Der Klinikarzt 2004; 33(11): IV
DOI: 10.1055/s-2004-836976
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Auch für Kinder und Risikopatienten - Eine sicherer Baustein für das postoperative Schmerzmanagement

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Publication Date:
02 December 2004 (online)

 
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Wer weiß es nicht: Eine optimale, regelmäßige und multimodal ausgerichtete (postoperative) Schmerztherapie mit Nichtopioiden, Lokalanästhetika und Opioiden vermeidet Chronifizierungsprozesse, verkürzt die Rekonvaleszenzphase und trägt dazu bei, Komplikationen vorzubeugen. Doch obwohl das Schmerzmanagement in den Kliniken immer stärker in den Fokus rückt, scheint seine optimale Umsetzung trotzdem schwer zu fallen: Etwa die Hälfte aller Klinikpatienten erleben die postoperative Phase als einen von starken Schmerzen gekennzeichneten Zeitraum, und acht von zehn ambulant Operierten klagen über Schmerzen, wenn sie das Krankenhaus verlassen, verdeutlichte Prof. Dr. E. Neugebauer, Köln.

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Baustein in der Kombination

Nach größeren Operationen reicht eine alleinige Therapie mit Nichtopioidanalgetika sicherlich nicht aus, um eine adäquate Schmerzlinderung zu erzielen. Solche Präparate können jedoch aufgrund ihres anderen Wirkmechanismus zu einer zusätzlichen Schmerzlinderung führen und den Bedarf an Opioiden - und damit auch deren potenzielle Nebenwirkungen (Sedierung, Atemdepression, Darmatonie) - reduzieren, verdeutlichte Dr. W. Gogarten, Münster. Besonders wichtig kann dies bei älteren, multimorbiden Patienten sein, vor allem dann, wenn die Abbauwege bereits beeinträchtigt sind.

Aufgrund seines schnellen Wirkungseintritts und seines äußerst geringeren Nebenwirkungspotenzials hält Gogarten Paracetamol i.v. (Perfalgan®) für einen geeigneten Baustein im Rahmen dieser multimodalen Schmerztherapie. Anders als für nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) oder für selektive COX-2-Hemmer wurden für das Paracetamol bisher weder gastrointestinale noch renale oder kardiale Komplikationen beschrieben, meinte die Anästhesiologin. "Bei Paracetamol müssen Sie nur die Leber im Auge behalten." Doch solange man sich an die Dosierungsvorgaben halte, seien - eine normale Leberfunktion vorausgesetzt - Leberschäden nicht zu befürchten.

"Bei größeren Eingriffen und Patienten mit Risikofaktoren bevorzugen wir in Münster daher Regionalanästhesien, die wir postoperativ fortsetzen und dann mit Paracetamol i.v. kombinieren", riet Gogarten. Auch bei Schwangeren eigne sich Paracetamol besser als nichtsteroidale Antirheumatika, die auch in dieser Situation gefährliche Nebenwirkungen provozieren können (z.B. Verschluss des Ductus arteriosus, intrazerebrale Blutungen, neonatale pulmonale Hypertonie).

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"Load the brain, not the after"

Bei der Schmerztherapie von Kindern ist Paracetamol schon seit langem fest etabliert. "90% aller Anästhesie-Abteilungen setzen zur postoperativen Schmerztherapie Paracetamol-Zäpfchen ein", meinte Dr. B. Zernikow, Datteln. "Prinzipiell wäre dies ja nicht schlecht, sicherer ist jedoch eine i.v.-Applikation von Paracetamol!"

Denn Paracetamol-Zäpfchen haben einen großen Nachteil: Abhängig vom Alter der Kinder, der Zubereitung der Zäpfchen oder auch ihrer nicht immer leichten Platzierung schwankt die relative Bioverfügbarkeit des Wirkstoffs zwischen 30 und 86%. Daher ist auch eine einfache Dosiserhöhung laut Zernikow nicht möglich. Wird wider Erwarten die höhere Zäpfchendosis vollständig aufgenommen, könnten so Überdosierungserscheinungen auftreten. Auch eine orale Applikation von Paracetamol ist nicht ideal: Zwar könnte man hiermit relativ schnell ausreichende Serumkonzentrationen erreichen, doch die maximale Schmerzreduktion setzt erst nach etwa vier Stunden ein - viel zu spät, so Zernikow.

Einen Lösungsansatz für dieses Dilemma sieht Zernikow mit der i.v.-Applikation von Paracetamol. Denn so appliziert wirkt die Substanz durch ihre schnelle Anflutung ins Gehirn deutlich schneller als die Alternativen, eine so genannte Loading-Dose (40 mg/kg) - wie sie bei der Applikation von Zäpfchen häufig eingesetzt werden muss - ist ebenfalls nicht nötig. Und da die Kinder aufgrund der Operation ohnehin einen intravenösen Zugang haben, ist die i.v.-Gabe ohne Schwierigkeiten möglich.

"Mit der festen Dosierung von 15 mg/kg Körpergewicht alle sechs Stunden i.v. liegen wir deutlich unter der kritischen Dosierung von 90 mg/kgKG", meinte Zernikow. Schwere Nebenwirkungen sind nicht bekannt. Dieser Sicherheitsaspekt war sicherlich ein Kriterium für die Zulassung der Paracetamol-Infusion (Perfalgan®) auch für Kinder ab einem Körpergewicht von 10 kg, die seit Mitte des Jahres vorliegt.

sts

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Mit PATHOS zu neuen Erkenntnissen

Zu selten, zu spät und zu wenig wird die postoperative Schmerztherapie eingesetzt, sagte Prof. E. Neugebauer, Köln. Doch differenzierte Ansätze, die diese Situation verbessern können, sind nur schwer zu definieren. Hier soll eine paneuropäische Erhebung helfen, in der Anästhesisten und chirurgisch tätige Ärzte über ihr derzeitig gebräuchliches Vorgehen beim Schmerzmanagement befragt werden.

An PATHOS[1] nehmen in randomisierter Form insgesamt mehr als 500 Kliniken aus sechs Ländern (Österreich, Belgien, Deutschland, Portugal, Spanien und Schweiz) teil. Erste Ergebnisse werden im nächsten Jahr erwartet. Übrigens: Die Resultate aus PATHOS sollen als Grundlage für ein Ausbildungsprogramm dienen (SIMPATHI[2]), das zu einer deutlichen Verbesserung der Versorgungssituation von Schmerzpatienten beitragen und wichtige Instrumente dazu bereitstellen soll.

Quelle: Presseworkshop "Postoperative Schmerztherapie: Status Quo in Europa (PATHOS) und neue Perspektiven für Kinder und Risikopatienten mit Perfalgan®" im Rahmen des Deutschen Schmerzkongresses 2004; Veranstalter: Bristol-Myers Squibb, München

01 postoperative analgesic therapy observational study

02 simple postoperative analgesic therapy

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