Aktuelle Urol 2004; 35(4): 275-278
DOI: 10.1055/s-2004-832280
Diskussionsforum Urologie

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Pro und Contra - Vesikoureteraler Reflux im Kindesalter -endoskopische Unterspritzung vs. offene Rekonstruktion

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Prof. Dr. Axel Heidenreich 

Klinik und Poliklinik für Urologie, Universität zu Köln,

Joseph-Stelzmann-Str. 9

50931 Köln

Email: axel.heidenreich@uk-koeln.de

Publication History

Publication Date:
31 August 2004 (online)

 
Table of Contents

Der vesikoureterale Reflux (VUR) stellt die häufigste Ursache der Pyelonephritis im Kindesalter dar. Das primäre Behandlungsziel einer Therapie des VUR muss deshalb in der Prävention renaler Komplikationen durch entzündliche Narbenbildungen mit konsekutiver Beeinträchtigung der Nierenfunktion bestehen. Die Empfehlung einer Standardtherapie für den kindlichen VUR war aufgrund fehlender prospektiver Daten äußerst schwierig; erst die Resultate der prospektiv randomisierten Studien der International Reflux Study Group (Smellie et al., 2001; Elders et al., 1997) haben gezeigt, dass konservative Therapiemaßnahmen im Sinne der antibiotischen Langzeitprophylaxe insbesondere beim niedergradigen VUR den identischen therapeutischen Langzeiteffekt bewirken wie operative Therapieverfahren. Die Rate von Durchbruchsinfektionen war in beiden Behandlungsgruppen mit 39 und 38% gleich hoch gelegen. Auch wenn die Rate symptomatischer Pyelonephritiden nach operativer Korrektur mit 10% signifikant niedriger lag als nach konservativem Vorgehen, fand sich kein signifikanter Unterschied in der renalen Narbenbildung sowie in der langfristigen Entwicklung der Nierenfunktion. Möglicherweise spielt eine genetische Prädisposition auf Chromosom 1 eine Rolle in der Ausbildung negativer renaler Konsequenzen bei Nachweis eines VUR (Feather et al., 2000). Die Domäne der Refluxtherapie beim höhergradigen Reflux bzw. beim niedergradigen Reflux mit Durchbruchsinfektionen stellt die operative Korrektur mittels intra- oder extravesikaler Operationstechniken dar, die bei minimaler Komplikationsrate von 1-3% eine hohe therapeutische Erfolgsrate von 97-99% aufweisen (Heidenreich et al., 2004). In den vergangenen Jahren wurde als mögliche therapeutische Alternative zu den offen operativen Verfahren die endoskopische Ostienunterspritzung propagiert. Abhängig vom Refluxgrad und der gewählten Substanz werden langfristige Erfolgsraten von 92 und 76% bei den niedergradigen VUR I° und II° berichtet. Der wesentliche Vorteil der endoskopischen Osteinunterspritzung besteht in der ambulanten Durchführbarkeit des Eingriffes. Die hohe Erfolgsrate bei VUR I° macht die endoskopische Therapie zu einer Alternative der antibiotischen Dauerprophylaxe. Die Daten der endoskopischen Ostienunterspritzung werden jedoch noch immer sehr kontrovers diskutiert, so dass in den folgenden Beiträgen die Vor- und Nachteile der minimalinvasiven Therapieoption kritisch beleuchtet werden sollen.

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Pro

Die verschiedenen Therapieoptionen beim vesikoureteralen Reflux (VUR) haben das Ziel, das Risiko renaler Narbenbildung sowie möglicher Spätfolgen zu minimieren entweder durch konservative oder operative Behandlungsstrategien. Das konservative Management beinhaltet vor allem die Einleitung einer antibiotischen Dauerinfektprophylaxe, um refluxassoziierte Harnwegsinfekte zu unterdrücken, während der Reflux per se zunächst unbehandelt bleibt. Hintergrund ist die Möglichkeit einer spontanen Refluxmaturation von bis zu 80% in 5 Jahren bei niedergradigen nichtdilatierenden Refluxen. 75% der Ureteren mit Reflux IV° zeigten nach fünf Jahren Dauerinfektprophylaxe eine Refluxpersistenz.

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Operative Erfolgsrate ist hoch

Über viele Jahre war die offen operative Antirefluxchirurgie Therapie der Wahl bei höhergradigem VUR oder bei Durchbruchsinfekten unter Dauerinfektprophylaxe. Grundprinzip aller offen operativen Techniken ist die Verlängerung des intramuralen Harnleiterverlaufes durch submuköse Einbettung des Harnleiters und Stärkung des passiven Refluxmechanismus. Durchgesetzt haben sich vor allem die intravesikalen Antirefluxplastiken nach Cohen oder Politano-Leadbetter und die extravesikale Technik nach Lich-Gregoir. Die operative Erfolgsrate ist bei allen Techniken hoch und wird mit ca. 95% bei Refluxgrad I-IV angegeben bei geringer Komplikationsrate. 2,5% der Kinder zeigten eine Refluxpersistenz und 0,3-9,1% entwickelten postoperativ eine Harnleiterobstruktion. Obwohl die offen operativen Verfahren eine hohe Erfolgsrate aufweisen, sind sie auch in den erfahrensten Händen nicht ohne Komplikationen und bedürfen in der Regel eines mehrtägigen stationären Aufenthaltes mit der Notwendigkeit einer vorübergehenden Urindauerableitung über suprapubischen oder transurethralen Katheter mit dem Risiko von Blasentenesmen etc. sowie ggf. einer zusätzlichen Harnleiterschienung und stellen somit ein relativ invasives Therapieverfahren dar.

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Sehr kurze Lernkurve

Durch die Einführung der endoskopischen Ostienunterspritzung als weitere Therapiealternative des VUR wurde Anfang der 80er-Jahre ein Wandel in der Refluxtherapie eingeleitet. Grundprinzip ist bei halb voller Blase das betreffende Ostium mit einer hochviskösen Substanz zu unterspritzen. Dadurch wird der submuköse Anteil des Ureters verlängert und der Ventilmechanismus bzw. der Refluxschutz verbessert. Neben einer speziellen Nadel (4 Fr Puri Katheter, Storz, Tuttlingen, Deutschland oder flexible polytetraflourethylenbeschichtete 3,5 Fr Nadel, Q-med, Uppsala, Schweden) zur Applikation der Substanz ist kein spezielles Instrumentarium erforderlich. Übereinstimmend wird über eine sehr kurze Lernkurve von 20-40 Eingriffen berichtet. Der kurze Narkoseeingriff von ca. 15 min Dauer kann heute tagesklinisch durchgeführt werden. Auf eine postoperative Harnableitung mittels transurethralem oder suprapubischem Katheter wird verzichtet. Bei negativem Kontroll-MCU 3 Monate postoperativ ist keine weitere antibiotische Dauerinfektprophylaxe notwendig und bei unauffälligem klinischen Verlauf erübrigen sich weitere röntgenologischen Kontrollen. Sollte sich ein persistierender Reflux zeigen, ist eine erneute endoskopische Therapie problemlos durchführbar. Ebenso stellt eine vorangegangene submuköse Ostienunterspritzung keine Kontraindikation für eine evtl. folgende offene Antirefluxplastik dar. Das meist paraureteral gelegene Depot kann mühelos entfernt werden.

Die Therapieentscheidung muss im Einzelfall getroffen werden und ist abhängig von der Erfahrung des Arztes und der Präferenz der Eltern.

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Welches ist die ideale Substanz?

Während sich seit der Erstbeschreibung an der Technik nur wenige Modifikationen ergeben haben, ist die ideale Substanz noch immer umstritten. Sehr gute initiale und Langzeiterfolgsraten mit einem Follow-up von bis zu 17 Jahren zeigten sich unter Verwendung von Polytetraflourethylene (Teflon®). Eine Multizenterstudie mit 8332 Kindern und 12 251 refluxiven Harnleitern mit einem Follow-up von 1-13 Jahren zeigte eine Erfolgsrate von 75,3% nach einer Injektion von Teflon®, 12,1% nach zwei Injektionen und 2% nach 3-4 Behandlungen. In 4,5% wurde aufgrund eines persistierenden Refluxes sekundär eine offen operative Antirefluxplastik notwendig. Ein Refluxrezidiv während der Nachsorge trat in 2,8% der Fälle auf. Im Rahmen der Studie wurden keine Nebenwirkungen durch die Verwendung von Teflon beobachtet. Eine geringgradige passagere Nierenbeckenkelchsystemektasie trat in bis zu 10% der Fälle auf. Eine therapiebedürftige Obstruktion war nur in 0,33% nachweisbar. Trotz der überzeugenden Erfolgsraten und der geringen Komplikationsraten führten Berichte über die mögliche Migration von Teflonpartikeln aus dem injizierten Depot zu Zweifeln an dem verwendeten Material. Die Datenlage diesbezüglich ist kontrovers. Auf der Suche nach einem idealen Implantat kamen zahlreiche weitere Substanzen wie autologe Chondrozyten oder Fettzellen, die in einer weiteren Narkose entnommen wurden, Blut, inerge Mikroglaskügelchen, bovines Kollagen (Zyplast®, Zyderm®, Contigen®), Polydimethylsiloxan (Makroplastique®), ein Silikonelastomer suspendiert in einem Carrier-Gel etc. zum Einsatz, mit zum Teil enttäuschenden Langzeitergebnissen.

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Kriterien für das ideale Implantat erfüllt

Die derzeit viel versprechendste Substanz ist Deflux® (Qmed, Uppsala, Schweden) bestehend aus dextranomeren Mikrosphären in einer Trägersubstanz aus Hyaluronsäure. Es handelt sich um eine organische Substanz mit einer Partikelgröße von 80-250 mm, die nicht migriert oder kalzifiziert ist. Die Mikrosphären induzieren das Einsprossen von Fibroblasten und Kollagen und lösen sich innerhalb einer Woche wieder auf. Deflux® scheint als erste Substanz die Kriterien eines idealen Implantates zu erfüllen und wurde kürzlich als erste Substanz zur endoskopischen Ostienunterspritzung in den USA zugelassen. Deflux® ist nicht toxisch, allergen, mutagen oder teratogen. An der Injektionsstelle zeigt sich lediglich eine minimale lokale Entzündungsreaktion ohne Zeichen einer Migration der Partikel in andere Organe. Die Erfolgsraten entsprechen weit gehend den Erfolgsraten mit Teflon mit einer Heilungsrate von 86% nach der ersten Injektion, 13% nach der 2. bzw. 1% nach der 3. Injektion. Ebenso wie bei den offen operativen Antirefluxplastiken zeigte sich häufiger eine Refluxpersistenz bzw. ein Refluxrezidiv bei Kindern mit dysfunctional voiding. Bei negativem MCU 3 Monate postoperativ waren 95% der Patienten refluxfrei im Rahmen der letzten Kontrolle bei einer durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit von 5 Jahren (2-7,5 Jahre). Von den aufgrund eines Rezidivs offen operierten Kindern war nur bei 7% der Rezidivreflux erstmals später als ein Jahr postoperativ nachweisbar, so dass entsprechend dieser Daten auf wiederholte MCU-Kontrollen in der weiteren Nachsorge bei initial negativem Befund verzichtet werden kann. Die Rate postoperativer Harnwegsinfekte unterschied sich nicht von einer entsprechenden Kontollgruppe von Kindern im gleichen Alter. Ein erhöhtes Risiko einer kontralateralen De-novo-Refluxentstehung bei einseitiger Therapie wurde nicht beobachtet.

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Die Eltern stimmen für den minimalinvasiven Eingriff

Die Therapieentscheidung muss im Einzelfall getroffen werden und ist u.a. abhängig von der Erfahrung des Arztes und der Präferenz der Eltern. Während bis vor wenigen Jahren vom größten Teil der Eltern eine Langzeitantibiotikaprophylaxe bei einer voraussichtlichen Therapiedauer von bis zu 5 Jahren gegenüber einer Operation favorisiert wurde, tendieren die Eltern seit der Verbesserung der endoskopischen Therapie zunehmend früher zu einem minimalinvasiven Eingriff in Narkose.

Dr. med. T. Becker, Linz

Literatur beim Autor

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Contra - Injektionstherapie bei Reflux

Grundprinzip der operativen Refluxbehandlung ist die Verlängerung des intramuralen Harnleiterabschnittes durch eine submuköse Einbettung des Harnleiters und Wiederherstellung eines passiven Antirefluxmechanismus. Dieses Ziel soll auch durch eine endoskopische Refluxtherapie erreicht werden. Durch die zystoskopische Unterspritzung des Harnleiterostiums kann ebenfalls der intramurale Harnleiterabschnitt verlängert werden.

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Die Suche nach dem idealen Implantat

Scheinbare Vorteile der endoskopischen Refluxbehandlung sind die geringe Invasivität und die ambulante Durchführbarkeit. Diesen stehen jedoch die Nachteile einer bei höheren Refluxgraden selten zu erreichenden Dauerheilung gegenüber. Denn die unzureichende oder fehlende Ostiumverankerung macht beim Reflux Grad III bis V oft mehrfache endoskopische Unterspritzungen nötig. Die aktuelle Datenlage des Schrifttums zeigt, dass die subureterale Kollageninjektion im Langzeitverlauf nicht geeignet ist, höhergradige vesikorenale Refluxe dauerhaft zu beseitigen. Die bei niedrigen Refluxgraden (Grad I-II) erzielten hohen Behandlungserfolge werfen die Frage nach der Indikation (Grad I) auf.

Auf der Suche nach einem idealen Implantat wurden zahlreiche Substanzen geprüft. Nach Teflon®-Injektion konnten bei Kindern Partikel-ablagerungen in Gehirn, Lunge und Lymphknoten festgestellt werden. Mit den gegenwärtig am häufigsten eingesetzten Substanzen Dextranomer/Hyaluronsäure-Kopolymer (De- flux®) und Polydimethylsiloxan (Macroplastique®) liegen bisher keine ausreichenden Langzeiterfahrungen über die Toxizität vor. Im Tierversuch wurden Dimethylsiloxan-Partikel in Blutgefäßen des Schafes und der Adventitia der Rattenlunge nachgewiesen. Zudem ließ sich die Migration von Bestandteilen solider Silikon-Implantate und intravenöser Katheter dokumentieren. Eine eventuell notwendig werdende offene Revision nach erfolgloser endoskopischer Behandlung wird zudem durch die lokale granulomatöse Fremdkörperreaktion erschwert.

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Am Goldstandard messen lassen

Die endoskopische Refluxtherapie muss sich an den Erfolgen der Goldstandard-Verfahren messen lassen. Diese weisen eine postoperative Refluxfreiheit in über 90% bei den Graden II bis IV und von 81% beim Grad V auf. Die Erfolgsraten der endoskopischen Therapie erreichen jedoch nur 60-80% und sind nicht gleichbedeutend mit der Heilungsrate. Denn einerseits können lokale Obstruktionen durch langsam wachsende Granulome noch nach Jahren entstehen - deshalb sind sonographische Kontrollen über Jahre erforderlich -, andererseits sind Migrationen mit der Folge eines Rezidivrefluxes möglich - deshalb muss theoretisch nicht nur 3 Monate postoperativ, sondern auch nach Jahren ein Kontroll-MCU erfolgen.

Die Ziele einer jeden operativen Behandlung, nämlich einerseits einen Behandlungserfolg möglichst beim Ersteingriff zu erreichen und andererseits dem Patienten nicht zu schaden, lassen sich deshalb nicht mit einer Ostiumunterspritzung, sondern nur in bewährter offenoperativer Standardtechnik erzielen. Dem Argument einer ambulanten, mehrfach wiederholbaren endoskopischen Refluxtherapie steht ein einfacher extravesikaler Standardeingriff beim unkomplizierten einseitigen Reflux (Lich-Gregoir) mit hoher Erfolgsrate gegenüber, der nur eine kurzfristige stationäre Behandlung erfordert. Assoziierte Fehlbildungen wie Doppelniere, Hutch-Divertikel, ekto-mündender Harnleiter können durch eine endoskopische Refluxtherapie nicht behandelt werden und erfordern immer, unabhängig vom Refluxgrad, eine offenoperative Korrektur.

Mit den gegenwärtig am häufigsten eingesetzten Substanzen Dextranomer/Hyaluronsäure-Kopolymer und Polydimethylsiloxan liegen bisher keine ausreichenden Langzeiterfahrungen über die Toxizität vor.

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Operationsverfahren bestimmt über Erfolg

Ausschlaggebend für den Erfolg einer Refluxbehandlung sind die Wahl des geeigneten Operationsverfahrens und die Erfahrung des Operateurs.

Die Tatsache, dass eine in den kindlichen Körper eingebrachte Fremdsubstanz 60 und mehr Jahre dort verbleibt, ist beunruhigend. Deshalb lehne ich auch die zunehmend häufiger gestellte Indikation Injektion statt Antibiotikaprophylaxe“ ab. Den kritischen Anmerkungen von Aragona (2002) zum 17-jährigen Erfahrungsbericht von Puri kann man sich nur anschließen, wenn er Aaronson (1993) zitiert, der hervorhebt, dass the fist an overriding consideration in children must always be safety.

Prof. Jochen Steffens, Eschweiler

Literatur beim Autor

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Fazit

Die Therapie des VUR ist nicht nur vom Grad des Reflux abhängig, sondern von vielen begleitenden Befunden wie der ipsilateralen Nierenfunktion, Blasenkapazität und -funktion, assoziierte renouretherale Anomalien, Alter, Compliance und Präferenz der Eltern. Kürzlich wurden Therapieempfehlungen der amerikanischen Kinderurologen bezüglich der Indikation zur operativen Refluxkorrektur publiziert, die auch wenn viele Fragen unbeantwortet bleiben, als Orientierungshilfe dienen können. Bezüglich der Operationsverfahren haben sich in den letzten Jahren von den intra- und extravesikalen Methoden trotz vieler Modifikationen die Techniken nach Lich-Gregoir, Politano-Leadbetter, Cohen und Psoas Hitch durchgesetzt. Alle Techniken weisen hervorragende Langzeitresultate bezüglich der Beseitigung des VUR und der Prävention renaler Komplikationen mit operativen Erfolgsraten von 97-99% beim VUR I-II°, 95-99% beim VUR III/IV° und 80-90% beim VUR V° auf. Komplikationsraten der offenen Operationstechniken sind mit 0,5% bis 6% gering und betreffen in erster Linie die Refluxpersistenz in 4-6% sowie eine postoperative uretherale Obstruktion in ca. 1%. Die hohen Erfolgsraten haben dazu geführt, dass die meisten operativ tätigen Kinderurologen nunmehr darauf bedacht sind, die therapieassoziierte Morbidität zu reduzieren: Nach Lich-Gregoir wird in den wenigsten Fällen eine transurethrale Katheterableitung notwendig sein, bilaterale Anomalien können durch die intravesikalen Operationstechniken in einer Sitzung angegangen werden, auf eine transurethrale Ableitung kann fast immer zugunsten einer suprapubischen Drainage verzichtet werden. Mit diesen Maßnahmen verbunden ist eine signifikante Reduktion der operationsbedingten Blasenschmerzen und -tenesmen, die bei den meisten Kindern als Problem im Vordergrund stehen, ohne die therapeutische Effektivität des operativen Eingriffs zu reduzieren. Parallel hat sich die stationäre Verweildauer sowohl bei den extravesikalen (1-2 Tage) als auch bei den intravesikalen Operationstechniken (5-8 Tage) deutlich gegenüber früheren Jahren reduziert.

An diesen Daten - hoher operativer Erfolg, geringe Komplikationsrate, kurze stationäre Verweildauer - müssen sich die minimalinvasiven Therapieverfahren der endoskopischen Ostienunterspritzung orientieren. Die endoskopische Therapie des VUR wird seit über 20 Jahren in der Literatur propagiert, hat sich aber aufgrund der bis dato suboptimalen Eigenschaften der Injektionsmaterialien und der damit verbundenen inferioren Therapieresultate nicht als Routineverfahren durchsetzen können. Mit der neuen, in den USA zugelassenen Substanz Deflux scheint erstmals ein Therapeutikum identifiziert, das nicht migriert und kalizifiziert sowie keine allergene oder toxische Potenz aufweist. Die therapeutischen Erfolgsraten der submukösen Unterspritzung müssen jedoch mit Vorsicht interpretiert werden. Auch wenn die meisten Autoren beim VUR I° oder II° Erfolgsraten von 70 bis 80% nach einmaliger Unterspritzung angeben, variiert die Ergebnisinterpretation von Studie zu Studie: Auch die Korrektur eines VUR II° in einen VUR I° gilt als therapeutischer Erfolg. Zudem muss berücksichtigt werden, dass bei einem VUR I/II° die Erfolgsrate bei maximal 85% liegt, so dass ein nicht unerheblicher Anteil der Kinder einen 2. Eingriff in Narkose eingehen muss.

Dennoch wird es notwendig sein, sich in der Kinderurologie mit der submukösen Unterspritzung des refluxiven Ostiums auseinander zu setzen, da viele Eltern einer minimalinvasiven Therapie den Vorzug vor einer Dauerantibiose von mehr als 3 Jahren geben. Die submuköse muss ernsthaft als Alternative zur Langzeitantibiose bei VUR I/II° mit den Eltern diskutiert werden. Bei den höhergradigen liegt die Erfolgsrate der einmaligen Unterspritzung nur noch bei ca. 50%, so dass mir die Applikation nicht sinnvoll erscheint. Ebenso erscheint die Indikation zur submukösen Ureterunterspritzung bei Kindern mit Ureter duplex nicht sinnvoll, wie prospektiv randomisierte Studien zu dieser Fragestellung gezeigt haben. Aboutaleb et al. führten entweder eine Ostiumunterspritzung oder eine klassische Antirefluxplastik bei VUR in einem duplizierten System durch. Der therapeutische Erfolg nach 3 und 15 Monaten war in der operativen Gruppe mit 95,5% und 97,1% signifikant höher gelegen als in der Gruppe der minimalinvasiven Therapie mit 68 und 81%.

Prof. Dr. Axel Heidenreich 

Klinik und Poliklinik für Urologie, Universität zu Köln,

Joseph-Stelzmann-Str. 9

50931 Köln

Email: axel.heidenreich@uk-koeln.de

Prof. Dr. Axel Heidenreich 

Klinik und Poliklinik für Urologie, Universität zu Köln,

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