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DOI: 10.1055/s-2004-826129
Zytokine und kutane Lymphome
Cytokines and Cutaneous Lymphomas
Priv. Doz. Dr. med. Khusru Asadullah
Leiter CRBA Dermatologie, Schering AG
Müllerstraße 178 · 13342 Berlin
Email: khusru.asadullah@schering.de
Publication History
Publication Date:
03 January 2005 (online)
- Zusammenfassung
- Abstract
- Einleitung
- Zytokinexpression bei kutanen T-Zell-Lymphomen (CTCL)
- Zytokinexpression bei kutanen B-Zell-Lymphomen
- Potenzielle Bedeutung der Zytokinexpression bei kutanen Lymphomen
- Konsequenzen und Ausblick
- Danksagung
- Literatur
Zusammenfassung
Zytokine spielen als wichtige Botenstoffe des Immunsystems eine große Rolle in der Pathogenese von kutanen Lymphomen. Ihre Bedeutung resultiert aus autokrinen, parakrinen und endogenen Effekten. In zahlreichen Untersuchungen konnte die Überexpression einzelner Zytokine bei verschiedenen kutanen Lymphomen gezeigt werden. Dabei wurden auch stadienabhängige Verschiebungen im Zytokinprofil, z. B. bei der Mycosis fungoides (MF), beobachtet. Es existieren zahlreiche Hinweise, dass eine gestörte Zytokinexpression bei kutanen Lymphomen für die Tumorprogression verantwortlich ist. Dieses resultiert aus einer Stimulation der Proliferation der malignen Zellen und/oder der Unterdrückung einer adäquaten Anti-Tumor-Immunantwort. Darüber hinaus können Zytokine für eine Reihe von Immunphänomenen verantwortlich gemacht werden, wie z. B. den Epidermotropismus maligner Zellen, die Eosinophilie und die erhöhten Plasma IgE-Spiegel, welche bei Patienten mit kutanen T-ZellLymphomen in fortgeschrittenem Stadium gefunden werden. Untersuchungen zur Zytokinexpression und ihrer Rolle bei kutanen Lymphomen können die Basis für neue Therapieansätze durch Intervention in das Zytokinnetzwerk bilden.
#Abstract
Due to their essential role as mediators of the immune system, cytokines play a major role in the pathogenesis of cutaneous lymphomas. Their impact results from autocrine, paracrine and endogene effects. In numerous investigations, the overexpression of several cytokines has been demonstrated in different entities of cutaneous lymphomas. Stage dependent shifts of the cytokine profile have been observed, e. g. in mycosis fungoides. There are several lines of evidence that a disturbed cytokine expression may be responsible for tumor progression in cutaneous lymphomas. This results from the stimulation of malignant cell proliferation and/or the suppression of an adequate anti-tumor immune response. Moreover, cytokines seem to be responsible for some immuno-phenomena such a epidermotropism of malignant cells, eosinophilia and enhanced IgE-plasma levels, which are typical in patients with advanced cutaneous T cell lymphomas. Investigations of cytokine expression and their role in cutaneous lymphomas may contribute to the development of novel therapeutic strategies by intervention within the cytokine network.
#Einleitung
Seit etwa zwei Jahrzehnten stehen Zytokine im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses und haben zu einem besseren Verständnis der Pathophysiologie verschiedener Erkrankungen geführt. Darüber hinaus werden diese wichtigen Botenstoffe zum Teil bereits selbst für die Therapie verschiedenster Erkrankungen (z. B. Interferon-α für die Behandlung von Melanomen) verwendet, und auch die Neutralisation von Zytokinen (z. B. Anti-TNF-α bei Psoriasis) findet zunehmend Anwendung. Die hohe Bedeutung von Zytokinen in der Pathophysiologie verschiedenster Erkrankungen, einschließlich der kutanen Lymphome, resultiert aus ihren zahlreichen hochpotenten, autokrinen, parakrinen und endokrinen Effekten. So können autokrine Effekte für die Stimulation der Proliferation von malignen Zellen verantwortlich sein, parakrine Effekte zu einer Beeinflussung der Anti-Tumor-Immunresponse (im positiven Fall Stimulation, im ungünstigen Fall Depression) führen und letztlich endokrine Effekte für eine Reihe von systemischen Abnormalitäten verantwortlich sein, die gerade bei Patienten mit fortgeschrittenen kutanen T-Zell-Lymphomen beobachtet werden. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass in zahlreichen Studien Bestimmungen von Zytokinen bei kutanen Lymphomen durchgeführt wurden [1].
Für die adäquate Interpretation der zahlreichen Daten ist ein grundlegendes Verständnis der Biologie von Zytokinen sowie von deren Nachweismöglichkeiten notwendig [2]. Bei der Interpretation von Daten zur Zytokinexpression ist zu berücksichtigen, dass typischerweise biologische Wirkungen bei Erkrankungen selten durch ein einzelnes Zytokin allein vermittelt werden, sondern durch relativ komplexe Zytokinmuster. Daher ist die Bestimmung der Zytokinprofile wichtig. Ein weiteres Problem ergibt sich aus der extrem hohen biologischen Wirksamkeit und der kurzen Halbwertszeit verschiedenster Zytokine, die dazu führt, dass bereits kurzzeitige, geringe Expressionen pathophysiologisch relevant sein können. Dies erfordert ausgesprochen sensitive Nachweismethoden wie z. B. die RT-PCR. Hier konnten durch die Einführung zuverlässiger Quantifizierungssysteme (Real Time PCR) in der letzten Zeit erhebliche Fortschritte erreicht werden. Allerdings muss die Überexpression der mRNA eines Zytokins nicht unbedingt immer in der biologisch relevanten Überexpression des Proteins resultieren. Prinzipiell lassen sich Zytokine auf verschiedenen Ebenen und mit verschiedenen Methoden nachweisen, die jeweils ihre Vor- und Nachteile aufweisen (Abb. [1]).
Zytokine sind Polypeptide, die von verschiedensten Zellen nach Stimulation sezerniert werden. Sie haben ein Molekulargewicht zwischen 7 und 60 kD. Immunologisch relevante Zytokine werden von Lymphozyten (Lymphokine), Monozyten/Makrophagen (Monokine), aber auch von nicht immunologischen Zellen (z. B. Endothelzellen, Keratinozyten) gebildet [2]. Die Nomenklatur der Zytokine ist verwirrend. Historisch wurden Zytokine zumeist mit einem ihre Funktion beschreibenden Namen versehen: z. B. Tumornekrosefaktor (induziert Nekrose einiger Tumoren) oder T-Zellwachstumsfaktor (induziert Proliferation von T-Lymphozyten). Allerdings zeigte sich, dass die anfänglich vermutete Wirkung eines Zytokines nicht unbedingt seine wichtigeste Funktion darstellt und dass sich Zytokine hinsichtlich ihrer Funktion pleiotrop (ein Zytokin hat mehrere verschiedene Wirkungen) und redundant (verschiedene Zytokine haben gleiche Wirkungen) verhalten (Abb. [2] u. [3]). So verbergen sich z. B. hinter der funktionell beschriebenen T-Zellwachstumsfaktor-Aktivität zahlreiche unterschiedliche Zytokine, die, neben sich voneinander unterscheidenden Funktionen, auch die gemeinsame Eigenschaft haben, die Zellteilung von T-Lymphozyten zu unterstützen (Abb. [2]). Umgekehrt kann ein einzelnes Zytokin zahlreiche Effekte auf unterschiedlichste Zielzellen haben. Ein Paradebeispiel für diese pleiotrope Wirkung ist der Tumornekrosefaktor (TNF, Abb. [3]). Aus diesen Gründen waren die Bezeichnungen für Zytokine auf der Basis ihrer Eigenschaften bald überholt. Man versuchte dann, eine internationale Nomenklatur zumindest für die immunregulatorischen Zytokine zu schaffen. Die entsprechenden Zytokine wurden als Interleukine (IL) bezeichnet und mit Nummern versehen (z. Zt. IL-1 bis 31) (Tab. [1]). Allerdings wurden zahlreiche Zytokine nicht in diese Nomenklatur einbezogen. Die Grenzen dieser Einteilung haben sich inzwischen gezeigt: So ist z. B. das IL-8 ein typischer Vertreter der Gruppe der chemotaktischen Zytokine (Chemokine), die eigentlich nicht in die IL-Nomenklatur aufgenommen wurden. Die immunregulatorische Aktivität von Interferon-γ (IFN-γ) ist biologisch sicher wichtiger als seine antivirale Aktivität. Dennoch ist es den Interferonen und nicht den Interleukinen zugeordnet worden.
Gruppe | Beispiele | ||||||||||
Interleukine (IL) | IL-1 bis IL-31, IL-1RA | Interferone (IFN) | IFN-α, β, γ | Kolonie-stimulierende Faktoren (CSF) | M-CSF, GM-CSF, G-CSF, SCF Erythropoetin Thrombopoetin | Tumornekrosefaktoren (TNF) | TNF-α, β Lymphotoxin-β | chemotaktische Faktoren | z. B. MIP, MCP, CCLs | lösliche Rezeptoren | CD23, p55-IL-2R, IL-4R, TNF-R, IL-1R |
Zusammenfassend kann man sagen, dass die vielfältigen Wirkungen der Zytokine eine didaktisch sinnvolle Nomenklatur sehr schwierig machen. Unter dem Gesichtspunkt ihrer Wirkung auf Entzündungsprozesse können Zytokine in pro-inflammatorische Zytokine (z. B. IL-1, IL-2, IFN-γ, TNF-α) und anti-inflammatorische Zytokine (z. B. IL-1-Rezeptor-Antagonist (IL-1RA), IL-10, TGF-β) unterteilt werden [2].
Wie bei vielen anderen Erkrankungen auch, existiert eine Tendenz, kutane Lymphome entsprechend dem gut etablierten Th1/Th2-Modell zu klassifizieren [3] [4]. Die Basis für das Th1/Th2-Modell bildet die ursprünglich von Mosmann und Mitarbeitern im Jahr 1986 berichtete Beobachtung, dass CD4+ T-Zellen aus der Maus nach Stimulation in vitro in zwei Subgruppen, entsprechend ihrer Zytokinproduktion und der damit assoziierten funktionellen Aktivität, klassifiziert werden können (Th1- und Th2-Zellen) [5]. Heute werden Th1- und Th2-Zellen nach ihrer vorherrschenden Produktion von Interleukin-2, Interferon-γ, Tumornekrosefaktor-β einerseits bzw. Interleukin-4, IL-5, IL-6, IL-10 und IL-13 andererseits klassifiziert. Th1-Zellen sind insbesondere für die Vermittlung von zellulären Immunreaktionen verantwortlich, während Th2-Zellen vor allem für die Vermittlung von humoralen Immunreaktionen (z. B. Antikörperproduktion) verantwortlich sind. Es ist jedoch wichtig zu berücksichtigen, dass neben T-Helferzellen auch viele andere Zellpopulationen wie z. B. CD8+ T-Zellen, monzytäre und epitheliale Zellen an der Bildung eines lokalen Zytokinprofiles beteiligt sind. Es scheint daher angebracht, diese besser als „Typ 1” oder „Typ 2” zu beschreiben (Abb. [4]). Zudem muss man diese Klassifizierung als ein Modell betrachten, welches einen wertvollen Rahmen zur Untersuchung und Erklärung von Immunreaktionen liefert, während das Auftreten einzelner Zytokinmuster in vivo jedoch deutlich komplexer sein kann [6] [7]. Häufig ist es daher nicht ganz korrekt, einzelne Erkrankungen als „Typ 1” oder „Typ 2” zu charakterisieren. Zudem werden auch Shifts im Zytokinmuster im Verlauf einer Erkrankung beobachtet [2].
#Zytokinexpression bei kutanen T-Zell-Lymphomen (CTCL)
Hier ist insbesondere die Mycosis fungoides (MF) gut untersucht. Verschiedene Zytokine wurden in MF-Läsionen durch immunhistochemische Untersuchungen und PCR Analysen dedektiert. Dazu gehören unter anderem IL-1, IL-6, IL-8, IL-10, Interferon-γ, TNF-α, MIG sowie das IP-10 [8] [9] [10] [11] [12] [13] [14] [15]. Hinsichtlich der Einordnung in das Typ 1/Typ 2-Modell gibt es unterschiedliche Beobachtungen. Es gibt eine Reihe von Hinweisen, die dafür sprechen, dass es im Verlauf der Erkrankung zu einem Shift von einem Typ 1-Zytokinprofil in frühen Läsionen (Ekzem) in Richtung eines Typ 2-Profils (Plaque und insbesondere Tumore) kommt [16] [17] [18]. Nach unseren eigenen Untersuchungen steigt im Verlauf der Krankheit vor allem die Expression des immunsuppressiven Zytokins IL-10 an, was gut mit einem Shift vom Typ 1- zum Typ 2-Zytokin vereinbar ist. Allerdings dedektierten wir auch in fortgeschrittenen Läsionen kaum Interleukin-4, so dass möglicherweise ein eher untypisches Zytokinprofil entsteht (Th3?) [1].
Bei CD30+ pleomorphen T-Zell-Lymphomen wird üblicherweise ein klassisches Typ 2-Zytokinmuster in den Läsionen gefunden. So wurden IL-4 und IL-10 dedektiert [8] [19]. Im Gegensatz dazu wurden keine Typ 2-Zytokine bei primären kutanen CD30-großzelligen T-Zell-Lymphomen beobachtet. Es wurde die Hypothese aufgestellt, dass das Tumorzellwachstum bei diesen Patienten unabhängig von der Regulation durch Zytokine ist und dieses ein Grund für den vergleichsweise aggressiven Charakter dieser Erkrankungen darstellen könnte [20].
Das Zytokinprofil bei Patienten mit Sézary-Syndrom wird sowohl lokal (in den Läsionen) als auch systemisch von den klassischen Typ 2-Zytokinen IL-4, IL-5 und IL-10 bestimmt [10] [18] [21]. Während bei vielen anderen kutanen Lymphomen die zelluläre Quelle, die für die Überexpression der einzelnen Zytokine verantwortlich ist, ungeklärt ist, konnte beim Sézary-Syndrom durch durchflusszytometrische Zellseparation (FACS) der malignen Zellen aus dem Blut gezeigt werden, dass diese selbst eine verstärkte Th2-Zytokinsekretion aufweisen. Scheinbar kann das Zytokinprofil einzelner Sézary-Zellen jedoch auch relativ unterschiedlich sein und muss nicht immer den klassisch Th2-Phänotyp repräsentieren [22].
#Zytokinexpression bei kutanen B-Zell-Lymphomen
Die Zytokinexpression bei kutanen B-Zell-Lymphomen wurde bisher relativ wenig untersucht. Wir beobachteten in der semiquantitativen PCR eine starke Expression von TNF-α, IL-10 und Interleukin-6 sowie eine sehr unterschiedliche Expression des Chemokins Interleukin-8 in den Läsionen von KeimzentrumsB-Zell-Lymphomen. Die Überexpression von IL-6 und IL-10 bei kutanen B-Zell-Lymphomen könnte von besonderer Bedeutung sein, da aus In-vitro-Untersuchungen bekannt ist, dass diese Zytokine wachstumsstimulierend auf B-Zellen wirken können. Die Expression des immunsuppressiven IL-10 könnte zudem zu einer Begünstigung der Tumorentwicklung durch eine Suppression der Anti-Tumor-Immunresponse führen. Passend dazu war es uns nicht möglich, Interferon-γ und IL-2-Expression zu dedektieren.
#Potenzielle Bedeutung der Zytokinexpression bei kutanen Lymphomen
Die potenziellen Möglichkeiten zur pathopysiologischen Bedeutung der Zytokinwirkungen sind in Abb. [5] schematisch dargestellt.
Verschiedene Zytokine sind bekannte Wachstumsfaktoren, die eine Tumorzellentwicklung über auto-/parakrine Mechanismen fördern können. Ein besonderer Kandidat hierfür ist das Interleukin-2. Allerdings wird dieses Typ 1-Zytokin nicht oder nur in sehr geringen Konzentrationen bei weiter fortgeschrittenen kutanen Lymphomen gefunden. Im Gegensatz dazu sind IL-4 und IL-5 selten und nur in den weit fortgeschrittenen Stadien von kutanen Lymphomen exprimiert. Das bedeutet, dass es eher unwahrscheinlich ist, dass diese Zytokine essenzielle Wachstumsfaktoren für die gesamte Tumorentwicklung darstellen. Dieses wird zudem durch In-vitro-Untersuchungen unterstützt [23]. So wurden Tumorzelllinien in der Abwesenheit von typischen Typ 1- und Typ 2-Zytokinen etabliert [24]. Tierexperimentelle und In-vitro-Untersuchungen führten zu der Hypothese, dass IL-7 ein Wachstumsfaktor für kutane Lymphome sein könnte [25] [26]. So wurde gezeigt, dass IL-7 einen starken proliferativen Effekt in Sézary-Zellen hervorruft und das Überleben von malignen Zellen von Sézary-Patienten in vitro verlängern kann. Passend dazu entwickeln IL-7 transgene Mäuse (welche verstärkt Interleukin-7 produzieren) eine progressive Hauterkrankung, die durch ein starkes T-Zell-Infiltrat charakterisiert ist. In der Tat exprimieren auch kutane Lymphozyten bei CTCL häufig den IL-7-Rezeptor. Überraschenderweise konnten bei Untersuchungen zur IL-7 mRNA-Expression in Hautbiopsien von Patienten mit Mycosis fungoides und pleomorphem T-Zell-Lymphom durch uns jedoch keine relevanten IL-7-Level gefunden werden. Dieses spricht dafür, dass auch IL-7 kein essenzieller Wachstumsfaktor für kutane T-Zell-Lymphome ist. Einen wichtigen Wachstumsfaktor für die maligne Zelle bei kutanen T-Zell-Lymphomen stellt jedoch das Interleukin-15 dar. IL-15 kann das IL-2 in der IL-2-abhängigen T-Zelllinie SeAx ersetzen und erscheint zehn- bis zwanzigmal potenter. Zudem verlängert es signifikant das Überleben von CTCL-Zellen, welche von Patienten mit Sézary-Syndrom isoliert wurden [27] [28]. Tatsächlich wird IL-15 auch bei kutanen T-Zell-Lymphomen überexprimiert [28]. Die IL-15-Überexpression kann von besonderer Bedeutung für die Tumorprogression sein, da es anti-apoptotische Effekte vermittelt [42]. Bei den kutanen B-Zell-Lymphomen könnten insbesondere die Zytokine IL-6 und IL-10 wichtige Wachstumsfaktoren darstellen. Diese Zytokine sind massiv überexpremiert, und für sie wurden direkt Proliferations-stimulierende Effekte auf B-Zellen nachgewiesen [1].
Die veränderte Zytokinexpression bei kutanen Lymphomen kann von entscheidender Bedeutung für die Regulation der lokalen Anti-Tumor-Antwort sein (Abb. [5]). Gerade in frühen Stadien der kutanen Lymphome finden sich häufig tumorinfiltrierende CD8+ T-Zellen in den Läsionen und in der Zirkulation, die möglicherweise Ausdruck einer Anti-Tumor-Immunresponse sind [29]. Interessanterweise findet sich eine Abnahme dieser Zellen im weiteren Verlauf der Erkrankung, und diese korreliert mit einer abnehmenden Interferon-γ-Expression [8]. Es ist gut möglich, dass die steigende Expression von Interleukin-10 für die sich entwickelnde verminderte Immunresponse gegen den Tumor verantwortlich ist [8]. So wurde gezeigt, dass IL-10 sowohl die Th1 als auch die Funktion von zytotoxischen T-Zellen und insbesondere von Monozyten und Makrophagen vermindern kann [30] [31] [32] [33].
Eine veränderte Zytokinexpression kann Erklärungsmöglichkeiten für eine Reihe von gut bekannten systemischen Immunabnormalitäten bei Patienten mit kutanen T-Zell-Lymphomen verantwortlich sein. In frühen Stadien von kutanen Lymphomen ist die Immunresponse typischerweise unverändert. In weiter fortgeschrittenen Stadien finden sich jedoch eine ausgeprägt Eosinophilie und erhöhte IgE-Plasmaspiegel. Dieses kann durch eine verstärkte Expression von IL-4 und IL-5 erklärt werden. Zudem wurde eine verminderte Funktion von natürlichen Killerzellen und eine veränderte Antwort von stimulierten peripheren Zellen des Blutes bei Patienten mit fortgeschrittenen kutanen T-Zell-Lymphomen beobachtet [34] [35] [36], die eine verminderte Produktion von Interleukin-12 mit einschließt [37]. Hier stellt sich die Frage, ob das lokal überexprimierte Interleukin-10 [8] für diese systemischen Störungen in der Immunregulation verantwortlich ist und somit zu einer weiteren Tumorprogression, einschließlich der damit verbundenen extrakutanen Manifestation, beiträgt, ebenso wie zu dem erhöhten Risiko der Entwicklung von Zweitmalignomen, welches für die Patienten mit CTCL beschrieben ist [38].
Die veränderte Zytokinexpression bei kutanen T-Zell-Lymphomen kann letztlich auch eine Erklärung für den Epidermotropismus von malignen T-Zellen, die charakteristisch für diese Erkrankungen sind, darstellen (Abb. [6]). So wurde vermutet, dass Zytokinkaskaden, welche Interferon-γ und das Interferon-γ-induzierte Protein 10 (IP-10) einschießen, zum „Anlocken” von T-Zellen in die Epidermis führen. IP-10 ist ein wichtiger „Lockfaktor” für CD4+ T-Zellen und kann durch Interferon-γ induziert werden [11]. Wir beobachteten stadienabhängige Shifts in der Interferon-γ mRNA-Expression bei MF. Nur im Ekzemstadium der MF, nicht jedoch in den weiter fortgeschrittenen Stadien wurden hohe Interferon-γ-Spiegel dedektiert. Der Verlust der Interferon-γ-Expression in den fortgeschrittenen Stadien der MF könnte somit die Beobachtung erklären, dass bei einem weiteren Fortschreiten der Erkrankung der Epidermotropismus verloren gehen kann. Zusätzlich zu IP-10 und Interferon-γ können jedoch auch MIG und IL-8, die bei kutanen T-Zell-Lymphomen deutlich überexprimiert sind, mit zum Epidermotropismus beitragen [12].
#Konsequenzen und Ausblick
Obwohl die Untersuchungen zur Zytokinexpression bei kutanen Lymphomen wesentlich zum pathophysiologischen Verständnis beigetragen haben, bleiben eine Vielzahl an Fragen vorerst noch unbeantwortet. So ist die zelluläre Quelle für einzelne überexprimierte Zytokine bisher weitgehend unbekannt. In weitergehenden Untersuchungen muss vor allem bestimmt werden, ob tatsächlich Zytokine existieren, welche direkt die Promotion des Tumorzellwachstums hervorrufen. Ein besonders interessanter Kandidat ist hier das Interleukin-15. Sollte es gelingen, einzelne Zytokine direkt für die Tumorprogression verantwortlich zu machen, ergeben sich Strategien für die Entwicklung neuer therapeutischer Möglichkeiten, die z. B. in der Neutralisation einzelner tumorwachstumsfördernder Zytokine bestehen könnten. Ein anderer Ansatz stellt der Versuch dar, durch Applikation von Zytokinen selbst die Zytokinmuster im Ganzen zu verändern. Gängige Praxis ist dabei bereits heute die Therapie mit Interferon-α, die bei einem Teil der CTCL-Patienten gute Erfolge bringt. Ein neuerer Ansatz stellt die Applikation von IL-12 dar, welche bei einigen Patienten ebenfalls bereits gute Erfolge erbrachte [39] [40]. Hier müssen jedoch weitere Untersuchungen zur Wirksamkeit und Verträglichkeit durchgeführt werden, bevor beurteilt werden kann, ob sich auch dieses Zytokin für die Therapie eignet.
#Danksagung
Wir danken Frau Sabine Görlich (Berlin) für die editorielle Bearbeitung des Manuskripts.
#Literatur
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Priv. Doz. Dr. med. Khusru Asadullah
Leiter CRBA Dermatologie, Schering AG
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Email: khusru.asadullah@schering.de