Einleitung
Einleitung
Drogenabhängigkeit ist eine schwere, chronisch verlaufende Erkrankung, die durch polyvalente Konsummuster gekennzeichnet ist. Die Inanspruchnahme des medizinisch-psychiatrischen Behandlungssystems ist häufig mit der Entgiftung von Opiaten verbunden. Im Rahmen einer qualifizierten Drogenentzugsbehandlung erfolgt sie zumeist auf einer spezialisierten Station. Hier ist der eigenmächtige Konsum von Cannabinoiden ein ernst zu nehmendes Problem hinsichtlich der Veränderungs- und Abstinenzmotivation der Patienten als auch aus rechtlichen Überlegungen vor dem Hintergrund des Betäubungsmittelgesetzes (BtmG). Im § 29 BtmG, Abs. 1, Nr. 11 wird das Verschaffen oder Gewähren der Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln ohne Erlaubnis als Straftat gesehen.
Ein besonderes Merkmal der Cannabinoide besteht darin, dass ihre Metaboliten mehrere Wochen lang in niedrigen Konzentrationen im Urin nachweisbar sein können [1]. Obwohl im Rahmen des qualifizierten Drogenentzugs in vielen Kliniken täglich Urin abgegeben werden muss, um Verlaufskontrollen im Rahmen der Entgiftung zu gewährleisten, ist nur wenig darüber bekannt, wie sich der Konzentrationsverlauf von Cannabinoidmetaboliten nach Konsumende im Urin-Drogenscreening abbildet.
Pharmakologie der Cannabinoide
Pharmakologie der Cannabinoide
Die Cannabispräparate Marihuana und Haschisch unterliegen in Deutschland als nicht verkehrsfähige Betäubungsmittel den Bestimmungen des Betäubungsmittelgesetzes. Unter Marihuana versteht man die getrockneten und zerkleinerten Spitzentriebe der Hanfpflanze (Cannabis sativa). Haschisch ist das aus der Hanfpflanze gewonnene Harz. Marihuana enthält durchschnittlich 0,5 - 2 % und Haschisch 2 - 10 % des halluzinogen wirksamen Δ9-Tetrahydrocannabinols (Δ9-THC). Aus Cannabis sativa sind bisher 483 Inhaltsstoffe identifiziert worden, 66 Verbindungen gehören der Klasse der Cannabinoide an [1]. Zu der Frage, ob es bei regelmäßigen Cannabinoid-Rauchern zu einer kürzeren Eliminationshalbwertzeit als bei erstmaligem Konsum kommt, ist die Befundlage widersprüchlich. Dafür angeführt wird eine Enzyminduktion, die einen beschleunigten Metabolismus und damit eine schnellere Ausscheidung bewirkt. Die meisten Autoren fanden jedoch keine signifikanten Unterschiede in den terminalen Eliminationshalbwertzeiten von starken und gelegentlichen Rauchern [1]
[2]
[3].
Abgesehen von Extremwerten ist mit einer Eliminationshalbwertzeit von 1 - 4 Tagen auszugehen. Festzuhalten bleibt jedoch, dass im Urin Δ9-THC bzw. dessen Metabolite mit geeigneten Methoden durchschnittlich etwa 30 Tage nachweisbar sein können [1]
[4]
[5].
Fragestellung
Fragestellung
Smith-Kielland, Skuterud & Morland [6] untersuchten die Urinausscheidung von THC-COOH bei 15 aktuell inhaftierten Drogenkonsumenten. In dem soweit als möglich Drogen freien Milieu wurden bis zu fünfmal täglich im Urin die direkten und die kreatininkorrigierten Werte analysiert. Aus 13 verwertbaren Verläufen ließ sich erkennen, dass nach durchschnittlich 1,85 Tagen der THC-COOH-Grenzbereich von 150 µg/l unterschritten wurde. 7-mal lag der Maximalwert bei Aufnahme bereits unter 150 µg/l, zweimalig sank er erst am 5. Tag darunter. Ausgehend von dieser Studie an einer recht kleinen Stichprobe gehen wir in der vorliegenden Untersuchung der Frage nach, in welchem Ausmaß und ab welchem Behandlungstag der Verlauf der Cannabinoidwerte im semiquantitativen Urin-Drogenscreening einen fortgesetzten Cannabinoidkonsum anzeigt und mithin die diagnostische Sicherheit im klinischen Alltag eines stationären qualifizierten Drogenentzugs tatsächlich erhöht werden kann. Entscheidend sollte sein, auf labordiagnostisch sichere gaschromatografische Analysen zu verzichten, die üblicherweise nicht zeitnah, kostengünstig und wiederholt zur Verfügung stehen.
Methodik
Methodik
Klinische Auswertung des Cannabinoid-Konsumverhaltens während der stationären Behandlung
Da die klinische Beurteilung des Cannabinoid-Konsumverhaltens während des stationären Aufenthaltes als Standard herangezogen wurde, gegen den die Ergebnisse des Drogenscreenings getestet werden sollten, wurde ein hoher Aufwand betrieben, um die Patienten eindeutig zu beurteilen und alle Zweifelsfälle auszuschließen. Dazu wurde eine Konsensuskonferenz gebildet, die aus dem zuständigen Oberarzt (Erstautor), den Stationsärzten, der leitenden Stationsschwester und bei Fragen beratend aus weiteren Mitgliedern des Stationsteams bestand. Allen Mitgliedern der Konferenz waren alle Patienten persönlich aus den fraglichen Aufenthalten bekannt, die Beurteilung erfolgte jeweils retrospektiv, also nach der Entlassung der Patienten. Weitere Informationsquellen waren die Krankengeschichte, das Team der Drogenambulanz und Aussagen von Angehörigen und Mitpatienten.
Ein gesicherter Cannabinoidkonsum wurde angenommen, wenn aus der folgenden Liste Kriterium 1 oder 2 oder mindestens zwei der Kriterien 3 bis 5 zutrafen:
-
Der Konsum wurde von Mitarbeitern beobachtet,
-
der Patient bestätigte den Konsum,
-
es bestanden klinische Intoxikationszeichen (z. B. psychomotorische Verlangsamung, Schläfrigkeit, Sedierung, verstärkte Gefäßinjektion an den Konjunktiven) ohne Hinweis auf die Wirkung anderer Substanzen (z. B. Opioide, Benzodiazepine, Alkohol, Neuroleptika),
-
Cannabisprodukte wurden bei Leibesvisitationen gefunden,
-
ein fortgesetzter Cannabinoidkonsum war aus Voraufenthalten bekannt.
Eine gesicherte Cannabinoidabstinenz wurde angenommen, wenn keines der o. g. Kriterien zutraf und auch kein klinischer Verdacht auf einen Konsum während des stationären Aufenthaltes bestand. Ein klinischer Verdacht wurde bereits als gegeben betrachtet, wenn eine Unsicherheit über die Einschätzung von einem Mitglied der Konsensusgruppe geäußert wurde. Alle Patienten (Fälle), die nicht eindeutig einer der beiden Gruppen zuzuordnen waren, wurden aus der Untersuchung ausgeschlossen, um so das Höchstmaß an Sicherheit des „Goldstandards” zu erreichen.
Drogenscreening
Die Drogenanalytik im Urin wurde mit einem homogenen Enzym-Immuno-Assay nach dem CEDIA-Prinzip (Microgenics GmbH, Passau, Deutschland) am klinisch-chemischen Analysengerät Hitachi 912 (Roche Diagnostics, Basel, Schweiz) durchgeführt. Dieser Test ist auf 11-nor-Δ9-THC-COOH (100 % Kreuzreaktivität) in einem Messbereich von 25 bis 150 µg/l kalibriert. Folgende Cannabinoidmetaboliten werden ebenfalls erfasst: 11-nor-Δ8-THC-COOH (125 %), Δ9-THC (10,4 %), 11-OH-Δ9-THC (43 %), 1-Δ9-THC-Glucuronid (78 %). Als Cut-off wird ein Wert von 50 µg/l verwendet, Ergebnisse unterhalb des Cut-off werden als negativ betrachtet. Werte über 150 µg/l werden nicht weitergehend untersucht, sondern als „> 150 µg/l” mitgeteilt.
Um bei fraglich verzögerter Cannabinoidausscheidung zu weiteren Informationen zu gelangen, wurden Versuche durchgeführt, den Messbereich durch Verdünnen der Proben bis zu 1500 µg/l zu erweitern. Diese Versuche führten auch unter Bezug auf die Kreatininkonzentration der Proben zu keinem aussagekräftigen Ergebnis. Der Quotient Q (µg THC/g Creatinin) ist bei Anstieg oder fehlendem Abfall zwar ein Hinweis auf einen erneuten Cannabinoidkonsum. Der Quotient erfordert aber eine vorsichtige Interpretation der Werte, da kleinere Veränderungen auch durch verschiedenste Stoffwechselfaktoren hervorgerufen werden können. Dieser Weg wurde daher nicht weiter verfolgt. Positive Urinproben wurden nicht gaschromatografisch/massenspektroskopisch bestätigt. Das Drogenscreening wurde nicht in jedem Fall am ersten Tag durchgeführt, und es liegen naturgemäß keine sicheren Daten vor, ob vor der Aufnahme überhaupt ein Cannabinoidkonsum stattgefunden hat.
Beurteilung des Verlaufs des Drogenscreening
Die Untersuchungen von Smith-Kielland et al. [6] lassen vermuten, dass ein länger als fünf Tage bestehender Cannabinoidnachweis im Urin oberhalb von 150 µg/l den Verdacht eines fortgesetzten Konsums erlaubt. Unter Berücksichtigung dieser Erkenntnisse wurde die Beurteilung „fortgesetzter Konsum laut Drogenscreening (= positiv)” sowohl bezogen auf die Daten bis zum vierten als auch bezogen auf die Daten bis zum fünften stationären Tag nach Aufnahme als erfüllt betrachtet, wenn eine der folgenden Bedingungen zutraf:
-
Der Cannabinoidwert lag am 4. respektive am 5. Tag nach der stationären Aufnahme bei 150 µg/l (oder darüber),
-
der Cannabinoidwert stieg während des stationären Aufenthaltes bis zum Indextag (4. oder 5. Tag nach Aufnahme) an,
-
der Cannabinoidwert fiel während des Aufenthaltes bis zum Indextag nicht ab.
Die Beurteilung „Cannabinoidabstinenz laut Drogenscreening (= negativ)” wurde als erfüllt angesehen, wenn keine der drei Bedingungen zutraf.
Statistik
Die Patientendaten wurden der Basisdokumentation der Klinik entnommen. Alle Daten wurden in eine SPSS-Datenmatrix eingelesen, die statistische Analyse erfolgte ebenfalls unter SPSS.
Stichprobe
Stichprobe
Im ersten Schritt wurden alle Patienten (Fälle) mit der klinisch gesicherten Diagnose Opioidabhängigkeit (ICD10: F11.2) eingeschlossen, die in der Zeit vom Januar bis September 2001 auf die Drogenentzugsstation unseres Zentrums aufgenommen worden waren. Wir beschränkten uns auf die Patienten dieser Station, da hier standardisierte Kontrollen zur Aufrechterhaltung eines Drogen freien Milieus durchgeführt werden: Personen bezogene Ein- und Auslasskontrollen, Untersuchungen des mitgebrachten Gepäcks und Leibesvisitation, tägliche Urinkontrollen (unter Sicht) usw. Es handelte sich um 224 Patienten (369 Fälle). Im zweiten Schritt wurden diejenigen Patienten (Fälle) ausgeschlossen, bei denen die zunächst durchgeführte klinische Konsensuskonferenz keine eindeutige Beurteilung des Cannabinoid-Konsumverhaltens während des stationären Aufenthaltes entsprechend der o. g. Kriterien zuließ. Ausgeschlossen wurden auch die Fälle, für die nicht mindestens zwei auswertbare Ergebnisse des Drogenscreenings vorlagen. Dadurch verblieben 345 Fälle (= Aufnahmen von 207 Personen) mit 1733 Werten aus Cannabinoid-Drogenscreenings in der Studie. Die Patientengruppe bestand aus 159 Männern (Alter 17 - 55 Jahre, Mittelwert 31,0) und 48 Frauen (Alter: 21 - 47 Jahre, im Mittel 29,3).
Ergebnisse
Ergebnisse
In 42 Fällen (12,2 % aller Fälle) waren die Kriterien der Konsensusgruppe (Standard) für einen fortgesetzten Konsum während des stationären Aufenthaltes erfüllt (Tab. [1]). Von diesen konnten mittels Drogenscreening 40 (95,2 %) auf Grundlage der Daten bis zum vierten Tag nach Aufnahme als positiv identifiziert werden. Umgekehrt wurden von den 303 Fällen ohne Konsum laut Konsensus 19 Fälle (6,3 %) durch das Drogenscreening bis zum vierten Tag fälschlicherweise als Konsumenten klassifiziert, während dies am fünften Tag nur in vier Fällen geschah (1,3 %).
Die Kennwerte für Sensitivität, Spezifität, positiven und negativer prädiktiven Wert (Tab. [1]) zeigen, dass der Verlauf der Werte des Drogenscreenings bereits am fünften Tag nach der stationären Aufnahme befriedigende Werte aufweist.
Tab. 1 Ergebnisse und Testkriterien des Cannabinoid-Drogenscreenings, gemessen an klinisch gesichertem Konsumverhalten
Verlauf des Drogenscreenings bis zum | Cannabinoidkonsum klinisch gesichert | Sensitivität | Spezifität | positiver prädiktiver Wert | negativer prädiktiver Wert |
| Konsum | kein Konsum | | | | |
4. Tag nach Aufnahme | positiv | 40 | 19 | 95,2 % | 93,7 % | 67,8 % | 99,3 % |
| negativ | 2 | 284 | | | | |
5. Tag nach Aufnahme | positiv | 40 | 4 | 95,2 % | 98,7 % | 90,9 % | 99,3 % |
| negativ | 2 | 299 | | | | |
Diskussion
Diskussion
Die bisherigen Veröffentlichungen zur Pharmakologie, Toxikologie, Pharmakokinetik von Cannabinoiden und zu differenzierten Nachweisverfahren [7]
[8] geben dem klinisch tätigen Suchtmediziner keine ausreichenden Hinweise zu der Frage, ob ein entzugsbehandelter Patient während des stationären Aufenthaltes weiter Cannabinoide konsumiert. Auch die bisherigen Untersuchungen zur Nachweisdauer von Cannabinoiden sind weniger auf Screeningverfahren mit schnell verfügbaren Ergebnissen ausgelegt [9]
[10]
[11]. Lediglich in einer Arbeit wurden Daten aus Drogenscreenings herangezogen, die auf einer niedrig schwelligen Drogenentgiftungsstation erhoben wurden [12]. Die Autoren ermittelten eine maximale Eliminationszeit von THC-COOH von durchschnittlich 117,5 Stunden (maximal 433,5 Stunden). Wann die Werte unter 150 µg/l abfielen, ließ sich aus den Ergebnissen allerdings nicht erkennen.
Unter Berücksichtigung der Erkenntnisse zur Pharmakokinetik bzw. Nachweisdauer und der Studie von Smith-Kielland et al. [6] war die Annahme plausibel, ab dem fünften stationären Tag nach Aufnahme die Einhaltung der Cannabinoidabstinenz mittels Drogenscreenings beurteilen zu können. Unsere Ergebnisse zeigen, dass dies tatsächlich schon ab dem fünften stationären Tag der Fall ist. Eine Sensitivität von 95,2 % und eine Spezifität von 98,7 % können als befriedigend betrachtet werden. Der negative prädiktive Wert mit 99,3 % schließt einen falsch negativen Drogenscreeningbefund nahezu aus, wenn die Rahmenbedingungen bei der Urinprobenentnahme auf einer Drogenentzugsstation ausreichend beachtet werden (Sichtkontrolle etc.). Der positive prädiktive Wert weist mit 90,9 % dagegen auf eine nicht vernachlässigbare Rate falsch positiver Befunde hin.
Es sollte in jedem Fall auf Kreuzreaktivitäten und eventuelle Medikamenteneinflüsse geachtet werden. Wir haben einen Behandlungsfall erlebt, in dem eine Patientin mit einer Aidserkrankung, einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ und einer Drogenabhängigkeit lange Zeit stationär behandelt wurde. Mit Ansetzen des antiretroviralen Medikamentes Efavirenz (Sustiva®) kam es zu einem Anstieg des Cannabinoidwertes im Urin auf durchgängig 120 - 150 µg/l. Die Bestätigungsanalyse mittels GCMS und die parallele Bestimmung der Cannabinoide im Serum ergaben negative Befundwerte. Die Herstellerfirma von Sustiva® (DuPont Pharma) und der Hersteller des Untersuchungstests (Microgenics GmbH) bestätigten Kreuzreaktionen mit dem CEDIA-Cannabinoidtest [13].
Die Serumbestimmung des Cannabinoide erweist sich häufig als nicht hilfreich, da lediglich ein akuter, ca. 4 - 11 Stunden vorher stattgefundener Konsum gezeigt werden kann. Bei unklaren Befundkonstellationen sind Bestätigungstests, z. B. gaschromatografische und massenspektroskopische Methoden möglich. Es sollte jedoch berücksichtigt werden, dass sie methodisch deutlich aufwändiger sind und hohe Kosten verursachen. Zudem sind die Ergebnisse im klinischen Alltag oft erst Tage später erhältlich. Dieses ist zur raschen Entscheidungsfindung nicht hilfreich. Nur im Urin ist repetitives Testen preiswert möglich [14].
Die semiquantitative Messung der Cannabinoide im Urin sollte immer mit der Kreatininkonzentration korreliert werden. Ein Cannabinoidwert bei einer gleichzeitig niedrigen Kreatininkonzentration sollte zurückhaltend interpretiert werden. Unter Umständen ist auch ein frischer Konsum aufgrund der erheblichen Verdünnung nicht nachweisbar und das Untersuchungsergebnis (falsch) negativ. Im Verlauf sind Schwankungen der Werte erkennbar, die unter Berücksichtigung der Kreatininkonzentration erklärbar sind [15]
[16]
[17]. In der vorliegenden Untersuchung haben wir allerdings nicht kreatininkorrelierte Werte verwandt. Dieses kann als methodischer Mangel angesehen werden, führte allerdings nur in zwei Fällen zu falsch negativen Werten, da wir den gesamten Verlauf der Drogenscreenings einbezogen.
Ein weiterer methodischer Einwand betrifft die klinische Konsensusbeurteilung als „Goldstandard”, gegen den wir die Ergebnisse des Drogenscreenings testeten. Idealerweise würden die genannten quantitativen gaschromatografischen und massenspektroskopischen Verfahren in wiederholten Serum- und Urinuntersuchungen als Goldstandard angewandt. Dies war in der vorliegenden Untersuchung nicht möglich. Da wir alle klinisch unklaren Fälle ausschlossen, ist das Risiko falscher Ergebnisse aber als sehr gering anzunehmen.
Konsequenzen
Konsequenzen
Unter Berücksichtigung dieser methodischen Einschränkungen bewerten wir den Cannabinoidwert im semiquantitativen Drogenscreening mittels EIA mittlerweile neu. Wir gehen davon aus, dass der Cannabinoidwert bei gesicherter Cannabinoidabstinenz fünf Tage nach der Aufnahme zum Drogenentzug im semiquantitativen Urin-Drogenscreening im Messbereich zwischen 50 und 150 µg/l liegen sollte bzw. nicht mehr ansteigen darf.
Der jeweilige Patient wird im positiven Fall am 5. Tag mit dem Laborergebnis und unserem Konsumverdacht konfrontiert. Da sich falsch positive Werte mit dieser Methode nicht sicher genug ausschließen lassen, warten wir dann nochmals drei Tage ab und besprechen mit dem Patienten, dass der Wert spätestens am achten Behandlungstag im Messbereich sein sollte. Falls nicht, gehen wir von einem weitgehend gesicherten Cannabinoidkonsum während der stationären Therapie aus und prüfen kritisch die Indikation zur weiteren stationären Behandlung. Letzte Zweifel lassen sich jedoch auch jetzt nur mit gaschromatografischen Bestätigungsanalysen beseitigen. Es ist notwendig, dass sich Labormediziner und klinisch tätige Suchtmediziner intensiv und auch im Einzelfall über die Bedeutung, Notwendigkeit und Aussagekraft der Drogenanalytik auseinander setzen. Auf einer Drogenentzugsstation stellt sie einen erheblichen Kostenfaktor dar. Je besser Suchtmediziner über die Grenzen und Möglichkeiten einer Drogenanalytik informiert sind, desto gezielter kann diese Diagnostik eingesetzt werden. Andersherum sollten Labormediziner ein größeres Verständnis für suchttherapeutische Fragen entwickeln, um den speziellen Fragestellungen mit spezifischen analytischen Methoden begegnen zu können. Ausgehend von unseren Überlegungen sind weitere Untersuchungen mit einem ähnlichen Design und gaschromatografischen Analysen notwendig, um validere Daten über den genaueren Verlauf des Cannabinoidnachweises im Urin-Drogenscreening während des qualifizierten Drogenentzugs zu erhalten.