Hintergrund
Hintergrund
Paraneoplastische Syndrome bilden eine heterogene Gruppe von Krankheitsbildern, die
eine wichtige Rolle im klinischen Alltag der Therapie von Bronchialkarzinomen spielen,
sind sie doch häufig durch Minderung der Lebensqualität und Komplikation der Grundkrankheit
für die Patienten limitierend. Wenig ist bisher über paraneoplastische Mechanismen
im Sinne von autoimmunologisch bedingten Vaskulitiden bekannt.
Fallbericht
Fallbericht
Anamnese: Eine 62-jährige Patientin stellte sich mit seit 6 Monaten bestehendem unproduktivem
Husten, zunehmender Belastungsdyspnoe und seit 3 Wochen anhaltendem Nachtschweiß erstmalig
vor. Hämoptysen und thorakale Schmerzen wurden verneint, das Köpergewicht war bei
leicht adipösem Ehrnährungszustand konstant. Unauffällige Wohnungs-, Medikamenten-
und Arbeitsanamnese, Nichtraucherin, keine Reisetätigkeit. Keine pulmonalen Vorerkrankungen,
Schrumpfniere rechts seit über 20 Jahren mit leicht eingeschränkter Nierenfunktion
bekannt, arterieller Hypertonus mit einem Beta-Blocker therapiert. In der Anamnese
der Patientin führend der Zustand nach Mamma-Ablation beidseits wegen eines Mammakarzinoms,
rechts vor 27 Jahren, links vor 21 Jahren, jeweils mit anschließender Nachbestrahlung.
Histologie und Tumorstadium des Mammakarzinoms rechts, sowie Strahlenfeld und Dosis
der nachfolgenden Strahlentherapie waren nicht mehr zu eruieren. Linksseitig hatte
ein adenozirrhöses, infiltrierend wachsendes Mammakarzinom im Tumorstadium T1 N1 M0
bestanden, nach Ablatio mammae war hier eine tangentiale Thoraxwandbestrahlung unter
Einschluss der Supraklavikularregion, der Axilla und des Retrosternalraumes mit einer
Maximaldosis von 60 Gy erfolgt. Zudem war bei Östrogenrezeptor-positivem Befund des
Tumors eine Radiomenolyse der Gonadenregion mit 5 Gy durchgeführt worden. Anschließende
gynäkologische Nachsorgeuntersuchungen hatten nur unregelmäßig stattgefunden. Die
letzten Thoraxaufnahmen zwei Jahre nach der Bestrahlung links waren nach schriftlichem
Befund unauffällig, die Röntgenbilder selbst nicht mehr erhältlich. In der Zwischenzeit
kam es zu keinen ernsthaften Krankheiten, die Schrumpfniere rechts war im Rahmen des
Tumorstaging aufgefallen; dokumentiert war seitdem auch eine leicht eingeschränkte
Nierenfunktion.
In der körperlichen Untersuchung imponierte eine derb-narbig indurierte Haut der ventralen Thoraxwand im Sinne einer
Strahlenfibrose. Beide Ablationsnarben waren ansonsten reizlos, vergrößerte Lymphknoten
collar oder axillär nicht zu tasten. Auskultatorisch fiel ein abgeschwächtes Atemgeräusch
mit vereinzelt groben Rasselgeräuschen über beiden Oberfeldern auf. Zudem war ein
diskretes makulopapulöses Exanthem mit vereinzelten Petechien extremitätenbetont zu
erkennen, welches sich in den Folgewochen noch verstärkte. Ein diskretes Lymphödem
des rechten Armes bestand seit der Mamma-Ablatio rechts.
Laborchemisch auffällig waren eine deutlich beschleunigte Blutsenkung von 70/80 mm n. W. und ein
Serumkreatinin von 1,89 mg/dl. In der erweiterten Labordiagnostik waren Normwerte
für CEA und Ca15 - 3 als Tumormarker gegeben. Die (Auto)-immunologische Diagnostik
ergab einen deutlich erhöhten pANCA-Titer von 1 : 1024 (Zielantigen: Myeloperoxidase).
Zudem war ein leicht positiver ANA-Titer mit 1 : 128 mit fein gesprenkeltem Fluoreszenzmuster
gegeben. Hinweise auf eine exogen-allergische Alveolitis ergaben sich im Rahmen der
Analyse der präzipitierenden Antikörper gegenüber den üblichen Schimmelpilz- und Vogelantigenen
nicht.
Radiologisch boten sich relativ symmetrische homogene Oberlappeninfiltrate beidseits mit einem
kleineren Infiltrat auch im linken apikalen Unterlappensegment (Abb. [1 ] u. [2 ]). In der Thorax-CT - wegen der Niereninsuffizienz ohne Kontrastmittel durchgeführt
- bestanden neben den beidseitigen Oberlappeninfiltraten mit positivem Aerobronchogramm
und deutlichen Parenchymkonsolidierungen auch flaue, weichteildichte Infiltrationen
beider Unterlappen. Sie waren teils rundherdartig subpleural gelegen, aber auch das
apikale Unterlappensegment links wies eine flächige Infiltration auf (Abb. [3 ] u. [4 ]). Pathologisch vergrößerte Lymphknoten der Hili oder des Mediastinums fehlten. Im
Bereich der Thoraxwand fiel eine stark sklerosierte Kompakta und eine fragliche Osteolyse
des Sternums auf. In der MRT des Sternums stellte sich diese Läsion als eine Osteonekrose
nach Strahlentherapie dar.
Abb. 1 Röntgenthorax p. a. Infiltrate beider Oberlappen, Verschattung in Projektion auf den linken Hilus, nach
Seitbild dem Infiltrat S6 links entsprechend. Kleiner Pleuraerguss links nach OP,
Portkatheter über die rechte V. subclavia (Anmerkung: Die präoperativ ausgeliehenen
Thoraxnativaufnahmen sind nicht mehr verfügbar).
Abb. 2 Röntgenthorax seitlich Keilförmige Verschattung in Projektion auf S6, homogene Oberlappeninfiltrate, kleiner
Pleuraerguss, in den großen Lappenspalt einstrahlend.
Abb. 3 CT-Thorax nativ Infiltrationen und Parenchymkonsolidierungen mit positivem Aerobronchogramm beider
Oberlappen, flaue kleinere Herde subpleural in beiden Unterlappen.
Abb. 4 CT-Thorax nativ Flächige Infiltration S6 links.
Lungenfunktionell bestand eine kombinierte Ventilationsstörung aus leichter Restriktion und leichter,
reversibler Obstruktion (VK 2,39 l), einhergehend mit einer leichten Belastungshypoxämie.
Bronchoskopisch war endobronchial das Schleimhautbild einer leichtgradigen chronischen Bronchitis
gegeben. Eine transbronchial durchgeführte Biopsie aus dem linken Oberlappen (Segment
1 - 2) war ohne Lungenparenchymanteil gewesen. Nach der ersten Biopsie kam es zur
stärksten Blutungsbereitschaft, so dass auf weitere Biopsien verzichtet werden musste.
Die zuvor durchgeführten Schleimhautstufenbiopsien und das Spülsekret aus dem linken
Oberlappen waren ebenfalls ohne Hinweis auf Tumorzellen gewesen (Pap II).
Diagnose, differenzialdiagnostische Überlegungen und Verlauf
Die Patientin sprach sich zunächst gegen eine thorakoskopische Histologiegewinnung
aus. Daher wurde unter der differenzialdiagnostischen Überlegung einer BOOP (Bronchiolitis
Obliterans Organizing Pneumonia) beidseits nach Strahlentherapie in Kombination mit
einer Autoimmunvaskulitis ein Behandlungsversuch mit hochdosierten Steroiden (initial
60 mg Prednisolonäquivalent) und einer Kombinationsantibiose aus Cefuroxim® und Klacid®
für 3 Wochen unternommen. Bezüglich der Autoimmunvaskulitis war in erster Linie aufgrund
des Exanthems der Haut in Kombination mit dem pANCA-Titer an eine mikroskopische Polyangiitis
zu denken.
Röntgenbild und Klinik der Patientin wurden von der Therapie nicht beeinflusst, im
Gegenteil, Exanthem, körperliche Schwäche und allgemeines Krankheitsgefühl nahmen
zu. Laborchemisch fiel erstmalig eine LDH-Erhöhung (943 U/l) auf, duplexsonographisch
konnte bei leichtem Knöchelödem rechts eine nicht ganz frische Poplitealvenenthrombose
gesichert werden.
Unter dem hochgradigen Verdacht eines malignen Geschehens stellten wir die Patientin
zur thorakoskopischen Lungenbiopsie vor. Aus den Keilexzidaten des linken Oberlappens
konnte ein primäres, hochdifferenziertes schleimbildendes Adenokarzinom der Lunge
mit bronchioloalveolärem Wachstumsmuster gesichert werden (Abb. [5 ]). Bildgebend bestand damit das Tumorstadium T4 N0 M1. In den Keilexsidaten war histologisch
infolge der tumorassoziierten Entzündungsreaktionen kein eindeutiger Vaskulitishinweis
gegeben.
Abb. 5 Histologie des Keilexzidates aus dem linken Oberlappen Zylindrische Zellen eines primären schleimbildenden Adenokarzinoms mit bronchioloalveolärem
Wachstumsmuster.
Postoperativ geriet die Patientin kurzzeitig in ein akutes Nierenversagen, nach Rekompensation
wurde ein Zyklus einer Polychemotherapie Gemzaar®/Navelbine® in reduzierter Dosis
verabreicht. Hiervon profitierte die Patientin nicht, sie starb 6 Wochen nach Diagnosestellung
zunehmend niereninsuffizient und schwer tumorkrank. Eine Obduktion wurde abgelehnt.
Diskussion
Diskussion
Der vorgestellte Fallbericht zeigt einen möglichen Zusammenhang zwischen der Tumorerkrankung
und der Autoimmunvaskulitis als paraneoplastisches Begleitphänomen auf. Zudem ist
eine Kausalität mit der zuvor durchgeführten Strahlentherapie der Thoraxwand zu vermuten
(strahleninduzierte Neoplasie), aber auch ein Drittmalignom ist bei einer solchen
Karzinomdisposition der Patientin möglich.
Häufigkeit von Paraneoplasien: Paraneoplastische Symptome und Syndrome als tumorassoziierte Phänomene begegnen uns
in der Behandlung von Tumorpatienten vielfach. Unter ihnen stellt das Anorexie-Kachexie-Syndrom
mit 50 - 80 % Prävalenz in den fortgeschrittenen Tumorstadien das häufigste paraneoplastische
Symptom dar [1 ]. Neben den generell tumorassoziierten hämatologischen Paraneoplasien (Anämie oder
Polyglobulie, Leukozytose, Thrombopenie oder Thrombozytose, allgemeine Hyperkoagulopathie)
kommen beim Bronchialkarzinom vor allem die endokrinologischen Paraneoplasien in Form
von Hyperkalzämiesyndrom, Schwarz-Bartter-Syndrom, Cushing-Syndrom und der hypertrophen
Osteoarthropathie gehäuft vor [2 ]. Die Inzidenz der entsprechend erhöhten Serumkonzentrationen an ektopisch sezernierten
Peptidhormonen beträgt je nach histologischem Tumortyp und Hormon zwischen 5 und 55
% [3 ].
Autoimmunologische Paraneoplasien: Im Bereich der autoimmunologisch vermittelten Paraneoplasien ist zum einen ein vermehrtes
Auftreten von rheumatologischen Erkrankungen bei Patienten mit malignen Grunderkrankungen
zu beobachten [4 ]
[5 ]. Aber auch umgekehrt sind einige rheumatologische Erkrankungen wie z. B. das Sjögren-Syndrom
oder die systemische Sklerose prädisponierend für das Auftreten eines Karzinoms [6 ]. In diesem Formenkreis von Erkrankungen sind es vor allem die Polymyositis und Dermatomyositis,
die bei Tumorerkrankungen vorzufinden sind [7 ]
[8 ]. Insbesondere die Dermatomyositis ist in bis zu 23 % der Fälle paraneoplastischer
Genese [9 ]. Beide Erkrankungen stehen in Zusammenhang mit der Entwicklung von Anti-Nukleären-Antikörpern
(ANA), welche bei malignen Erkrankungen eine erhöhte Prävalenz aufweisen können, je
nach nukleärem Antigen und Tumorart [10 ]
[11 ]. So waren bei Non-Hodgkin-Lymphomen in einer Untersuchung an 347 Patienten in 19
% der Fälle ANA nachweisbar, fast ein Drittel dieser Patienten hatte hierbei klinische
Symptome [12 ]. Für die Bronchialkarzinome sind nur wenige Daten vorhanden, in einer älteren Untersuchung
an 105 Patienten wurde generell keine Zunahme der ANA-Bildung gegenüber einer Vergleichsgruppe
gefunden, allerdings waren in 30 % der Fälle von Adenokarzinomen die ANA-Befunde positiv
[13 ]. Auch unsere Patientin zeigte einen leicht positiven Titer mit 1 : 128, Gesamt-CK,
GOT und GPT waren jedoch normal und klassische klinische Hinweise auf eine Dermatomyositis
mit Gesichtserythem/-ödem fehlten. Eine weitere ANA-Differenzierung wurde daher nicht
vorgenommen, nicht zuletzt war der Titer mit 1 : 128 noch nicht signifikant erhöht.
(Die signifikante Nachweisgrenze für ANA ist bei einem Titer von 1 : 160 angesetzt,
hier haben immer noch 5 - 6 % gesunder Personen einen positiven Titer [14 ]).
Am detailliertesten im Bereich der paraneoplastischen Autoimmunreaktionen ist für
die Bronchialkarzinome das Lambert-Eaton-Syndrom mit der Entwicklung von Anti-P/Q-Typ-VGCC-Antikörpern
untersucht. Diese Antikörper gegen das Pathogen VGCC (Voltage gated calcium channel;
Subtyp P/Q), welches auf den Tumorzellen exprimiert wird, führen zur präsynaptischen
Störung der Acetylcholinfreisetzung mit den entsprechend neurologischen Symptomen
[15 ]. In über 50 % der Fälle ist das Lambert-Eaton-Syndrom paraneoplastischer Genese,
wobei das kleinzellige Bronchialkarzinom die häufigste Ursache darstellt [16 ]
[17 ].
Paraneoplastische Vaskulitiden: Über das Auftreten von ANCA-assoziierten Vaskulitiden (Anti-Neutrophile zytoplasmatische
Antikörper) im Rahmen eines Tumorgeschehens liegen nur wenige Daten vor. Üblicherweise
sind mit cANCA (zytoplasmatisches Fluoreszenzmuster; Zielantigen Proteinase-3) die
Wegenersche Granulomatose, mit pANCA (perinukleäres Fluoreszenzmuster; Zielantigen
Myeloperoxidase) die Mikroskopische Polyangiits und das Churg-Strauss-Syndrom assoziiert,
ohne dass eine maligne Erkrankung zugrunde liegt [18 ]. Bezüglich der nicht-ANCA-assoziierten Vaskulitiden der kleinen Gefäße wird insbesondere
die Leukozytoklastische Vaskulitis im Zusammenhang mit einem paraneoplastischen Geschehen
gesehen [19 ]
[20 ]. Systematische prospektive Untersuchungen über das Vorkommen von ANCA-assoziierten
Vaskulitiden bei soliden Tumorerkrankungen fehlen. Im Bereich der hämatologischen
Tumorerkrankungen konnte für die malignen Lymphome an einem Kollektiv von 140 Patienten
eine ANCA-Prävalenz von 4,2 % aufgezeigt werden [21 ], die allerdings nur zum Teil klinisch mit einer Vaskulitis einherging. Das Myelodysplastische
Syndrom wies in einer kleineren Untersuchung eine Prävalenz von 7,5 % auf [22 ]. Für die soliden Tumoren konnte in einer retrospektiven Analyse an 477 Patienten
mit Wegenerscher Granulomatose gezeigt werden, dass eine signifikante Assoziation
bezüglich des zeitgleichen Auftretens von Tumorerkrankungen und der Wegenerschen Granulomatose
besteht, wobei das Nierenzellkarzinom die häufigste Tumorentität darstellt [23 ]. Bis auf diese retrospektive Analyse sind ausschließlich Fallberichte über das zeitgleiche
Auftreten einer Antikörper-positiven Vaskulitis mit einer soliden Tumorerkrankung
publiziert. Als erstes berichten Edgar u. Mitarb. [24 ] von 4 Tumorpatienten, die eine Koinzidenz von ANCA-Entwicklung und maligner Erkrankung
aufweisen. Alle 4 Patienten haben eine eingeschränkte Nierenfunktion, die sich bei
2 Patienten unter Immunsuppression und/oder Behandlung der Grundkrankheit bessert.
Patient 1 hat ein Plattenepithelkarzinom der Lunge, bildet cANCA mit einem Titer von
1 : 160, bietet klinische Zeichen der Vaskulitis und stirbt wenige Tage nach Einlieferung
ins Krankenhaus unter anderem an Nierenversagen. Patient 2 hat ein Adenokarzinom der
Prostata, bildet cANCA mit einem Titer von 1 : 80, bietet nierenbioptisch eine Glomerulonephritis
mit Halbmondbildung, profitiert kurzzeitig von der immunsuppressiven Therapie und
stirbt an seinem Grundleiden. Patient 3 hat ebenfalls ein Adenokarzinom der Prostata,
bildet pANCA mit einem Titer von 1 : 1280 und bleibt trotz Behandlung der Grundkrankheit
(allerdings ohne immunsuppressive Therapie) dialysepflichtig. Patient 4 hat ein Urothelkarzinom
der Harnblase, bildet cANCA mit einem Titer von 1 : 640, bietet nierenbioptisch eine
nekrotisierende Glomerulonephritis mit Halbmondbildung und profitiert sowohl von der
immunsuppressiven Therapie als auch Resektion des Tumors. Hruby u. Mitarb. [25 ] berichten von einem Patienten mit asymptomatischem Adenokarzinom des Magens und
cANCA-positiver Glomerulonephritis mit Halbmondbildung. Der Titer beträgt hierbei
1 : 320, der Patient stirbt im Rahmen der Immunsuppression an einer Pilz-Sepsis. Navarro
u. Mitarb. [26 ] stellen den Fall eines Patienten mit nekrotisierender Vaskulitis durch ANCA und
Adenokarzinom der Lunge vor, wobei die Vaskulitis dem Karzinom 4 Monate vorausgeht
und trotz des Tumorprogresses unter der Immunsuppression zunächst eine Besserung zeigt.
Yedidag u. Mitarb. [27 ] berichten von einem Patienten mit membranöser Glomerulonephritis infolge einer pANCA
positiven Vaskulitis, der zeitgleich ein asymptomatisches Ösophaguskarzinom aufweist.
Karim u. Mitarb. [28 ] und Norris u. Mitarb. [29 ] berichten jeweils von einem Patienten mit hohem pANCA-Titer und Nierenzellkarzinom.
In beiden Fällen führt die kurative Sanierung des Tumors nicht zu einer Besserung
der Glomerulonephritis mit Niereninsuffizienz. Baschinsky u. Mitarb. [30 ] stellen den Fall einer Patientin mit metastasierendem Adenokarzinom der Lunge vor.
Ähnlich des Verlaufs unserer Patientin geht dessen histologische Sicherung durch offene
Lungenbiopsie mit einem progredienten Nierenversagen einher. Der pANCA-Titer ist mit
1 : 160 positiv, und die zugrunde liegende Glomerulonephritis kann autoptisch gesichert
werden, was im Falle unserer Patientin infolge fehlender Sektion nicht möglich war.
Zusammenfassend sind in der Literatur inklusive der 14 Karzinom-Patienten mit Wegenerscher
Granulomatose [23 ] bisher 24 Fälle aufgeführt, die einen Zusammenhang der ANCA-positiven Vaskulitis
und einer soliden Tumorerkrankung aufzeigen. Darunter sind 4 Fälle eines Bronchialkarzinoms,
3 davon sind Adenokarzinome.
Der Mechanismus der tumorgetriggerten ANCA-Bildung ist unklar. Bekannt ist, dass Zytokine
wie Tumornekrosefaktor-alpha, Interleukin-1-beta und Interleukin-2R gehäuft in den
Nieren von Patienten mit ANCA-positiver Systemvaskulitis vorkommen [31 ], und dass Tumoren allgemein mit einer erhöhten Zytokinproduktion einhergehen [32 ]. Der einfachsten Erklärung der Antikörperinduktion durch Antigenpräsentation der
Tumorzellen widerspricht die Untersuchung von Tatsis u. Mitarb. [23 ], die in den Tumorgeweben ihrer Patienten mit Wegnerscher Granulomatose (serologisch
Nachweis von cANCA; Anti-Proteinase 3 positiv) nicht das Zielantigen Proteinase 3
sichern konnten.
Schlussfolgerung
Schlussfolgerung
Möglicherweise sind paraneoplastisch getriggerte ANCA-positive Vaskulitiden bei Bronchialkarzinomen
häufiger als bisher angenommen. Hier sind weitere Untersuchungen bezüglich des zugrundeliegenden
Pathomechanismus, der Prävalenz, klinischen Relevanz und Prognose für die Patienten
vorzunehmen.
Tab. 1 Einteilung der systemischen Vaskulitiden der kleinen Gefäße (small vessel vasculitis),
in Anlehnung an Chapel Hill Consensus Conference [33 ]
Wegenersche Granulomatose
ANCA-assoziierte Vaskulitis
mikroskopische Polyangiitis
ANCA-assoziierte Vaskulitis
Churg-Strauss-Syndrom
ANCA-assoziierte Vaskulitis
Purpura Schönlein-Henoch
nicht-ANCA-assoziierte Vaskulitis
kryoglobulinämische Vaskulitis
nicht-ANCA-assoziierte Vaskulitis
leukozytoklastische Vaskulitis
nicht-ANCA-assoziierte Vaskulitis