Einleitung
Die Zwerchfellschwäche (ZFS) gehört zu den potenziellen Manifestationen der generalisierten
Muskelerkrankungen [1]
[2]
[3]. Da das Zwerchfell den Hauptatemmuskel darstellt, ist bei Funktionsverlust mit Einbußen
an inspiratorischer Kapazität zu rechnen. Der Schlaf stellt eine besonders vulnerable
Phase dar. Aufgrund des reduzierten, im Traumschlaf sogar gelähmten, Muskeltonus,
des verminderten Atemantriebs und der liegenden Körperposition wird im Schlaf die
kontraktile Reserve der respiratorischen Muskulatur auf die Probe gestellt. Schlafbezogene
Atmungsstörungen (SBAS) sind häufig [1]
[4]
[5], vor allem im REM-Schlaf [6]. Ab einem bestimmten Restriktionsgrad muss mit nächtlicher Hypoventilation und hyperkapnischer
ventilatorischer Insuffizienz am Tag gerechnet werden [1]
[7]
[8]. Unklar bleibt, welche Bedeutung einer möglicherweise vorhandenen ZFS zukommt. Die
Zwerchfellschwäche bleibt ohne gezielte Untersuchung oft unerkannt [9]. Leitsymptome wie Orthopnoe - oder auch Beschwerden von Seiten einer SBAS - können
gering ausgeprägt sein, insbesondere bei schleichendem Verlauf und diffuser Muskelbeteiligung
[4]
[5]. Die vorliegende Studie hatte zum Ziel, die spezifischen Auswirkungen einer ZFS
auf die respiratorische Funktion bei Patienten mit primären Myopathien zu untersuchen.
Von besonderem Interesse war 1) das Ausmaß der Lungen- und Atemmuskelfunktionsänderungen
infolge einer ZFS, 2) der Einfluss der ZFS auf die SBAS und die Entwicklung einer
ventilatorischen Insuffizienz und 3) eine Überprüfung der Vorhersagekraft bei vorliegender
ZFS der vorpublizierten Prädiktoren für die SBAS und die ventilatorischen Insuffizienz
am Tag [1].
Methoden
Patienten
54 Patienten (17 Frauen, 37 Männer; mittleres Alter 37,8 ± 14,3 (15 bis 63) Jahre;
Body-Mass-Index 20,3 ± 4,6 kg/m2) mit primären Myopathien (15 mit Duchenne Muskeldystrophie, 18 mit Morbus Pompe,
12 mit kongenitaler Muskeldystrophie, 6 mit Schultergürteldystrophie und 3 mit myotoner
Dystrophie) wurden mittels Atemmuskel- und Lungenfunktionsprüfungen untersucht. Keiner
der Patienten war bei Untersuchungsbeginn beatmet. 26 Patienten waren rollstuhlpflichtig.
Lungen- und Atemmuskelfunktionsprüfung
Die Lungenfunktionsprüfung (inspiratorische Vitalkapazität, IVC; forcierte exspiratorische
Volumina, FVC, FEV1) und Fluss-Volumen-Kurve wurden mit einem mobilen Spirometer (ZAN Messgeräte, Obertulba,
Deutschland) in sitzender und liegender Position bestimmt. Die Bestwerte von 3 Messmanövern
(< 5 % Variabilität) wurden verwendet. Die IVC% wurde synonym für IVC in Prozent des
Sollwertes verwendet. Für Kinder und Jugendliche wurden die Sollwerte von Zapletal
u. Mitarb. [10], für Erwachsene die Referenzwerte der European Community of Steel and Coal [11] verwendet. Arterielle Blutgase wurden am Abend vor und am Morgen nach Beendigung
der Polysomnographie durch Punktion der Arteria radialis oder durch Kapillarprobe
vom hyperämisierten Ohrläppchen gewonnen (automatisches Blutgasanalysegerät, AVL 500,
AVL LIST GmbH Medizintechnik, Graz, Österreich). Die maximale inspiratorische Muskelkraft
(PImax, Bestwert von 3 Messungen aus der Ruhelage heraus) und der Mundverschlussdruck
0,1 sec nach Beginn der Tidalatmung (P0.1, Mittelwert von 8 - 10 übereinstimmenden Messungen) wurden mit einem computerisierten
Druckmanometer gemessen, wobei die Druckkurven graphisch am Display festgehalten wurden
(ZAN Messgeräte, Obertulba, Deutschland). Der Grad der respiratorischen Muskelbeanspruchung
wurde als Quotient P0.1/PImax definiert [12]. Die ZFS wurde als eine IVC-Abnahme > 25 % beim Wechsel von aufrechter zu liegender
Position definiert, gekoppelt mit akuter Luftnot, thorakoabdominellem Paradox oder
sichtbarer Aktivierung der akzessorischen Atemmuskulatur [13].
Polysomnographie (PSG)
Die Polysomnographie wurde wie vorbeschrieben [1] und gemäß den Normen der American Academy of Sleep Medicine durchgeführt [14]. Die Untersuchungen erfolgten ohne nächtliche Sauerstoffgabe. Die Muster der schlafbezogenen
Atmungsstörungen wurden wie folgt klassifiziert [1]: Eine nächtliche Hypoventilation wurde als REM-Hypoventilation (Hyperkapnie mit
PtcCO2 > 50 mmHg während > 50 % des REM-Schlafs) oder als kontinuierliche nächtliche Hypoventilation
(PtcCO2 > 50 mmHg während > 50 % des REM- und Non-REM-Schlafs) definiert. Ein respiratorisches
Versagen am Tag wurde als Erhöhung des PaCO2 auf > 45 mmHg am Abend vor der Polysomnographie definiert.
Statistische Analyse
Die statistischen Berechnungen erfolgten mittels der Software Statistica 6.0 (StatSoft,
Inc., Tulsa, OK). Beziehungen zwischen Vitalkapazität, respiratorischer Muskelfunktion,
polysomnographischen Parametern und Blutgaswerten wurden mithilfe des Spearman-Rank-Tests
berechnet. Gruppenvergleiche wurden mithilfe des Mann-Whitney U-Tests durchgeführt.
Der Wilcoxon-Test wurde für den Vergleich von Funktionsparametern in aufrechter und
liegender Position innerhalb einer Gruppe verwendet. Eine multiple Regressionsanalyse
wurde durchgeführt, wobei die SBAS als abhängige Variable und ZFS, IVC und PImax als
unabhängige Parameter definiert wurden. Prädiktive Werte wurden durch Konstruktion
einer Receiver-Operating-Characteristics-Kurve (ROC) und Festlegung der besten „cut-off-Werte”
definiert. Alle Ergebnisse wurden als Mittelwert ± Standardabweichung dargestellt.
Ein signifikanter Unterschied wurde bei p < 0,05 angenommen.
Resultate
Lungen- und Atemmuskelfunktion
Im Gesamtkollektiv fand sich eine mittelschwere restriktive Ventilationsstörung (IVC
42,9 ± 26,3 %, PImax 3,5 ± 1,7 kPa), ein grenzwertig erhöhter P0.1 (0,22 ± 1,3 kPa) und ein hochnormaler P0.1/PImax (8,8 ± 6,0 %). Neunzehn von 54 Patienten (35 %) hatten eine ZFS (11/18 mit
Morbus Pompe, 6/15 mit Duchenne Muskeldystrophie, 1/3 mit myotoner Muskeldystrophie,
1/6 mit Gliedergürtelmuskeldystrophie und keiner von 12 Patienten mit kongenitaler
Muskeldystrophie). Patienten mit ZFS waren älter als Patienten ohne (36,1 ± 17,1 vs
24,7 ± 10,4 Jahre, p < 0,05) und hatten einen ähnlichen Restriktionsgrad in aufrechter
Position wie Patienten ohne ZFS (Tab. [1]). Definitionsgemäß, zeigten Patienten mit Zwerchfellschwäche im Liegen eine abrupte
Zunahme der restriktiven Ventilationsstörung, eine Zunahme auch des zentralen Atemantriebs
um fast 50 % und einen Anstieg der respiratorischen Muskelbeanspruchung um fast 200
% (Tab. [1]). Patienten ohne ZFS hatten keine Funktionsänderungen im Liegen (Tab.1).
Tab. 1 Respiratorische Funktionsparameter im Sitzen und Liegen
| Parameter |
ohne ZFS (n = 35) |
mit ZFS (n = 19) |
p |
|
IVC
aufrecht (% Soll)
|
46,1 % ± 26,1 % |
37,2 % ± 26,4 % |
n. s. |
|
IVC
liegend (% Soll)
|
44,6 % ± 23,9 % |
24,9 % ± 19,1 % |
< 0,005 |
|
ΔIVC (% Basiswert)
|
0,02 % ± 13,2 % |
- 33,0 % ± 8,7 % |
< 0,000001 |
|
PImax
aufrecht (kPa)
|
3,85 ± 1,74 |
2,74 ± 1,37 |
< 0,05 |
|
Pmax
liegend (kPa)
|
3,77 ± 1,66 |
2,02 ± 1,02 |
< 0,0005 |
|
ΔPImax (% Basiswert)
|
- 2,4 % ± 11,3 % |
- 24,2 % ± 16,0 % |
< 0,000001 |
|
P
0.1 aufrecht (kPa)
|
0,23 ± 0,14 |
0,21 ± 0,09 |
n. s. |
|
P
0.1 liegend (kPa)
|
0,23 ± 0,11 |
0,33 ± 0,14 |
< 0,01 |
|
ΔP
0.1 (% Basiswert)
|
12,7 % ± 41,8 % |
74,0 % ± 80,3 % |
< 0,000005 |
|
P
0.1
/PImax
aufrecht (%)
|
6,8 % ± 5,0 % |
11,4 % ± 6,6 % |
< 0,05 |
|
P
0.1
/PImax
liegend (%)
|
7,2 % ± 4,8 % |
19,9 % ± 12,8 % |
< 0,00005 |
|
ΔP
0.1
/PImax (% Basiswert)
|
11,4 % ± 52,9 % |
84,9 % ± 71,9 % |
< 0,0001 |
|
PaO
2 (mm Hg)
|
86,7 ± 12,2 |
70,7 ± 14,2 |
< 0,0001 |
|
PaCO
2 (mm Hg)
|
41,9 ± 6,8 |
54,7 ± 11,8 |
< 0,000005 |
|
pH
|
7,41 ± 0,03 |
7,36 ± 0,04 |
n. s. |
| IVC: inspiratorische Vitalkapazität; PImax: maximaler inspiratorischer Muskeldruck;
P0.1/PImax: Index der Atemmuskelbeanspruchung. |
Schlafbezogene Atmungsstörung (SBAS)
Alle Patienten mit und 27/35 (77 %) Patienten ohne ZFS hatten eine SBAS: 10 (1 mit
ZFS) hatten Hypopnoen im REM-Schlaf (IVC 57 ± 16 %, PImax 4,3 ± 1,3 kPa), 8 (1 mit
ZFS) hatten REM-Schlaf-Hypoventilation (IVC 38,1 ± 10 %, PImax 3,6 ± 1,0 kPa), 9 (4
mit ZFS) hatten kontinuierliche Hypoventilation (IVC 26,0 ± 8,2 %, PImax 2,7 ± 0,5
kPa), 19 (13 mit ZFS) hatten kontinuierliche nächtliche Hypoventilation und ventilatorisches
Versagen am Tag (IVCaufrecht 26,5 ± 12,2 %, PImax 2,15 ± 0,4 kPa; IVCliegend 16,5 ± 8,2 %, PImax 2,7 ± 0,5 kPa). Patienten mit ZFS hatten einen höheren respiratory
distrubance index (20,2 ± 23,8 vs 10,1 ± 14,1), eine höhere Anzahl von Mikro-Arousals
(30,1 ± 23,0 vs 18,9 ± 15,4 pro Schlafstunde), eine niedrigere SaO2 (mittel: 87,9 ± 7,5 vs 95,3 ± 2,5 %; minimal: 75 ± 9,6 vs 68,5 ± 4,6 %) und einen
höheren PtcCO2 (mittel: 56,1 ± 9,0 vs 54,8 ± 6,2 mmHg; maximal: 65,4 ± 11,9 vs 52,5 ± 10,5 mmHg)
als Patienten ohne ZFS (p < 0,005 für alle Parameter). IVC und PImax korrelierten
mit dem SBAS-Muster, mit SaO2 und PtcCO2 (p < 0,005). Die Korrelationskoeffizienten waren höher in liegender als in aufrechter
Position (p = n. s.).
Prädiktoren der schlafbezogenen Atmungsstörungen, der nächtichen Hypoventilation und
der respiratorischen Insuffizienz am Tag
Mit zunehmender Schwere der SBAS stieg die Wahrscheinlichkeit einer vorliegenen ZFS
(Abb. [1]). Bei ZFS war die kontinuierliche nächtliche Hypoventilation mit oder ohne ventilatorischer
Insuffizienz am Tag das häufigste Manifestationsmuster (n = 17/19 vs 12/27 ohne ZS,
p < 0,05). Bei Patienten ohne ZFS waren REM-Hypopnoen und REM-Hypoventilation die
häufigsten SBAS-Muster (16/27 vs 2/19 mit ZFS). Die ZFS stellte einen eigenen Risikofaktor
für die kontinuierliche nächtliche Hypoventilation und die ventilatorische Insuffizienz
am Tag dar (r = 0,94, p < 0,05). Bei der Überprüfung der prädiktiven Lungenfunktionsschwellenwerte
die SBAS, die kontinuierlichen nächtlichen Hypoventilation oder die ventilatorischen
Insuffizienz am Tag zeigte sich, dass nur die liegend erhobenen Funktionsdaten für
Patienten mit und ohne ZFS gleichermaßen akkurate und identische Werte lieferten (Tab.
[2]). Funktionsdaten in aufrechter Position hingegen lieferten zuverlässige und mit
den Liegenddaten übereinstimmende Schwellenwerte nur bei Patienten ohne ZFS. So hatten
Patienten ohne ZFS für die ventilatorische Insuffizienz(RI) im Liegen den gleichen
Schwellenwert wie im Sitzen, nämlich IVCliegend/sitzend < 25 % mit einer Sensitivität von 80 % und einer Spezifität von 88 % in liegender
bzw einer Sensitivität von 80 % und Spezifität von 96 % in aufrechter Position. Bei
Patienten mit ZFS hingegen waren die prädiktiven Schwellenwerte für aufrechte Funktionsdaten
10 bis 15 % höher als die im Liegen und weniger sensitiv und spezifisch (Tab. [2]).
Abb. 1 Prozentuale Häufigkeit der Zwerchfellschwäche in Abhängigkeit vom nachgewiesenen Muster
der schlafbezogenen Atmungsstörung. HP = isolierte Hypopnoen; REM-HV = hyperkapnische
Hypoventilation während des REM-Schlafs; kHV = kontinuierliche hyperkapnische Hypoventilation
während des REM- und nicht REM-Schlafs; RI = hyperkapnische respiratorische Insuffizienz
am Tag und in der Nacht.
Tab. 2 Prädiktive Genauigkeit der respiratorischen Funktionsgrenzwerte für Patienten mit
Zwerchfellschwäche (ZFS)
| Prädiktoren |
Sensitivität |
Spezifität |
AUC |
|
IVC
liegend
(%)
|
|
|
|
|
< 50: SBAS
|
83 |
100 |
91 |
|
< 40: kontinuierliche HV
|
88 |
94 |
93 |
|
< 25: RI am Tag
|
82 |
81 |
89 |
|
IVC
aufrecht
(5):
|
|
|
|
|
< 60: SBAS
|
79 |
86 |
86 |
|
< 50: kontinuierliche HV
|
85 |
81 |
91 |
|
< 40: RI am Tag
|
82 |
56 |
80 |
| SBAS: schlafbezogene Atmungsstörung; HV: hyperkapnische Hypoventilation im Schlaf;
RI: respiratorische Insuffizienz am Tag; AUC: area under the curve. |
Nichtinvasive Beatmung
18 von 19 Patienten mit ZFS (IVCaufrecht 34,3 %± 24,8 %) und 9 von 35 Patienten ohne ZFS (IVCaufrecht 23,8 %± 17,1 %) wurden auf nichtinvasive Beatmung eingestellt. Beatmungsindikation
war bei 21 Patienten eine ventilatorische Insuffizienz am Tag (PaCO2 61 ± 6,3 mmHg, PaO2 64,1 ± 6,0 mmHg) und bei 6 Patienten eine kontinuierliche nächtliche Hypoventilation
(mittlere PtcPCO2 55 ± 3,1 mmHg, maximale PtcCO2 61 ± 9,2 mmHg, mittlere SaO2 92 ± 3 %, minimale SaO2 84 ± 2 %). Die nichtinvasive Beatmung (druckbegrenzt: IPAP 13,8 ± 1,7 mbar, EPAP
4,3 ± 0,8 mbar, Atemfrequenz 16,7 ± 2,4/min, I:E 40 %) führte innerhalb von 2 - 4
Tagen zu einer Normalisierte des Gasaustausch (morgendliche PaCO2 41 ± 2,5 mmHg und PaO2 90,6 ± 12,3 mmHg, abendliche PaCO2 44 ± 2,6 mm Hg, nächtliche PtcCO2 40 ± 2,7 mmHg).
Diskussion
Die vorliegende Studie belegt nicht nur die Häufigkeit der ZFS bei primären Myopathien,
insbesondere bei Morbus Pompe und myotoner Muskeldystrophie, sondern auch ihren gravierenden
Einfluss auf die respiratorische Funktion. So erwies sich die ZFS als eigenständiger
Prädiktor für eine hyperkapnische ventilatorische Insuffizienz im Schlaf und am Tag.
Der Grad der Einschränkung wurde allein durch die liegend erhobenen Funktionsdaten
verständlich; in den aufrechten Funktionswerten unterschieden sich Patienten mit ZFS
nur unwesentlich von Patienten ohne ZFS. In Erweiterung schon früher publizierter
Daten [1] verglichen wir den diagnostischen und prognostischen Stellenwert der liegend erhobenen
Lungenfunktionswerte mit den Standard-Aufrechtmessungen. Der Vergleich zeigte, dass
nur die liegend erhobenen Funktionsdaten zuverlässige und den vorpublizierten Daten
analoge Schwellenwerte für die SBAS, die nächtliche Hypoventilation und die ventilatorische
Insuffizienz am Tag produzierten.
Wie zuvor erwähnt, hatten Patienten mit und ohne ZFS eine im Ausmaß ähnliche restriktive
Ventilationsstörung mittleren Grades. Bei Patienten mit ZFS ergab sich in liegender
Position eine drastische Verschlechterung. Im Liegen wurde ein Restriktionsgrad erreicht,
der mit IVC < 25 % und PImax < 2,5 kPa unterhalb des kritischen Funktionswertes lag,
der ehemals als prädiktive Schwelle für die Entstehung einer Atemmuskelerschöpfung
ermittelt worden war [1]. Die im Liegen beobachteten abrupten Anstiege von P0,1 und P0,1/PImax reflektieren hierbei das Ausmaß der übermäßigen Beanspruchung der Atemmuskulatur
in der liegenden Position, einer Überbeanspruchung, die sich auch in der Tageshyperkapnie
dieser Patienten niederschlägt und das Vorliegen einer chronischen Atemmuskelerschöpfung
bestätigt. Diese wiederum ist Folge der nächtlich anhaltenden Hypoventilation in liegender
Position.
Wie zu erwarten bei einem mittlerem Restriktionsgrad von 40 %, hatte die Mehrzahl
der Patienten eine SBAS [1]
[2]
[5]. Die SBAS war bei allen Patienten mit ZFS vorhanden und war nach Ausmaß und prozentualem
Anteil der Hyperkapnie deutlich schwerer als bei Patienten ohne ZFS. Gemäß der IVC
< 25 % in liegender Position war die nächtliche Hyperkapnie in sämtlichen Schlafstudien
der dominante Befund [1]. Unterschiede im respiratorischen Disturbance- und Arousal-Index waren hingegen
geringer als erwartet [6]. Zum Teil erklärt sich dies aus der Tatsache, dass bei ZFS umschriebene Hypopnoen
durch anhaltende Hypoventilationsphasen ersetzt und diese nicht im respiratorischen
Disturbance-Index erfasst werden [1]. Weitere Erklärungen ergeben sich aus Beobachtungen bei der experimentellen chronischen
ZFS, bei der adaptive Hirnstammveränderungen zu einer Rückbildung der REM-Schlaf-induzierten
paraspinalen Hypotonie führten [15]
[16]. Die Mehrzahl der Patienten mit ZFS hatten auch eine Tageshyperkapnie, was auf die
kritische Erschöpfung der respiratorischen Reserven hinweist. PtcCO2 und SaO2 korrelierten mit IVC und PImax, wie vorbeschrieben [1], waren bei Patienten mit ZFS jedoch ungleich stärker derangiert. Die partielle Korrelationsanalyse
bestätigte einen unabhängigen Effekt der ZFS, die einen eigenen Risikofaktor für die
Entwicklung der respiratorischen Muskelerschöpfung darstellte. Bei nahezu allen Patienten
mit ZFS war die Einleitung einer nichtinvasiven Beatmung erforderlich. Die Beatmungsnotwendigkeit
kam für viele Patienten unerwartet, insbesondere wenn die Mobilität erhalten war und
respiratorische Beschwerden fehlten. Dies verweist auf den hohen Grad an Adaption
in diesem Krankenkollektiv, was auch im normalen pH-Wert der Blutgasanalysen zum Ausdruck
kommt. Offensichtlich befanden sich fast alle Patienten mit ZFS bereits in einem weit
fortgeschrittenen Krankheitsstadium. Erfreulicherweise war die nichtinvasive Beatmung
durchwegs effizient und wurde gut toleriert [17]. Blutgaswerte konnten in wenigenTagen normalisiert und die Beatmungsdauer der meisten
Patienten auf die Nacht begrenzt werden.
Da die Durchführung einer Lungen- und Atemmuskelfunktionsprüfung im Liegen bei paretischen
Patienten grundsätzlich schwierig ist, verglichen wir die prädiktive Vorhersagekraft
für SBAS, nächtliche Hypoventilation und Tageshyperkapnie zwischen Funktionswerten
in aufrechter und liegender Position. Der Vergleich zeigte, dass für das Gesamtkollektiv
von Patienten mit und ohne ZFS nur die im Liegen erhobenen Funktionsdaten klar erkennbare
Schwellenwerte ergaben, die in der Vorhersagekraft akkurat und ähnlich den vorpublizierten
waren [1]. Funktionsgrenzwerte in aufrechter Position hingegen erwiesen sich als 10 - 15 %
höher und deutlich weniger akkurat in ihrer Vorhersagekraft. Hierbei ist grundsätzlich
zu bedenken, dass die Vorhersagewerte um so ungenauer werden, je höher der Anteil
an Patienten mit ZFS im Untersuchungskollektiv ist. Dies kommt auch in der Tatsache
zum Ausdruck, dass sich im vorliegenden Kollektiv die Vorhersagekraft (AUC) in liegender
Position von den vorpublizierten unterscheidet, was der unterschiedlichen Patientenzusammensetzung
und dem höheren Anteil von Patienten mit ZFS in der aktuellen Studie zuzuschreiben
ist. Standard-Aufrechtmessungen müssen somit als ungeeignet für die Risikostratifizierung
eingestuft werden, insbesondere in Patientenkohorten mit gemischten Myopathien und
unbekannter ZFS-Prävalenz.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die regelmäßige Untersuchung der Lungen- und
Atemmuskelfunktion in sitzender und liegender Position bei allen Patienten mit primärer
Myopathie dringend empfehlenswert erscheint. Sie allein ermöglicht Früherkennung und
Schweregradeinschätzung der ZFS, einer häufigen Manifestation der Grunderkrankung.
Sie allein erlaubt auch die Risikostratifizierung für die so häufige nächtliche Hypoventilation
und die hyperkapnische respiratorische Insuffizienz am Tag. Beide sind prognostisch
ungünstig, wenn keine Beatmung eingeleitet wird [19]. Die zeitgerechte Erkennung der ventilatorischen Insuffizienz ist deshalb so bedeutsam,
weil mit der nichtinvasiven Beatmung eine hocheffektive und gut tolerierte Therapiemaßnahme
zu Verfügung steht - eine Therapiemaßnahme, die auch die Lebensqualität und Überlebenswahrscheinlichkeit
dieses Krankenkollektivs signifikant zu verbessern vermag [17]
[18]
[19].