Pneumologie 2004; 58(9): 641-642
DOI: 10.1055/s-2004-830037
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Autofluoreszenzbronchoskopie

Pro und ContraAutofluorescence BronchoscopyPro and ContraK.  Häußinger1
  • 1Asklepios Fachkliniken München-Gauting, Zentrum für Pneumologie und Thoraxchirurgie, Gauting
Der Autor war Leiter der Multizenterstudie: Autofluorescence bronchoscopy with white-light bronchoscopy compared to white-light bronchoscopy alone for the detection of precancerous lesions: A European randomized controlled multicenter trial.Diese Studie wurde von der Fa. Karl Storz GmbH & Co., Tuttlingen unterstützt.
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Prof. Dr. Karl Häußinger

Asklepios Fachkliniken München-Gauting · Zentrum für Pneumologie und Thoraxchirurgie

Robert Koch-Allee 2

82131 Gauting

Email: k.haeussinger@asklepios.com

Publication History

Publication Date:
01 September 2004 (online)

Table of Contents

Der Fortschritt der Bronchoskopie erfolgt in Wellen: Auf die therapeutischen Innovationen wie Laser, Stenting und photodynamische Therapie der 80er Jahre folgte in den 90er Jahren die diagnostische Welle: Die Sichtbarmachung des Unsichtbaren. „Beyond of visibility” zielte auf die EBUS-gesteuerte zytologisch-histologische Erschließung des Mediastinums und auf die Erschließung der Bronchialwand mittels Autofluoreszenz. Weitere Entwicklungen stehen an der Schwelle zur Anwendung: Die Optical coherence tomographie (OCT) erschließt die zelluläre Struktur der Schleimhaut („Morphologie und Funktion der Zilien”-„Optische Biopsie”). Die neueste bronchoskopische Entwicklung („super dimension”) ist eine Anleihe aus der Lenkwaffentechnik und ermöglicht über Koordinatensysteme das treffsichere Anpeilen kleiner peripherer Herde zur Biopsie.

Wellen - auch Begeisterungswellen - rollen an, breiten sich aus, verflachen oder ebben ab.

10 Jahre nach ihrer Entwicklung befindet sich auch die Autofluoreszenzbronchoskopie in der Phase der Ernüchterung - Zeit zur Analyse, Zeit zur vorläufigen Bilanz.

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Technische Systeme

Das Grundprinzip aller verfügbaren Systeme basiert auf Anregung durch blaues Licht und Visualisierung des Fluoreszenzlichtes durch Bildverstärker und Filtersysteme. Die technischen Komponenten sind verschieden: Die Anregung erfolgt durch Laser monochromatisch (442 nm) oder inkohärent durch Xenon-Licht (430 - 490 nm). Die Detektion der Autofluoreszenz stützt sich auf die Erfassung von einer, zwei oder drei Farbkomponenten (rot = DAFE, Fa. Wolf, grün = SAFE, Fa. Pentax, rot + grün = LIFE, Fa. Xyllix, rot + grün + blau = D-Light, Fa. Storz). Die Bildgebung erfolgt indirekt mittels Falschfarbenbild (Xyllix, Pentax) oder direkt (Storz, Wolf). Ein Vergleich der Systeme erfolgte bisher nur in Ansätzen [1] [2], prospektive randomisierte Studien zum systematischen Vergleich der Systeme untereinander fehlen. Die Entwicklung schreitet fort: Die Zukunft der Autofluoreszenzbronchoskopie liegt in der Kombination von Chip- und Autofluoreszenzbronchoskopie. Obwohl der Vorteil der Autofluoreszenz gegenüber der Weißlichtbronchoskopie dadurch weiter schrumpfen dürfte, liegt ein großer Vorzug der Kombination im praktischen Handling: Der Weißlichtabgleich und die Lichtintensität sind automatisch geregelt, die wechselweise Betrachtung von Weißlicht- und Fluoreszenzbild ist spontan und unkompliziert möglich.

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Studienlage

Die Euphorie ist einer nüchternen Betrachtung gewichen: Lösten die ersten Studien mit einer Verbesserung der relativen Sensitivität für frühmaligne Veränderungen durch Autofluoreszenz um den Faktor 6 die ersten Wellen der Begeisterung für das neue Verfahren aus [3], konnten die folgenden Studien diese Ergebnisse ausnahmslos nicht mehr bestätigen (siehe Tabelle Beitrag Herth). Der diagnostische Zugewinn durch Autofluoreszenz sank und verschob sich zudem in frühe bzw. prämaligne Phasen der Karzinogenese [4]. Ähnliches gilt für die Prävalenz: Während die ersten Studien Prävalenzen prämaligner Veränderungen von bis zu 25 % ergaben, lagen die Findungsraten für mäßige/schwere Dysplasien bzw. Carcinomata in situ zuletzt bei 5 - 10 %. Die Gründe hierfür sind vielfältig und liegen im Bereich der Methodik, der Technik und der Untersucher selbst. Einige seien hier genannt: Vermeidung von Biopsien aus der Umgebung von Tumoren reduziert die Prävalenz, Weißlicht Chip-Bronchoskope und Lerneffekte aus der Autofluoreszenz verbessern die Wahrnehmung der Untersucher für frühmaligne Veränderungen, so dass diese zunehmend auch unter Weißlicht erkannt werden.

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Therapie

Nach 10 Jahren Autofluoreszenzdiagnostik prä- oder frühmaligner Läsionen durch die Autofluoreszenz ist eine Frage weiter ungelöst: Die Frage nach der therapeutischen Konsequenz. Der natürliche Verlauf prämaligner Läsionen ist nicht bekannt, die Studienlage ist dünn: Der Progress von Dysplasien lag bei 3,5 - 11 % (mäßige Dysplasie) bzw. 0 - 56 % (schwere Dysplasie). Aus dem Carcinoma in situ entwickelte sich ein invasives Karzinom in 22 - 56 % [5] [6]. Die Zahlen dieser Studien sind klein, methodische Fehler sind zusätzlich zu berücksichtigen (z. B. die Entfernung der Läsion durch Biopsien). Die therapeutischen Empfehlungen sind uneinheitlich und liegen zwischen Beobachtung (Dysplasie) und endoskopischer Therapie (Carcinoma in situ) - evidenzbasierte Daten existieren hierzu jedoch nicht.

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Schlussbemerkungen, Ausblicke

Den vielfältigen kritischen Anmerkungen zum Trotz: Die Autofluoreszenzbronchoskopie ist eine faszinierende Entwicklung auf einem mühsamen und steinigen Weg: Sie hat die Diskussion um die frühen Phasen der Krebsentwicklung neu entfacht, das Wissen um die Fragen nach Progression oder Regression früher Veränderungen durch erste statistische Daten bereichert und im klinischen Alltag das Auge des Endoskopikers für die Erkennung von subtilen, krebsverdächtigen Veränderungen geschärft.

Trotz der kritischen Würdigung von Pro und Contra bleibt die Frage nach dem klinischen Stellenwert der Autofluoreszenzbronchoskopie der Zukunft unbeantwortet: Gelegentlicher Einsatz im Rahmen der diagnostischen Routinebronchoskopie von Patienten mit radiologischem/klinischem Verdacht auf Bronchialkarzinom? Routinemäßiger Einsatz in der Tumornachsorge zur frühzeitigen Entdeckung metachroner Tumoren? Oder nur gezielter Einsatz bei Hochrisikokollektiven mit positivem Sputumbefund?

Ein „Reizthema” sei abschließend genannt: Die Entwicklung von Low-dose-CT und moderner Sputumanalytik hat die Diskussion um Screeningmethoden zur Senkung der Mortalität des Bronchialkarzinoms neu entfacht.

Klar ist: Die Analyse des Sputums dient nur der Detektion - nicht der Lokalisation von Malignität, das Low-dose-CT erfasst nur periphere Karzinome. Die diagnostische Lücke der zentralen Frühkarzinome (40 % der Plattenepithel- und damit der Raucherkarzinome liegen zentral) kann nur durch eine endobronchoskopische Methode geschlossen werden: Am besten der Autofluoreszenzbronchoskopie - dies sei Zytopathologen und Radiologen, die derzeit die Diskussion um das Screening dominieren, ins Stammbuch geschrieben [7].

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Literatur

  • 1 Herth F JF, Ernst A, Becker H D. Autofluorescence bronchoscopy - a comparison of two systems (LIFE and D-Light).  Respiration. 2003;  70 395-398
  • 2 Pierard P, Martin B, Verdebout J M. et al . Fluorescence bronchoscopy in high-risk patients.  J Bronchol. 2001;  8 254-259
  • 3 Lam S, Kennedy T, Unger M. et al . Localization of bronchial intraepithelial neoplastic lesions by fluorescence bronchoscopy.  Chest. 1998;  113 696-702
  • 4 Häußinger K, Becker H, Stanzel F. et al . Autofluorescence bronchoscopy with white-light bronchoscopy compared to white-light bronchoscopy alone for the detection of precancerous lesions: A European randomized controlled multicenter trial.  Thorax. 2004;  (submitted)
  • 5 Thiberville L, Metayer J, Raspaud C. A prospective short term follow-up study of 59 severe dysplasias and carcinoma in situ of the bronchus using autofluorescence endoscopy.  Eur Respir J. 1997;  10 (Suppl 25) 425S
  • 6 Bota S, Auliac J B, Paris C. et al . Follow-up of bronchial precancerous lesions and carcinoma in situ using fluorescence endoscopy.  Am J Respir Crit Care Med. 2001;  164 1688-1693
  • 7 Mc Williams A, Mayo J, Mac Donald S. et al . Luny cancer screening. A different Paradigm.  Am J Respir Crit Care Med. 2003;  168 1167-1440

Prof. Dr. Karl Häußinger

Asklepios Fachkliniken München-Gauting · Zentrum für Pneumologie und Thoraxchirurgie

Robert Koch-Allee 2

82131 Gauting

Email: k.haeussinger@asklepios.com

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Literatur

  • 1 Herth F JF, Ernst A, Becker H D. Autofluorescence bronchoscopy - a comparison of two systems (LIFE and D-Light).  Respiration. 2003;  70 395-398
  • 2 Pierard P, Martin B, Verdebout J M. et al . Fluorescence bronchoscopy in high-risk patients.  J Bronchol. 2001;  8 254-259
  • 3 Lam S, Kennedy T, Unger M. et al . Localization of bronchial intraepithelial neoplastic lesions by fluorescence bronchoscopy.  Chest. 1998;  113 696-702
  • 4 Häußinger K, Becker H, Stanzel F. et al . Autofluorescence bronchoscopy with white-light bronchoscopy compared to white-light bronchoscopy alone for the detection of precancerous lesions: A European randomized controlled multicenter trial.  Thorax. 2004;  (submitted)
  • 5 Thiberville L, Metayer J, Raspaud C. A prospective short term follow-up study of 59 severe dysplasias and carcinoma in situ of the bronchus using autofluorescence endoscopy.  Eur Respir J. 1997;  10 (Suppl 25) 425S
  • 6 Bota S, Auliac J B, Paris C. et al . Follow-up of bronchial precancerous lesions and carcinoma in situ using fluorescence endoscopy.  Am J Respir Crit Care Med. 2001;  164 1688-1693
  • 7 Mc Williams A, Mayo J, Mac Donald S. et al . Luny cancer screening. A different Paradigm.  Am J Respir Crit Care Med. 2003;  168 1167-1440

Prof. Dr. Karl Häußinger

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