Tripel-Therapie
Seit der ersten Beschreibung einer Protonenpumpeninhibitor(PPI)-basierten Tripel-Therapie zur Behandlung der Helicobacter pylori -Infektion durch Franco Bazzoli aus Bologna hat diese Therapieform sich rasch und uneingeschränkt als Therapie der ersten Wahl in der klinischen Routine etabliert. Große Therapiestudien wie die MACH1-Studie [13 ] haben im direkten Vergleich die in vivo erfolgreichsten Antibiotika-Kombinationen herausgearbeitet. Diese sind PPI (2 × Standarddosis) + Clarithromycin (2 × 250 mg) + Metronidazol (2 × 400 - 500 mg) oder PPI + Clarithromycin (2 × 500 mg) + Amoxicillin (2 × 1000 mg). Beide Therapien werden über 7 Tage gegeben. Sie waren in der Kombination mit dem PPI Omeprazol in der Dosierung 2 × 20 mg auch die ersten Therapieschemata, die in Deutschland vom BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) zur Therapie zugelassen wurden. In der Therapie der Helicobacter-Infektion sind die PPI in 2 × täglich verabreichter Standarddosis einzusetzen, und die Erfolgsraten der Standard-Tripeltherapien mit verschiedenen PPI unterscheiden sich nicht signifikant voneinander. Der erste Vertreter der Substanzklasse der isomeren PPI, das Esomeprazol ist zur Zulassung mit der Antibiotika-Kombination Clarithromycin + Amoxicillin in einer großen Studie getestet worden [19 ]. Aktuell liegen nun auch Daten zur Therapie mit der Italienischen Kombination aus Clarithromycin und Metronidazol vor [15 ]. Dieser neue PPI wird aufgrund seiner deutlich stärkeren Potenz zur Säuresuppression in der HP-Therapie nicht in der doppelten so genannten Standarddosis gegeben, sondern es wird 2 × täglich nur die halbe Standarddosis von 20 mg verabreicht [15 ]
[19 ]. Damit werden Eradikationsraten erreicht, die im oberen Bereich der von Clarithromycin-haltigen Tripeltherapieschemata bekannten Ergebnisse liegen (Abb.1 , Tab. [1 ]) [12 ]
[13 ].
Abb. 1 Eradikationsraten mit alten und neuen HP-Therapien. P = Protonenpumpeninhibitor, A = Amoxicillin, M = Metronidazol, W = Wismut (Wismutdicitrat = Telen ® ), T = Tetracyclin, HD-OA = modifizierte Hochdosis-Dualtherapie, O = Omeprazol, E = Esomeprazol, R = Rifabutin, L = Levofloxacin
Tab. 1 Helicobacter-Therapie - Bewährte und neue Antibiotika-Kombinationen.
Routine-Schemata
Säurehemmung
1. Antibiotikum
2. Antibiotikum
Preise9
1 PPI - A - M
2 × Standarddosis 2
2 × 1000 mg
Amoxicillin
2 × 800 mg3
Metronidazol
57,83 EUR
1 PPI - C - M
2 × Standarddosis
2 × 250 mg
Clarithromycin
2 × 400 - 500 mg
Metronidazol
90,35 EUR
1 PPI - C - A
2 × Standarddosis
2 × 500 mg
Clarithromycin
2 × 1000 mg
Amoxicillin
115,06 EUR
Reserve-Schemata
-
-
-
4 Quadrupel-Therapie
+ 4 × 2 Tab. Telen®
2 × Standarddosis
4 × 400 - 500 mg5
Metronidazol
4 × 500 mg
Tetracyclin
171,25 EUR
4 Modifizierte Hochdosis-
Dual-Therapie
3 × 40 mg
Omeprazol 6
3 × 1 000 mg
Amoxicillin
255,40 EUR
7
E someprazol R ifabutinA
2 × 20 mg
Esomeprazol
2 × 150 mg
Rifabutin
2 × 1000 mg
Amoxicillin
234,27 EUR
7
E someprazol L evofloxacinA
2 × 40 mg
Esomeprazol 8
2 × 500 mg
Levofloxacin
2 × 1 000 mg
Amoxicillin
137,05 EUR
1 Diese Therapien werden über 7 Tage, 2 × tgl. morgens und abends verabreicht
2 entspricht 2 × 20 mg Omeprazol, 2 × 3 0 mg Lansoprazol, 2 × 40 mg Pantoprazol, 3 × 20 mg Rabeprazol. Bei Einsatz des neuen isomeren PPI Esomeprazol ist nur die halbe „Standarddosis” erforderlich von 2 × 20 mg. Die P-AM-Kombination ist mit 57,83 EUR die kostengünstigste Therapie mit Nexium ® 20 mg. Bei Verwendung anderer PPI, z. B. Pantozol® liegt die Kombination im Preis ca. 12 EUR höher
3 Durch Verdopplung der Metronidazol-Dosis können mit diesem Schema auch Eradikationsraten von > 90 % erzielt werden (HERA-Studie, Bayerdörffer et al. [3 ])
4 Diese Reservetherapien müssen 14 Tage lang verabreicht werden. Es liegen nur Daten für Omeprazol (Antra® ) vor
5 Diese Therapie erzielt auch bei nachgewiesener Metronidazol-Resistenz Eradikationsraten von knapp 90 % [11 ].
6 Für diese Kombination sind nur mit Omeprazol hohe Eradikationsraten von > 80 % erzielt worden [5 ]
[12 ]. Diese Ergebnisse wurden mit den Produkten Amoxicillin-Ratiopharm® oder Amoxypen® erzielt.
7 Beide neuen Tripeltherapien waren mit einer 7 Tage dauernden Gabe erfolgreich.
8 Hier wurde gezielt eine stärkere Säuresuppression eingesetzt, um die Entwicklung sekundärer Resistenzen zu verhindern.
9 (alle Preisangaben für zu verordnende Packungen gemäß Rote Liste 2 003).
Die kurze Therapiedauer von 7 Tagen und die zweimal tägliche Gabe der Medikamente sind eine wichtige Voraussetzung für eine gute Compliance der Patienten. Trotz optimaler Voraussetzung sind die o. g. Tripeltherapien auch bei sensitiven HP-Stämmen a priori in der klinischen Routine nur in ca. 90 % erfolgreich. Aus Therapiestudien wie der MACH2-Studie [12 ], die mit kultureller Anzüchtung von HP vor und nach Therapie durchgeführt wurden, wissen wir, dass ein einmaliges Therapieversagen in 10-60 % zu einer Resistenzentwicklung gegen eines der eingesetzten Antibiotika führt, meist gegen Metronidazol, aber auch gegen Clarithromycin und nie gegen Amoxicillin. Während in den Therapiestudien der ersten Phase, wie der MACH1-Studie [13 ], noch Patienten ausgeschlossen waren, die bereits einen erfolglosen Therapieversuch hinter sich hatten, waren in späteren Studien, wie der MACH2-Studie, Patienten mit einem erfolglosen Therapieversuch zugelassen. Die durchschnittlichen Resistenzraten nicht vorbehandelter Patienten lagen für Metronidazol in Deutschland bei ca. 25 % und für Clarithromycin bei ca. 2 %. In der MACH2-Studie [12 ] sowie in späteren Studien [9 ]
[16 ] zeigte sich, dass bei einem erfolglosen Eradikationsversuch Resistenzen gegenüber Metronidazol bereits in bis zu 60 % und gegenüber Clarithromycin in über 10 % zu erwarten sind. In einer weiteren aktuell publizierten Studie der Autoren wurde deutlich, dass ein zweimaliges Therapieversagen einer gegen Helicobacter pylori gerichteten Therapie entsprechend den Richtlinien zu einer Resistenzrate von HP gegenüber Metronidazol von fast 100 % und gegenüber Clarithromycin von ca. 60 % führt (Tab. [2 ]) [16 ]. Diese Patienten sind dann mit den etablierten Therapieschemata nicht mehr erfolgreich von ihrer Helicobacter-Infektion zu befreien. Hier ist nun für die weitere Behandlung der Patienten die Kenntnis von Reservetherapien erforderlich.
Tab. 2 Resistenzraten von Helicobacter pylori in Abhängigkeit von der Vor-Therapie.
Antibiotikum
Keine Vor-Therapie
Eine Vor-Therapie
Zwei Vor-Therapien
Metronidazol
25 %1
65 %2
97 %2
Clarithromycin
3 %1
15 %2
56 %2
Amoxicillin
0 %1
0 %
0 %
Tetracyclin
< 1 %1
n. v.
n. v.
Rifabutin
< 2 %1
n. v.
n. v.
Levofloxacin
< 2 %1
n. v.
n. v.
1 Stand 12/2002 von Prof. Dr. N. Lehn im Labor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie des Universitätsklinikums in Regensburg,
2 Heep et al. Eur J Clin Microbiol Infect Dis 2000;19:538 - 541 [10 ], n. v. = keine Daten verfügbar
Reservetherapien
Zwei der heute verfügbaren Reservetherapien haben sich historisch aus der Entwicklung der verschiedenen wissenschaftlichen Bemühungen um eine Optimierung der HP-Therapie ergeben. Die eine ist die so genannte Quadrupel-Therapie, vorgestellt von der Arbeitsgruppe von Guido Tytgat aus Amsterdam, bestehend aus Omeprazol 2 × 20 mg + Wismutcitrat 4 × 108 mg + Metronidazol 4 × 400 mg + Tetracyclin 4 × 500 mg, die über 14 Tage gegeben wird. Diese Therapie hat an einer unselektierten Patientengruppe Bestmarken in der Eradikation von 98 % erzielt [7 ] und war bei Evaluierung an Patienten mit nachgewiesener Metronidazol-Resistenz von HP immer noch in 89 % erfolgreich [10 ].
Die Entwicklung der Dual-Therapie begann noch vor der der PPI-Tripeltherapie Ende der 80er Jahre. Die Therapie hat sich hinsichtlich des Eradikationserfolgs als sensibel gegenüber Nachlässigkeit in der Compliance erwiesen und hat daher in unterschiedlichen Ländern und Institutionen sehr unterschiedliche Ergebnisse erzielt [4 ]
[6 ]. Erst in den letzten 4 Jahren hat sie, bedingt durch die zunehmende Rate resistenter HP-Stämme gegenüber den in den Primärtherapien eingesetzten Antibiotika Metronidazol und Clarithromycin, und weil gegenüber Amoxicillin nach wie vor keine resistenten HP-Stämme nachweisbar sind, eine Renaissance erlebt [1 ] [11 ]
[16 ]. Mit der modifizierten Dual-Therapie, d. h. mit 120 mg Omeprazol und 3 g Amoxicillin werden bei doppel-resistenten HP-Stämmen, wie aktuell gezeigt, Eradikationsraten von > 80 % erzielt [1 ]
[11 ]
[16 ].
Beide vorgenannten Schemata sind auch als empfohlene Reserve-Therapien in den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) [6 ] sowie in den Empfehlungen der European Helicobacter pylori Study Group (EHPSG) [17 ] enthalten. Beide Schemata müssen über 14 Tage gegeben werden und sind durch 3 - 4 × tägliche Einnahme wenig Compliance fördernd. Ferner sind die Kosten mit 171 EUR für die Quadrupel-Therapie und 255,40 EUR für die modifizierte Dual-Therapie relativ hoch. Die Dual-Therapie ist ferner beschränkt in ihrer Anwendung durch die Häufigkeit der Penicillin-Allergie, die ca. 8 % beträgt.
Neue Entwicklungen
Aus der o. g. Entwicklung der Resistenzlage von Helicobacter pylori und den Limitationen der beiden bekannten Reserveschemata ergibt sich die Notwendigkeit der Suche nach neuen Antibiotika-Kombinationen für die Therapie der Helicobacter-Infektion mit multi-resistenten, d. h. gegenüber Metronidazol und Clarithromycin resistenten Keimen.
Vor 4 Jahren wurde erstmals von der italienischen Arbeitsgruppe um Francesco Perri über eine PPI-Tripeltherapie mit Rifabutin berichtet mit einer Eradikatonsrate von 85 % an einem allerdings mikrobiologisch nicht charakterisierten Patienten-Kollektiv [18 ]. Inzwischen wurde diese neue Tripeltherapie von den Autoren an Patienten mit doppel-resistenten HP-Stämmen evaluiert. Die Rate geringfügiger unerwünschter Ereignisse lag mit 54 % zwar vergleichsweise hoch, hat aber in keinem Fall zum Therapieabbruch geführt. Prä- oder post-therapeutische Resistenzen gegenüber Rifabutin wurden in dieser Untersuchung nicht beobachtet [1 ], sind aber grundsätzlich möglich (Tab. [2 ]).
Über eine weitere neue PPI-Tripeltherapie mit Levofloxacin und Amoxicillin, die eigentlich eine Neuauflage einer bereits 1987 in Deutschland durchgeführten Studie darstellt, wurde unter neuen Rahmenbedingungen [2 ] erstmals im Jahr 2000 von der Arbeitsgruppe von Giovanni Gasbarrini aus Rom berichtet [5 ]. In diesem Patientenkollektiv, für das keine Resistenzdaten berichtet wurden, wird eine Eradikationsrate von 92 % angegeben. Von den Autoren wurde diese neue Tripeltherapie mit gesteigerter Säuresuppression mit 2 × 40 mg Esomeprazol (Standarddosis des neuen PPI) und höherer Levofloxacin-Dosis von 2 × 500 mg inzwischen ebenfalls unter mikrobiologischer Charakterisierung der Resistenzsituation evaluiert. Diese ersten Daten an 60 Patienten zeigen, dass das neue Tripeltherapie mit Levofloxacin sowohl bei Patienten mit gegenüber Metronidazol bzw. Clarithromycin sensiblen als auch resistenten Stämmen mit 93 % Eradikationsrate effektiv ist (Abb. [1 ]) [14 ]. Erwähnenswert ist ferner, dass mit der Levofloxacin-Tripeltherapie die Rate der unerwünschten Ereignisse im Bereich derjenigen der Clarithromycin-haltigen Schemata liegt und Therapieabbrüche nicht beobachtet wurden [14 ].
Grundsätzlich ist nach Versagen der etablierten Schemata eine mikrobiologische Testung sinnvoll und sollte in diesen Fällen unbedingt angestrebt werden. Für die Kultur von HP sind mit geeigneten Transportmedien wie dem Portagerm pylori (Biomérieux, Nürtingen) Transportzeiten von 24 h gut tolerierbar. Ferner kann eine Resistenz von HP gegenüber Clarithromycin mit verschiedenen molekular-biologischen Methoden direkt aus dem Biopsiepartikel nachgewiesen werden, auch wenn der Kulturversuch erfolglos verlaufen sollte. Aufgrund der geringeren post-therapeutischen Anzuchtrate von HP sind post-therapeutisch auch zusätzliche Biopsien für die histologische Graduierung der Gastritis erforderlich [8 ].
Da die Raten primär resistenter HP-Stämme gegenüber den neu evaluierten Antibiotika Rifabutin und Levofloxacin sehr niedrig sind, können die neuen Schemata bei Patienten, die eine Primärtherapie erfolglos durchlaufen haben, ausnahmsweise auch eingesetzt werden, wenn keine Möglichkeit zur prä-therapeutischen mikrobiologischen Testung besteht.
Fazit
Die Therapie der Helicobacter pylori -Infektion gehört heute zum Repertoire jedes Allgemeinmediziners und Internisten. A priori haben die Standardschemata zur Eradikation des Keims auch bei Sensitivität gegenüber den eingesetzten Antibiotika nur eine ca. 90 %ige Erfolgschance. Zusätzliche Patienten-bezogene Faktoren mindern die Erfolgswahrscheinlichkeit und führen bei Therapieversagen häufig zur Entwicklung resistenter Helicobacter-Stämme. Sie stellen den behandelnden Arzt dann oft vor therapeutische Probleme. Eine genaue Kenntnis der dann noch möglichen Kombinationen, wie die neuen aus PPI + Rifabutin und Amoxicillin oder Levofloxacin und Amoxicillin oder die bewährten, neu evaluierten der Quadrupel- oder Dual-Therapie, erhöhen die Wahrscheinlichkeit eines Therapieerfolgs im 2. bzw. 3. Anlauf.
Autorenerklärung: M.S. hält honorierte Fortbildungsvorträge zum Esomeprazol für die Firma AstraZeneca. E.B. und N.L. erklären, dass sie keine keine finanziellen Verbindungen mit einer Firma haben, deren Produkt in dem Beitrag eine wichtige Rolle spielt (oder mit einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt vertreibt).