psychoneuro 2004; 30(9): 517-518
DOI: 10.1055/s-2004-835168
Brennpunkt

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Hinweise zur neu erschienenen Psychiatrie-Personalverordnung[1]

Jürgen Fritze
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Korrespondenzadresse:

Prof. Dr. med. Jürgen Fritze

Gesundheitspolitischer Sprecher der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN)

Asternweg 65

50259 Pulheim

Publication History

Publication Date:
04 October 2004 (online)

Table of Contents

    Die Psychiatrie-Personalverordnung (Psych-PV) kennt vermutlich jeder in psychiatrischen Einrichtungen Tätige. Aber es scheint hohe Zeit, sie wirklich zu kennen.

    Ärzte und Pflegepersonal wirken emsig an den Stichtagserhebungen mit. Allenthalben aber hört man, dass die Personalansprüche aus der Psych-PV unterschritten werden. Repräsentative Statistiken sind jedoch nicht verfügbar. Die Träger der Fachkliniken für Psychiatrie und Psychotherapie scheinen sich zu scheuen, sich gegenseitig Einblick zu gewähren, wohl in der jahrelang trainierten Hoffnung, in der Konkurrenz am Ende doch noch einen eigenen Vorteil herausschlagen zu können. Und in der Sorge, die Transparenz über die eigenen Daten könnte von Kostenträgern gegen sie verwendet werden (z.B. wenn Overheads die Psych-PV Personalausstattung erodieren). Abteilungen für Psychiatrie und Psychotherapie an Allgemeinkrankenhäusern haben vermutlich das besondere Problem, ihre Personalausstattung nach Psych-PV nicht realisieren zu können, weil ein Teil des Budgets zur Subventionierung somatischer Abteilungen herangezogen wird. Darüber darf verständlicherweise nichts in der Öffentlichkeit geäußert werden. Entsprechend sind Versuche bisher gescheitert, auch nur eine anonymisierte gemeinsame Statistik ins Leben zu rufen. Die Zahlen werden mehr oder weniger hinter vorgehaltener Hand kolportiert. Damit kann man kaum etwas anfangen.

    Immerhin scheint der Grad der Erfüllung der Personalansprüche in Fachkliniken für Psychiatrie und Psychotherapie bei 80 % zu liegen, mit besonders ausgeprägter Unterdeckung des Bedarfs gerade in forensischen Abteilungen (für die die Psych-PV allerdings nur analog herangezogen werden kann). Aus Abteilungen für Psychiatrie und Psychotherapie an Allgemeinkrankenhäusern sind gar Werte von 70 % und 60 % zu hören. Da kann man nur hoffen, dass es sich um seltene Ausnahmen handelt.

    Gerade für die Abteilungen für Psychiatrie und Psychotherapie an Allgemeinkrankenhäusern scheint die Situation dadurch verschärft, dass nahezu regelhaft das Abteilungsbudget nicht - wie gemäß Psych-PV eigentlich zwingend geboten - gesondert mit den örtlichen Kostenträgern verhandelt wird. Vielmehr scheint weit überwiegend für die psychiatrischen und somatischen Abteilungen eines Hauses ein Gesamtbudget ohne Abteilungsdifferenzierung verhandelt zu werden. Das ist insbesondere im DRG-Zeitalter widersinnig und kontraproduktiv. Das lädt geradezu ein zur Subventionierung notleidender somatischer Abteilungen aus Mitteln, die der Versorgung psychisch Kranker gelten. Kann man das mit psychisch Kranken machen? Jedenfalls geht man das Risiko ein, dass die Krankenkassen Budgetanteile, die für die Versorgung psychisch Kranker gedacht waren, dort aber nicht angekommen sind, zurückfordern.

    Die umseitig abgedruckte Antwort von Frau Staatssekretärin Caspers-Merk für die Bundesregierung vom 07.05.2004 auf eine kleine Anfrage der Bundestagsfraktion der FDP signalisiert, wie doch recht ratlos die Bundesregierung die praktische Handhabung der Psych-PV begleitet. Bedeutsam aber ist die neuerliche, klare Bestätigung, dass die Personalansprüche gemäß Psych-PV unverändert gelten, und dass „das Personal nicht anderweitig eingesetzt werden darf.”

    Wenn durch die Kraft des Faktischen „bewiesen” wird, dass sich psychische Krankheiten „bestens” auch nur mit 70 % der nach Psych-PV eigentlich zustehenden Personalausstattung behandeln lassen, dann wird die Psych-PV Makulatur. Um den womöglich fatalen Entwicklungen vorzubeugen und der Psych-PV wieder zu ihrem Zweck zu verhelfen, gehört ihre 4. Auflage auf den Schreibtisch jedes in psychiatrischen Einrichtungen Tätigen, auch wegen der ergänzenden (z.B. bezüglich des DRG-Systems) Hintergrundinformationen.

    1 Heinrich Kunze, Ludwig Kaltenbach (Hrsg.). Psychiatrie-Personalverordnung. Textausgabe mit Materialien und Erläuterungen für die Praxis. 4., überarbeitete und aktualisierte Auflage. 305 Seiten. Stuttgart; Kohlhammer GmbH, 2003. ISBN 3-17-017494-0. 35,- €.

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    Korrespondenzadresse:

    Prof. Dr. med. Jürgen Fritze

    Gesundheitspolitischer Sprecher der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN)

    Asternweg 65

    50259 Pulheim

    1 Heinrich Kunze, Ludwig Kaltenbach (Hrsg.). Psychiatrie-Personalverordnung. Textausgabe mit Materialien und Erläuterungen für die Praxis. 4., überarbeitete und aktualisierte Auflage. 305 Seiten. Stuttgart; Kohlhammer GmbH, 2003. ISBN 3-17-017494-0. 35,- €.

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    Prof. Dr. med. Jürgen Fritze

    Gesundheitspolitischer Sprecher der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN)

    Asternweg 65

    50259 Pulheim