psychoneuro 2004; 30(1): 37-41
DOI: 10.1055/s-2004-818807
Schwerpunkt

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Qualifizierte Entzugsbehandlung bei Alkoholabhängigkeit

Alexander Diehl1 , Karl Mann1
  • 1Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim, Universität Heidelberg
Weitere Informationen
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Korrespondenzadresse:

Dr. med. Alexander Diehl

Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin

Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim

Universität Heidelberg J5

68159 Mannheim

eMail: diehl@zi-mannheim.de

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
09. Februar 2004 (online)

Inhaltsübersicht #

Zusammenfassung

Die traditionelle Entgiftungsbehandlung ist darauf ausgerichtet, mit medikamentöser Behandlung die Entzugserscheinungen zu beherrschen, Risiken der Alkoholentgiftung zu minimieren und das Überleben des Patienten sicherzustellen. Spezifische Maßnahmen gegen die eigentliche Grunderkrankung Alkoholabhängigkeit sind dabei nicht obligatorisch vorgesehen. Die Prognose der Suchterkrankung wird durch die ausschließliche Entgiftung nachgewiesenermaßen nur wenig beeinflusst. Bei der stationären Entgiftung in Allgemeinkrankenhäusern kann mit Hilfe von suchtmedizinisch geschulten Liaison-Diensten die ausschließliche Entgiftung zu einem „Qualifizierten Entzug” ausgebaut werden. Mit entsprechender Qualifikation des niedergelassenen Arztes und in enger Kooperation mit Suchtberatungsstellen ist eine qualifizierte Entzugsbehandlung bei geeigneten Patienten auch ambulant durchführbar. Ziel dieser Maßnahme ist die konsequente Erarbeitung einer hinreichenden Krankheitseinsicht und Behandlungsmotivation, so dass die Patienten in weiterführende Behandlungen vermittelt werden können. Nach dem Gesundheitsreformgesetz 2000 wird ein pauschalierendes Entgeltsystem, das DRG- (Diagnosis Related Groups) System, in Deutschland eingeführt. Die Fallkostenkonstellation der „Qualifizierten Entzugsbehandlung” kann mit dem vorliegenden System nicht abgebildet werden. Soll die qualifizierte Entzugsbehandlung bei Alkoholabhängigkeit (ICD 10 F10.2) in der Inneren Abteilung durchgeführt werden, ist die Kostengewichtung nach DRG keinesfalls kostendeckend. Somatische Abteilungen sollten durch eine geeignete Finanzierung in die Lage versetzt werden, dieses anspruchsvolle, von Ärzten, Psychologen und Sozialarbeitern gemeinsam durchgeführte und im Gesamtverlauf kostensparende Angebot des „Qualifizierten Entzugs” angemessen zu realisieren.

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Summary

The primary aim of the traditional detoxification treatment is to guarantee the survival of the patient and to control the withdrawal symptoms by using adequate medications. Up to now specific procedures against the underlying dependence are adopted in a few cases only. The reevaluations of this traditional detoxification show exceptionally poor results. For inpatient detoxification in general hospitals essential improvements of the existing care system could be achieved with liaison-services trained in addiction medicine, turning the detoxification into a „qualified withdrawal treatment”. This enhanced detoxification is also applicable for outpatient treatment in selected patients. In cooperation of physicians, psychologists and social workers motivational techniques are added to standard acute treatment. The aim of these interventions is the consistent development of a sufficient self insight in the disease which finally leads to the willingness of the patient to enter further abstinence-maintaining treatments. According to the health reform-law 2000 an all inclusive remuneration system is being introduced in Germany by means of adapting the Australian DRG- (Diagnosis Related Groups) system. If the qualified withdrawal treatment in alcohol dependence (ICD 10 F10.2) is to be carried out in general hospitals the expenses are in no way covered by the DRG. Somatic departments should be enabled to realize this demanding and cost-saving offer of the qualified withdrawal treatment with regard to treatment duration and staff availability by an appropriate financing.

Förderung von Einsicht in die Abhängigkeitserkrankung und Motivation zur Abstinenz sind die übergeordneten Ziele der Suchtbehandlung. Um diese Ziele zu erreichen, bedarf es der Information, Aufklärung und Psychoedukation. Der Anfang dieses prozesshaften therapeutischen Geschehens ist ein erster Kontakt und Zugang zum Patienten, weswegen die Entgiftungsbehandlung von unschätzbarer Bedeutung ist. Diese bei Suchtkranken relativ häufig durchgeführte Maßnahme könnte der Ausgangspunkt des suchttherapeutischen Prozesses sein. Tatsächlich werden aber nur die wenigsten Entgiftungspatienten in eine eigentliche Suchtbehandlung, z.B. in eine stationäre Rehabilitationsbehandlung, übergeführt. Entsprechend ernüchternd sind die Verläufe mit zahlreichen Entgiftungsbehandlungen aber keiner längerfristigen Abstinenz. Eine Entgiftung wird erst dann zur „Qualifizierten Entzugsbehandlung”, wenn neben eingehender somatischer und psychiatrischer Diagnostik auch motivationsfördernde Interventionen in multidisziplinären Teams (Ärzte, Psychologen, Sozialarbeiter) eingesetzt werden, die zum Ziel haben, die weitere Behandlungsbereitschaft und -Fähigkeit der Patienten zu verbessern (Bundesministerium für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit, Expertenkommission 1988).

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Stationäre Entgiftungen in Allgemeinkrankenhäusern

Primäres Ziel der traditionellen Entgiftungsbehandlung ist es, die vegetativen Entzugserscheinungen oder ein Delirium tremens mit geeigneten Medikamenten und internistischer Grundversorgung zu behandeln und das Überleben des Patienten sicherzustellen [7] [1]. Spezifische Maßnahmen gegen die Grunderkrankung der Abhängigkeit werden aber bisher in weniger als zehn Prozent der Fälle durchgeführt [5]. Die Nachuntersuchungsergebnisse dieser traditionellen Entgiftung sind mit rund 40 Prozent Verstorbenen und nur fünf Prozent Abstinenten nach durchschnittlich acht Jahren außerordentlich schlecht [12]. Entsprechend häufig kommt es zu zahlreichen Entgiftungen [3], die das Überleben akut zwar sichern, die Einsicht in die Grundkrankheit und die Motivation zur Veränderung aber nicht bewirken und deswegen die Prognose der Suchterkrankung nicht nachhaltig verbessern. Wiederholte Entzüge führen außerdem durch exzitotoxische Schädigungen von Neuronen [4] zu immer gravierenderen Schäden. Über das aus der Epileptologie bekannte Kindlingphänomen wird ein von Mal zu Mal stärkeres Ansprechen der in das Entgiftungsgeschehen involvierten Neurotransmittersysteme mit einer Kaskade zunehmender Folgen wie z.B. zerebrale Krampfanfälle beschrieben [9]. Viele besonders schwere Entzüge sind also nicht wie früher angenommen akzeptabel, da förderlich für die Motivationsbildung, sondern verschlechtern definitiv den Verlauf. Leider führt der administrative Aufwand infolge der Trennung der Zuständigkeiten zwischen Krankenkassen und Rentenversicherern immer noch zu Wartezeiten und unbefriedigender Inanspruchnahme der Rehabilitationsbehandlung, womit erneute Entgiftungen mit allen geschilderten Konsequenzen nötig werden.

Bei der stationären Entgiftung in Allgemeinkrankenhäusern können mit Hilfe von Konsiliar- oder Liaison-Diensten wesentliche Verbesserungen des bestehenden Versorgungssystems erzielt werden. Dabei übernimmt eine suchtmedizinisch geschulte Fachkraft die Weiterbildung und Supervision der Ärzte sowie des Pflegepersonals und initiiert im Einzelfall auch selbst die weitere Suchtbehandlung. Nach Pörksen et al. [10] kann eine zusätzliche Fachkraft im Rahmen eines Alkohol-Liaison-Dienstes für etwa 320 Betten zuständig sein. Die Rate der Vermittlung in weiterführende Therapieangebote kann mit diesen Maßnahmen nahezu verdoppelt werden [9]. Darüber hinaus werden die ärztlichen Möglichkeiten innerhalb des Therapienetzes durch bessere Fortbildung (Zusatzqualifikation „Suchtmedizinische Grundversorgung”, ca. 50 Stunden) und den Einsatz neuer rückfallprophylaktisch wirksamer Medikamente deutlich erweitert.

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Qualifizierte Entzugsbehandlung

Die Versorgung von Alkoholkranken kann durch eine therapeutische Nutzung der Phase der körperlichen Entgiftung entscheidend verbessert werden. Anstatt die Entgiftung passiv zu erleiden, kann sie aktiv genutzt und gestaltet werden. Ansätze hierzu wurden schon 1988 in den Empfehlungen der Expertenkommission beschrieben. Unter dem Titel „Keine Entgiftung ohne psychotherapeutische Begleitung” stellten Mann und Stetter [7] eine Konzeptualisierung dieser Ideen vor. Für diese erweiterte Entgiftung hat sich der Begriff „Qualifizierte Entzugsbehandlung” durchgesetzt. Neben einer differenzierten, somatisch gut fundierten Diagnostik sowie der Behandlung der Entzugssymptome, der körperlichen Begleiterkrankungen und der Folgeerkrankungen wird über gezielte psychoedukative und psychotherapeutische Ansätze Motivationsarbeit geleistet. Merkmale dieser Maßnahmen sind das Fehlen abwehrender Aufnahmeprozeduren, prüfender Schwellen oder abwertender Konfrontationen. Die körperliche Entzugssituation wird als Chance aufgefasst, hinreichende Krankheitseinsicht zu erreichen. Die Krankheitseinsicht wird über verschiedene Motivationsstrategien verstärkt und soll zur Bereitschaft und Fähigkeit des Patienten führen, eine weiterführende Behandlung anzutreten. Die Behandlungsdauer für diesen therapeutischen Prozess ist auf drei bis sechs Wochen anzusetzen. Innerhalb dieser erweiterten akuten Behandlung kann auch das protrahierte Entzugssyndrom mit seiner erhöhten Rückfall- und Suizidgefährdung besser beherrscht werden. Wissenschaftler aus Jena, Lübeck, Mannheim und Würzburg konnten die guten Ergebnisse nach Qualifiziertem Entzug bereits nachweisen [Tab. 1]. Der Erfolg der Qualifizierten Entzugsbehandlung zeigte sich nicht nur über die günstige Veränderung des Trinkverhaltens, sondern auch über eine Senkung der Kosten aufgrund signifikant geringerer Inanspruchnahme von Krankenbehandlungen in der Folgezeit [2].

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Funktion der Qualifizierten Entzugsbehandlung

Neben der körperlichen Entgiftung bei akut intoxikierten Patienten ist die besondere Aufgabe der Qualifizierten Entzugsbehandlung den Patienten zu akzeptieren, sein Selbstwertgefühl zu stabilisieren und eine Vertrauen fördernde Atmosphäre zu schaffen. Vor diesem Hintergrund kann die Krankheits- und Problemeinsicht sowie das Gesundheitsbewusstsein verbessert werden. Erst bei einer tragfähigen therapeutischen Beziehung können auch konfrontative Elemente eingesetzt werden. Die Bewertung der Suchterkrankung, die Veränderungsbereitschaft und die Selbstwirksamkeitseinschätzung des Patienten werden evaluiert und die zugrunde liegenden Kognitionen und Affekte mit dem Ziel bearbeitet, die Motivation und Fähigkeit zum Antritt einer ambulanten oder stationären Entwöhnungsbehandlung zu erhöhen. Eigenmotivation zur Abstinenz ist - im Gegensatz zu Entwöhnungsbehandlungen - keine Eingangsvoraussetzung für eine Qualifizierte Entzugstherapie. Vielmehr besteht ein primäres Therapieziel der Qualifizierten Entzugsbehandlung eben gerade darin, Abstinenz- und Veränderungsbereitschaft zu fördern. Kontrollierte Studien belegen die Effekte derartiger psychotherapeutischer Interventionen, die bereits im ambulanten Kontakt und auch in der Entgiftungsphase beginnen sollten [11].

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Psychotherapeutische Intervention

Selbstverständlich sollte eine Therapie soweit wie möglich auf die individuelle Situation des jeweiligen Patienten abgestimmt werden. Dennoch lassen sich einige generelle Merkmale beschreiben, welche die therapeutische Arbeit in der Entzugsphase kennzeichnen [6]:

  • Der persönliche therapeutische Kontakt sollte noch in der Krisensituation so früh wie möglich hergestellt werden

  • Die psychotherapeutischen Interventionen sollten auf die Abhängigkeitserkrankung fokussieren

  • Überschaubaren konkreten Zielen ist der Vorzug gegenüber weit entfernten, abstrakten und überhöhten Ansprüchen zu geben

  • Therapeuten leisten aktive Hilfestellung zur Bewältigung der unmittelbar anliegenden, konkreten Probleme

  • Die „zufriedene Abstinenz” ist zwar das übergeordnete Ziel, gerade aber bei schwer abhängigen Patienten ist dies erst über einen monate- oder sogar jahrelangen Prozess erreichbar, der therapeutisch unterstützt werden muss

  • Die Förderung der Bereitschaft, weitere Hilfe anzunehmen, ist deswegen zentrales Therapieziel der „Motivationstherapie”

  • Generelle Informationen über die Krankheit werden mit der persönlichen Betroffenheit des Patienten verbunden. Konkrete pathologische Befunde - aber auch deren Rückbildung unter Abstinenzbedingungen - werden erörtert

  • Informationen über weitere Behandlungsmöglichkeiten, insbesondere ambulante oder stationäre Entwöhnungsbehandlungen, werden vermittelt und die nächsten Schritte vereinbart, die solche Maßnahmen einleiten

  • Der Kontakt zu Betroffenen, die „es geschafft haben”, stellt für den Patienten eine Hilfe dar, um eine Perspektive zu gewinnen und Ratschläge anzunehmen, die aus dem Munde von Therapeuten möglicherweise ihre Wirkung verfehlen.

Bei der Qualifizierten Entzugsbehandlung handelt es sich um eine eigenständige suchtspezifische Form einer Behandlung für Abhängige, die stationär, bei geeigneten Patienten und der Möglichkeit zu täglichen Kontakten, aber auch ambulant durchgeführt werden kann. Natürlich benötigt die Qualifizierte Entzugsbehandlung, die der ausschließlichen Entgiftungsbehandlung weit überlegen ist, auch mehr Ressourcen und längere Behandlungszeiten als die unzureichende „Entgiftung”, von der die Kalkulationen gegenwärtig ausgehen.

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Kostenübernahme und DRGs

Das bisherige Entgeltsystem in Deutschland ist ein Mischsystem aus tagesgleichen Pflegesätzen, Fallpauschalen und Sonderentgelten. Kranken- und Rentenversicherung teilen die Kosten für die Behandlung auf der Basis der „Vereinbarung Abhängigkeitserkrankungen” vom 1. Juli 2001 unter sich auf. Die Krankenversicherung übernimmt die medizinische Akutbehandlung, d.h. in der Regel die Entzugsbehandlung, die Rentenversicherung übernimmt die Entwöhnungsbehandlung. Letztere ist eine Behandlung der „medizinischen Rehabilitation”, die auf Antrag durchgeführt wird und deren Zielsetzung - zumindest von Seiten der Rentenversicherung - die „Verbesserung bzw. Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit” ist.

Die Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung für die Dauer des Qualifizierten Entzugs im Sinne einer medizinischen Akutbehandlung ist leider häufig problematisch. Obwohl der Anspruch des Patienten rechtlich begründet ist [9], gibt es nur in Nordrhein-Westfalen und Sachsen eine einvernehmlich zwischen Kranken- und Rentenversicherern sowie den Krankenhausträgern vereinbarte „Drei bis vier Wochen Regelung”.

Neben der Qualifizierten Entzugsbehandlung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) steht aber auch die Behandlungsdauer im Allgemeinkrankenhaus unter Druck. Vor diesem Hintergrund ist die Diskussion über die Einführung von „diagnosis related groups” (DRGs) in Krankenhäusern der Allgemeinversorgung zu sehen. Nach dem Gesundheitsreformgesetz 2000 wird ein pauschalierendes Entgeltsystem in Deutschland eingeführt werden. Der Erlös für die Behandlung eines Patienten ergibt sich dabei aus der zur Krankenhausbehandlung führenden Hauptdiagnose, komplizierender Begleiterkrankungen und der medizinischen Bezugsleistung. Die bisher schon kontrovers diskutierten Fragen von Zuständigkeit, Planung und Entwicklung von regionaler suchtmedizinischer Versorgung werden dabei erneut aufgeworfen. Die am häufigsten gestellten Fragen sind:

  • Reichen die Fallpauschalen in den Allgemeinkrankenhäusern für eine umfängliche Behandlung allein der somatischen Störungen aus?

  • Sind internistische Stationen in der Lage, eine Entzugsbehandlung durchzuführen, die den derzeitigen Standards, das heißt Einbeziehung von zumindest Motivationsanteilen, Rechnung trägt?

  • Wird es nach einer kurzen Anfangsbehandlung im Allgemeinkrankenhaus zu einer vermehrten Überweisung in psychiatrische Krankenhäuser oder in die ambulante Behandlung kommen?

  • Wird es möglich sein, psychiatrische Kompetenz im Allgemeinkrankenhaus in die Behandlung einzubinden?

  • Wird bei knappen finanziellen Vorgaben noch die Möglichkeit der regionalen Zusammenarbeit und eines fachlichen Austausches möglich sein?

Die Fallkostenkonstellation der „Qualifizierten Entzugsbehandlung” kann mit dem DRG-System bisher nicht abgebildet werden. Das ist für die Qualifizierte Entzugsbehandlungen, die in der Psychiatrie stattfinden, auch nicht nötig, denn bislang fällt die Psychiatrie gemäß § 17b KHG nicht unter die DRGs. Soll die Qualifizierte Entzugsbehandlung bei Alkoholabhängigkeit (ICD 10 F10.2) jedoch in der Inneren Abteilung durchgeführt werden, ist die Kostengewichtung keinesfalls kostendeckend. Die Kalkulationen für die DRG V60Z (Alkoholintoxikation und -Entzug) legt eine mittlere Verweildauer von 2,6 Tagen und für die V62A (Störungen durch Alkoholmissbrauch und Alkoholabhängigkeit) von 6,8 Tagen zugrunde. Mit solchen mittleren Verweildauern lässt sich der dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechende Qualifizierte Entzug nicht gewährleisten.

Somatische Abteilungen sollten durch eine geeignete Finanzierung in die Lage versetzt werden, dieses anspruchsvolle, bewährte und im Gesamtverlauf kostensparende Angebot der Qualifizierten Entzugsbehandlung [2] hinsichtlich Behandlungsdauer und Personalausstattung angemessen zu realisieren. Aus diesen Gründen wurde die Einrichtung einer neuen DRG „Qualifizierter Entzug bei Störungen durch Alkohol und/oder Medikamentenabhängigkeit” beantragt, angesteuert über einen neuen Operationenschlüssel (OPS-301 nach Paragraph 301 Sozialgesetzbuch V) „Qualifizierter Entzug”.

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Ambulante Nachbetreuung

Im Anschluss an eine stationäre oder teilstationäre Entzugs- oder Entwöhnungstherapie sollte in jedem Fall eine ambulante Nachbetreuung eingeleitet werden. Sie konsolidiert den Behandlungserfolg, unterstützt die Wiedereingliederung ins Alltagsleben und bietet eine schnelle Interventionsmöglichkeit während akuter psychischer Krisen mit hoher Rückfallgefährdung. Ziel der ambulanten Nachbetreuung ist die langfristige Beibehaltung der Abstinenz und die Aufrechterhaltung der Verhaltensänderungen, welche in der (teil-)stationären Phase initiiert worden waren. Aber auch die rasche und kompetente Reaktion auf einen drohenden oder bereits eingetretenen Rückfall soll gewährleistet sein. Die Standbeine der ambulanten Nachbetreuung sind der Anschluss an eine Psychosoziale Beratungsstelle (z.B. Caritas, Diakonie etc.), die konsequente Teilnahme an Selbsthilfegruppen (z.B. Anonyme Alkoholiker, Blaukreuzler, Guttempler etc.) und die regelmäßige ambulante Betreuung durch Haus- und Fachärzte. Voraussetzung dafür ist aber ein Ausbau der Ausbildung und Weiterbildung in der Suchtmedizin („Fachkunde Suchtmedizin”) sowie eine angemessene Honorierung der erbrachten Leistungen. Erweitert werden die ambulanten Möglichkeiten der Suchtbehandlung durch die medikamentöse Rückfallprophylaxe. Diese ist im Artikel „Pharmakologische Rückfallprophylaxe bei Alkoholabhängigkeit” von Croissant und Mann in diesem Heft beschrieben.

Tab. 1 Ergebnisse der Qualifizierten Entzugsbehandlung

 

Olbrich 2001

Stetter und Mann 1997

Veltrup 1995

Böning et al. 2001

Bauer und Hasenöhrl 2000

Behandlung

3 Wochen allgemein-psychiatrische Station

3 Wochen Suchtstation

6 Wochen Suchtstation

6 Wochen Suchtstation

4-8 Wochen Suchtstation

Zeitpunkt der Nachunter-suchung

6 Monate

8 Monate

8 Monate

12 Monate

28 Monate

Anzahl der Patienten

102

529

196

151

92

Durchführung

persönlich

telefonisch

persönlich

persönlich

postalisch

Abstinenzrate der nachunter-suchten Patienten

58 %

52 %

58 %

45 %

51 %

Abstinenzrate bezogen auf die Ausgangsstich-probe

48 %

46 %

38 %

36 %

32 %

Vermittlung in weiterführende Behandlung

 

 

46 %

 

 

(modifiziert nach Mann 2002)

Tab. 2 Ergebnisse der stationären Entwöhnungsbehandlung

 

stationäre Langzeit-therapie (Küfner und Feuerlein 1989)

stationäre Langzeit-therapie (Zemlin et al. 1999)

stationäre/ambulante Therapie (Mann und Batra 1993)

stationäre/ambulante Therapie (Mann et al. 1996)

Behandlung

stationäre Entwöhnungs-Behandlung 4-6 Monate (21 Kliniken)

stationäre Entwöhnungs-Behandlung 6 Monate

6 Wochen stationär 1 Jahr ambulant

6 Wochen stationär 1 Jahr ambulant

Zeitpunkt der Nach-untersuchung

6 Monate

1 Jahr

1 Jahr

1 Jahr

Anzahl der Patienten

1.410

3.060

790

212

Abstinenzrate

67 %

60 %

68 %

67 %

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Literatur

  • 1 Croissant B, Mann K. Alkoholentzug und seine Behandlung.  Therapeutische Umschau. 2000;  57 257-260
  • 2 Driessen M, Veltrup C, Junghanns K, Przywara A, Dilling H. Kosten-Nutzen-Analyse klinisch-evaluierter Behandlungsprogramme. Erweiterte Entzugstherapie bei Alkoholabhängigkeit.  Nervenarzt. 1999;  70 463-470
  • 3 Fleischmann H. Chronisch mehrfach beeinträchtigte Alkoholabhängige (CMA) im psychiatrischen Krankenhaus, Definitionsprobleme, Selektionsprozesse und Ergebnisse, therapeutische Prinzipien.  In: Olbrich R (Hrsg.) Suchtbehandlung - Neue Therapieansätze zur Alkoholkrankheit und anderen Suchtformen.  Regensburg, Roderer. 2001;  11-26
  • 4 Gonzalez L, Veatch L, Ticku M, Becker H. Alcohol withdrawal kindling: mechanisms and implications for treatment.  Alcoholism: Clinical and Experimental Research. 2001;  197-201
  • 5 John U, Hapke U, Rumpf HJ, Hill A, Dilling H. Prävalenz und Sekundärprävention von Alkoholmissbrauch und -abhängigkeit in der medizinischen Versorgung.  Baden-Baden, Nomos. 1996; 
  • 6 Mann K, Stetter F. Konzepte einer Station zur Entgiftung und Motivierung von Suchtpatienten.  In: Möller, H-J (Hrsg.) Therapie psychiatrischer Erkrankungen.  Stuttgart, New York, Georg-Thieme Verlag. 1999;  627-632
  • 7 Mann K, Stetter F. Keine Entgiftung ohne psychotherapeutische Begleitung.  Psycho. 1991;  5 296-304
  • 8 Mann K. Alkohol.  In: Gastpar M, Mann K, Rommelspacher H (Hrsg.) Lehrbuch der Suchterkrankungen.  Stuttgart, New York, Thieme. 1999;  183-201
  • 9 Mann K. Neue ärztliche Aufgaben bei Alkoholproblemen.  Dtsch Arztebl. 2002;  99 632-644
  • 10 Pörksen N, Wienberg G, Kremer G, Dormann S, Wessel T. Zur Finanzierung von Screening, Diagnostik und Kurzintervention bei Patientinnen und Patienten mit Alkoholproblemen in Arztpraxen und Allgemeinkrankenhäusern.  In: Aktion Psychisch Kranke (Hrsg.) Innovative Behandlungsstrategien bei Alkoholproblemen. Frühe Interventionen in der medizinischen Basisversorgung und Ambulante Entgiftung. Freiburg i.  Breisgau, Lambertus. 1997;  87-93
  • 11 Stetter F, Mann K. Zum Krankheitsverlauf Alkoholabhängiger nach einer stationären Entgiftungs- und Motivationsbehandlung.  Nervenarzt. 1997;  68 574-581
  • 12 Wieser S, Kunad E. Katamnestische Studien beim chronischen Alkoholismus und zur Frage von Sozialprozessen bei Alkoholikern.  Nervenarzt. 1965;  36 477-483
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Korrespondenzadresse:

Dr. med. Alexander Diehl

Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin

Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim

Universität Heidelberg J5

68159 Mannheim

eMail: diehl@zi-mannheim.de

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Literatur

  • 1 Croissant B, Mann K. Alkoholentzug und seine Behandlung.  Therapeutische Umschau. 2000;  57 257-260
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  • 6 Mann K, Stetter F. Konzepte einer Station zur Entgiftung und Motivierung von Suchtpatienten.  In: Möller, H-J (Hrsg.) Therapie psychiatrischer Erkrankungen.  Stuttgart, New York, Georg-Thieme Verlag. 1999;  627-632
  • 7 Mann K, Stetter F. Keine Entgiftung ohne psychotherapeutische Begleitung.  Psycho. 1991;  5 296-304
  • 8 Mann K. Alkohol.  In: Gastpar M, Mann K, Rommelspacher H (Hrsg.) Lehrbuch der Suchterkrankungen.  Stuttgart, New York, Thieme. 1999;  183-201
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  • 10 Pörksen N, Wienberg G, Kremer G, Dormann S, Wessel T. Zur Finanzierung von Screening, Diagnostik und Kurzintervention bei Patientinnen und Patienten mit Alkoholproblemen in Arztpraxen und Allgemeinkrankenhäusern.  In: Aktion Psychisch Kranke (Hrsg.) Innovative Behandlungsstrategien bei Alkoholproblemen. Frühe Interventionen in der medizinischen Basisversorgung und Ambulante Entgiftung. Freiburg i.  Breisgau, Lambertus. 1997;  87-93
  • 11 Stetter F, Mann K. Zum Krankheitsverlauf Alkoholabhängiger nach einer stationären Entgiftungs- und Motivationsbehandlung.  Nervenarzt. 1997;  68 574-581
  • 12 Wieser S, Kunad E. Katamnestische Studien beim chronischen Alkoholismus und zur Frage von Sozialprozessen bei Alkoholikern.  Nervenarzt. 1965;  36 477-483
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68159 Mannheim

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