Einleitung
Einleitung
Seit etwa zwei Jahrzehnten stehen Zytokine im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses
und haben zu einem besseren Verständnis der Pathophysiologie verschiedener Erkrankungen
geführt. Darüber hinaus werden diese wichtigen Botenstoffe zum Teil bereits selbst
für die Therapie verschiedenster Erkrankungen (z. B. Interferon-α für die Behandlung
von Melanomen) verwendet, und auch die Neutralisation von Zytokinen (z. B. Anti-TNF-α
bei Psoriasis) findet zunehmend Anwendung. Die hohe Bedeutung von Zytokinen in der
Pathophysiologie verschiedenster Erkrankungen, einschließlich der kutanen Lymphome,
resultiert aus ihren zahlreichen hochpotenten, autokrinen, parakrinen und endokrinen
Effekten. So können autokrine Effekte für die Stimulation der Proliferation von malignen
Zellen verantwortlich sein, parakrine Effekte zu einer Beeinflussung der Anti-Tumor-Immunresponse
(im positiven Fall Stimulation, im ungünstigen Fall Depression) führen und letztlich
endokrine Effekte für eine Reihe von systemischen Abnormalitäten verantwortlich sein,
die gerade bei Patienten mit fortgeschrittenen kutanen T-Zell-Lymphomen beobachtet
werden. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass in zahlreichen Studien
Bestimmungen von Zytokinen bei kutanen Lymphomen durchgeführt wurden [1].
Für die adäquate Interpretation der zahlreichen Daten ist ein grundlegendes Verständnis
der Biologie von Zytokinen sowie von deren Nachweismöglichkeiten notwendig [2]. Bei der Interpretation von Daten zur Zytokinexpression ist zu berücksichtigen,
dass typischerweise biologische Wirkungen bei Erkrankungen selten durch ein einzelnes
Zytokin allein vermittelt werden, sondern durch relativ komplexe Zytokinmuster. Daher
ist die Bestimmung der Zytokinprofile wichtig. Ein weiteres Problem ergibt sich aus
der extrem hohen biologischen Wirksamkeit und der kurzen Halbwertszeit verschiedenster
Zytokine, die dazu führt, dass bereits kurzzeitige, geringe Expressionen pathophysiologisch
relevant sein können. Dies erfordert ausgesprochen sensitive Nachweismethoden wie
z. B. die RT-PCR. Hier konnten durch die Einführung zuverlässiger Quantifizierungssysteme
(Real Time PCR) in der letzten Zeit erhebliche Fortschritte erreicht werden. Allerdings
muss die Überexpression der mRNA eines Zytokins nicht unbedingt immer in der biologisch
relevanten Überexpression des Proteins resultieren. Prinzipiell lassen sich Zytokine
auf verschiedenen Ebenen und mit verschiedenen Methoden nachweisen, die jeweils ihre
Vor- und Nachteile aufweisen (Abb. [1]).
Abb. 1 Möglichkeiten des Zytokinnachweises auf unterschiedlichen Ebenen. Modifiziert nach
[2].
Zytokine sind Polypeptide, die von verschiedensten Zellen nach Stimulation sezerniert
werden. Sie haben ein Molekulargewicht zwischen 7 und 60 kD. Immunologisch relevante
Zytokine werden von Lymphozyten (Lymphokine), Monozyten/Makrophagen (Monokine), aber
auch von nicht immunologischen Zellen (z. B. Endothelzellen, Keratinozyten) gebildet
[2]. Die Nomenklatur der Zytokine ist verwirrend. Historisch wurden Zytokine zumeist
mit einem ihre Funktion beschreibenden Namen versehen: z. B. Tumornekrosefaktor (induziert
Nekrose einiger Tumoren) oder T-Zellwachstumsfaktor (induziert Proliferation von T-Lymphozyten).
Allerdings zeigte sich, dass die anfänglich vermutete Wirkung eines Zytokines nicht
unbedingt seine wichtigeste Funktion darstellt und dass sich Zytokine hinsichtlich
ihrer Funktion pleiotrop (ein Zytokin hat mehrere verschiedene Wirkungen) und redundant
(verschiedene Zytokine haben gleiche Wirkungen) verhalten (Abb. [2] u. [3]). So verbergen sich z. B. hinter der funktionell beschriebenen T-Zellwachstumsfaktor-Aktivität
zahlreiche unterschiedliche Zytokine, die, neben sich voneinander unterscheidenden
Funktionen, auch die gemeinsame Eigenschaft haben, die Zellteilung von T-Lymphozyten
zu unterstützen (Abb. [2]). Umgekehrt kann ein einzelnes Zytokin zahlreiche Effekte auf unterschiedlichste
Zielzellen haben. Ein Paradebeispiel für diese pleiotrope Wirkung ist der Tumornekrosefaktor
(TNF, Abb. [3]). Aus diesen Gründen waren die Bezeichnungen für Zytokine auf der Basis ihrer Eigenschaften
bald überholt. Man versuchte dann, eine internationale Nomenklatur zumindest für die
immunregulatorischen Zytokine zu schaffen. Die entsprechenden Zytokine wurden als
Interleukine (IL) bezeichnet und mit Nummern versehen (z. Zt. IL-1 bis 31) (Tab. [1]). Allerdings wurden zahlreiche Zytokine nicht in diese Nomenklatur einbezogen. Die
Grenzen dieser Einteilung haben sich inzwischen gezeigt: So ist z. B. das IL-8 ein
typischer Vertreter der Gruppe der chemotaktischen Zytokine (Chemokine), die eigentlich
nicht in die IL-Nomenklatur aufgenommen wurden. Die immunregulatorische Aktivität
von Interferon-γ (IFN-γ) ist biologisch sicher wichtiger als seine antivirale Aktivität.
Dennoch ist es den Interferonen und nicht den Interleukinen zugeordnet worden.
Abb. 2 Beispiel für Redundanz der Zytokine. Mehrere Zytokine können in einer Zelle den gleichen
Effekt hervorrufen. Modifiziert nach [2].
Abb. 3 Beispiel für pleiotrope Wirkung. Ein Zytokin (hier TNF-α) kann auf unterschiedliche
Zellen sehr unterschiedlichen Einfluss haben. Modifiziert nach [2].
Tab. 1 Einteilung der Zytokine. Modifiziert nach [2].
| Gruppe |
Beispiele |
| Interleukine (IL) |
IL-1 bis IL-31, IL-1RA |
Interferone (IFN) |
IFN-α, β, γ |
Kolonie-stimulierende Faktoren (CSF) |
M-CSF, GM-CSF, G-CSF, SCF Erythropoetin Thrombopoetin |
Tumornekrosefaktoren (TNF) |
TNF-α, β Lymphotoxin-β |
chemotaktische Faktoren |
z. B. MIP, MCP, CCLs |
lösliche Rezeptoren |
CD23, p55-IL-2R, IL-4R, TNF-R, IL-1R |
Zusammenfassend kann man sagen, dass die vielfältigen Wirkungen der Zytokine eine
didaktisch sinnvolle Nomenklatur sehr schwierig machen. Unter dem Gesichtspunkt ihrer
Wirkung auf Entzündungsprozesse können Zytokine in pro-inflammatorische Zytokine (z.
B. IL-1, IL-2, IFN-γ, TNF-α) und anti-inflammatorische Zytokine (z. B. IL-1-Rezeptor-Antagonist
(IL-1RA), IL-10, TGF-β) unterteilt werden [2].
Wie bei vielen anderen Erkrankungen auch, existiert eine Tendenz, kutane Lymphome
entsprechend dem gut etablierten Th1/Th2-Modell zu klassifizieren [3]
[4]. Die Basis für das Th1/Th2-Modell bildet die ursprünglich von Mosmann und Mitarbeitern
im Jahr 1986 berichtete Beobachtung, dass CD4+ T-Zellen aus der Maus nach Stimulation in vitro in zwei Subgruppen, entsprechend
ihrer Zytokinproduktion und der damit assoziierten funktionellen Aktivität, klassifiziert
werden können (Th1- und Th2-Zellen) [5]. Heute werden Th1- und Th2-Zellen nach ihrer vorherrschenden Produktion von Interleukin-2,
Interferon-γ, Tumornekrosefaktor-β einerseits bzw. Interleukin-4, IL-5, IL-6, IL-10
und IL-13 andererseits klassifiziert. Th1-Zellen sind insbesondere für die Vermittlung
von zellulären Immunreaktionen verantwortlich, während Th2-Zellen vor allem für die
Vermittlung von humoralen Immunreaktionen (z. B. Antikörperproduktion) verantwortlich
sind. Es ist jedoch wichtig zu berücksichtigen, dass neben T-Helferzellen auch viele
andere Zellpopulationen wie z. B. CD8+ T-Zellen, monzytäre und epitheliale Zellen an der Bildung eines lokalen Zytokinprofiles
beteiligt sind. Es scheint daher angebracht, diese besser als „Typ 1” oder „Typ 2”
zu beschreiben (Abb. [4]). Zudem muss man diese Klassifizierung als ein Modell betrachten, welches einen
wertvollen Rahmen zur Untersuchung und Erklärung von Immunreaktionen liefert, während
das Auftreten einzelner Zytokinmuster in vivo jedoch deutlich komplexer sein kann
[6]
[7]. Häufig ist es daher nicht ganz korrekt, einzelne Erkrankungen als „Typ 1” oder
„Typ 2” zu charakterisieren. Zudem werden auch Shifts im Zytokinmuster im Verlauf
einer Erkrankung beobachtet [2].
Abb. 4 Typ 1-/ Typ 2-Zytokin-Modell. T-Zellen (Th0) können sich in Subpopulationen weiterentwickeln. T-helfer (h)1- und Th2-Zellen werden
nach ihrer vorherrschenden Produktion von Interleukin-2, Interferon-γ, Tumornekrosefaktor-β
einerseits bzw. Interleukin-4, IL-5, IL-6, IL-10 und IL-13 andererseits klassifiziert.
Th1-Zellen sind insbesondere für die Vermittlung von zellulären Immunreaktionen verantwortlich,
während Th2-Zellen vor allem für die Vermittlung von humoralen Immunreaktionen (z.
B. Antikörperproduktion) verantwortlich sind. Neben T-Helferzellen sind auch viele
andere Zellpopulationen an der Bildung eines lokalen Zytokinprofiles beteiligt. Modifiziert
nach [2].
Zytokinexpression bei kutanen T-Zell-Lymphomen (CTCL)
Zytokinexpression bei kutanen T-Zell-Lymphomen (CTCL)
Hier ist insbesondere die Mycosis fungoides (MF) gut untersucht. Verschiedene Zytokine wurden in MF-Läsionen durch immunhistochemische
Untersuchungen und PCR Analysen dedektiert. Dazu gehören unter anderem IL-1, IL-6,
IL-8, IL-10, Interferon-γ, TNF-α, MIG sowie das IP-10 [8]
[9]
[10]
[11]
[12]
[13]
[14]
[15]. Hinsichtlich der Einordnung in das Typ 1/Typ 2-Modell gibt es unterschiedliche
Beobachtungen. Es gibt eine Reihe von Hinweisen, die dafür sprechen, dass es im Verlauf
der Erkrankung zu einem Shift von einem Typ 1-Zytokinprofil in frühen Läsionen (Ekzem)
in Richtung eines Typ 2-Profils (Plaque und insbesondere Tumore) kommt [16]
[17]
[18]. Nach unseren eigenen Untersuchungen steigt im Verlauf der Krankheit vor allem die
Expression des immunsuppressiven Zytokins IL-10 an, was gut mit einem Shift vom Typ
1- zum Typ 2-Zytokin vereinbar ist. Allerdings dedektierten wir auch in fortgeschrittenen
Läsionen kaum Interleukin-4, so dass möglicherweise ein eher untypisches Zytokinprofil
entsteht (Th3?) [1].
Bei CD30+ pleomorphen T-Zell-Lymphomen wird üblicherweise ein klassisches Typ 2-Zytokinmuster in den Läsionen gefunden.
So wurden IL-4 und IL-10 dedektiert [8]
[19]. Im Gegensatz dazu wurden keine Typ 2-Zytokine bei primären kutanen CD30-großzelligen T-Zell-Lymphomen beobachtet. Es wurde die Hypothese aufgestellt, dass das Tumorzellwachstum bei diesen
Patienten unabhängig von der Regulation durch Zytokine ist und dieses ein Grund für
den vergleichsweise aggressiven Charakter dieser Erkrankungen darstellen könnte [20].
Das Zytokinprofil bei Patienten mit Sézary-Syndrom wird sowohl lokal (in den Läsionen) als auch systemisch von den klassischen Typ 2-Zytokinen
IL-4, IL-5 und IL-10 bestimmt [10]
[18]
[21]. Während bei vielen anderen kutanen Lymphomen die zelluläre Quelle, die für die
Überexpression der einzelnen Zytokine verantwortlich ist, ungeklärt ist, konnte beim
Sézary-Syndrom durch durchflusszytometrische Zellseparation (FACS) der malignen Zellen
aus dem Blut gezeigt werden, dass diese selbst eine verstärkte Th2-Zytokinsekretion
aufweisen. Scheinbar kann das Zytokinprofil einzelner Sézary-Zellen jedoch auch relativ
unterschiedlich sein und muss nicht immer den klassisch Th2-Phänotyp repräsentieren
[22].
Zytokinexpression bei kutanen B-Zell-Lymphomen
Zytokinexpression bei kutanen B-Zell-Lymphomen
Die Zytokinexpression bei kutanen B-Zell-Lymphomen wurde bisher relativ wenig untersucht.
Wir beobachteten in der semiquantitativen PCR eine starke Expression von TNF-α, IL-10
und Interleukin-6 sowie eine sehr unterschiedliche Expression des Chemokins Interleukin-8
in den Läsionen von KeimzentrumsB-Zell-Lymphomen. Die Überexpression von IL-6 und
IL-10 bei kutanen B-Zell-Lymphomen könnte von besonderer Bedeutung sein, da aus In-vitro-Untersuchungen
bekannt ist, dass diese Zytokine wachstumsstimulierend auf B-Zellen wirken können.
Die Expression des immunsuppressiven IL-10 könnte zudem zu einer Begünstigung der
Tumorentwicklung durch eine Suppression der Anti-Tumor-Immunresponse führen. Passend
dazu war es uns nicht möglich, Interferon-γ und IL-2-Expression zu dedektieren.
Potenzielle Bedeutung der Zytokinexpression bei kutanen Lymphomen
Potenzielle Bedeutung der Zytokinexpression bei kutanen Lymphomen
Die potenziellen Möglichkeiten zur pathopysiologischen Bedeutung der Zytokinwirkungen
sind in Abb. [5] schematisch dargestellt.
Abb. 5 Potenzielle Zytokinwirkungen mit pathophysiologischer Bedeutung. Autokrine, parakrine
und endokrine Wirkungen von Zytokinen können Einfluss auf die Entwicklung der Erkrankung
haben. So können autokrine Effekte für die Stimulation der Proliferation von malignen
Zellen verantwortlich sein (die maligne Zelle produziert Wachstumsfaktoren für sich
selbst), parakrine Effekte zu einer Beeinflussung der Anti-Tumor-Immunresponse (im
positiven Fall Stimulation, im ungünstigen Fall Depression) führen und letztlich endokrine
Effekte für eine Reihe von systemischen Abnormalitäten verantwortlich sein, die gerade
bei Patienten mit fortgeschrittenen kutanen T-Zell-Lymphomen beobachtet werden.
Verschiedene Zytokine sind bekannte Wachstumsfaktoren, die eine Tumorzellentwicklung
über auto-/parakrine Mechanismen fördern können. Ein besonderer Kandidat hierfür ist
das Interleukin-2. Allerdings wird dieses Typ 1-Zytokin nicht oder nur in sehr geringen
Konzentrationen bei weiter fortgeschrittenen kutanen Lymphomen gefunden. Im Gegensatz
dazu sind IL-4 und IL-5 selten und nur in den weit fortgeschrittenen Stadien von kutanen
Lymphomen exprimiert. Das bedeutet, dass es eher unwahrscheinlich ist, dass diese
Zytokine essenzielle Wachstumsfaktoren für die gesamte Tumorentwicklung darstellen.
Dieses wird zudem durch In-vitro-Untersuchungen unterstützt [23]. So wurden Tumorzelllinien in der Abwesenheit von typischen Typ 1- und Typ 2-Zytokinen
etabliert [24]. Tierexperimentelle und In-vitro-Untersuchungen führten zu der Hypothese, dass IL-7
ein Wachstumsfaktor für kutane Lymphome sein könnte [25]
[26]. So wurde gezeigt, dass IL-7 einen starken proliferativen Effekt in Sézary-Zellen
hervorruft und das Überleben von malignen Zellen von Sézary-Patienten in vitro verlängern
kann. Passend dazu entwickeln IL-7 transgene Mäuse (welche verstärkt Interleukin-7
produzieren) eine progressive Hauterkrankung, die durch ein starkes T-Zell-Infiltrat
charakterisiert ist. In der Tat exprimieren auch kutane Lymphozyten bei CTCL häufig
den IL-7-Rezeptor. Überraschenderweise konnten bei Untersuchungen zur IL-7 mRNA-Expression
in Hautbiopsien von Patienten mit Mycosis fungoides und pleomorphem T-Zell-Lymphom
durch uns jedoch keine relevanten IL-7-Level gefunden werden. Dieses spricht dafür,
dass auch IL-7 kein essenzieller Wachstumsfaktor für kutane T-Zell-Lymphome ist. Einen
wichtigen Wachstumsfaktor für die maligne Zelle bei kutanen T-Zell-Lymphomen stellt
jedoch das Interleukin-15 dar. IL-15 kann das IL-2 in der IL-2-abhängigen T-Zelllinie
SeAx ersetzen und erscheint zehn- bis zwanzigmal potenter. Zudem verlängert es signifikant
das Überleben von CTCL-Zellen, welche von Patienten mit Sézary-Syndrom isoliert wurden
[27]
[28]. Tatsächlich wird IL-15 auch bei kutanen T-Zell-Lymphomen überexprimiert [28]. Die IL-15-Überexpression kann von besonderer Bedeutung für die Tumorprogression
sein, da es anti-apoptotische Effekte vermittelt [42]. Bei den kutanen B-Zell-Lymphomen
könnten insbesondere die Zytokine IL-6 und IL-10 wichtige Wachstumsfaktoren darstellen.
Diese Zytokine sind massiv überexpremiert, und für sie wurden direkt Proliferations-stimulierende
Effekte auf B-Zellen nachgewiesen [1].
Die veränderte Zytokinexpression bei kutanen Lymphomen kann von entscheidender Bedeutung
für die Regulation der lokalen Anti-Tumor-Antwort sein (Abb. [5]). Gerade in frühen Stadien der kutanen Lymphome finden sich häufig tumorinfiltrierende
CD8+ T-Zellen in den Läsionen und in der Zirkulation, die möglicherweise Ausdruck einer
Anti-Tumor-Immunresponse sind [29]. Interessanterweise findet sich eine Abnahme dieser Zellen im weiteren Verlauf der
Erkrankung, und diese korreliert mit einer abnehmenden Interferon-γ-Expression [8]. Es ist gut möglich, dass die steigende Expression von Interleukin-10 für die sich
entwickelnde verminderte Immunresponse gegen den Tumor verantwortlich ist [8]. So wurde gezeigt, dass IL-10 sowohl die Th1 als auch die Funktion von zytotoxischen
T-Zellen und insbesondere von Monozyten und Makrophagen vermindern kann [30]
[31]
[32]
[33].
Eine veränderte Zytokinexpression kann Erklärungsmöglichkeiten für eine Reihe von
gut bekannten systemischen Immunabnormalitäten bei Patienten mit kutanen T-Zell-Lymphomen
verantwortlich sein. In frühen Stadien von kutanen Lymphomen ist die Immunresponse
typischerweise unverändert. In weiter fortgeschrittenen Stadien finden sich jedoch
eine ausgeprägt Eosinophilie und erhöhte IgE-Plasmaspiegel. Dieses kann durch eine
verstärkte Expression von IL-4 und IL-5 erklärt werden. Zudem wurde eine verminderte
Funktion von natürlichen Killerzellen und eine veränderte Antwort von stimulierten
peripheren Zellen des Blutes bei Patienten mit fortgeschrittenen kutanen T-Zell-Lymphomen
beobachtet [34]
[35]
[36], die eine verminderte Produktion von Interleukin-12 mit einschließt [37]. Hier stellt sich die Frage, ob das lokal überexprimierte Interleukin-10 [8] für diese systemischen Störungen in der Immunregulation verantwortlich ist und somit
zu einer weiteren Tumorprogression, einschließlich der damit verbundenen extrakutanen
Manifestation, beiträgt, ebenso wie zu dem erhöhten Risiko der Entwicklung von Zweitmalignomen,
welches für die Patienten mit CTCL beschrieben ist [38].
Die veränderte Zytokinexpression bei kutanen T-Zell-Lymphomen kann letztlich auch
eine Erklärung für den Epidermotropismus von malignen T-Zellen, die charakteristisch
für diese Erkrankungen sind, darstellen (Abb. [6]). So wurde vermutet, dass Zytokinkaskaden, welche Interferon-γ und das Interferon-γ-induzierte
Protein 10 (IP-10) einschießen, zum „Anlocken” von T-Zellen in die Epidermis führen.
IP-10 ist ein wichtiger „Lockfaktor” für CD4+ T-Zellen und kann durch Interferon-γ induziert werden [11]. Wir beobachteten stadienabhängige Shifts in der Interferon-γ mRNA-Expression bei
MF. Nur im Ekzemstadium der MF, nicht jedoch in den weiter fortgeschrittenen Stadien
wurden hohe Interferon-γ-Spiegel dedektiert. Der Verlust der Interferon-γ-Expression
in den fortgeschrittenen Stadien der MF könnte somit die Beobachtung erklären, dass
bei einem weiteren Fortschreiten der Erkrankung der Epidermotropismus verloren gehen
kann. Zusätzlich zu IP-10 und Interferon-γ können jedoch auch MIG und IL-8, die bei
kutanen T-Zell-Lymphomen deutlich überexprimiert sind, mit zum Epidermotropismus beitragen
[12].
Abb 6 Immunhistochemischer Nachweis des Epidermotropismus. Das Einwandern von T-Zellen
in die Epidermis ist ein typisches Phänomen für kutane T-Zell-Lymphome. In der Abbildung
sind die T-Zellen durch einen Anti-CD3-Antikörper in einem Hautschnitt eines kutanen
T-Zell-Lymphoms markiert. Es ist wahrscheinlich, dass Zytokine für den Epidermotropismus
verantwortlich sind.
Konsequenzen und Ausblick
Konsequenzen und Ausblick
Obwohl die Untersuchungen zur Zytokinexpression bei kutanen Lymphomen wesentlich zum
pathophysiologischen Verständnis beigetragen haben, bleiben eine Vielzahl an Fragen
vorerst noch unbeantwortet. So ist die zelluläre Quelle für einzelne überexprimierte
Zytokine bisher weitgehend unbekannt. In weitergehenden Untersuchungen muss vor allem
bestimmt werden, ob tatsächlich Zytokine existieren, welche direkt die Promotion des
Tumorzellwachstums hervorrufen. Ein besonders interessanter Kandidat ist hier das
Interleukin-15. Sollte es gelingen, einzelne Zytokine direkt für die Tumorprogression
verantwortlich zu machen, ergeben sich Strategien für die Entwicklung neuer therapeutischer
Möglichkeiten, die z. B. in der Neutralisation einzelner tumorwachstumsfördernder
Zytokine bestehen könnten. Ein anderer Ansatz stellt der Versuch dar, durch Applikation
von Zytokinen selbst die Zytokinmuster im Ganzen zu verändern. Gängige Praxis ist
dabei bereits heute die Therapie mit Interferon-α, die bei einem Teil der CTCL-Patienten
gute Erfolge bringt. Ein neuerer Ansatz stellt die Applikation von IL-12 dar, welche
bei einigen Patienten ebenfalls bereits gute Erfolge erbrachte [39]
[40]. Hier müssen jedoch weitere Untersuchungen zur Wirksamkeit und Verträglichkeit durchgeführt
werden, bevor beurteilt werden kann, ob sich auch dieses Zytokin für die Therapie
eignet.
Danksagung
Danksagung
Wir danken Frau Sabine Görlich (Berlin) für die editorielle Bearbeitung des Manuskripts.