig. Daher ist eine Aussage darüber, wie viele verschiedene Drogenkonsumenten sich während des Erhebungszeitraums im Zählgebiet aufhalten, mit der vorliegenden Studie nicht möglich. Ebenso wenig ist eine Aussage über die Anzahl Drogenkonsumenten im gesamten Stadtteil St. Georg möglich. Zwar kann der ausgewählte Bereich als repräsentativ angesehen werden, es können gleichwohl nur Angaben zu der Anzahl von Drogenkonsumenten gemacht werden, die sich während eines Erhebungszeitpunkts in dem Zählgebiet aufhielten.
Die Zählstrecke wurde in acht Teilabschnitte unterteilt. Am Ende eines jeden Teilabschnitts lag ein Dokumentationspunkt, an dem die Zähler die Anzahl an Drogenkonsumenten im Teilabschnitt unabhängig voneinander auf entsprechend vorbereiteten Zählbögen protokollierten. Diese Unterteilung ermöglicht vertiefende Auswertungen zu regionalen Schwerpunkten, an denen sich besonders viele Drogenkonsumenten aufhalten, sowie zu eventuellen Verlagerungen während der Abend- und Nachtstunden, auf die jedoch hier nicht eingegangen wird.
#Ergebnisse
#Vorauswertungen
Vor der statistischen Prüfung der Hypothesen wurden die Daten einer umfangreichen Vorauswertung unterzogen, da die jeweils ermittelte Anzahl an Drogenkonsumenten von einer Reihe von Faktoren abhängig sein kann, die nicht in Zusammenhang mit der zu untersuchenden Maßnahme der Verlängerung der Öffnungszeiten des Drob Inn stehen. Die erhobenen Daten wurden daher zunächst auf Störeinflüsse sowie auf Plausibilität und Konsistenz geprüft.
Ein Erhebungstag (1.7.2003) wurde von den weiteren Auswertungen ausgeschlossen. An diesem Tag befanden sich zwischen ca. 18:00 Uhr und 18:45 Uhr (T1) 209 Drogenkonsumenten im Untersuchungsgebiet. Dieser Wert überschreitet den Mittelwert aller anderen Tage um fast 400 %. Ausschlaggebend dafür war vermutlich die an diesem Tag ausgezahlte Sozialhilfe, die viele Drogenkonsumenten aus anderen Stadtteilen Hamburgs nach St. Georg strömen ließ. Da ein solcher Tag als Ausreißer zu betrachten ist, wurde der 1.7.2003 für die statistische Auswertung nicht berücksichtigt.
Für jeden einzelnen Erhebungszeitpunkt wurde überprüft, inwieweit die Ergebnisse der beiden Zähler voneinander abweichen. Es zeigen sich hier jedoch weder Auffälligkeiten oder extreme Abweichungen noch systematische Unterschiede zwischen Zählern aus der Drogenhilfe und Zählern aus dem Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung. Des Weiteren wurde geprüft, inwieweit das von den Zählern dokumentierte Wetter Einfluss auf die Anzahl an Drogenkonsumenten hatte. Auch hier lassen sich keine signifikanten Ergebnisse feststellen, eine Wechselwirkung zwischen dem Wetter und der Anzahl an Drogenkonsumenten besteht nicht.
Insgesamt kann die Datengrundlage dieser Teilstudie als sehr valide bezeichnet werden. Dies zeigt sich auch anhand der Verläufe über den Abend für die drei Untersuchungsbedingungen (s. u.). So finden sich während des Betriebs der Einrichtung nahezu identische Werte für den Zeitraum von ca. 18:00 Uhr bis 18:45 Uhr (T1), unabhängig davon, ob das Drob Inn um 19:00 Uhr oder um 24:00 Uhr schließt. Desgleichen zeigen sich, wenn das Drob Inn geschlossen hat, für den Zeitraum ab ca. 19:15 Uhr bis ca. 2:00 Uhr (T2 bis T7) nahezu identische Werte für die beiden Untersuchungsbedingungen „Schließung 19:00” und „ganztägig geschlossen”. Diese Befunde können als Beleg für die Stabilität der Ergebnisse gewertet werden.
#Auswirkungen der Öffnungszeiten auf die Anzahl an Drogenkonsumenten
Zunächst wird die Hypothese geprüft, dass sich während der Abendöffnungszeiten des Drob Inn eine deutliche Verringerung der Anzahl von Drogenkonsumenten im Stadtteil zeigt. Dazu werden Tage mit verlängerter Abendöffnungszeit den Tagen ohne Abendöffnungszeit gegenübergestellt, außerdem wird verglichen mit den Tagen, an denen das Drob Inn ganztägig geschlossen hatte.
Die Betrachtung des abendlichen Verlaufs der Anzahl an Drogenkonsumenten im Stadtteil zeigt, dass während der Abendöffnungszeit bis 24:00 Uhr im Untersuchungsgebiet zwischen 19:15 und 23:45 (T2 bis T5) die geringste Anzahl an Drogenkonsumenten festzustellen ist (s. Abb. [1]).
Auffällig sind der gemeinsame Ausgangspunkt (T1) für die Öffnungszeit bis 24:00 Uhr und die Öffnungszeit bis 19:00 Uhr sowie der identische Verlauf ab 19:15 (T2) für die Bedingungen „ganztägig geschlossen” und „Schließung 19:00”. Diese beiden Bedingungen zeigen ab T2 einen linearen Rückgang von Drogenkonsumenten im Stadtteil über den Abend. Zwischen 0:15 und 2:00 (T6 bis T7), also auch wenn das Drob Inn bei verlängerten Öffnungszeiten geschlossen hat, zeigen sich unter allen drei Öffnungszeitbedingungen keine bemerkenswerten Unterschiede in der Anzahl an Drogenkonsumenten im Stadtteil.
In der statistischen Analyse wird zunächst geprüft, inwiefern sich Unterschiede zeigen in Abhängigkeit davon, ob das Drob Inn im maßgeblichen Zeitraum der Abendöffnungszeiten zwischen 20:15 Uhr und 23:45 Uhr (T3 bis T5) generell geöffnet oder geschlossen hat. Die Untersuchungsbedingungen „Schließung 19:00” und „ganztägig geschlossen” werden dabei also zusammengenommen betrachtet. Zwischen 20:15 und 23:45 (T3 bis T5) werden im Mittel bei geöffnetem Drob Inn 53,7 Drogenkonsumenten im Stadtteil gezählt (s. Tab. [2]). Wenn das Drob Inn an diesen Messzeitpunkten geschlossen hat, werden im Mittel 88,5 Drogenkonsumenten gezählt. Dieser Unterschied ist statistisch hochsignifikant.
Erhebungszeitpunkt | Drob Inn | ||||||
geschlossen[1] | geöffnet | ||||||
M | SD | n | M | SD | n | Sign. | |
T3 (20:15 - 21:00) | 99,7 | 34,1 | 12 | 55,1 | 24,6 | 8 | ***[2] |
T4 (21:30 - 22:15) | 88,1 | 28,4 | 12 | 53,8 | 29,3 | 8 | *[3] |
T5 (23:00 - 23:45) | 77,8 | 29,9 | 12 | 52,2 | 20,7 | 8 | *3 |
gesamt | 88,5 | 32,4 | 36 | 53,7 | 24,0 | 24 | ***2 |
1 Die Bedingungen „ganztägig geschlossen” und „Schließung 19:00” sind hier zusammengefasst. 2 t-Test: p ≤ 0,001 3 t-Test: p ≤ 0,05 |
Betrachtet man die einzelnen Messzeitpunkte unabhängig voneinander, so zeigt sich der deutlichste Unterschied an T3 mit einer mittleren Zunahme von 44,3 Drogenkonsumenten im Stadtteil gegenüber Tagen, an denen das Drob Inn geöffnet hat. Im Laufe des Abends nimmt dieser Unterschied ab, bleibt jedoch auch an T5 statistisch signifikant.
Um den spezifischen Effekt der Abendöffnungszeiten zu bestimmen, werden wiederum die Mittelwerte der Messzeitpunkte T3 bis T5 betrachtet, diesmal jedoch alle drei Bedingungen („Schließung 19:00”, „Schließung 24:00”, „ganztägig geschlossen”) miteinander verglichen. Die varianzanalytische Auswertung zeigt, dass die Unterschiede zwischen der Schließung um 19:00 Uhr und der ganztägigen Schließung zufällig sind (s. Tab. [3]). Ein hochsignifikanter Effekt findet sich lediglich für die Abendöffnungszeiten, und zwar sowohl im Vergleich zur Schließung um 19:00 Uhr als auch zur ganztägigen Schließung.
Faktor: Öffnungszeit des Drob Inn | M | SD | n | Sign.[1] |
Schließung 19:00 | 87,5 | 35,5 | 15 | *** |
Schließung 24:00 | 53,7 | 24,0 | 24 | |
ganztägig geschlossen | 89,3 | 28,8 | 21 | |
1 einfaktorielle ANOVA: F = 10,46; p = 0,001, Mehrfachvergleiche nach Scheffé: 24:00 vs. 19:00: p = 0,003; 24:00 vs. geschlossen: p = 0,001; 19:00 vs. geschlossen: p = 0,984 n.s. |
Die Abendöffnungszeiten des Drob Inn zeigen also einen statistisch abgesicherten Effekt. Sie gehen einher mit einer deutlichen Verringerung der Anzahl von Drogenkonsumenten, die sich in den Abendstunden im Stadtteil aufhalten.
Wie aus Abb. [1] ersichtlich, zeigt die abendliche Schließung des Drob Inn auch einen unmittelbaren, direkten Effekt: Unabhängig vom Zeitpunkt der Schließung kommt es im Zeitraum danach zu einer Zunahme der Anzahl an Drogenkonsumenten im Stadtteil. Innerhalb der ersten Stunde nach Schließung des Drob Inn um 19:00 Uhr ist ein sehr signifikanter Anstieg der Anzahl an Drogenkonsumenten im Stadtteil um 128 % zu verzeichnen, von durchschnittlich 49,5 auf 112,9 (t-Test, p ≤ 0,01). Für die beiden anderen Bedingungen zeigt sich eine nur geringfügige, statistisch nicht bedeutsame Zunahme. Bei Schließung um 24:00 Uhr zeigt sich im unmittelbaren Zeitraum danach eine Zunahme um 30 %, die nur knapp statistische Signifikanz verfehlt. Unter den beiden weiteren Bedingungen findet sich im gleichen Zeitraum gleichwohl eine geringfügige Abnahme der Anzahl an Drogenkonsumenten, die im Trend eines kontinuierlichen Rückgangs der Anzahl an Drogenkonsumenten ab 19:15 Uhr (T2) für diese beiden Bedingungen liegt (s. Abb. [1]). Im Vergleich von T5 zu T6 zeigt sich demnach nur dann eine Zunahme von Drogenkonsumenten im Stadtteil, wenn das Drob Inn kurz vorher Betriebsschluss hat. Diese Ergebnisse bestätigen die Hypothese, dass die Öffnungszeiten bzw. der Betriebsschluss der Einrichtung einen direkten Einfluss auf die Anzahl an Drogenkonsumenten im Stadtteil haben.
Um sich der Frage anzunähern, wie groß die Anziehungskraft des Drob Inn auf Drogenkonsumenten ist, wurde das Untersuchungsgebiet so konzipiert, dass es die Einrichtung und ihr unmittelbares Umfeld mit einschließt. Die Gesamtzahl an Drogenkonsumenten im Untersuchungsgebiet zu einem bestimmten Zeitpunkt kann als die Summe aus Drogenkonsumenten im Drob Inn, im unmittelbaren Umfeld des Drob Inn und auf der Zählstrecke, also im Stadtteil, gebildet werden. Dies kann für alle drei Betriebschlussbedingungen des Drob Inns gerechnet werden.
Wie zu erwarten, ist diese Gesamtzahl von Drogenkonsumenten während der verlängerten Öffnungszeiten des Drob Inn am höchsten (s. Tab. [4]).
T2 (19:15 - 20:00) | T3 (20:15 - 21:00) | T4 (21:30 - 22:15) | T5 (23:00 - 23:45) |
|
Gesamtzahl[1]/Drob Inn geöffnet | 199,9 | 180,6 | 158,4 | 128,5 |
Stadtteil/Drob Inn geschlossen | 112,0 | 99,3 | 88,7 | 80,2 |
Stadtteil/Drob Inn geöffnet | 59,0 | 55,2 | 53,5 | 52,2 |
Anbindung[2] | 70,5 % | 69,4 % | 66,0 % | 59,4 % |
Entlastung[3] | 47,5 % | 44,4 % | 39,7 % | 34,9 % |
1 Summe Anzahl Drogenkonsumenten im Stadtteil, im Drob Inn und im Umfeld des Drob Inn 2 Differenz zwischen Gesamtzahl und Anzahl im Stadtteil bei geöffnetem Drob Inn in % 3 Differenz zwischen geöffnetem und geschlossenem Drob Inn für Stadtteil in % |
Das Drob Inn zeigt also eine deutliche Anziehung von Drogenkonsumenten, die sich ansonsten nicht im Untersuchungsgebiet, sondern in anderen Stadtteilen oder in anderen Gebieten St. Georgs aufhalten. Allerdings ist eine solche Anziehung notwendige Voraussetzung dafür, Hilfeleistungen anbieten zu können. Es ist daher zu prüfen, inwieweit es dem Drob Inn gelingt, Drogenkonsumenten während der Abendöffnungszeiten an die Einrichtung zu binden. Dabei zeigt sich (s. Tab. [4]), dass sich z. B. zwischen 19:15 und 20:00 Uhr (T2) im Durchschnitt 200 Drogenkonsumenten im Stadtteil, im Drob Inn und im Umfeld des Drob Inn aufhalten. Von dieser Gesamtzahl Drogenkonsumenten bindet das Drob Inn im Durchschnitt ca. 140 Personen an die Einrichtung, was einer „Anbindungsquote” von 70,5 % entspricht. Das heißt, die überwiegende Mehrheit der Drogenkonsumenten, die sich während der Öffnungszeiten im gesamten Untersuchungsgebiet aufhalten, befindet sich in der Einrichtung und dessen Umfeld - und nicht im Stadtteil.
Betrachtet man nur den Stadtteil, so hat diese Anbindung zur Folge, dass es dem Drob Inn gelingt, diesen zwischen 19:15 und 20:00 Uhr (T2) im Durchschnitt um 53 Drogenkonsumenten zu entlasten. Das heißt, es kommt trotz der Anziehung des Drob Inn an T2 „netto” zu einer Entlastung des Stadtteils um durchschnittlich 47,5 %. Auch im weiteren Verlauf bis 23:45 Uhr befinden sich durchgängig die wenigsten Drogenkonsumenten im Stadtteil, wenn das Drob Inn geöffnet hat.
Über den Abend hinweg nehmen die Anbindung und die Entlastung stetig ab. So fällt die „Anbindungsquote” von 70,5 auf 59,4 %. Im gleichen Zeitraum sinkt auch die „Nettoentlastung” des Stadtteils von 47,5 auf 34,9 % (s. Tab. [4]). Ursächlich hierfür ist der recht stabile Anteil von Drogenkonsumenten im Stadtteil. Dort halten sich zwischen 19:00 und 24:00 Uhr im Durchschnitt zwischen 59 und 52 Drogenkonsumenten auf, sind also zu dem Zeitpunkt nicht an das Drob Inn gebunden. Da ein Teil der Zählstrecke über den Straßenstrich in St. Georg verlief, dürften Drogenkonsumentinnen, die der Beschaffungsprostitution nachgehen, einen großen Anteil an dieser Gruppe haben.
Insgesamt jedoch zeigen diese Ergebnisse, dass das Drob Inn den Großteil der Gesamtzahl an Drogenkonsumenten an sich bindet und damit „netto” zur Entlastung des Stadtteils St. Georg beiträgt.
#Diskussion
Die vorliegende Studie untersucht die Auswirkungen, die ein niedrigschwelliges Drogenhilfeangebot für die Anwohner eines von Drogenkonsumenten stark frequentierten Stadtteils hat. Konkreter Anlass der Studie war die Evaluation der Verlängerung der Öffnungszeiten des Drob Inn, einer Kontakt- und Beratungsstelle mit integriertem Drogenkonsumraum in Hamburg St. Georg. Diese Abendöffnungszeiten wurden eingeführt u. a. mit der klaren Zielsetzung, die Anzahl an Drogenkonsumenten, die sich während der Abendstunden in dem Wohngebiet aufhalten, zu verringern und damit zu einer Entlastung der Anwohner beizutragen. Bei der Evaluation dieser Maßnahme kommt, nach unserem Kenntnisstand erstmalig, die Methode einer Zählung von Drogenkonsumenten zur Anwendung. Diese Methode wurde gewählt, da die ansonsten in diesem Zusammenhang eingesetzten Befragungen z. B. von Anwohnern bzw. Auswertungen der Angaben zur Nutzung und zum Konsumverhalten der Drogenkonsumenten nur begrenzt Aussagen über die Auswirkungen einer Drogenhilfeeinrichtung für einen Stadtteil zulassen. Zwar beruht auch die hier durchgeführte Zählung letztlich auf einer subjektiven Einschätzung. Dabei werden aber nicht die zu untersuchenden Auswirkungen - und das heißt nicht der Untersuchungsgegenstand selbst - eingeschätzt, sondern lediglich, ob es sich bei einer Person um einen Konsumenten illegaler Drogen handelt. Eine solche Einschätzung scheint, nach den Ergebnissen der Vorauswertungen, unter den hier angewandten Durchführungsbedingungen frei von systematischen Verzerrungen zu sein, so dass objektive Aussagen über die Auswirkungen eines Drogenhilfeangebots auf einen Stadtteil möglich sind.
Im Ergebnis kommt es während der verlängerten Öffnungszeiten zu einer deutlichen Verringerung der Anzahl von Drogenkonsumenten im Stadtteil. Im hier maßgeblichen Zeitraum zwischen ca. 20:15 Uhr und 23:45 Uhr zeigt sich die geringste Anzahl an Drogenkonsumenten im Stadtteil, wenn das Drob Inn bis 24:00 Uhr geöffnet hat, und zwar sowohl im Vergleich zur Schließung um 19:00 Uhr als auch im Vergleich zu den Tagen, an denen die Einrichtung ganztägig geschlossen hat. Analog dazu lässt sich zeigen, dass es im Zeitraum nach Betriebsschluss der Einrichtung zu einer Zunahme der Anzahl an Drogenkonsumenten im Stadtteil kommt. Demnach haben die Öffnungszeiten der Einrichtung einen direkten Einfluss darauf, wie viele Drogenkonsumenten sich im Stadtteil aufhalten.
Besonders hervorzuheben ist, dass es das gewählte Design einer Zählung ermöglicht, auf der Grundlage objektiver Daten die Entlastung eines Stadtteils durch eine Drogenhilfeeinrichtung im Zusammenhang mit der Anziehungskraft dieser Einrichtung auf die Klientel zu betrachten. Diese Betrachtung hat eine zentrale Bedeutung angesichts des Spannungsfelds, in dem sich Harm-Reduction-Angebote bewegen. Niedrigschwellige Drogenhilfeeinrichtungen müssen für eine vom traditionellen Drogenhilfesystem nicht oder nicht ausreichend erreichte Klientel attraktiv sein, da diese Anziehungskraft die notwendige Voraussetzung dafür ist, dass Hilfeleistungen in Anspruch genommen werden. Diese unter Versorgungs- und Betreuungsaspekten notwendige Attraktivität scheint jedoch vordergründig unvereinbar mit der Zielsetzung, auch die Belastungen für die Allgemeinbevölkerung, z. B. durch Szeneansammlungen und öffentlichen Konsum, zu reduzieren. Entsprechend sehen sich niedrigschwellige Drogenhilfeeinrichtungen häufig mit dem Vorwurf konfrontiert, Drogenkonsumenten anzuziehen und dadurch eher zu einer Verschlechterung der Situation in einem Wohngebiet beizutragen. Daraus wird dann nicht selten die Forderung abgeleitet, die Einrichtung zu schließen oder an einen anderen Standort zu verlagern, um den Stadtteil zu entlasten.
Die vorliegende Studie zeigt jedoch, dass eine niedrigschwellige Drogenhilfeeinrichtung Anziehungskraft auf Drogenkonsumenten haben kann und gleichzeitig eine Entlastung für den Stadtteil bedeutet. Nach den hier vorgelegten Daten würde eine Schließung der Einrichtung angesichts der Anziehungskraft aller Voraussicht nach mit einem Rückgang der Anzahl von Drogenkonsumenten in dem entsprechenden Gebiet einhergehen. Dies würde allerdings nicht zu einer Entlastung des Stadtteils führen. Denn eine relativ große Anzahl an Drogenkonsumenten würde in dem Gebiet verbleiben, ersichtlich daran, dass sie sich dort auch dann aufhalten, wenn das Drob Inn ganztägig geschlossen hat. Neben der Tatsache, dass eine Schließung der Einrichtung zur Folge hätte, dass diese Drogenkonsumenten ohne Hilfsangebot und damit unbetreut blieben, zeigen die vorgelegten Ergebnisse, dass eine tatsächliche Verringerung der Anzahl an Drogenkonsumenten am besten dadurch erreicht wird, dass die Einrichtung geöffnet hat. Eine Schließung der Einrichtung würde damit dem Ziel, die Belastungen der Anwohner zu reduzieren, zuwiderlaufen und stattdessen die Belastungen erhöhen.
Allerdings können die hier festgestellten Auswirkungen eines niedrigschwelligen Drogenhilfeangebots nicht ohne weiteres verallgemeinert werden. So lassen die Ergebnisse in erster Linie Aussagen für Stadtteile mit annähernd ähnlichen Bedingungen wie die in der vorliegenden Studie zu, das heißt für Gebiete, die von Drogenkonsumenten gehäuft aufgesucht werden und die ihnen eine entwickelte „Infrastruktur” bieten, von Möglichkeiten des Drogenerwerbs und -verkaufs bis hin zu Angeboten zur Beratung und Betreuung. Inwiefern niedrigschwellige Einrichtungen unter anderen Rahmenbedingungen ähnliche Effekte erzielen, wäre daher in weiteren Studien zu prüfen. Desgleichen lassen sich die Ergebnisse angesichts der Bedeutung der Attraktivität einer Einrichtung für die Klientel nicht per se auf jedes Drogenhilfeangebot übertragen. Hier spielen vermutlich Faktoren wie die Art des Angebots, Settingfaktoren wie Größe, Öffnungszeiten, personelle Ausstattung etc. und schließlich auch die Versorgungssituation der Drogenkonsumenten insgesamt eine näher zu untersuchende Rolle. Angesichts der hier erstmalig aufgezeigten Möglichkeit, die Methode einer Zählung unter kontrollierten Bedingungen für solche Studien einzusetzen, erscheinen weitere Untersuchungen dringend geboten. Die auf diese Weise gewonnenen objektiven Daten können einen wesentlichen Beitrag zur Versachlichung der Debatte um den Stellenwert niedrigschwelliger Drogenhilfeangebote leisten.
#Literatur
- 1 Marlatt G A. Basic Principles and Strategies of Harm Reduction. Marlatt GA Harm Reduction. Pragmatic Strategies for Managing High-Risk Behaviors New York; Guilford Press 1998: 49-68
- 2 Prinzleve M. Harm Reduction. Krausz M, Haasen C Kompendium Sucht Stuttgart; Thieme 2003: 39-50
- 3 Stöver H, Michaels I I. Gesundheitsräume/Druckräume. Gölz J Der drogenabhängige Patient. Handbuch der schadensmindernden Strategien München; Urban & Fischer 1999: 132-139
- 4 Kimber J, Dolan K, van Beek I. et al . Drug consumption facilities: an update since 2000. Drug Alcohol Rev. 2003; 22 227-233
- 5 Dolan K, Kimber J, Fry C. et al . Drug consumption facilities in Europe and the establishment of supervised injecting centres in Australia. Drug Alcohol Rev. 2000; 19 337-346
- 6 Biesma S, Bieleman B. Keetje Tippel gebruikt. Evaluatie van gebruiksruimte de Buren bij Keetje Tippel te Rotterdam. Groningen/Rotterdam; INTRAVAL 1998
- 7 Biesma S, Bieleman B. De Daeke in gebruik. Evaluatie Opvang en Adviescentrum en gebruiksruimte De Daeke in Venlo. Groningen/Rotterdam; INTRAVAL 1998
- 8 Bieleman B, Snippe J, Biesma S. et al .„Overlast”: Erscheinungsformen, Erfahrungen der Bürger und Maßnahmen bei der Einführung neuer Projekte für Drogenabhängige. Westermann B, Bellmann BU, Jellinek J Heroinverschreibung. Wirkungen und Nebenwirkungen Weinheim; Beltz Deutscher Studien Verlag 1999: 237-246
- 9 Zurhold H, Kreutzfeld N, Degkwitz P. et al .Drogenkonsumräume. Gesundheitsförderung und Minderung öffentlicher Belastungen in europäischen Großstädten Freiburg; Lambertus 2001
- 10 Jacob J, Rottmann J, Stöver H. Entstehung und Praxis eines Gesundheitsraumangebotes für Drogenkonsumierende. Abschlussbericht der einjährigen Evaluation des „drop-in Fixpunkt”/Hannover Oldenburg; BIS 1999
- 11 Kemmesies U. Die „offene Drogenszene” und das Gesundheitsraumangebot in Frankfurt am Main - ein erster Erfahrungsbericht. Münster; Indro e.V 1995
- 12 Ronco C, Spuhler G, Coda P. et al . [Evaluation of street facilities I, II and III in Basel]. Soz Praventivmed. 1996; 41 S58-68
- 13 Homann B, Paul B, Thiel G. et al . Drogenkonsum und Gesundheitsraumbedarf in der Hamburger „offenen Drogenszene”. Sucht. 2000; 46 129-136
- 14 Statistisches Landesamt Hamburg .HAMBURG.regional Stadtteil-Profile 2003: Stadtteil St. Georg. Behörde für Inneres (www.hamburg.de/fhh/behoerden/behoerde_fuer_inneres/statistische_landesamt/profile/stgeorg.htm) Hamburg; 2003
- 15 Prinzleve M, Martens M S. Evaluation der Abendöffnungszeiten des Drob Inn. Hamburg; Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung der Universität Hamburg 2003
Dipl.-Psych. Michael Prinzleve
Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung, der Universität Hamburg ZIS, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des UKE
Martinistraße 52
20246 Hamburg
eMail: prinzleve@uke.uni-hamburg.de
Literatur
- 1 Marlatt G A. Basic Principles and Strategies of Harm Reduction. Marlatt GA Harm Reduction. Pragmatic Strategies for Managing High-Risk Behaviors New York; Guilford Press 1998: 49-68
- 2 Prinzleve M. Harm Reduction. Krausz M, Haasen C Kompendium Sucht Stuttgart; Thieme 2003: 39-50
- 3 Stöver H, Michaels I I. Gesundheitsräume/Druckräume. Gölz J Der drogenabhängige Patient. Handbuch der schadensmindernden Strategien München; Urban & Fischer 1999: 132-139
- 4 Kimber J, Dolan K, van Beek I. et al . Drug consumption facilities: an update since 2000. Drug Alcohol Rev. 2003; 22 227-233
- 5 Dolan K, Kimber J, Fry C. et al . Drug consumption facilities in Europe and the establishment of supervised injecting centres in Australia. Drug Alcohol Rev. 2000; 19 337-346
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Dipl.-Psych. Michael Prinzleve
Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung, der Universität Hamburg ZIS, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des UKE
Martinistraße 52
20246 Hamburg
eMail: prinzleve@uke.uni-hamburg.de