Aktuelle Neurologie 2004; 31(8): 383-388
DOI: 10.1055/s-2004-828379
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Praxis der Vollheparinisierung nach ischämischem Schlaganfall in Deutschland zwischen 1998 - 2003: Ergebnisse aus zehn Zentren des Studienverbundes Schlaganfall

Practice of Anticoagulation with Heparin Following Acute Stroke in Germany: Results from Ten Centers of the German Stroke Study CollaborationK.  Kraywinkel1 , C.  Weimar1 , O.  Busse2 , A.  J.  Haass3 , C.  E.  Ehrenfeld1 , H.-C.  Diener1 , für den Studienverbund Schlaganfall*
  • 1Neurologische Klinik, Universität Duisburg-Essen
  • 2Neurologische Klinik, Klinikum Minden
  • 3Neurologische Klinik, Universitätskliniken des Saarlandes, Homburg
* Neurologische Kliniken (verantwortliche Untersucher): Klinikum Minden (J. Glahn), Universität Essen (G. Mörger-Kiefer), Universität Homburg (M. Roth), Städtisches Krankenhaus München-Harlaching (H. Audebert), Universität Rostock (A. Kloth), Universität Magdeburg (M. Goertler), Universität Jena (V. Willich), Universität Ulm (M. Riepe), Bürgerhospital Stuttgart (E. Schmid), Krankenanstalten Gilead Bielefeld (C. Hagemeister) Danksagung Die Deutsche Schlaganfall-Datenbank wurde zwischen 1997 - 1999 durch die Stiftung Deutsche Schlaganfallhilfe gefördert, zwischen 2000 - 2002 im Rahmen des Kompetenznetzes Schlaganfall vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und ab 2003 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (Förderkennzeichen DI 327/8-1) finanziert
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Publication Date:
29 September 2004 (online)

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Zusammenfassung

Hintergrund: Für eine PTT-wirksame Heparinisierung in der Akutphase nach ischämischem Schlaganfall (IS) existiert nach wie vor keine wissenschaftlich gesicherte Indikation. In den aktuellen DGN-Leitlinien von 2003 werden lediglich noch traumatische Dissektionen und kardiale Thromben als „pragmatische, jedoch nicht bewiesene Indikationen” aufgeführt. Gegenstand unserer Untersuchung waren die Auswirkungen der neueren Veröffentlichungen und Leitlinien zu diesem Thema auf die Schlaganfallbehandlung in Deutschland. Methoden: Ausgewertet wurden Daten über sechs Jahre aus der Deutschen Schlaganfall-Datenbank sowie des Studienverbundes Schlaganfall. Aus insgesamt zehn Kliniken lagen aus mindestens vier Kalenderjahren zwischen 1998 - 2003 insgesamt 15 445 Datensätze zur Heparinisierung in der Akutphase nach IS vor. Die leitenden Ärzte der betreffenden Klinik oder Stroke Unit wurden zusätzlich zur Entwicklung ihrer klinikinternen Therapieleitlinien befragt. Ergebnisse: Der Anteil der PTT-wirksam heparinisierten Patienten mit akutem IS variierte 1998 in den ausgewerteten Kliniken zwischen 10 und 84 %. Danach ließ sich in sieben von zehn Kliniken ein abnehmender Trend beobachten. In 2003 lag der Anteil der PTT-wirksam heparinisierten Patienten in vier Kliniken auf einem stabil niedrigen Niveau < 20 %, während bei den übrigen eine weitere Abnahme im Vergleich zum Vorjahr zu beobachten war. Schlussfolgerungen: In den meisten Kliniken lässt sich eine kontinuierliche Senkung der Heparinisierungsraten beobachten. Auffallend ist ein deutlicher Rückgang im Jahre 2003, welcher möglicherweise ein Ergebnis der Anfang 2003 veröffentlichten DGN-Leitlinien darstellt. Angesichts der unzureichenden Studienlage bleibt die Frage offen, welche Patienten von einer Vollheparinisierung nach ischämischem Schlaganfall profitieren.

Abstract

Background: Scientific evidence for early intravenous or high dose subcutaneous anticoagulation following ischemic stroke (IS) is still missing. The current guidelines of the German Neurological Society mention traumatic artery dissection and cardiac thrombus formation as „pragmatic, but not evidence-based indications”. The purpose of this study therefore was to examine the impact of recent publications and guidelines on stroke treatment in Germany. Methods: We analysed rates of anticoagulation during six years of the German Stroke Data Base and the German Stroke Study Collaboration. Ten centres with at least four years of consecutive data documentation between 1998 - 2003 contributed 15 445 patients with acute IS. Additionally, the stroke unit consultants or heads of department were interviewed about their therapeutic guidelines during that period. Results: In 1998, the proportion of patients with IS treated with intravenous or high dose subcutaneous anticoagulants varied from 10 to 84 % in participating centers. Thereafter, there was a decline in seven of ten centers. In 2003 the rate of anticoagulated patients was at a steady level below 20 % in four centers, while the other centers showed a further decline compared to the previous year. Conclusions: In most centers there was a continuous decline of intravenous or high dose subcutaneous treatment with heparin. A further drop was observed in 2003, possibly as a consequence of national guidelines published early in 2003. In view of the insufficient study information it remains uncertain whether any subgroup of stroke patients benefit from early intravenous or high dose subcutaneous anticoagulation.