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DOI: 10.1055/s-2004-833542
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Neue Medien und Personalsuche - neue Chancen?
Publication History
Publication Date:
23 September 2004 (online)
- Internet als Werbe- und Informationsmedium
- Orthopädie-online
- Die Homepage
- Arbeitsmarktsituation - Orthopädenmangel
- Internetverbreitung
- Bewerbungen online
In den letzten Jahren hat sich die Situation in der medizinischen Personalrekrutierung dramatischer verändert, aus dem Überangebot an Kräften ist ein Mangel geworden. Ca. die Hälfte der deutschen Kliniken kann offene Stellen nicht fristgerecht besetzen. Durch die weite Verbreitung des Internets ergeben sich zunehmend Möglichkeiten der Information und Werbung durch die eigene Klinikhomepage als unterste Stufe des e-recruitments. Ausgehend von Trends in den USA, den europäischen Großkonzernen und anderen Branchen werden zunehmend auch von den deutschen Kliniken diese Möglich-keiten zur Personalgewinnung genutzt. In einer Studie an den 85 orthopädischen Stellenanzeigen des Deutschen Ärzteblattes im ersten Quartal 2003 wird untersucht, ob hierzu die basale Angabe der Klinikhomepage erfolgt.
#Internet als Werbe- und Informationsmedium
Die ärztliche Personalrekrutierung in den Kliniken unterzog sich in den letzten Jahren einem deutlichen Wandel. Zunehmend sind Kliniken trotz aktiver Bemühungen zumindest zeitweise nicht in der Lage, freie Stellen adäquat zu besetzen. Im Herbst 2002 (01) ergab eine Stichprobe bei ca. der Hälfte der Kliniken in Deutschland offene Arztstellen. Neben der klassischen Stellenanzeige bietet sich nun durch weite Verbreitung auch das Internet mit seinen Möglichkeiten als Werbe- und Informationsmedium an. In einer Studie wird untersucht, inwiefern zumindest die basalen Möglichkeiten der Angabe der eigenen Homepageadresse und einer Kontaktmailadresse zur Personalsuche genutzt werden.
#Orthopädie-online
In den Printausgaben des "Deutschen Ärzteblatts" des ersten Quartals 2003 wurden alle orthopädischen ärztlichen Stellen der Hauptkategorie "Stellenangebote Ärzte" erfasst. Eingangskriterium war eine Anzeige in dieser Kategorie mit Nennung einer oder mehrerer offener ärztlicher Stellen mit orthopädischer Eignung. Die Anzeigen offerierten entweder Positionen mit orthopädischem Facharztcharakter oder mit orthopädischer Weiterbildungszeit. Ausgenommen wurden die eher seltenen Angebote von Personalagenturen, bei welcher der Name des neuen Arbeitgebers keine Erwähnung fand. Die Annoncen wurden analysiert hinsichtlich der Art der Stelle, der Art der Klinik und hinsichtlich der Kriterien der Angabe einer Homepageadresse oder zumindest einer E-mail-Kontaktadresse. In einem weiteren Schritt erfolgte zeitnah der Vergleich mit der zzt. wohl umfangreichsten orthopädischen Linksammlung www. online-orthopaedie.de mit der Fragestellung, ob die annoncierenden orthopädischen Kliniken ohne Angabe einer Homepageadresse eine solche hätten angeben können. www. online-orthopaedie.de ist ein Projekt des Erstautors, und stellt eine Sammlung von über 1500 orthopädisch relevanten Links dar. Die Seite www.online-orthopaedie.de weist nach persönlichen Betreiberangaben der anderen führenden orthopädischen Seiten www. bvonet.de (BVO), www.orthonet.de (Orthopädische Nachrichten Biermann-Verlag Köln) und www. dgooc.de (DGOOC) im Untersuchungszeitraum ähnlich hohe Zahlen an Besuchern und auch an Seitenaufrufen auf. Aus dem Vergleich Angabe Annonce - Linksammlung ergaben sich drei mögliche Konstellationen:
-
Klinik online - Homepage angegeben
-
Klinik online - Homepage nicht angegeben
-
Klinik offline - Homepage nicht angegeben
In der dritten Konstellation wurde anhand von weiteren Suchmaschinen wie z.B. www.alltheweb.com und www.goggle.de überprüft, ob in www.online-orthopaedie.de eine Lücke bestand, diese Ergänzung war nur selten der Fall.
#Die Homepage
Insgesamt wurden 85 Anzeigen erfasst, in welchen mindestens 101 Stellen angeboten wurden (Tab. [1]).
Die 85 Anzeigen gliederten sich in 60 (70,6%) Annoncen mit Einzelstellen, vier (4,7%) Annoncen mit mindestens zwei orthopädischen Stellen, 11 Annoncen (12,9%) mit einer orthopädischen und mindestens einer nicht-orthopädischen Stelle und zehn (11,8%) Annoncen mit jeweils mehreren orthopädischen und nicht-orthopädischen Stellen. Mischangebote mit der gleichzeitigen Offerierung von konservativen und operativen Stellen am gleichen Haus waren nicht gegeben. 47 der Annoncen stammten aus konservativen Häusern, 38 aus operativen Häusern. Die Ergebnisse der URL-Angabe sind in Tab. [2] dargestellt.
Nur vier Inserenten hatten keine Homepage. Dies entspricht dem Trend: im Jahr 2003 hat sich die Anzahl der deutschen orthopädischen Abteilungen/Häuser mit eigenem online-Angebot von vorher ca. 2/3 der Gesamtheit nochmalig deutlich erhöht (VGL: www.online-orthopaedie.de, Orthopädie Wegweiser 2003 BVO). 68,1% der konservativen Häuser gaben eine URL an, aber nur 44,7% der operativen Abteilungen, auch stammten drei der vier Abteilungen ohne URL aus dem operativen Bereich. 31,8% der Inserenten gaben eine E-mail-Adresse zur ersten Kontaktaufnahme oder ggf. als Anlaufstelle für weitere Informationen oder Vorabbewerbungen an. Die Verteilungen der expliziten E-mail-Angabe ist in Tab. [3] dargestellt. In der Regel ist aber auf der Homepage auch eine E-Mail-Adresse auffindbar.
#Arbeitsmarktsituation - Orthopädenmangel
Die ärztliche Stellensituation hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Auf eine freie Stelle - gerade in den nachgeordneten Positionen der AiP und der Assistenzärzte - kamen früher eine Vielzahl von Bewerbern, eine aktive Personalsuche war in der Regel nicht notwendig, Vakanzen konnten kurzfristig aus dem Pool der z.T. unaufgefordert eingesandten Bewerbungen gefüllt werden. Noch vor nicht allzu langer Zeit war die Suche nach und die Akzeptanz von Weiterbildungsstellen zur Absolvierung der Facharztausbildung mitunter geprägt von längeren Fahrtzeiten vom Wohnort zur Arbeitsstätte, unbezahlter Mehrarbeit, klassischem Hierarchiedenken- und -handeln, Kliniken ohne besonderen Bekanntheitsgrad, zeitlichen Befristungen kürzerer Art mit fehlender oder unklarer Verlängerungsmöglichkeit, zeitlichen Verzögerungen auf dem Weg zum Facharzt sowie sonstigen Umwegen in der Karriereplanung. Eigene unaufgeforderte Streubewerbungen "auf Verdacht" waren oft das Übliche. Die Gewinnung von Informationen über eine spezielle Klinik war eine Aufgabe der Bewerber und nicht des potenziellen Arbeitgebers.
Aus der früheren "Ärzteschwemme", also einem Abnehmermarkt, ist zunehmend ein Anbietermarkt geworden; nicht nur in der kassenärztlichen Versorgung, sondern auch in den Kliniken zeigt sich zunehmend ein Ärztemangel. Durch rückläufige Zahlen an verfügbaren Kräften und auch zunehmend durch einen Mehrbedarf im Rahmen der Umsetzung der Arbeitszeitschutzgesetze hat sich das Verhältnis von freien Stellen zu geeigneten Bewerbern - auch je nach Art der Klinik, der Stelle, der Fachrichtung und der regionalen Lage der potenziellen neuen Arbeitsstelle - in den letzten Jahren stark verändert und oft umgedreht. Dies führt sogar bis zur Zahlung von einer Art "Antrittsprämien", eine solche Annonce wurde im Untersuchungszeitraum im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht.
Eine weitere Verschärfung ist durch die aktuelle Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes hinsichtlich der Bewertung des Bereitschaftsdienstes als Arbeitszeit und nicht als Ruhezeit zu erwarten. Zunehmend sind Kliniken trotz aktiver Bemühungen zumindest zeitweise nicht in der Lage, freie Stellen adäquat zu besetzen. Im Herbst 2002 (01) ergab eine Stichprobe bei ca. der Hälfte der Kliniken in Deutschland offene Arztstellen, wobei die Lage in den alten Bundesländern mit ca. 43% Vakanzen sich deutlich von derjenigen in den neuen Bundesländern mit ca. 80% unterscheidet. Dies zeigt sich auch an der Verteilung der offenen Stellen im Vergleich der alten und der neuen Bundesländer (02): Obwohl letztgenannte wesentlich weniger Krankenhäuser und Krankenhausbetten aufweisen, gab es dort gleich viel (ca. 1000) offenen Stellen wie in den alten Bundesländern auf.
Vermehrt werden Personalberatungen zur Besetzung von Facharztstellen beauftragt, auch nichtfachärztliche Stellen werden nun über solche Dienste vermittelt (03). Weitere Hinweise auf die geänderte Situation ergeben sich z.B. auch im Deutschen Ärzteblatt mit dem wohl umfangreichsten und fachspezifischsten Anzeigenteil. War früher der redaktionelle Teil seitenzahlmäßig in der Regel umfangreicher als der Annoncenteil, so ist dies Verhältnis nun regelmäßig umgekehrt, ohne dass der redaktionelle Teil kleiner geworden wäre. Eine eigene Studie des Deutschen Ärzteblatts (04) bestätigte diesen subjektiven Eindruck: Ein Vergleich der Jahre 1994-1996 mit den Jahren 2000-2002 zeigte bei abnehmbarer Krankenhausbettenzahl/Bevölkerung eine Vervielfachung der Stellenannoncenseiten um ca. den Faktor 2,5, eine Steigerung der Facharztangebote um ca. 2/3 und eine Steigerung der nichtfachärztlichen Stellenangebote um ca. den Faktor 4,5.
#Internetverbreitung
Seit ca. Mitte 2003 ist jeder zweite Bundesbürger online (05), es ergeben sich u.a. noch weitere - wenn auch rückläufige - Tendenzen in der Hinsicht (06), dass noch Nutzungsdifferenzen abhängig vom Bildungsgrad (je höher, desto mehr), vom Geschlecht (Männer mehr als Frauen), vom Wohnort (Stadt mehr als Land, alte mehr als neue Bundesländer) und vom Alter (jung mehr als alt, jedoch nicht mehr Domäne der Jugendlichen) bestehen. Tendenziell dürfte gerade seitens der jüngeren Ärzteschaft aus o.g. Umständen heraus deutlich über der Hälfte hieraus online sein. Mit der Verbreitung des Internets kommt zunehmend auch eine weitere Informationsquelle auf, u.z. die Darstellung der Klinik mit der eigenen Homepage. Diente dies früher eher als eine Art "technischer Spielwiese" mit unklarer Funktion von einer kleinen Minderheit von Kliniken, so definieren sich nun u.a. folgende Aufgaben:
-
Informationsquelle und Werbung für potenzielle Patienten
-
Informationsquelle und Werbung für potenzielle Mitarbeiter
-
Bringschuld und Gruppenzwang.
Früher war die Anzahl der Kliniken mit eigener Homepage überschaubar, aufwändige und professionelle Webauftritte waren noch mehr die Ausnahme. Da mittlerweile quasi alle deutschen orthopädischen Universitätskliniken und die weit überwiegende Anzahl der weiteren orthopädischen Akut- und Rehabilitationskliniken mit einer eigenen Homepage im www präsent sind, stellt die wenig aussagekräftige und in Art und Umfang einfache Homepage oder gar dessen Fehlen eher ein Manko dar.
#Bewerbungen online
Neben der klassischen Personalrekrutierung über die Stellenannonce in Printmedien, welche nach einer Stichprobenstudie von ca. 80% der Krankenhäuser genutzt wird (01), ergibt sich durch die große Verbreitung zunehmend auch die Möglichkeit, das Internet zu nutzen. Hier sind Jobbörsen mittlerweile recht verbreitet, und werden von knapp unter der Hälfte der Häuser genutzt (01). Eine weitere Nutzung ist die Eigenpräsentation der jeweiligen Klinik mit einer Homepage im Internet als Informationsquelle für potenzielle neue Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und ggf. sogar der Online-Annonce (ca. 60%, Stand Herbst 2002, (01)). Die Hompage hat gegenüber der schriftlichen Stellenanzeige eine Reihe von Vorteilen, so z.B. die fehlende regionale Begrenzung, die erweiterte Darstellungsmöglichkeit, die Kostengünstigkeit, die individuelle Planbarkeit der Verfügbarkeit der Anzeige, ein erweiterter potenzieller Ansprechkreis und die führende Relevanz aus Bewerbersicht (07-13). Allgemein ist die Homepage sicher zumindest eine gute Ergänzung zur schriftlichen Stellenanzeige und erhöht ggf. die Akzeptanz durch die potenziellen Bewerber.
Der Trend der Personalinformation und -gewinnung über das Internet schwappt aus den USA mit einer gewissen zeitlichen Latenz nach Deutschland über (14), das sog. e-recruitment ist seit spätestens 1997 - ausgehend von den Großunternehmen der Wirtschaft und übergreifend auf den Mittelstand - zunehmend ein Thema (15). Es umfasst in fünf Stufen als Basis zunächst die aussagekräftige Eigendarstellung des potenziellen Arbeitgebers auf der eigenen Homepage, dann die Stellenannoncen in einer eigenen Rubrik auf der Arbeitgeberhomepage, nachfolgend über die (Vorab-) E-mail-Bewerbung bis hin zur formulargestützten Internetbewerbung mit der Möglichkeit zur interaktiven Vorauswahl geeigneter Kandidaten. Als letzte Stufe ist abschließend die komplette Abwicklung der Einstellung von der Annonce der offenen Stelle bis hin zur definitiven Auswahl einer Person zu nennen (16).
In einer Studie wird überprüft, inwiefern die Möglichkeiten der neuen Medien auf Basis der untersten Stufe des e-recruitment, der Hompage als Informationsquelle zur Personalsuche, genutzt werden. Zusätzlich erfasst wurde die Möglichkeit der Kontaktaufnahme mit den jeweiligen Ansprechpartnern via E-mail. Die Studie ist die erste wissenschaftliche Arbeit des jüngst etablierten Arbeitskreis 18 "Neue Medien" der DGOOC. Erfasst wurden 85 Stellenanzeigen mit über 100 angebotenen Stellen. Lediglich unter 5% der Annoncen konnten keine Klinik-URL angeben, da eine solche nicht existierte. 81 der 85 inserierenden Kliniken wiesen eine eigene Homepage auf, jedoch verzichteten 32 aber auf die Erwähnung in der schriftlichen Annonce. Über 2/3 der konservativen Abteilungen betrieben eine eigene Homepage und gaben diese auch an, bei den operativen Abteilungen nannte noch nicht einmal jede zweite ihre vorhandene URL. Die Möglichkeiten des e-recruitments wurden hier weniger oft genutzt, hier scheint der Leidensdruck noch nicht so stark zu sein, vielleicht auch korrelierend mit der noch ausgeprägt operativ ausgerichteten Weiterbildungsordnung und dem Problem der Erfüllung der Pflichten des vorgeschriebenen OP-Katalogs. Sowohl bei den konservativen als auch bei den operativen Kliniken verhielt sich durchschnittlich jede vierte - fünfte vorbildlich mit gleichzeitiger Nennung von URL und E-mail-Adresse, erfüllte also die unterste Stufe des e-recruitments mit gleichzeitiger Möglichkeit zur dritten Stufe der E-mail-Bewerbung.
Literatur beim Verfasser
Dres. Stephan Grüner (1), S. Klima (2)
(1) Orthopädische Praxis Dr. S. Grüner, Köln
(2) Orthopädische Universitätsklinik Halle (Direktor Univ.-Prof. Dr. W. Hein)
Aus dem Arbeitskreis 18 Neue Medien der DGOOC www.orthomedien.de
Korrespondenzadresse:
Orthopädische Facharztpraxis Dr. med. Stephan Grüner
Kalker Hauptstraße 217
D-51103 Köln
Fax 0049-(0)-221-9 85 36 27
Email: dsg@orthomedien.de