Einleitung
Das maligne Pleuramesotheliom ist mit Asbestkontakt assoziiert [1]. Aufgrund der Zeit zwischen Exposition und Auftreten der Erkrankung von 14 bis 40 Jahren muss mit einem Anstieg des malignen Pleuramesothelioms in den nächsten Jahren gerechnet werden. Zwischen 2010 und 2020 wird der Höhepunkt an Pleuramesotheliomen erwartet [2]
[3]. Die Prognose des malignen Pleuramesothelioms ist schlecht, und das mediane Überleben wird mit 6 - 18 Monaten angegeben [4]. Eine Standardtherapie existiert nicht. Verschiedenste chemotherapeutische Substanzen wurden in der Monotherapie und in Kombinationen getestet mit Responseraten zwischen 10 und 50 % [5]. In einer Metaanalyse für die Monotherapie ist die höchste Aktivität für Cisplatin beschrieben worden. Als Kombinationstherapie wird u. a. Cisplatin und Doxorubicin empfohlen [5]. Ein weiterer interessanter Kombinationspartner ist Gemcitabine, wobei eine Gemcitabine-Monotherapie als nicht effektiv gilt [6]
[7]. In Kombination mit Platinderivaten konnten für Gemcitabine in Phase-II-Studien gute Ergebnisse generiert werden [8]
[9]
[10]
[12], was auf einen Synergieeffekt beider Substanzen zurückgeführt wird [10]
[11]. Mit Pemetrexed (Alimta®) steht jetzt eine neue vielversprechende Substanz zur Behandlung des malignen Pleuramesothelioms zur Verfügung. In einer randomisierten Studie mit Cisplatin/Pemetrexed versus Cisplatin allein konnte ein signifikanter Vorteil im medianen Überleben für die Kombinationstherapie von 13,3 vs. 10,0 Monaten gefunden werden [13]. Damit konnte erstmals in einer randomisierten Phase-III-Studie ein Überlebensvorteil beim malignen Pleuramesotheliom gezeigt werden.
In der vorliegenden Kasuistik wird von einem 76-jährigen Patienten berichtet, bei dem mit einer second-line-Monotherapie mit Pemetrexed eine sehr gute partielle Remission eines malignen Pleuramesothelioms erreicht werden konnte.
Kasuistik
Anamnese und Untersuchungsbefunde
Ein 76-jähriger Patient, der durch seinen Asbestkontakt als Chemiker 11/2000 an einem malignen Pleuramesotheliom erkrankte, stellte sich im März 2002 mit zunehmenden thorakalen Schmerzen, Belastungsdyspnoe, Nachtschweiß, Inappetenz und einem deutlichen Leistungsknick vor. Im Jahr 2000/2001 war der Patient nach Erstdiagnose eines epitheloidzelligen Pleuramesothelioms mit 6 Zyklen einer Polychemotherapie mit Gemcitabine und Oxaliplatin behandelt worden. Das Ergebnis dieser Therapie war eine partielle Remission. Zum Vorstellungszeitpunkt im März 2002 war klinisch sowie in den CT-Aufnahmen des Thorax ein eindeutiger Progress nachweisbar (Abb. [1]).
Abb. 1 CT-Thoraxaufnahme vor Therapie.
Therapieentscheidung
Im Rahmen einer internationalen multizentrischen offenen randomisierten Phase-III-Studie zur second-line-Behandlung des malignen Pleuramesothelioms mit Pemetrexed (Alimta) versus best supportive care wurde der Patient zwischen April 2002 und September 2002 mit 8 Zyklen Pemetrexed behandelt. Der Patient bekam 500 mg/m2 Pemetrexed in 100 ml Natriumchloridlösung aller 3 Wochen verabreicht. Die Infusionszeit betrug 30 Minuten. Als Prämedikation erhielt der Patient an den Tagen - 1, 0 und + 1 jeweils 2 × 4 mg Dexamethason per os. Als weitere Prämedikation erhielt der Patient 400 µg Folsäure per os 7 Tage vor Beginn der Therapie sowie kontinuierlich über den gesamten Behandlungszeitraum. 1 mg Vitamin B12 wurde aller 6 Wochen i. m. appliziert.
Verlauf
Nach 3 Therapiezyklen mit Pemetrexed zeigte sich klinisch eine deutliche Besserung des Befindens mit Gewichtszunahme des Patienten. In der CT-Thorax-Aufnahme konnte eine deutliche Regredienz der Tumorformationen festgestellt werden (Abb. [2]).
Abb. 2 CT-Thoraxaufnahme nach 3 Zyklen Pemetrexed.
Die Kontrolle nach Therapieende zeigte in der Thoraxaufnahme noch geringe Tumorreste an der Pleura (Abb. [3]). Der Patient hatte durch die erzielte sehr gute partielle Remission deutlich an Gewicht zugenommen. Die Dyspnoe war rückläufig und es bestand Schmerzfreiheit. Die Lungenfunktion besserte sich (Tab. [1]). Insgesamt steigerten sich Lebensmut und Aktivität seit der Therapieeinleitung deutlich.
Abb. 3 CT-Thoraxaufnahme nach 8 Zyklen Pemetrexed.
Tab. 1 Entwicklung der Lungenfunktionsparameter unter Therapie
| Vor Therapie | Nach 4. Zyklus | Nach 8. Zyklus | 18 Monate nach Therapiebeginn |
VC IN ( % )
| 42,6 | 53,2 | 59,6 | 61,5 |
FEV1 ( l )
| 1,19 | 1,54 | 1,67 | 1,70 |
Nebenwirkungen
Die unter der Pemetrexed-Therapie aufgetretenen Nebenwirkungen waren gut tolerabel. An nicht hämatologischen Toxizitäten traten Übelkeit, WHO-Grad I und Konjunktivitis, WHO-Grad I, auf. Bei den hämatologischen Toxizitäten sind eine Thrombopenie WHO-Grad I und eine Leukopenie, WHO-Grad II, zu erwähnen. Letztere war mit GCSF-Gaben gut beherrschbar. Weitere Grad III/IV-Toxizitäten wurden hämatologisch noch nicht beobachtet. Haarausfall trat nicht auf.
Nachsorge
Die letzte Nachsorge des Patienten erfolgte im September 2003 12 Monate nach Abschluss der Therapie. Bei dieser Kontrolluntersuchung war weiterhin ein stabiler klinischer Zustand mit einer guten Allgemeinsituation, ein Karnofsky von 100 %, festzustellen. Die insgesamt deutlich gebesserte Lungenfunktion bestand weiterhin. In der CT-Kontrolle war die sehr gute partielle Remission weiterhin nachweisbar (Abb. [4]).
Abb. 4 CT-Thoraxaufnahme 18 Monate nach Therapiebeginn.
Diskussion
Die Behandlung des malignen Pleuramesothelioms wird nach wie vor kontrovers diskutiert [14]
[15]. Aufgrund der Arbeit von Vogelzang u. Mitarb. sollte Patienten allerdings unbedingt eine primäre Chemotherapie angeboten werden, wobei die Kombination Cisplatin/Pemetrexed als neuer Standard definiert werden kann [13]. Neben dieser Arbeit gibt es weitere Hinweise dafür, dass Patienten mit malignem Pleuramesotheliom von einer first-line-Chemotherapie in Bezug auf Lebensqualität und Überlebenszeit profitieren [2]
[5]
[12]. Für die second-line-Chemotherapie des malignen Pleuramesothelioms gibt es keine Daten. In dem beschriebenen Fall ist mit einer Chemotherapie mit Pemetrexed eine sehr gute partielle Remission erreicht worden, die zumindest über 1œ Jahre als konstant angesehen werden konnte. Daneben haben sich auch Lungenfunktion, Schmerzsymptomatik und Lebensqualität deutlich verbessert.
Damit zeigt die Kasuistik, dass das Multitargetantifolat Pemetrexed (Alimta®) nicht nur in der Primärtherapie als eine ausgesprochen wirkungsvolle Substanz bei malignem Pleuramesotheliom angesehen werden kann. Die Therapiemöglichkeiten für Patienten mit malignem Pleuramesotheliom erfahren dadurch eine deutliche Erweiterung.
Zusammenfassend kann man damit feststellen, dass bei dem als nicht besonders chemosensitiv geltenden malignen Pleuramesotheliom Patienten neben einer first-line-Chemotherapie auch eine second-line-Chemotherapie angeboten werden sollte, da einzelne Patienten deutlich von dieser Therapie profitieren können. Pemetrexed ist dafür eine klar zu empfehlende Option.