Aktuelle Urol 2004; 35(6): 477-481
DOI: 10.1055/s-2004-835741
Qualitätsmanagement

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Ansätze für fachübergreifende Dienst- und Arbeitsstrukturen - Flexibles Arbeitszeitmanagement und Einsatzplanung im Klinikum Ingolstadt

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17 November 2004 (online)

 
Table of Contents #

1. Arbeitszeitliche Situation Krankenhaus - ein Situationsbericht zur Arbeitszeitorganisation im Klinikalltag

Der Klinikalltag in den meisten deutschen Krankenhäusern ist bei Einteilung der Arbeitszeit durch die Vorgabe der tariflichen Wochenarbeitszeit geprägt. Sowohl im Bereich der betriebsüblichen Arbeitszeit Montag bis Freitag im ärztlichen Dienst und anderen Berufsgruppen als auch im Schichtdienst der Pflegedienste begegnet man allerorts der wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 38,5 Stunden und einer 5-Tage-Woche.

Alle Arbeitszeiten, die über dieses Maß hinausgehen, werden als Mehrarbeit oder Überstundenarbeit betrachtet. Vereinzelt bzw. auch sehr häufig ist diese Grenze der wöchentlichen Arbeitszeit im Rahmen der dienstplanmäßigen Arbeitszeit auf einen etwas längeren Arbeitszeitraum erweitert worden, wobei auch hier die Fortschreibung der wöchentlichen Arbeitszeit Grundlage ist. Bei einem 4- wöchigen Dienstplan endet diese in der Regel mit 154 Stunden, was auch wie bei einer betriebsüblichen Arbeitszeit keine Zeitvalenzen erkennen lässt. Diesen so genannten "Betriebszeiten" unterlegt ist ausschließlich die tarifvertragliche Arbeitszeit der Mitarbeiter in der Klinik. Damit wird klar erkennbar, dass es im Krankenhausbereich im Wesentlichen keine Orientierung an den Betriebsabläufen oder an den notwendigen Servicezeiten der Patienten und sonstigen Kunden gibt. Ständige Mehrarbeit, hohe Belastungen durch Bereitschaftsdienste, hohe Inanspruchnahmen während der ganzen Zusatzdienste sind die Folge. Daraus ergeben sich im Weiteren auch hohe Lohnzusatzkosten, die ausschließlich über den Zeitverbrauch und die zusätzliche Arbeitszeit entstehen können. Die Kliniken funktionieren in der Regel vormittags in der Zeit von 9.00 bis 12.00 Uhr und nachmittags bis 15.00 Uhr in den hoch technisierten und kapitalintensiven Bereichen. Die Probleme mit der verkürzten Liegedauer und die Möglichkeiten der vor- und nachstationären Behandlung finden sich im Zeitverhalten, das stark ritualisiert ist, noch nicht wieder.

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2. Die arbeitszeitrechtliche Situation im Krankenhaus

Durch das Arbeitszeitgesetz wurde 1994/2003 klar definiert, dass die tägliche Arbeitszeit in der Regel 8 Stunden betragen soll und dazu 6 Werktage zur Verfügung stehen. Mithin ist ein wöchentlicher Rahmen von 48 Stunden durchaus denkbar. Die tägliche Arbeitszeit nach § 3 ArbZG kann auf bis zu 10 Stunden erweitert werden, wenn zu einem späteren Zeitpunkt ein Zeitausgleich erfolgt.

Nach § 5 ArbZG kann auch während der gesetzlich vorgeschriebenen Ruhepause von 11 Stunden, die im Krankenhaus auf 10 Stunden gekürzt werden kann, auch Bereitschaftsdienst geleistet werden. Insofern ist nach den Regularien des Arbeitszeitgesetzes die Kombination Arbeitszeit und Bereitschaftsdienst durchaus noch denkbar - jedoch werden ab 31.12.2005 für beide Dienstarten die gesetzlichen Tageshöchstarbeitszeitgrenzen gelten. Bei Unterschreiten der gesetzlichen Ruhezeit des § 5 Abs. 3 ArbZG ist dann ein sofortiger Zeitausgleich fällig; dies bedeutet, dass der Mitarbeiter üblicherweise nach dem Bereitschaftsdienst nach Hause gehen muss. Durch den BAT ist eine Konkretisierung der Arbeitszeit für die Mitarbeiter im öffentlichen Dienst erfolgt. Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden ist in 26 Wochen zu erreichen. Dies bedeutet nach dem Tarifvertrag, dass keine tägliche Arbeitszeit und keine linearisierte wöchentliche Arbeitszeit vorgesehen ist, mithin besteht für den öffentlich-rechtlichen Bereich und die Arbeitgeber, die den BAT anwenden die Möglichkeit, 0 - 70 Stunden pro Woche tarifliche Arbeitszeit abzuverlangen. Die tägliche Höchstarbeitszeit ist mit 10 Stunden am Arbeitszeitgesetz zu orientieren.

Bei Kombination von Arbeits- oder Bereitschaftsdienst ist zu beachten, dass die tariflichen Schutzvorschriften der Sonderregelung 2 a und 2 c dann greifen, wenn ein Mitarbeiter Arbeitszeit von mehr als 7,5 Stunden leistet und sich daran ein Bereitschaftsdienst der Stufe C oder D anschließt, der mindestens 12 Stunden dauert. In diesem Falle hat der Mitarbeiter zwingend nach Arbeit und Bereitschaftsdienst Freizeitausgleich zu nehmen. Damit ist das bisherige Prinzip der Arbeitszeitgestaltung im Krankenhausbereich durchbrochen. Bisher kennzeichnete den ärztlichen Bereitschaftsdienst die Leistungskette Arbeit, Bereitschaftsdienst, Arbeit. Nunmehr vorgesehen ist ausschließlich eine Leistungskette Arbeit und Bereitschaftsdienst, danach Freizeitausgleich. Durch das EuGH-Urteil wurde diese Regelung noch mehr verschärft. Darf man diesem Urteil folgen, wird wohl zu erwarten sein, dass Bereitschaftsdienst aus der Sicht des Arbeitsschutzes künftig wie Arbeitszeit zu bewerten ist mit der Folge, dass auch ein Bereitschaftsdienst wohl nur noch bis 10 Stunden geleistet werden kann.

Die teils kontroversen Diskussionen über die Entwicklungen des deutschen Arbeitszeitrechtes und des europäischen führen im Moment noch zu keinem sinnvollen Ergebnis, wobei wohl erkennbar ist, dass die in den europäischen Gesetzen niedergeschriebene Höchstarbeitszeit von wöchentlich 48 Stunden eine sehr feste Grenze darstellt, die wohl in naher Zukunft erreicht wird. Von der täglichen Höchstarbeitszeit von 10 Stunden gibt es heute schon im nationalen wie internationalen europäischen Recht verschiedene Abweichungen, so dass mit einer längeren Tagesarbeitszeit wohl gerechnet werden kann, nicht aber ein Abweichen von der 48-stündigen Höchstarbeitszeit pro Woche erwartet werden kann, wenn das Arbeitszeitgesetz in § 3 geändert wird.

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3. Belastung der Mitarbeiter

Im Krankenhaus üblich ist es, dass verschiedene Dienste zu leisten sind. Die Dienstplangestaltung im Krankenhaus verlangt die Besetzung aller Kalendertage rund um die Uhr. Dies bedeutet, dass 3- oder Mehrschichtbetrieb permanent angesagt ist, aber auch die Kumulation Arbeitszeit und Bereitschaftsdienst sowie Rufbereitschaft. Dies führt sehr häufig zu sehr großen Belastungen der Mitarbeiter, die wir aber sehr gerne in Kauf nehmen, da dadurch auch zusätzliche finanzielle Mittel erwirtschaftet werden können. Was die Mitarbeiter als besonders belastend empfinden im Krankenhausbereich, und dies bei einem zunehmend hohen Anteil von Frauen, die dort beschäftigt werden und Teilzeitbeschäftigten, sind die diskontinuierlichen Arbeitsanfälle, die ständige Mehrarbeit und Überstunden. Reduziert auf das Maß der Krankheitszeiten werden diese Dienste aber nur bis zu ca. 5% der Jahresgesamtarbeitszeit denkbar, wobei auch dieser Wert nochmals zu reduzieren wäre auf rund 2,5% der Jahresarbeitszeit, betrachtet man von der Gesamtzahl der Krankheit nur die kurzzeitigen und kurzfristigen Erkrankungen, die es zu ersetzen gilt.

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Abb. 1 Die Arbeitszeitstruktur moderner Kliniken.

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Abb. 2 Die Arbeitszeitstruktur in Kernbereichen.

Was die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einfordern ist Pünktlichkeit in der Dienstleistung, um ihre soziale Kompetenz nicht nur dienstlich, sondern auch im privaten Bereich leben zu können. Die bisherigen Gestaltungsformen im öffentlichen Dienst, vor allem im Krankenhausbereich, führen zu einer diskontinuierlichen Inanspruchnahme, vor allem weil die Arbeitszeiten über starre Schichtzeiten oder starre betriebsübliche Arbeitszeiten organisiert werden und dadurch die Mehrarbeit durch Überstundenarbeit geregelt werden muss. Auch der diskontinuierliche Arbeitsanfall auf den Stationen ließe sich durch eine Komprimierung der Bereitschaftsdienste vermeiden. Hier ist aber abzuwägen zwischen den physischen und psychischen Belastungen der Mitarbeiter und dem Wunsch nach mehr Verdienst und Verdichtung der Arbeitszeit, um längere Freizeiten zu haben.

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4. Betriebswirtschaftliche Betrachtung

Die bisherige Zeitverbrauchskultur im Krankenhausbereich führt betriebswirtschaftlich zu völlig unsinnigen Ergebnissen. Die Fülle an Mehrarbeitsstunden, Bereitschaftsdienststunden, Rufbereitschaftsstunden und Arbeit in Rufbereitschaft sowie die hohen Zuschläge und Zulagen für teils nicht nach der Qualität definierte Dienste führen zu hohen Lohn- nebenkosten.

Die Alimentation der Mitarbeiter im öffentlichen Dienst führt im Fall Krankheit, Urlaub und der Weihnachtszuwendung sowie Mutterschutz zu sehr hohen Belastungen des Personalbudgets. Damit werden Mittel, die eigentlich der Quantität der Stellen zur Verfügung stehen, für die Bewertung einzelner Stellen verwandt. Dies führt im Ergebnis dazu, dass weniger Mittel für die Stellen, dafür aber mehr für die Person zur Verfügung stehen. Der Arbeitsdruck wird sich dadurch dauerhaft auf die einzelnen Mitarbeiter erhöhen. Das Stellenbudget wird dauerhaft abnehmen. Die contraproduktiven Auswirkungen betriebswirtschaftlicher Natur lassen sich durch eine Präferenz des Freizeitausgleiches abfedern und nahezu gegen Null führen. Dies bedingt aber auch eine entsprechende Unternehmenskultur bei der Planung der Dienste, der qualitativen Belegung und der Organisation der Dienst- und Betriebsabläufe über die Berufsgruppen hinaus. Das Fallmanagement könnte hier sehr schnell eine Lösung bringen, sofern die "Produktionsvorstände" Ärztlicher Direktor und Pflegedirektor gemeinsam an diesem Prozess arbeiten.

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5. Entkoppelungsprinzip

Maßgeblich für die Einführung neuer Arbeitszeitmodelle im Krankenhaus ist die Entkoppelung der Funktion von der Person. Die Funktion verbindet sich mit der Betriebs- und der Servicezeit, die Person mit der persönlich geschuldeten Arbeit und den einzelnen Modellen. Die Krankenhausträger sind aufgefordert, sog. Betriebs- und Servicezeiten zu definieren, an denen sich dann die Arbeitszeiten (Feste Schichten, Regelarbeitszeit, Gleitzeit, Vertrauensarbeitszeit) der Mitarbeiter zu orientieren haben.

Nach den Arbeitszeiten, wenn z. B. eine Service- und Betriebszeit für den ärztlichen Dienst von 7.00 Uhr bis 21.00 Uhr (Montag bis Freitag) definiert wird, können sich dann die Zusatzdienste, Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft orientieren, die in der Regel dann hausübergreifend sein werden/müssen. Die Struktur der Patientenversorgung im Zeitalter der DRGs stellt den Patienten und den Prozess darum in den Mittelpunkt. Systeme, die die Klinik als Fachbereich im Mittelpunkt sehen, werden scheitern - synergetische Nutzung aller Erfahrungen und Ressourcen ist zwingend notwendig.

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Abb. 3 Die neue Entgeltstruktur.

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Abb. 4 Das Ingolstädter Modell.

Während der sog. Servicezeiten ist Mehrschichtbetrieb, 2-Schichtbetrieb oder 3- Schichtbetrieb zur Lösung denkbar, aber auch die Durchmischung mit Gleitzeiten bedenkenlos machbar. Die Steuerung der Besetzung dieser Schichten erfolgt über Zielvereinbarungen mit den jeweiligen Mitarbeitern.

Um in der Gestaltung der Arbeitszeitmodelle erfolgreich zu sein und diese benennen zu können, ist es zwingend erforderlich, die Betriebs- und Servicezeiten vorher zu definieren und diese Entkoppelung durchgeführt zu haben. Nachfolgend sehen Sie einen Vorschlag wie hausweite Servicezeiten aussehen können.

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6. Zeitkonten

Die moderne Zeitwirtschaft bedient sich heute so genannter Zeitkonten. Zeitkonten werden grundsätzlich den Mitarbeitern zugeordnet und finden ihren Ursprung in § 15 Abs. 1 des BAT. § 15 BAT sieht einen Zeitausgleich der geleisteten Wochenarbeitszeit innerhalb von 26 Wochen vor. Dies bedeutet, dass für die konkret in der Woche geleistete Arbeitszeit jeweils ein neu entstehender Ausgleichszeitraum von 26 Wochen entsteht und somit die Zeitkonten zu keinem Zeitpunkt auf Null reduziert werden müssen.

Die Verkürzung der Dienstplanzeiträume auf 4 Wochen bedeutet lediglich, dass von der tariflichen Regelung des § 15 Abs. 1 BAT eine Abweichung erfolgt und der Ausgleichszeitraum auf 4 Wochen reduziert wird, ohne dem Arbeitgeber die Möglichkeit zu geben, von seinem Dispositionsrecht, das ihm tarifvertraglich eingeräumt wurde, Gebrauch zu machen.

Nachdem nach dem Arbeitszeitgesetz heute die Regelarbeitszeit bei 48 Stunden (8 Arbeitsstunden bei 6 Werktagen) geleistet werden kann und diese nicht dem staatlichen Arbeitszeitschutz unterliegt und somit kein Zeitausgleich fällig wird, kann durchaus beruhigend wöchentlich ein Zeitpolster von 9,5 Stunden aufgebaut werden. Der erstmalige Zeitausgleich wäre dann nach einem halben Jahr oder 26 Wochen durchzuführen. Dies bedeutet vereinfacht, dass bei einem Zeitkonto von 200 Stunden der staatliche Arbeitszeitschutz nicht greifen würde. Dieser Zeitraum deckt sich dann aber auch mit dem tariflichen Gebot des Freizeitausgleiches, der erstmals nach 26 Wochen im Durchschnitt auf 38,5 Stunden wieder hergestellt sein muss. Bei Betrachtung all dieser Gestaltungsparameter besteht pro Woche die Möglichkeit 70 Stunden zu arbeiten. Nachdem in einer Doppelwoche ein Wochenende frei sein muss, kann in der Doppelwoche rein theoretisch 120 Stunden - in 4 Wochen 240 Stunden - gearbeitet werden. Bei einer fiktiven Sollarbeitszeit von 154 Stunden ist die dazwischen liegende Differenz in einer so großen Fülle vorhanden, dass dies wohl im Tagesbetrieb ausgeschöpft werden kann.

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Bei voller Ausnutzung der 48 Std.-Regelung erreichen die Beteiligten ungefÀhr das gleiche Nettogehalt, als wenn sie im Monat durchschnittlich 5 Bereitschaftsdienste der Stufe D (wochentags 16 Std., Wochenende, Feiertage 24 Std. und Freizeitausgleich) leisten.

Wir empfehlen bei der Implementierung von Zeitkonten ein Zeitkonto von +/- 200 Stunden, das sich bei 20 Arbeitswochen im Halbjahr und durchschnittlich 10 zu leistenden Stunden pro Woche ergeben würde. Um Mitarbeitern ein Surrogat für die geleistete Mehrarbeit zu bieten, ist das Zeitkonto jeweils in den Minusbereich in gleichem Maße auszudehnen. Dies bedeutet, dass der Mitarbeiter zwischen +/- 200 Stunden ständig seine Arbeitszeit einplanen kann. Im Rahmen der 48-Stunden-Regelung nach dem Arbeitszeitgesetz können die Träger der Einrichtungen örtlich über den Umgang mit dem Inhalt des Zeitkontos verhandeln; nach dem Gesetz geschützt ist die Zeit, die die 48-Stunden-Grenze übersteigen würde. Hier ist ein echter Gestaltungsspielraum zu erkennen!(?).

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7. Flexible Einsatzplanung für unflexible Bereiche

Nachdem es im Krankenhaus eine Fülle von Mitarbeitern gibt, die in festen Prozeduren beschäftigt werden und auch die dienstplanmäßige Arbeit wohl dauerhaft immer vorhanden sein wird, stellt sich die Frage, ob im Bereich der dienstplanmäßigen Arbeitszeit und dort wo feste Prozeduren anfallen, überhaupt flexibilisiert werden kann.

Für diesen Fall ist es denkbar, dass man nicht in der Tagesarbeitszeit große Flexibilität sucht, sondern durch die Arbeitstage oder den Verzicht auf die Sollarbeitszeit, die nach dem Tarifvertrag im Dienstplanzeitraum grundsätzlich nicht erwartet wird. Dies bedeutet, dass ein Mitarbeiter in einem Dienstplanzeitraum von 4 Wochen künftig keine 20 Arbeitstage mehr hat, sondern der Arbeitgeber es ihm freistellt, zwischen 16 und 24 Arbeitstagen zu arbeiten. Mithin ergibt sich ein Flexibilisierungspotenzial von 8 Tagen (+/- 4 Tage), bei unterstellt 8 Stunden pro Tag ein Flexibilisierungsrahmen von 64 Stunden.

Dieser Richtwert muss nicht vorgegeben werden, es ist auch denkbar, grundsätzlich auf eine Sollzeit bei einem 4-wöchigen Dienstplan zu verzichten, so dass der Mitarbeiter tatsächlich die Steuerung seiner Arbeitstage bedarfsadaptiert oder eben nach Teamabsprachen vornehmen kann. Die Verrechnung dieser +/- Tage, der Verzicht auf Arbeitstage oder das Mehrleisten der Arbeitstage, erfolgt dann über das Zeitkonto, das sich bei dem entsprechenden Limit von +/- 200 Stunden auf die Regulative ergibt. Damit haben wir 2 wesentliche Flexibilisierungspotenziale bei scheinbar unflexiblen Arbeitszeiten.

Überdies empfehlen wir die so genannte Karenzzeit bei festen Arbeitszeiten und bei dienstplanmäßiger Schichtzeit. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber auf das Direktionsrecht verzichtet und es dem Mitarbeiter frei steht, pünktlich zu sein. In einer Karenz von +/- 10 Minuten zu Dienstbeginn und -ende entscheidet der Mitarbeiter, wann er seinen Dienst aufnimmt. Dies bedeutet, dass er zu Dienstbeginn 20 Minuten und zu Dienstende ebenfalls 20 Minuten Gleitzeit hat und damit alle Widrigkeiten bei Dienstaufnahme und die mit dem Thema "Frauenbeschäftigung - Kindererziehung" zu tun haben, gut abgefedert werden können.

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8. Tagesflexibilität durch Gleitzeitsysteme

Der Tarifvertrag sieht vor, dass entweder durch betriebsübliche Arbeitszeit oder auch bei dienstplanmäßiger Arbeitszeit flexible Arbeitszeitsysteme angewandt werden können. Flexible Arbeitszeitsysteme sind zwangsläufig bekannt als Gleitzeitsysteme. Sie werden geschlossen von einer Rahmenzeit, frühester Dienstbeginn - spätestes Dienstende, und einer möglichen Kernzeit und Pausenzeiten bzw. kann auf die Kernzeiten auch gänzlich verzichtet werden.

Die persönlich zu leistende Arbeitszeit pro Mitarbeiter und Tag in der Gleitzeit beträgt maximal 10 Stunden, die Pausenlänge orientiert sich jeweils an der Schichtlänge. Bei dienstplanmäßiger Arbeitszeit wäre in der Sollzeile der Arbeitstag als solcher zu planen mit dem Schichtsymbol Gleitzeit. Damit besteht auch die Möglichkeit, bei dienstplanmäßiger Arbeitszeit Gleitzeitmodelle zum Einsatz zu bringen und damit bedarfsadaptiert für einen Großteil der Belegschaft die Möglichkeit zu flexiblen Arbeitszeiten zu geben, um Belastungsschwankungen entsprechend abzufedern. Überdies kann über die Gleitzeitkräfte auch der Personalausfall Krankheit gut kompensiert werden, sofern Standards definiert sind.

Mit diesen Variationen sind alle Belegschaftsteile, die im Krankenhaus Dienst leisten, abgefedert. Rund 50% der Belegschaft sind in festen Prozeduren eingeplant, so dass über die flexible Einsatzplanung deren Interessen gut entsprochen werden kann.

Nachdem die Zuverlässigkeit der Dienstplanung bei dem Frauenunternehmen Krankenhaus eine große Rolle spielt, kann auf diesem Wege über die festen Arbeitszeiten und die vagabundierenden Einsatztage und den Verzicht der Sollarbeitszeit diesen Wünschen gut entsprochen werden. Die hoch flexiblen Mitarbeiter können die tatsächlich tagesflexiblen Arbeitszeiten nutzen und verwenden.

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9. Prozessoptimierung

Ziel der Flexibilisierung der Arbeitszeiten im Krankenhaus ist es, bedarfsadaptierte Einsatz- und Arbeitszeiten zu schaffen. Es ist ganz entscheidend für die Umsetzung der DRGs die richtigen Voraussetzungen für den flexiblen Personaleinsatz der Mitarbeiter zu schaffen.

Es geht immer mehr darum, die Mitarbeiter leistungs- und arbeitsbezogen im Unternehmen zu haben und die Präventivdienste auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Durch die flexible Einsatzplanung und die flexiblen Tagesarbeitszeiten werden die tarifvertraglich formalen Voraussetzungen für den Einsatz der Mitarbeiter geschaffen. Die Anwendung erfolgt über so genannte Teamarbeitszeiten. Im Übrigen gilt es festzustellen, dass die Entkoppelung der Funktionszeit von der Arbeitszeit im Ergebnis die Teamarbeit bringen wird.

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10. EDV-Einsatz

Für die Einsatzsteuerung und -planung im Krankenhaus ist unabdingbare Voraussetzung die Nutzung einer komplexen EDV-Software, die den Bereich Zeitwirtschaft und Zeitmanagement abdeckt.

Im Bereich Zeitwirtschaft geht es um

  • die Arbeitszeiterfassung,

  • die tarifvertragliche Bewertung,

  • die Zeitkontenführung,

  • die Abrechnung der Zulagen und Zuschläge,

  • die Ermittlung der Schicht- und Wechselschichtzulagen,

  • die Dokumentation,

  • die Archivierung und

  • die Zahlüberwachung von zeitrelevanten Vergütungsbestandteilen. Im Bereich der Zeitwirtschaft liegen

  • die Einsatzplanung,

  • die Einsatzsteuerung,

  • die Optimierung und

  • das Modul Managementinformationen,

  • für die Betriebsleiter und Verantwortlichen der Teilbereiche.

Die Verwaltung der Fehlzeiten und der Arbeitszeiten über eine Datenfinanzbuchhaltung zu realisieren, entspricht nicht mehr einer zeitgemäßen Betriebsführung, da diese Daten viel zu weit von der Realität entfernt sind. Der Betrieb ist heute aus dem Ist zu führen, die Daten müssen das Tagesprofil wiedergeben.

Nur wer heute den Überblick über ein Unternehmen hat, kann den Erfolg maßgeblich lancieren. Daten aus der Finanzbuchhaltung im zeitwirtschaftlichen Bereich sind in der Regel zwei Monate alt und können nur zu Gerichtszwecken verwendet werden. Die reine Betriebsführung ist aus den so genannten Ist-Daten der Zeitwirtschaft zu realisieren. Das Ingolstädter- Modell ist auf die Nutzung aller Ressourcen ausgelegt und berücksichtigt die Interessen der Mitarbeitergruppen, der Dienstgruppen und in besonderem Maße die Frauen. Die Betriebs- und Unternehmensziele sind exakt definiert. Die Anpassung der Prozessstrukturen ist Aufgabe des ärztlichen und pflegerischen Dienstes gemeinsam. Die Interessen der Mitarbeiter bezüglich der Sicherheit und Planbarkeit des Dienstes einzuhalten sind oberstes Ziel; die Wünsche nach einem höheren Verdienst können auch berücksichtigt werden, dies führt aber zu weniger Stellen und einem höheren Druck auf die Beschäftigten. Belegungs- und Belastungsschwankungen können mit diesen hausübergreifenden Diensten am ehesten zu Gunsten der hoch belasteten Abteilungen unmittelbar ausgeglichen werden. Das Zeitkonto gibt die eindeutige Vorgabe für das Volumen.

Nachfolgend nochmals die Eckpunkte des KlingMobile

Heribert Fastenmeier, Ingolstadt

 
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Abb. 1 Die Arbeitszeitstruktur moderner Kliniken.

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Abb. 2 Die Arbeitszeitstruktur in Kernbereichen.

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Abb. 3 Die neue Entgeltstruktur.

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Abb. 4 Das Ingolstädter Modell.

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Bei voller Ausnutzung der 48 Std.-Regelung erreichen die Beteiligten ungefÀhr das gleiche Nettogehalt, als wenn sie im Monat durchschnittlich 5 Bereitschaftsdienste der Stufe D (wochentags 16 Std., Wochenende, Feiertage 24 Std. und Freizeitausgleich) leisten.