psychoneuro 2004; 30(7): 366
DOI: 10.1055/s-2004-830951
Blickpunkt

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Bipolare Patienten mit gemischten Episoden profitieren von Olanzapin

Effektive Phasenprophylaxe unabhängig von der Indexepisode
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Publikationsdatum:
04. August 2004 (online)

 
Inhaltsübersicht

Bipolare Patienten mit gemischten Episoden haben insgesamt eine schlechtere Prognose als Patienten mit vorherrschend manischen oder depressiven Episoden. Auf der diesjährigen Jahrestagung der American Psychiatric Association (APA) in New York wurden viel versprechende Daten einer Langzeitstudie vorgestellt, die - unabhängig davon, ob die Indexepisode manisch oder gemischt ist - für Patienten mit gemischten Episoden eine effektive antimanische und phasenprophylaktische Wirkung einer Monotherapie mit Olanzapin zeigen. Damit erfüllt Olanzapin eine wichtige Anforderung, um auch diesen Patienten wieder Hoffnung und Perspektive zu geben, damit das Leben weitergeht.

Gemischte Episoden stellen nach den Ergebnissen verschiedener epidemiologischer Untersuchungen die häufigste Verlaufsform bipolarer Erkrankungen dar, erläuterte Prof. Stephan Heckers, Boston. Ihre Prävalenz beträgt im Mittel etwa 31%. Das Ersterkrankungsalter der betroffenen Patienten und die Episodenlänge unterscheiden sich jedoch nicht von denen anderer Verlaufsformen. Patienten mit gemischten Episoden respondieren insbesondere auf Lithium deutlich schlechter als manische Patienten, auch ist die Dauer bis zu einer deutlichen symptomatischen Besserung oder Remission länger als bei vorherrschend manischen oder depressiven Episoden. Gleichzeitig müssen diese Patienten deutlich schneller mit dem Auftreten einer neuen Episode rechnen.

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Olanzapin: beste Datenlage für gemischte Episoden

Eine reine Manie ist eher selten, denn auch bei den meisten Patienten mit einer vorherrschend manischen Episode finden sich leichte depressive Symptome, erläuterte Heckers. Umso erstaunlicher ist es für ihn, dass die Datenbasis für die Wirksamkeit bei Patienten mit gemischten Episoden deutlich schlechter ist als für Patienten mit vorherrschend manischen oder depressiven Episoden. Olanzapin ist derzeit das international am besten untersuchte Antimanikum und Phasenprophylaktikum und auch für gemischte Episoden besitzt es die beste Datenlage unter allen modernen Neuroleptika, die nach dem Vorbild von Olanzapin derzeit zur Therapie bipolarer Patienten untersucht werden.

Der Frage, inwieweit die Art der Indexepisode das langfristige Therapieergebnis beeinflusst, gingen Tohen und Mitarbeiter jetzt nach. In einer Post-Hoc-Analyse einer großen prospektiven, randomisierten doppelblinden Langzeitstudie über 12 Monate werteten sie die Daten von 351 bipolaren Patienten (im Durchschnitt etwa 40 Jahre, 61% Frauen) mit einer gemischten oder manischen Indexepisode aus, die mit Olanzapin (gemischte Indexepisode: n = 76; manische Indexepisode: n = 144) oder Plazebo (gemischte Indexepisode: n = 45; manische Indexepisode: n = 88) behandelt wurden. Als Remission wurde Symptomfreiheit (YMRS _ 12; HAM-D-21 _ 8) über mindestens zwei Wochen festgesetzt. Gemessen wurde das Auftreten neuer Episoden (YMRS _ 15 oder HAM-D-21 _ 15 oder Hospitalisierung wegen einer akuten Episode) insgesamt sowie die Zeit bis zu einer neuen gemischten oder manischen Episode.

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Signifikant weniger neue Episoden, signifikant längere Dauer bis zur neuen Episode

Bei Patienten mit einer gemischten Episode traten während der Therapie mit Olanzapin gegenüber der Plazebo-Gruppe signifikant weniger neue Episoden auf (Olanzapin: 59,2%; Plazebo: 91,1%; p < 0,001). Gleichzeitig dauerte es unter Olanzapin insgesamt signifikant länger bis zu einer neuen Episode (p < 0,001) (Abb. [1]).

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12 monatige Therapie mit Olanzapin oder Plazebo (Tohen et al., APA 2004)

Auch bei Patienten mit einer manischen Indexepisode war Olanzapin signifikant überlegen (Olanzapin: 39,6% Plazebo: 73,9%; p < 0,001). Dabei war die Dauer bis zu einer neuen Episode insgesamt (p < 0,002) oder einer neuen manischen Episode (p _ 0,001) signifikant länger.

Die Daten zeigen, dass Olanzapin die therapeutische Allianz zwischen Arzt und Patienten mit gemischten Episoden unabhängig von der Indexperiode stärkt. Prof. Paul Keck, Cincinnati, erklärt diese viel versprechenden Ergebnisse auch mit der Beeinflussung der Psychopathologie durch Olanzapin von beiden Seiten der Stimmungspole. Dies entspricht der Forderung an einen Stimmungsstabilisierer, dass eine Symptombesserung nicht mit einer erhöhten Switch-Rate oder einer Verschlechterung der Stimmung am entgegengesetzten Stimmungspol verbunden sein darf.

Dr. Alexander Kretzschmar

Vorträge und Poster auf der 157. Jahrestagung der American Psychiatric Association (APA), New York, 1.-6. Mai 2004

 
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12 monatige Therapie mit Olanzapin oder Plazebo (Tohen et al., APA 2004)