Rehabilitation (Stuttg) 2004; 43(4): 247-248
DOI: 10.1055/s-2004-828348
Bericht
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

„Mitarbeiter krank - was nun? Betriebliches Eingliederungsmanagement: Herausforderung für Unternehmen” - Fachtagung der Deutsche Vereinigung für die Rehabilitation Behinderter e. V. im Mai 2004 in Berlin

„Employee Fallen Ill - What to Do? In-plant Integration Management: A Challenge for Companies” - Expert Conference of the German Society for Rehabilitation of the Disabled May 2004 in BerlinDeutsche Vereinigung für die Rehabilitation Behinderter e. V.
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Publication Date:
19 August 2004 (online)

Seit Mai 2004 verlangt das Neunte Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) in § 84 von den Unternehmen stärkere Präventionsmaßnahmen, um die Ausgrenzung von gesundheitlich beeinträchtigten Beschäftigten aus dem Arbeitsprozess zu verhindern. Zur Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit sollen die Unternehmen gemeinsam mit dem betroffenen Mitarbeiter rechtzeitig gezielte Maßnahmen einleiten.

Die Fachtagung der Deutschen Vereinigung für die Rehabilitation Behinderter (DVfR) zum Thema betriebliches Eingliederungsmanagement am 14. Mai 2004 in Berlin beschäftigte sich mit den Fragen: Was können Unternehmen tun, um Handlungsbedarf bei gesundheitlichen Störungen der Mitarbeiter zu erkennen? Auf welche staatlichen Hilfen können sie zurückgreifen? Wie kann betriebliches Eingliederungsmanagement organisiert werden?

Zu den Referenten gehörten Vertreter von Unternehmen, Sozialleistungsträgern und Gesundheitsdienstleistern, darunter die METRO AG, der Automobilhersteller Ford, das Bundesgesundheitsministerium, die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Berufsgenossenschaften, Kranken- und Rentenversicherungen, die Sozialverbände VdK und SoVD.

Die Vorträge gaben überzeugend Einblick in viele erfolgreiche Aktivitäten von Unternehmen und Gesundheits-/Rehabilitationsdiensten zur Gesundheitsförderung und Prävention - zum Nutzen der Unternehmen, der betroffenen Mitarbeiter und der Sozialsysteme. Zahlreiche Beispiele aus Unternehmen, von sozialen Leistungsträgern und Diensten verdeutlichten, dass es durch Eigeninitiative und gute Zusammenarbeit aller Partner in vielen Fällen gelingt, Arbeitslosigkeit von gesundheitlich beeinträchtigten Mitarbeitern zu vermeiden, das Fähigkeitspotenzial dieser Mitarbeiter weiter zu nutzen und die Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten. Dies ist nicht nur solidarisch, sondern bringt auch wirtschaftlichen Nutzen für Unternehmen und Sozialversicherer!

In den nächsten Jahren muss es allerdings gelingen, diese beispielhaften Lösungen auf andere Betriebe zu übertragen, vor allem auf Klein- und Mittelunternehmen, die wegen ihrer Strukturen auf die besondere Unterstützung durch externe Partner wie Rehabilitationsträger, Betriebsärzte, arbeitsmedizinische Dienste und Integrationsfachdienste bzw. Integrationsämter angewiesen sind.

Handlungsbedarf und Umsetzungsmöglichkeiten für Unternehmen und Sozialleistungspartner beim betrieblichen Eingliederungsmanagement lassen sich in folgende Thesen zusammenfassen:

Betriebliches Eingliederungsmanagement umfasst risikogruppenbezogene, individuelle und vernetzte Maßnahmen der betrieblichen Prävention, Gesundheitsförderung und des Gesundheitsmanagements zur Minimierung arbeitsbezogener Gesundheitsrisiken und zur Erhaltung der Beschäftigungsfähigkeit für gesundheitlich beeinträchtigte Mitarbeiter bis hin zur (Re-)Integration von Mitarbeitern mit Behinderungen. Frühzeitiges Handeln bei der Erkennung von gesundheitlichen Störungen bei Mitarbeitern und Einleitung betrieblicher präventiver und rehabilitativer Maßnahmen lohnt sich auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht (Reduzierung der Lohnfortzahlung, bessere Motivation und Leistungsbereitschaft). Betriebliches Eingliederungsmanagement funktioniert in den Unternehmen, die entsprechende Strukturen oder Netzwerke mit klarer Verantwortlichkeit geschaffen haben und die sich an Zielparametern und -vorgaben orientieren: Gesundheitsmanagement als messbare unternehmerische Zielsetzung, z. B. im Rahmen einer Gesamtbetriebsvereinbarung. Das Engagement einzelner Verantwortlicher im Unternehmen, die gute Kommunikation zwischen betriebsinternen und -externen Partnern sowie die Einbeziehung und Motivation aller Beteiligten befördern funktionierende Strukturen der betrieblichen Gesundheitsförderung - von der Geschäftsführung und Personalleitung über das mittlere Management, Gruppenleiter und Meister bis zu den Mitarbeitern und Betroffenen selbst. Betriebsräte und Schwerbehindertenvertretungen können hier wirksame Unterstützung geben. Die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und externen Diensten im Gesundheits- und Rehabilitationsbereich muss verbessert werden. Besonders Klein- und Mittelunternehmen bedürfen der besseren Unterstützung. Die Rehabilitationsdienste der Sozialleistungsträger (Kranken-/Rentenversicherung, Berufsgenossenschaften) sowie weitere Institutionen beraten und unterstützen die Unternehmen zu allen Fragen der betrieblichen Prävention, Gesundheitsförderung und des Gesundheitsmanagements. Die regionalen Servicestellen der Rehabilitationsträger sollten Orientierungshilfen und Angebote für Unternehmen bereithalten, damit Serviceangebote wie aus einer Hand möglich sind (Adressen der regionalen Servicestellen u. a. unter der URL: www.vdr.de). Unternehmen sollten solche Dienstleistungen dort oder direkt bei ihren Sozialleistungspartnern (Berufsgenossenschaften, Kranken-/Rentenversicherung) gezielt nachfragen. Die Sozialversicherungsträger und Gesundheits-/Rehabilitationsdienste sind gefordert, aktiv auf Unternehmen zuzugehen und Lösungen bezogen auf die konkreten betrieblichen Probleme gemeinsam mit den betrieblichen Akteuren zu organisieren. Die Integrationsfachdienste und -ämter stellen Hilfen für die Integration von behinderten Mitarbeitern bereit, einschl. technischer Hilfen für Arbeitsplatzanpassungen. Auch die Hausärzte und Allgemeinmediziner sind ein wichtiges Kettenglied bei der Früherkennung von beschäftigungsrelevanten Gesundheitsstörungen und sollten mehr als bisher die Arbeitsbedingungen und -anforderungen ihrer Patienten hinterfragen und ggf. frühzeitig auf Maßnahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements orientieren.

Die DVfR ruft die Unternehmen, die Sozialleistungsträger und -dienste sowie auch die Arbeitnehmervertretungen in den Unternehmen auf, Verantwortung und Initiative dafür zu ergreifen, dass durch ein funktionierendes betriebliches Eingliederungsmanagement die vorzeitige Ausgrenzung von Menschen aus der Arbeitswelt verhindert wird.

Deutsche Vereinigung für die Rehabilitation Behinderter (DVfR) 

Friedrich-Ebert-Anlage 9

69117 Heidelberg

Email: info@dvfr.de

URL: http://www.dvfr.de

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