ZFA (Stuttgart) 2004; 80(2): 70
DOI: 10.1055/s-2004-816220
Editorial/Fortbildung

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Kardiovaskuläre Prävention

Wandlung von Wissen, Lebensweise und Ethik?Cardiovascular PreventionChange of Knowledge, Way of Life and Ethics?U. W. Popert1
  • 1Abteilung für Allgemeinmedizin, Universität Göttingen, Göttingen
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Publication Date:
10 March 2004 (online)

Kardiovaskuläre Risiken werden nun seit gut 5 Jahrzehnten behandelt; dies geschah mit unterschiedlichen „idealen” Zielwerten, die mit unterschiedlichen Substanzen erreicht werden sollten. Dabei schienen die Prinzipien der Behandlung fest zu stehen.

Die bisherigen Leitlinien sind aber durch neuere Studienergebnisse überholt worden:

Auch sehr alte und junge Risikopatienten müssen einbezogen werden; Sport, ASS und Statine sind auch in der Primärprävention wirksam; nicht einzelne Risiken, sondern das Gesamtrisiko zählt. Koronare Herzkrankheit, Diabetes, Hypertonie, Adipositas, Apoplex, arterielle Verschlusskrankheit und Hypercholesterinämie sollten wegen ähnlicher diagnostischer und präventiver Vorgehensweisen zusammen betrachtet werden. Bei einzelnen Risikofaktoren wird die Berechtigung fester Grenzwerte sowohl bei der Therapieindikation als auch als Therapieziel hinterfragt. Nicht einzelne Therapien, sondern das gesamte Therapiekonzept zählt. Die Latenzzeit der Arterioskleroseentwicklung erfordert frühen Präventionsbeginn.

Eine realisierbare Leitlinie zur kardiovaskulären Prävention wirft wegen der gesamtgesellschaftlichen Bedeutung und der potenziellen Kosten nicht nur Fragen nach gesichertem Wissen und Effizienz einzelner Maßnahmen, sondern auch nach Behandlungsschwellen und Behandlungsprioritäten auf. Diese Fragen können nicht allein durch Wertung von Evidenzen entschieden werden, sondern erfordern eine gesellschaftliche Diskussion ebenso wie den individuellen Konsens mit dem Patienten. In mehren Beiträgen in dieser und den folgenden Ausgaben der ZFA wollen die Autoren der DEGAM-Leitliniengruppe „Kardiovaskuläre Prävention” einige neuere evidenzbasierte Grundlagen und den aktuellen Diskussionsstand aufzeigen. All dies ist Hintergrund für die noch zu schaffende hausärztliche Leitlinie „Kardiovaskuläre Prävention”.

Aufdecken von Risikofaktoren, Beratung zu gesunder Lebensführung und Therapiekoordination sind typisch hausärztliche Aufgaben. Zwischen evidence basiertem Wissen und dessen Umsetzung in der Praxis gibt es bekannte Diskrepanzen, die nicht selten aus den Anforderungen der Praxis heraus erklärt werden können. Hierfür aber bedarf es der maßgeblichen Beteiligung der ärztlichen Basis. Soll eine auch in der Praxis angewendete Präventions-Leitlinie entstehen, dann muss schon bei der Entwicklung einer solchen mit der Basis zusammen gearbeitet werden. Daher sind Rückmeldungen und Vorschläge der Leserinnen und Leser besonders willkommen.

Interessenkonflikte: keine angegeben.

Uwe Wolfgang Popert · Facharzt für Allgemeinmedizin 

Dörnbergstr. 2

34119 Kassel

Email: Uwe.Popert@t-online.de