Klinische Neurophysiologie 2005; 36(1): 36-37
DOI: 10.1055/s-2004-834669
Bilder der Neurologie
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Hyperintensität im Splenium corporis callosi von Patienten mit Epilepsie

Hyperintensity in the Splenium of Patients with EpilepsyS.  Evers1 , C.  Kellinghaus1 , F.  Bösebeck1
  • 1Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsklinikum Münster
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Publication Date:
04 March 2005 (online)

Fallbericht

MRT-Auffälligkeiten im Splenium des Corpus callosum von Patienten mit Epilepsie sind in der Literatur des öfteren beschrieben worden. Bis vor kurzem war ungeklärt, welche Faktoren zu diesen MRT-Auffälligkeiten beitragen. Inzwischen ist bekannt, dass insbesondere Antiepileptika und akute epileptische Anfälle zu solchen reversiblen Signalveränderungen führen können.

Ein 50-jähriger Patient stellte sich erstmals in unserer Ambulanz vor, da er seit dem 9. Lebensjahr an komplex-fokalen Anfällen litt. Daraufhin wurden diese Anfälle in unserer Klinik videoenzephalographisch als Frontallappenepilepsie rechts mit hypermotorischen Anfällen gesichert. Pathophysiologisch konnte in einer auswärtigen MRT-Aufnahme eine fokale kortikale Dysplasie rechts frontomedial als zugrunde liegende Läsion diagnostiziert werden. Unter der früheren Medikation mit zuerst Phenytoin 400 mg/d und dann Carbamazepin 1200 mg/d (jeweils in Monotherapie) war der Patient nicht anfallsfrei, es kam zu ca. zehn Anfällen pro Woche. Eine Höherdosierung war wegen Nebenwirkungen jeweils nicht möglich. Auch eine Kombination erbrachte keine besser Anfallsreduzierung.

Mit dieser Medikation (Carbamazepin 1200 mg/d und Phenytoin 400 mg/d) stellte sich der Patient in unserer Ambulanz vor. Eine MRT-Aufnahme zur Eingrenzung der Läsion im rechten fronto-medialen Kortex zeigte dann eine bislang nicht beschriebene Signalanhebung im Splenium des Corpus callosum (vgl. Abb. [1]). Wegen der nachgewiesenen Therapieresistenz wurden Phenytoin und Carbamazepin abgesetzt, zeitgleich wurde Oxcarbazepin aufdosiert, wobei die sichere Nebenwirkungsgrenze bei diesem Patienten bei 2400 mg/d lag. Hierunter kam es zu keiner befriedigenden Reduzierung der Anfallsfrequenz. Daraufhin wurde Levetiracetam zusätzlich gegeben in einer Dosis von 2500 mg/d. Unter dieser kombinierten antiepileptischen Medikation sank die Attackenfrequenz um ca. 50 %. Die Möglichkeit eines epilepsiechirurgischen Eingriffs wurde als weitere therapeutische Perspektive erläutert.

Abb. 1 Signalveränderung im Splenium des Corpus callosum bei einem Patienten mit Frontallappenepilepsie unter Carbamazepin.

In der wissenschaftlichen Literatur gibt es eine Reihe von Fallbeschreibungen, die reversible Signalanhebungen im Splenium des Corpus callosum unter Einfluss von Antiepileptika berichten [1] [2] [3] [4] [5] [6]. Die Läsion kann auch bei Patienten auftreten, die Antiepileptika nicht wegen einer Epilepsie, sondern z. B. wegen einer Depressionen erhalten [5].

Am häufigsten wurden diese Signalanhebungen unter Carbamazepin berichtet [6], aber auch unter Phenytoin und Vigabatrin [1]. In anderen Berichten wurde jedoch ein Zusammenhang mit akuten epileptischen Anfällen postuliert [7] [8]. In einigen Fällen konnten keine auslösenden Faktoren für die bisher immer reversible Signalanhebung ausgemacht werden [2]. In keinem Fall zeigten die Läsionen eine Kontrastmittelaufnahme, jedoch konnte in einigen Fällen ein zytotoxisches Ödem in der diffusionsgewichteten Sequenz nachgewiesen werden [5] [8].

Darüber hinaus sind isolierte Signalanhebungen im Splenium des Corpus callosum auch als Ausdruck einer Enzephalitis ohne Epilepsie beschrieben worden. In einer Fallserie von 15 Patienten mit solchen reversiblen Auffälligkeiten zeigten 12 kognitive Störungen und 8 im Verlauf epileptische Anfälle, nur 3 nahmen Antiepileptika zum Zeitpunkt der MRT-Diagnose ein [9].

Zusammenfassend sind in allen Fällen, wie auch dem unseren, die Signalanhebungen innerhalb vom maximal acht Wochen vollständig reversibel gewesen. Alle Autoren weisen darauf hin, dass es sich um eine harmlose Veränderung im MRT handelt, die bei fehlenden neurologischen oder neuropsychologischen Symptomen keiner weiteren apparativen Diagnostik bedarf. Die Ätiologie dieser Signalveränderungen ist jedoch bis heute ungeklärt.

Literatur

  • 1 Kim S S, Chang K H, Kim S T, Suh D C, Cheon J E, Jeong S W, Han M H, Lee S K. Focal lesion in the splenium of the corpus callosum in epileptic patients: antiepileptic drug toxicity?.  Am J Neuroradiol. 1999;  20 125-129
  • 2 Polster T, Hoppe M, Ebner A. Transient lesion in the splenium of the corpus callosum: three further cases in epileptic patients and a pathophysiological hypothesis.  J Neurol Neurosurg Psychiatry. 2001;  70 459-463
  • 3 Feitova V, Feit J, Krupa P. Therapy-related change of corpus callosum in a young patient with epilepsy.  Eur Radiol. 2002;  12 345-347
  • 4 Narita H, Odawara T, Kawanishi C, Kishida I, Iseki E, Kosaka K. Transient lesion in the splenium of the corpus callosum, possibly due to carbamazepine.  Psychiatry Clin Neurosci. 2003;  57 550-551
  • 5 Maeda M, Shiroyama T, Tsukahara H, Shimono T, Aoki S, Takeda K. Transient splenial lesion of the corpus callosum associated with antiepileptic drugs: evaluation by diffusion-weighted MR imaging.  Eur Radiol. 2003;  13 1902-1906
  • 6 Mirsattari S M, Lee D H, Jones M W, Blume W T. Transient lesion in the splenium of the corpus callosum in an epileptic patient.  Neurology. 2003;  60 1838-1841
  • 7 Oster J, Doherty C, Grant P E, Simon M, Cole A J. Diffusion-weighted imaging abnormalities in the splenium after seizures.  Epilepsia. 2003;  44 852-854
  • 8 Cohen-Gadol A A, Britton J W, Jack jr C R, Friedman J A, Marsh W R. Transient postictal magnetic resonance imaging abnormality of the corpus callosum in a patient with epilepsy. Case report and review of the literature.  J Neurosurg. 2002;  97 714-717
  • 9 Tada H, Takanashi J, Barkovich A J, Oba H, Maeda M, Tsukahara H, Suzuki M, Yamamoto T, Shimono T, Ichiyama T, Taoka T, Sohma O, Yoshikawa H, Kohno Y. Clinically mild encephalitis/encephalopathy with a reversible splenial lesion.  Neurology. 2004;  63 1854-1858

PD Dr. Dr. Stefan Evers

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