Aktuelle Urol 2004; 35(1): 28-32
DOI: 10.1055/s-2004-822942
Diskussionsforum Urologie

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Pro und Contra der pelvinen Lymphadenektomie beim Prostatakarzinom

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Prof. Dr. med. A. HeidenreichLeiter, Bereich für Urologische Onkologie 

Sektion für Urologische Onkologie, Klinik und Poliklinik für Urologie, Medizinische Einrichtungen der Universität zu Köln,

Joseph-Stelzmann-Str. 9

50924 Köln

Email: ab.heidenreich@web.de

Publication History

Publication Date:
15 July 2004 (online)

 
Table of Contents

Der Stellenwert der pelvinen Lymphadenektomie (LA) als Stagingmaßnahme im Rahmen der radikalen Prostatektomie beim Prostatakarzinom (PCA) wird in der Literatur noch immer kontrovers diskutiert. Während einige Autoren auf der Basis von präoperativen Nomogrammen die pelvine Lymphadenektomie nur bei Patienten mit einem hohen Metastasierungsrisiko befürworten, favorisieren andere aufgrund der fehlenden individuellen Verlässlichkeit der Nomogramme die Lymphadenektomie als generelle operative Maßnahme. Erfolgt die pelvine Lymphadenektomie ist die Frage zu klären, ob diese im Sinne der limitierten oder der extendierten Variante erfolgen sollte.

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Stand der Dinge: Staging-LA

Die primäre Zielsetzung einer regionalen Staging-LA im Rahmen der radikalen Tumorchirurgie besteht in der exakten Beurteilung des Ausbreitungsstadiums, um auf der Basis der pathohistologischen Informationen Fragen zur Progressionswahrscheinlichkeit und zur Notwendigkeit adjuvanter Therapiemaßnahmen beantworten zu können. Zusätzlich werden mit einer anatomisch adäquaten Staging-LA ein Überlebensbenefit oder die Verlängerung des progressionsfreien Intervalls verbunden wie die Datenlage beim testikulären Keimzelltumor und beim invasiven Urothelkarzinom belegt. Unabhängig von der allgemeinen Rationale der Staging-LA muss beim PCA berücksichtigt werden, dass aufgrund der vermehrten Screeningbemühungen in den vergangenen Jahren ein deutlicher Stadienshift hin zu den organbegrenzten Karzinomen erfolgt ist. Verbunden hiermit ist eine Reduktion der Inzidenz von Lymphknotenmetastasen von 20-40 % auf unter 10 %, so dass die Indikation zur pelvinen LA strenger gestellt wird.

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Die pelvine LA repräsentiert die einzige verlässliche diagnostische Maßnahme zum exakten Staging des klinisch lokalisierten oder lokal fortgeschrittenen PCA. Nur das exakte Staging wiederum ermöglicht aufgrund der genauen Kenntnis des pathohistologischen Stadiums eine Abschätzung des individuellen Progressionsrisikos mit der Möglichkeit, eine individuelle Therapieentscheidung bezüglich adjuvanter Therapiemaßnahmen zu treffen. Dabei scheint die pelvine LA insbesondere in Kombination mit nichtoperativen Therapiemaßnahmen (perkutane Strahlentherapie, Afterloading, etc.) bei Patienten mit hohem Progressionsrisiko von diagnostischem und prognostischem Wert zu sein.

Wird die Indikation zur pelvinen LA gestellt, ist es notwendig eine anatomisch saubere LA durchzuführen, die die lymphatischen Abflusswege der Prostata respektiert. Anatomische Studien und lymphografische Untersuchungen haben gezeigt, dass die primären Lymphabflusswege der Prostata über drei wesentliche Lymphbahnen verlaufen: der kraniale Drüsenanteil über die A. iliaca ex- terna, der laterale Drüsenanteil über die A. iliaca interna und der posteriore Drüsenanteil über die sakralen, medial der A. iliaca interna gelegenen Lymphknoten [1].

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Wann ist die Lymphadenektomie durchzuführen?

Basierend auf Nomogrammen, Partin-Tabellen, etc. [2]-[4] wird die Indikation zur pelvinen LA bei Patienten mit einem PSA < 10ng/ml, einem Gleason-Score der Biopsie <7 und/oder einem klinischen Tastbefund ≤2a nicht durchgeführt, da die Inzidenz positiver Lymphknoten im Bereich von 1-5 % gelegen ist. Die in den meisten Zentren übliche Lymphadenektomietechnik berücksichtigt jedoch nur die Lymphbahnen im Bereich der Fossa obturatoria sowie der A. iliaca externa und ist somit nicht ausreichend, um verlässliche Aussagen über das lokoregionäre Staging treffen zu können. Aus diesem Grunde sind die derzeit klinisch in Anwendung befindlichen Nomogramme bezüglich ihrer Aussagekraft mit Vorsicht zu interpretieren, da sie lediglich auf dem Boden der limitierten LA entwickelt und validiert wurden. Eigene Untersuchungen sowie die Daten der Berner Arbeitsgruppe untermauern diese Hypothese [6]-[8]: Bader et al. beschreiben trotz eines präoperativen PSA-Serumspiegels <10ng/ ml eine Inzidenz positiver Lymphkoten in 12 % der Fälle, 7 % der Patienten der Low-Risk Gruppe (PSA <10ng/ml, Gleason-Score <7) wiesen Lymphknotenmetastasen auf. In unseren eigenen Untersuchungen konnten wir zeigen, dass 27 % und 58 % der pN+-Patienten einen PSA-Serumspiegel <10ng/ml bzw. einen Biopsie Gleason-Score <7 hatten. Die Anwendung der Partin-Tabellen bzw. der CART-Analyse war mit einem Understaging in 33 % der Fälle assoziiert.

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Lymphadenektomie und Tumorstadium

Ausdehnung der Lymphadenektomie

Wie bereits oben ausgeführt, ist die LA nur dann sinnvoll, wenn die anatomischen Lymphabflusswege der Prostata berücksichtigt werden. Wie Weingärtner et al. [9] in einer Autopsiestudie nachweisen konnten, sollten mindestens 20 Lymphknoten im Rahmen der pelvinen LA für eine repräsentative Beurteilung entnommen werden. Im Vergleich zur limitierten pelvinen LA mit durchschnittlich 10-14 entfernten Lymphknoten, kann die Ausbeute durch die extendierte LA mit durchschnittlich 28 entfernten Lymphknoten verdoppelt und damit die diagnostische Aussagekraft deutlich erhöht werden. Einhergehend mit der erhöhten Anzahl dissezierter Lymphknoten steigt auch die Frequenz nachgewiesener Metastasen um das 2-3fache wie Heidenreich et al. (12 % vs 26 %) sowie Stone et al. (7 % vs 23 %) darlegen konnten [7]. Die regionale Verteilung der positiven Lymphknoten betrachtend, wird deutlich, dass bei über 50% der Patienten eine Beteiligung der A. iliaca interna vorhanden war, bei bis zu 20 % der Patienten fanden sich lymphonoduläre Metastasen nur im Bereich der Region der A. iliaca interna [6]-[8]. Diese Daten der Berner und Marburger Arbeitsgruppen decken sich mit den Daten früherer Studien, die einen Befall der internen iliakalen Lymphknoten bei 50-60 % der Patienten mit lymphonodulären Metastasen aufzeigten; ein isolierter Befall fand sich bei einem Drittel der Patienten.

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Therapeutischer Stellenwert der Lymphadenektomie

Es konnte in einer Vielzahl von klinischen Studien zum lokoregionär fortgeschrittenen Mamma-, Magen-, Kolon-, Blasen- und Hodenkarzinom gezeigt werden, dass die Patienten mit einem minimalen Lymphknotenbefall von einer radikalen Lymphadenektomie profitieren. Auch wenn die Datenlage beim PCA noch nicht derart evident ist, weisen erste klinische Untersuchungen auf ein verlängertes progressionsfreies Intervall sowie ein im Vergleich zum lokal begrenzten PCA identisches Überleben nach radikaler Prostatektomie und pelviner Lymph- adenektomie bei Patienten mit lymphonodulärer Metastasierung hin. Cheng et al. [10] konnten zeigen, dass sich das tumorspezifische Überleben von Patienten mit einem singulären betroffenen Lymphknoten nicht von dem Überleben metastasenfreier Patienten unterscheidet. Erst der Befall von 2 oder ≥ 3 positiven Lymphknoten geht mit einem 6.1 bzw. 4,3fach erhöhten Mortalitätsrisiko einher. In einer weiteren Studie untersuchten Bader et al. [6] den therapeutischen Stellenwert der extendierten pelvinen LA in Bezug auf die PSA-Progressionsrate sowie das tumorspezifische Überleben. Nach einem mittleren Follow-up von 45 Monaten betrug das tumorspezifische Überleben 78 %, das progressionsfreie Überleben 24 % sowie das symptomfreie Überleben 47 %. Mittels Multivarianzanalyse identifizierten die Autoren lediglich die Anzahl positiver Lymphknoten als prognostisch bedeutsam.

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Lymphadenektomie und adjuvante Therapie

Adjuvante Therapiemaßnahmen nach radikaler Tumorchirurgie sind bei Hochrisikopatienten indiziert, um das progressionsfreie Intervall und das tumorspezifische Überleben zu verlängern. Eine Beurteilung des individuellen Progressionsrisikos auf dem Boden neuer, validierter Nomogramme ist jedoch nur nach Vorliegen aller die Tumorbiologie negativ beeinflussender Parameter, inklusive des Lymphknotenstatus möglich. Wie oben ausgeführt profitieren Patienten mit nur einem positiven, mikrometastatische befallenen Lymphknoten aufgrund tumorspezifischer 10-Jahres-Überlebensraten von 90 % nicht von einer unmittelbaren adjuvanten Androgendeprivation [11]. Patienten mit mehr als einem positiven Lymphknoten hingegen weisen ein deutlich höheres Progressionsrisiko auf und könnten von unmittelbaren adjuvanten Therapiemaßnahmen im Sinne einer Androgendeprivation oder einer Chemohormontherapie profitieren.

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In den vergangenen Jahren hat sich die Frequenz von Lymphknotenmetastasen aufgrund der vermehrten Wahrnehmung von Screeninguntersuchungen und des damit verbundenen Stadienshifts hin zu den organbegrenzten Karzinomen deutlich von 20-40 % auf unter 10 % reduziert [5]. Dies bedeutet, dass die pelvine LA bei 90 % der Patienten überflüssig ist und lediglich zu der Generation unnötiger Komplikationen beiträgt. Unter Berücksichtigung des Zeitaufwandes sowie der therapie-assoziierten Kosten und Komplikationsraten stellt sich somit die Frage, ob die Durchführung einer pelvinen LA im Rahmen der radikalen Prostatektomie prinzipiell indiziert ist.

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Indikation zur pelvinen Lymphadenektomie

Aufgrund der geringen Ausbeute positiver Lymphknotenmetastasen sowie des fehlenden therapeutischen Benefits kann bei Low-Risk Patienten auf eine pelvine LA verzichtet werden. Die Gruppe der Low-Risk Patienten kann aufgrund einer Vielzahl klinisch validierter Nomogramme mittlerweile gut definiert werden. Basierend auf der retro- und prospektiven Auswertung von 4690 Patienten mit PCA, die sich einer radikalen Prostatektomie mit pelviner LA unterzogen, konnten Crawford et al. [2] einen Biopsie Gleason-Score ≤6, ein präoperatives Serum-PSA ≤10,6 ng/ml sowie ein klinisches Stadium ≤2a als Prädiktoren für ein geringes lymphogenes Metastasierungsrisiko definieren. Die derart definierte Low-Risk Gruppe wies eine falsch negative Rate bezüglich des Vorliegens von Lymphknotenmetastasen von nur 0.7 % auf. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass nur 44 % der Patienten des gesamten Kollektivs in der Low-Risk Gruppe subsummiert werden konnten. Ähnliche Aussagen wurden nach Anwendung logistischer Regressionsanalysen von Narayan et al. [12] sowie Bluestein et al. [13] getroffen, die zeigen konnten, dass bei einem Serum-PSA ≤10ng/ml und einem Gleason-Score ≤6 ein Lymphknotenbefall bei lediglich 1-2 % der Patienten zu verzeichnen ist.

Conrad et al. [14], [15] publizierten auf der Basis von verschiedenen präoperativen Parameteren, die an 345 und 293 Patienten erhoben wurden, einen diagnostischen Algorithmus bezüglich des Vorliegens von Lymphknotenmetastasen. Abhängig von der Anzahl positiver Stanzbiopsien mit einem Gleason-Score ≥  7 wurden die 3 Risikogruppen definiert, die eine Metastasierungswahrscheinlichkeit von 45 %, 19 % und 2 % aufwiesen. Haese et al. [16] untersuchten diesen diagnostischen Algorithmus prospektiv an 443 konsekutiven Patienten und bestätigten das Modell als klinisch valide und reproduzierbar. In einer ähnlich konfigurierten klinischen Studie identifizierten Naya und Babaian [17] anhand der retrospektiven Auswertung von 695 Patienten ≥  4 Stanzbiopsien mit einem Gleason Grad 4/5 und ein präoperatives Serum-PSA > 15ng/ml als signifikante Prädiktoren für das Vorliegen von Lymphknotenmetastasen. Waren mehr als 4 Stanzbiopsien mit einem Gleason-Grad 4/5 betroffen lag die Inzidenz bei 20 %, ein PSA > 15ng/ml war in 9% mit Lymphknotenfiliae assoziiert, während weniger als 4 positive Stanzen und ein PSA <15 ng/ml nur in 2,8 % bzw. 2,1 % der Fälle mit Filiae assoziiert waren.

Die Indikation zur pelvinen Lymphadenektomie beim PCA sollte somit bei Vorliegen eines hohen Risikos gestellt werden, während in der Low-Risk Gruppe auf diese für über 90 % der Patienten überflüssige Maßnahme ohne Nachteil für den Patienten verzichtet werden kann.

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Komplikationen der pelvinen Lymphadenektomie

Die Komplikationsrate der alleinigen offenen pelvinen Lymphadenektomie wird in älteren Serien mit 10-20 % angegeben [18]. Im Rahmen der radikalen retropubischen Prostatektomie werden ca. 7 % der intra- und postoperativen Komplikationen auf die pelvine LA zurückgeführt, wenn der Eingriff von einem erfahrenen Operateur durchgeführt wird [19]. Im Vordergrund der Komplikationen stehen dabei interventionsbedürftige Lymphocelen (2-4 %), jedoch werden auch Phlebothrombose, Lungenembolie, Nervenverletzungen und Beinödeme auf die Staging-Lymphadenektomie zurückgeführt.

Auch wenn derzeit die Frage der zusätzlichen Kosten durch die pelvine LA (Miete des Op-Saals, Saalbelegung) in den meisten Kliniken noch wenig Berücksichtigung findet, müssen diese Faktoren in Zukunft verstärkt beachtet werden. Ein Eingriff, der bei 90 % der Patienten in der Low-Risk Gruppe unnötig ist, wird in künftigen Therapiekonzepten keinen Bestand mehr haben.

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Therapeutischer Stellenwert der pelvinen Lymphadenektomie

Bis dato liegen keine validen klinischen Studien vor, die einen therapeutischen Benefit der pelvinen Lymphadenektomie bezüglich des progressionsfreien sowie des tumorspezifischen Überlebens darlegen.

Im Gegenteil, es existieren eine Reihe von Untersuchungen, die für das Kollektiv der Low-Risk Patienten identische PSA-Rezidivraten nach radikaler Prostatektomie mit oder ohne pelvine LA haben nachweisen können. Fergany et al. [20] verglichen die biochemischen Rezidivraten von 372 Patienten nach radikaler Prostatektomie mit pelviner LA mit denen von 203 Patienten ohne pelvine LA; alle Patienten wiesen einen präoperativen Serum- PSA-Wert <10ng/ml, einen Biopsie- Gleason-Score <6 sowie einen klinischen Tastbefund ≤2a auf. Die 4-Jahres-Rezi- divfreiheit betrug nach pelviner LA 91 %, ohne pelvine LA 97 %; nach Multivarianzanalyse war der Verzicht auf die pelvine LA kein unabhängiger Prognosefaktor des therapeutischen Outcomes. Zu ähnlichen Schlussfolgerungen kommen El-Galley et al. sowie Meng et al. [21], [22].

Auch nach der radikalen perinealen Prostatektomie ohne pelvine Lymphadenektomie [23] unterscheidet sich die PSA- Rezidivrate nach einem mittleren Follow-up von 42,7 Monaten bei selektionierten Patienten und lokalisiertem PCA (pT1/2) mit 6 % nicht von der Rezidivrate nach LA (6 %).

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Alternative, nichtinvasive Stagingmaßnahmen

Nachdem für die Identifikation von Patienten mit niedrigem Risiko der Lymphknotenmetastasierung valide und für den alltäglichen Gebrauch reproduzierbare Prädiktoren zur Verfügung stehen, sollte auch die Indikation zur pelvinen LA bei sogenannten Hochrisikopatienten kritisch hinterfragt werden. Selbst bei ungünstigen präoperativen Variablen (PSA > 15ng/ml, Biopsie Gleason-Score ≥  7, Palpationsbefund ≥  2b) weisen lediglich 20-30 % der Patienten einen positiven Lymphknotenstatus auf; zwei Drittel der Patienten sind auch nach extendierter pelviner LA tumorfrei, so dass die Suche nach weiteren Risikofaktoren sinnvoll erscheint.

Wawroschek et al. [24] beschrieben mit der Lymphknotenszintigraphie eine neue, minimal-invasive Variante des Lymphknotenstaging beim PCA. 12 Minuten sowie 2-4 Stunden nach intraprostatischer Injektion von 100 MBq eines 99mTechnetium-Nanokolloids wurden szintigraphische Aufnahmen angefertigt, die markierten Lymphknoten wurden intraoperativ mit einer Gammasonde detektiert und disseziiert, nachfolgend wurde eine extendierte pelvine LA durchgeführt. Auch wenn sich bei der Prostata keine typische Filterstation im Sinne eines Sentinel-Lymphknotens darstellen ließ, fanden sich Mikrometastasen lediglich in den anreichernden Lymphknoten, alle anderen Stationen waren histologisch tumorfrei. Die Lymphknotenszintigraphie könnte sich nach Bestätigung der obigen Resultate an anderen Zentren als moderne Stagingmethode dahingehend etablieren, dass eine pelvine LA nur noch bei positiven Anreicherungen indiziert ist.

Die 111Indium-Capromab Immunszintigraphie könnte eine weitere Möglichkeit der nichtinvasiven Lymphknotendiagnostik bei Hochrisikopatienten darstellen. Polasczik et al. [25] verglichen bei 198 Hochrisikopatienten die Befunde der 111Indium-Capromab Immunszintigraphie mit den pathohistologischen Resultaten der pelvinen LA. 39 % der Patienten wiesen histologisch Lymphknotenmetastasen auf, von denen 62 % korrekt mittels der Szintigraphie detektiert werden konnten. Vergleicht man den positiv prädiktiven Wert der Immunszintigraphie von 75 % mit der Aussagekraft klinischer Prädiktionsmodelle von 66-68 %, und zieht ferner eine ROC-Analyse zu Rate, zeigt sich ein deutlicher Vorteil der bildgebenden Diagnostik [26].

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Fazit

Die oben detailliert geführte Diskussion zu dem Für und Wider der pelvinen LA lässt erkennen, dass die Indikation zur LA individuell und abhängig von validen Prädiktoren gestellt werden muss. Die Indikation zur pelvinen Lymphadenektomie im Rahmen der radikalen Prostatektomie oder vor nicht-operativen Therapieverfahren wie der Brachytherapie und der perkutanen Strahlentherapie sollte nur dann erfolgen, wenn die zu erwartende diagnostische Aussagekraft und die aus den Befunden der pelvinen LA zu ziehenden therapeutischen Konsequenzen, die operationsassoziierten Komplikationen, die erhöhten Kosten und die verlängerte Operationszeit gerechtfertigen. Auf dem Boden der derzeit vorliegenden klinischen Prädiktionsmodelle können Patienten mit einem niedrigen Metastasierungsrisiko von denen mit einem hohen Metastasierungsrisiko differenziert werden. Die sogenannte Low-Risk Gruppe weist ein Risiko positiver Lymphknoten von ca. 2 % auf, so dass in dieser Gruppe auf die pelvine LA verzichtet werden kann. Ob die extendierte LA in diesen Fällen zu einer höheren diagnostischen Treffsicherheit führt, die mit einem Benefit bezüglich des progressionsfreien Intervalls sowie des Überlebens vergesellschaftet ist, bleibt unklar. In der High-Risk Gruppe ist mit einem Metastasierungsrisiko von 20-30 % zu rechnen, so dass die Indikation zur Lymphadenektomie gerechtfertigt ist.

Wird eine diagnostische pelvine Lymphadenektomie durchgeführt, muss diese die anatomischen Lymphabflusswege der Prostata respektieren und somit die Region der Fossa obturatoria sowie der A. iliaca externa und interna einschließen.

Inwieweit bildgebende Verfahren wie die Lymphknotenszintigraphie oder die Immunszintigraphie die diagnostische Aussagekraft erhöhen und die Indikation zur Lymphadenektomie besser stratifizieren können, muss durch weitere Studien demonstriert werden.

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Prof. Dr. med. A. HeidenreichLeiter, Bereich für Urologische Onkologie 

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Prof. Dr. med. A. HeidenreichLeiter, Bereich für Urologische Onkologie 

Sektion für Urologische Onkologie, Klinik und Poliklinik für Urologie, Medizinische Einrichtungen der Universität zu Köln,

Joseph-Stelzmann-Str. 9

50924 Köln

Email: ab.heidenreich@web.de

 
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