Aktuelle Urol 2004; 35(5): 371-374
DOI: 10.1055/s-2004-834362
Diskussionsforum Urologie

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Pro und Contra - Adjuvante Therapie beim lokoregionär fortgeschrittenen Prostatakarzinom nach radikaler Prostatektomie

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22 September 2004 (online)

 
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Trotz der in den letzten Jahren zu beobachtenden Stadienmigration werden 20 bis 30% aller Patienten mit einem Prostatakarzinom (PCA) nach lokalen Therapiemaßnahmen mit kurativer Intention ein biochemisches Rezidiv entwickeln. Diese Patientengruppe schließt nicht nur Patienten mit lokoregionalen Lymphknotenmetastasen, sondern ebenfalls solche mit T3-Karzinomen oder organbegrenztem PCA mit ungünstiger Prognose ein. Das Management dieser Risikopatienten - frühzeitige adjuvante Therapie versus Behandlung im dokumentierten biochemischen Progress - wird aufgrund fehlender aussagekräftiger prospektiver Studien noch immer kontrovers diskutiert. Die nachfolgenden Beiträge setzen sich kritisch mit diesem klinisch sehr wichtigen Thema auseinander und referieren die Vorteile sowie die Nachteile sofortiger adjuvanter Therapiemaßnahmen nach radikaler Prostatektomie und Strahlentherapie.

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Pro - Adjuvante Therapie

Trotz optimaler lokaler Therapie wird ca. ein Drittel aller Patienten mit klinisch organbegrenztem Prostatakarzinom nach radikaler Prostatektomie oder perkutaner Strahlentherapie ein PSA-Rezidiv entwickeln (1-3). Entsprechend der Daten von D'Amico et al. weisen Patienten mit einem Biopsie-Gleason-Score von 8-10, einem prätherapeutischen PSA-Serumspiegel > 20 ng/ml sowie einem klinischen T3/4-PCA ein hohes Risiko für die Entwicklung eines PSA-Rezidivs auf. Durch intensivierte Screeningprogramme hat sich in den letzten Jahren jedoch ein deutlicher Stadienshift entwickelt wie die aktuellen CaPSURE-Daten zeigen: Während der Anteil der Patienten mit einem Low-, Intermediate- oder High-Risk Prostatakarzinom in den Jahren 1989 bis 1990 31,2, 28 und 40,9% betrug, lagen die Zahlen in den Jahren 1999 bis 2000 bei 47,7, 37,5 bzw. 14,8%. Auch ist die Inzidenz der T3/4-PCA in den letzten Jahren deutlich von 11,8% auf 3,5% gesunken. Trotz dieser positiven Entwicklung sollte eine adjuvante Therapie nach lokalen Therapiemaßnahmen mit kurativer Intention Patienten mit erhöhtem Rezidivrisiko nicht vorenthalten werden.

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Adjuvante Hormontherapie

Randomisierte klinische Studien haben deutlich zeigen können, dass die adjuvante chirurgisch oder medikamentös induzierte Kastration eine signifikante Verlängerung des progressionsfreien sowie des Gesamtüberlebens nach perkutaner Strahlentherapie erbringt.

Klinische Studien nach radikaler Prostatektomie haben ebenfalls einen positiven Effekt der adjuvanten Hormontherapie bezüglich des progressionsfreien und des Gesamtüberlebens nachweisen können. Idealerweise sollten alle Patienten mit lymphonodulärer Metastasierung nach operativer Therapie eine adjuvante systemische Therapie erhalten, da ohne adjuvante Therapie mit einer systemischen Progression in ca. 75% der Patienten innerhalb von 5 Jahren zu rechnen ist. Die überwiegende Mehrzahl der Patienten mit mikroskopischem Lymphknotenbefall wird unbehandelt einen systemischen Progress erleiden, so dass das Primärziel adjuvanter Therapiemaßnahmen in der Verlängerung des progressionsfreien Intervalls besteht. In diesem Zusammenhang führten Messing et al. eine prospektiv randomisierte Studie zur klinischen Effektivität der adjuvanten Hormontherapie bei Patienten mit mikroskopischem Lymphknotenbefall nach radikaler Prostatektomie durch. Nach einem mittleren Follow-up von 7,1 Jahren zeigte sich nicht nur ein signifikant verlängertes progressionsfreies Krankheitsintervall, sondern zudem ein signifikanter Überlebensvorteil für die adjuvant therapierten Patienten.

Zincke et al. konnten in einer retrospektiven Analyse von 707 Patienten, die nach radikaler Prostatektomie eine adjuvante Hormontherapie erhielten, nach einem mittleren Follow-up von 8,7 Jahren ein signifikant verbessertes progressionsfreies und tumorspezifisches Überleben gegenüber den unbehandelten Kollektiv dokumentieren.

Nachdem unter der Behandlung mit LHRH-Analoga in einem hohen Prozentsatz der Patienten mit Nebenwirkungen wie Abnahme der Libido, erektile Dysfunktion, Fatigue, Hitzewallungen sowie ein Verlust der Knochendichte mit erhöhter Gefahr osteoporotischer Frakturen zu rechnen ist, wurde im Rahmen des Early Prostate Cancer Trials die Effektivität von 150 mg Bicalutamid in der adjuvanten Situation nach radikaler Prostatektomie untersucht. Nach einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 3 Jahren zeigte sich ein deutlicher Vorteil der adjuvanten Bicalutamidgabe gegenüber der Plazebogruppe in Bezug auf PSA-Progression (15 versus 26%). Allerdings konnte kein positiver Effekt auf das tumorspezifische Überleben nachgewiesen werden.

Adjuvante Strahlentherapie

Fokal positive Schnittränder sind mit einer biochemischen Rezidivrate von 40%, multifokale positive Schnittränder sind mit einer PSA-Rezidivrate von 65% innerhalb von 5 Jahren vergesellschaftet. Mehrere klinische Studien haben zeigen können, dass die adjuvante Radiatio bei Vorliegen einer extrakapsulären Extension oder positiven Absetzungsrändern die lokale Tumorkontrolle gemessen an nicht nachweisbaren PSA-Serumspiegeln erhöht sowie das lokale und systemische Rezidivrisiko signifikant reduziert.

Valicenti et al. führten in diesem Zusammenhang eine Fallkontrollstudie bei 72 Patienten mit einem pT3pN0-Prostatakarzinom, die eine adjuvante oder verzögerte lokale Radiatio der Prostataloge erhielten. Die adjuvante Radiatio war nach einem Intervall von 5 Jahren mit einem signifikant reduzierten biochemischen Rezidivrisiko von 55 versus 89% assoziiert. Neben der klinischen Effektivität ist die adjuvante Radiatio mit einer geringeren Rate an Nebenwirkungen verbunden als die Salvagebestrahlung. Van Cangh et al. berichten über keine negative Beeinflussung der Kontinenz, wenn bei lokal fortgeschrittenem Prostatakarzinom 3 bis 4 Monate nach radikaler Prostatektomie eine adjuvante Bestrahlung mit 60 Gy durchgeführt wird. Im Gegensatz dazu resultiert die Salvagebestrahlung möglicherweise aufgrund der höheren Dosis in einer schlechteren Kontinenz bei ca. 5-10% der Patienten.

Die adjuvante Radiatio erscheint somit nicht nur effektiver, sondern zudem auch nebenwirkungsärmer zu sein als die Salvagetherapie, sodass diese Therapieoption bei Risikopatienten nach radikaler Prostatektomie genutzt werden sollte. Multifokale Absetzungsränder stellen einen Risikofaktor dar. In einer retrospektiven Studie identifizierten Kamat et al. einen Gleason-Grad 4 sowie ein präoperatives PSA > 10,9 ng/ml als prädiktive Marker für das Auftreten eines systemischen Rezidivs trotz adjuvanter Bestrahlung, sodass für diese Patienten eine adjuvante Hormontherapie indiziert erscheint.

Adjuvante Chemotherapie

Der Stellenwert der adjuvanten Chemotherapie nach lokalen Therapiemaßnahmen mit kurativer Intention ist aufgrund der fehlenden Studienlage noch nicht abschließend zu beurteilen. Allerdings existieren kleine Studienkollektive, die einen Benefit der Chemotherapie erwarten lassen. Wang et al. konnten zeigen, dass die Gabe von 4 Zyklen Mitoxantron zusätzlich zur kompletten Androgenblockade einen signifikanten Überlebensbenefit gegenüber der alleinigen Hormontherapie bewirkt.

Basierend auf diesen Daten wurde eine Reihe von prospektiv randomisierten Studien initiiert, die Ergebnisse sind abzuwarten.

Prof. P. Hammerer, Braunschweig

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Contra - Adjuvante Therapie

Die Rationale adjuvanter Therapiemaßnahmen nach radikaler Tumorchirurgie besteht in der Eradikation systemischer Mikrometastasen mit dem Primärziel der Verlängerung des tumorspezifischen Überlebens. Sekundäre Zielsetzungen mögen in der Verlängerung des progressionsfreien sowie des symptomfreien Intervalls liegen. Im Folgenden soll die Indikation der adjuvanten Therapie des PCA nach radikaler Prostatektomie (RPE) oder Strahlentherapie kritisch diskutiert werden.

Patienten mit einem pT3pN0P-Ca werden im Allgemeinen als eine Risikogruppe für ein frühes Rezidiv nach RPE angesehen. Dennoch halten wir eine adjuvante Therapie bei allen Patienten in diesem Tumorstadium für nicht gerechtfertigt. Kausik et al. konnten anhand der natürlichen Krankheitsverläufe von 843 Patienten mit pT3a/bpN0 und negativen Schnitträndern zeigen, dass die rezidivfreie 5-Jahres-Überlebensrate bei 76% liegt. In einer anderen retrospektiven Arbeit hingegen berichten Han et al. über eine biochemische Rezidivrate von 70 bzw. 90% bei Patienten mit pT3b- oder pTxpN1- PCa ohne adjuvante Therapie und unterstreichen die biologische Aggressivität dieser Tumorentität. Allerdings liegt die 5-, 10- und 15-Jahres-Überlebensrate dieser Patientengruppe trotz verzögerter Therapie bei 99, 96 und 90%. Zu ähnlichen Daten kommen Hull et al., die anhand von 1000 konsekutiven Patienten mit PCA eine tumorspezifische 10-Jahres-Überlebensrate ohne adjuvante Therapie von 94% bei pT3b PCA berichten, die sich damit nur unwesentlich von den pT2-Karzinomen mit 97% unterschied. Die Mayo Clinic berichtet in retrospektiven Studien zwar über signifikante Unterschiede bezüglich der systemischen und der biochemischen Rezidivfreiheit bei pT3bpN0- PCA zugunsten der sofortigen adjuvanten Androgendeprivation. Die 10-Jahres- Überlebensraten unterscheiden sich zwischen beiden Gruppen mit 87±1,7% bzw. 95±2,1% nicht signifikant voneinander.

Es scheint also, dass nicht alle Patienten mit lokal fortgeschrittenem PCA von einer sofortigen adjuvanten Therapie profitieren, sondern dass möglicherweise Subgruppen existieren. In diesem Zusammenhang konnten Amling et al. zeigen, dass insbesondere Patienten mit einem präoperativen PSA > 10 ng/ml, einem Gleason-Score > 7 und einer DNA- Aneuploidie bei pT3b-PCA eine mittlere PSA-rezidivfreie Zeit von nur 1 Jahr aufweisen und von adjuvanten Therapiemaßnahmen profitieren könnten.

Patienten mit einem pTxpNx-Gleason 8-10-PCa werden als ein Hochrisikokollektiv bezüglich der Entwicklung eines frühen PSA-Rezidivs angesehen. In früheren Studien wurde für diese Patientengruppe nach alleiniger radikaler Prostatektomie ein tumorspezifisches 10-Jahres-Überleben von 34% und ein metastasenfreies Überleben von nur 26% beschrieben. Zincke et al. beschreiben in dem Patientenkollektiv der Mayo Klinik 82 und 71% ungünstigere 10- und 15-Jahres-Überlebensraten als bei Patienten mit einem Gleason > 7 PCA (90 bzw. 82%), sodass in einigen Zentren die frühe systemische Androgendeprivation favorisiert wird.

Aus unserer eigenen Erfahrung muss jedoch berücksichtigt werden, dass sich die unmittelbare adjuvante systemische Androgendeprivation nicht unmittelbar in verbesserte Überlebenraten transferieren lässt. Unter 145 konsekutiven Patienten mit einem Gleason-8-10-PCA entwickelten alle trotz adjuvanter Hormontherapie innerhalb von 5 Jahren ein PSA-Rezidiv. Zu ähnlichen Daten kommen Hawkins et al. sowie Oefele et al., die keinen Benefit der adjuvanten Kastration in Bezug auf die tumorspezifische 10-Jahres-Überlebensrate nachweisen konnten.

Seit jeher werden Patienten mit einem pTxpN1-PCA zum Zeitpunkt der RPE als ideale Kandidaten für eine adjuvante systemische Androgenablation angesehen, da die systemische Mikrometastasierung bereits eingesetzt hat. Auch wenn die einzige prospektiv randomisierte Studie zum Lymphknoten-positiven PCA nach einem mittleren Follow-up von 7,1 Jahren einen Benefit der Hormontherapie in Bezug auf die tumorspezifische Mortalität (4,3 versus 30,8%) und das progressionsfreie Überleben (92,5 versus 81,2%) erwarten lässt, ist diese Studie mit zu vielen Kritikpunkten (Patientenzahl, Pathologie, Statistik) vergesellschaftet, als dass klinische relevante Schlussfolgerungen gezogen werden könnten. Hull et al. konnten zeigen, dass die tumorspezifischen 10-Jahres-Überlebensraten bei lymphonodulärer Mikrometastasierung und Androgendeprivation im dokumentierten PSA-Progress zwischen pT2- und pTxpN1-Karzinomen mit 90% nicht signifikant voneinander differierten. In einer weiteren Studien berichten Bader et al. nach RPE und extendierter pelviner Lymphadenektomie und einem mittleren Follow-up von 45 Monaten über ein tumorspezifisches, progressionsfreies bzw. symptomfreies Überleben von 78, 24 bzw. 47% bei pTxpN1-Patienten ohne unmittelbare adjuvante Hormontherapie. In der größten Serie von 790 Patienten mit einem pN1-PCa beschreiben Seay et al. ein tumorspezifisches Überleben von 91 und 78%. 5 und 10 Jahre nach RPE und adjuvanter Hormontherapie. In einer detaillierten Analyse der Patientengruppe zeigte sich ein signifikanter Benefit der adjuvanten Androgendeprivation lediglich bei diploiden PCA mit einem Follow-up von mindestens 15 Jahren (83% versus 49%).

Adjuvante Strahlentherapie nach RPE

Die adjuvante Radiatio der Prostataloge wird als adjuvante Therapieoption bei Patienten mit hohem lokalen Rezidivrisiko nach RPE favorisiert. Obwohl positive Schnittränder einen signifikanten Risikofaktor für die Entwicklung eines PSA-Rezidivs darstellen, bilden nur ca. die Hälfte der Patienten mit einer R1-Situation tatsächlich ein lokoregionäres Rezidiv aus. Die Langzeitwahrscheinlichkeit trotz positiver Absetzungsränder rezidivfrei zu bleiben, variiert zwischen 70 und 42%, so- dass eine individuelle, risikoadaptierte Therapieentscheidung notwendig erscheint. In diesem Zusammenhang konnten Öbek et al. in einer Multivarianzanalyse multifokale positive Schnittränder, Alter > 70 Jahre, präoperativer PSA-Serumspiegel > 10 ng/ml sowie einen Gleason-Score > 7 als signifikante Risikofaktoren für das Auftreten eines frühen PSA-Rezidivs identifizieren. Grossfeld et al. haben auf der Basis einer multivariaten Analyse einen Entscheidungsalgorithmus entwickelt, der die Notwendigkeit einer adjuvanten Bestrahlung objektiv errechnen lässt.

Adjuvante Therapie nach Strahlentherapie

Anders als nach RPE scheint die klinische Situation der adjuvanten Hormontherapie nach perkutaner Radiatio auf der Basis prospektiv randomisierter Studien geklärt. Bolla et al. randomisierten 415 Patienten nach Strahlentherapie und applizierten ein LHRH-Analogon für 3 Jahre. Es ergaben sich signifikante Differenzen in Bezug auf das Gesamtüberleben (78 versus 62%) und das tumorspezifische 5-Jahresüberleben (94 versus 79%) zugunsten der adjuvanten Hormontherapie. In der Studie von Pilepich et al. erhielten 471 Patienten entweder eine alleinige Strahlentherapie oder zusätzlich zur Radiatio ein LHRH-Analogon vor und nach Radiatio. Nach einem mittleren Follow-up von 6,7 Jahren zeigte sich ein signifikanter Benefit der adjuvanten Hormontherapie bezüglich der Rate lokaler Rezidive (30 versus 42%), systemischer Metastasen (34 versus 45%), PSA-Rezidive < 1,5 ng/ml (16 versus 3%).

Dr. Carsten Ohlmann, Köln

Literatur beim Autor

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Fazit

Beide vorstehenden Arbeiten setzen sich kritisch mit der Option der adjuvanten Hormontherapie nach radikaler Prostatektomie bzw. perkutaner Strahlentherapie bei Patienten mit Prostatakarzinom auseinander. Das primäre Ziel jeder adjuvanten Therapie nach radikaler Tumorchirurgie besteht in der Eradikation systemischer Mikrometastasen oder minimaler lokoregionärer Residualtumoren in der Situation der R1-Resektion, um das tumorspezifische Überleben gegenüber einer verzögert einsetzenden zu verbessern. An dieser Zielgröße müssen sich alle derartigen Therapiemaßnahmen messen lassen. Sekundäre Zielgrößen können in der Verlängerung des progressionsfreien oder des symptomfreien Intervalls gelegen sein.

Die Problematik allgemeiner Empfehlungen zu adjuvanten Therapiemaßnahmen nach radikaler Prostatektomie liegt in der Tatsache begründet, dass aussagekräftige prospektiv randomisierte Phase-III Studien fehlen. Des Weiteren muss berücksichtigt werden, dass das mittlere Zeitinervall bis zur Entwicklung von Metastasen bei PSA-Progression nach RPE 8 Jahre beträgt; die mittlere Zeit vom Metastasennachweis bis zur tumorbedingten Letalität beträgt im Mittel weitere 5 Jahre. Aus meiner Sicht erscheint es bei Abwägung des potienziellen Benefits sowie der nicht unerheblichen therapieassoziierten Nebenwirkungen nicht gerechtfertigt, eine adjuvante Hormonablation bei allen Patienten mit lokal fortgeschrittenem PCA zu favorisieren. Es müssen valide Prognosefaktoren definiert werden, die eine Selektion der Hochrisikopatienten für ein frühes systemisches Rezidiv erlauben.

Diesbezüglich wurden über 30 klinische oder molekulare Marker identifiziert, über 15 klinische Nomogramme wurden entwickelt. Alle diese Parameter können zwar das Auftreten eines biochemischen Tumorrezidivs mit hoher Validität, Sensitivität und Spezifität vorhersagen. Alle Modelle bleiben aber die Antwort schuldig, bei welchen Patienten das PSA-Rezidiv mit einer frühen und hohen tumorspezifischen Mortalität einhergeht - dies wären die Patienten, die von einer frühen, gar aggressiven adjuvanten systemischen Therapie profitieren könnten.

Derzeit wurde lediglich für die posttherapeutische PSA-Verdopplungszeit nach RPE oder perkutaner Strahlentherapie eine Assoziation zur tumorspezifischen Letalität hergestellt. Es erscheint, dass eine PSA-Verdopplungszeit von 6 bis 12 Monaten mit einer signifikanten höheren tumorspezifischen 5-Jahres-Mortalität vergesellschaftet ist als eine PSA-Verdopplungszeit > 12 Monaten.

Für den klinischen Alltag erscheint der Einsatz der Kattan-Nomogramme, deren Vorhersagekraft bei über 8000 Patienten validiert wurde, sinnvoll, um das Rezidivrisiko individuell vorherzusagen und die Indikation zur adjuvanten Androgenablation risikoadaptiert zu treffen.

Für die Zukunft wird es notwendig sein, neben der individuellen Prädiktion des Rezidivrisikos effektive Therapiestrategien zu entwickeln, die nicht nur eine Verlängerung des progressionsfreien Intervalls, sondern ebenfalls eine Verbesserung des tumorspezifischen Überlebens erlauben. In diesem Zusammenhang sei auf die initiierten prospektiv randomisierten Phase-III Studien der AUO zur adjuvanten Chemohormontherapie verwiesen.

Prof. Axel Heidenreich, Bereich Urologische Onkologie, Köln