Z Sex Forsch 2004; 17(3): 267-280
DOI: 10.1055/s-2004-820434
Bericht

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Studien zum Sexualverhalten und ihr politischer Einfluss

Ein Überblick über die Sexualforschung in Kroatien zwischen 1971 und 2003[1] A. Štulhofer
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Publication Date:
04 October 2004 (online)

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Einleitung

Die Erforschung sexueller Risiken hat in Kroatien eine kurze Geschichte.[2] Der Überblick über dieses Thema, den ich im Folgenden geben werde, basiert nicht auf historischem Interesse. Ausgangspunkt meiner Überlegungen ist vielmehr die Beobachtung, dass die bislang durchgeführten Studien keine fundierten wissenschaftlichen Grundlagen für eine systematische Präventions- oder Aufklärungspolitik bieten konnten. Ich möchte diese Aussage durch folgende Argumente belegen: Zum einen findet in Kroatien weder schulische Sexualerziehung noch irgendeine Form geregelter Information oder Aufklärung zu den Themen sexuelle Gesundheit oder Reproduktion statt (Štulhofer und Hodžić 2003). Zum andern gibt es verschiedene Hinweise, dass sexuelles Risikoverhalten bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen zugenommen hat (Hiršl-Hećej et al. 2001; Hiršl-Hećej und Štulhofer 2001). Obwohl Kondome bei kroatischen Jugendlichen heute populärer sind als noch in den 80er Jahren, hat auch der unregelmäßige Kondomgebrauch zugenommen (Štulhofer et al. 2000; Hiršl-Hećej et al. 1998). Es existieren keine Daten zur Prävalenz oder zu bestimmten Mustern sexuellen Risikoverhaltens für die Allgemeinbevölkerung.

Ich möchte hier die These vertreten, dass der gegenwärtige Mangel an Präventionsprogrammen sowohl der Wissenschaft als auch den zuständigen gesellschaftlichen Institutionen (staatlichen Organisationen und öffentlichen Versorgungseinrichtungen) zur Last gelegt werden muss. Um diese Behauptung zu stützen, verfolgt diese Arbeit einen mehrdimensionalen Ansatz. Ausgehend von einer Kritik bestimmter theoretischer Annahmen, konkreter Forschungsdesigns und methodischer Aspekte bislang durchgeführter Studien werden Vorschläge zur Verbesserung der Qualität verhaltensorientierter sexualwissenschaftlicher Studien entwickelt. Diese sollen als Beitrag zur Konzeptualisierung sinnvoller Präventionsmaßnahmen dienen. Die schwierige Interdependenz von Forschung, Forschungsergebnissen und politischen Maßnahmen wird analysiert, neue Forschungsstrategien werden vorgeschlagen.

1 Aus dem Englischen von Silja Matthiesen, Hamburg