Zusammenfassung
Ein großer Teil der Pflege für erkrankte, behinderte oder ältere Menschen (in Deutschland
mindestens 2,5 % der Bevölkerung) wird immer noch im häuslichen Bereich durch Angehörige
erbracht. Die von der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
(DEGAM) entwickelte Leitlinie „Pflegende Angehörige” hat zum Ziel, im komplexen Versorgungsbereich
der „häuslichen Pflege” die speziellen Anliegen und Probleme der pflegenden Angehörigen
sowie Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Die Beratung pflegender Angehöriger durch
den Hausarzt ist eine typisch familienärztliche Aufgabe, bei der körperliche, psychische
(und hier besonders beziehungsdynamische) sowie soziale Bedingungen zu berücksichtigen
sind. Die Leitlinie gibt einen Überblick über Diagnostik, Therapie (bzw. Entlastungsmöglichkeiten),
Prävention und Rehabilitation, und bewertet den Evidenzgrad der wissenschaftlichen
Belege. Sie soll dem Hausarzt Ideen und Konzepte vermitteln, um Betroffenen möglichst
individuell zu helfen. Zur Umsetzung der Leitlinienempfehlungen wird die Leitlinie
durch einen Kurzfragebogen zur Erfassung der Pflegebelastung, durch ein übersichtliches
Raster in der Kurzfassung, in dem die wesentlichen Beratungspunkte aufgeführt sind,
sowie durch Klienteninformationen begleitet.
Abstract
The need for home care of impaired, ill and elderly patients is increasing. In Germany,
estimated 2.5 % of the population need continuous care; more than 1 % is continuously
cared by their relatives. Family caregivers face a large amount of problems: physically,
emotionally, socially and with respect to their own well-being. In most of the situations,
the General Practitioner is the primary source of care. The German Society of General
Practice and Family Medicin (DEGAM) devoted a new evidence-based guideline to the
counselling of family caregivers. The development of a guideline to counsel caregivers
met important difficulties in finding appropriate evidence for rational procedures
of consultation, giving support and the content of advice. More often there is only
personal experience or theoretical explanation and rigorous trials are lacking. The
guideline tries to focus on this problem, but gives recommendations mostly based on
experience and plausibility. A scheme helping to notice “areas of concern” during
the consultation is provided. The guideline is accompanied with a short questionnaire
to assess the burden of care (Haeusliche Pflege Skala) and useful information for
family carers.
Schlüsselwörter
Leitlinie - pflegende Angehörige - Pflege - Belastung
Key words
family caregiving - caregiver burden - social support - guideline
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oder pflegenden Angehörigen. Das Instrument wurde in Abstimmung mit dem Autor auf
der Grundlage der Ergebnisse seiner Validierungsstudie gekürzt und wird in dieser
Form der DEGAM-Leitlinie als Modul beigegeben. VLESS-Verlag, Ebersberg 2001
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Plädoyer für ein vernetztes Angebot.
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14-20
1 In der vorliegenden Leitlinie wird zur Erleichterung der Lektüre durchgängig von
„Pflegenden (Angehörigen)” bzw. „Pflegebedürftigen” gesprochen, womit grundsätzlich
Personen beiderlei Geschlechts gemeint sind. Pflegende sind heute immer noch in der
überwiegenden Mehrheit Frauen.
2 DEGAM-Fachdefinition Beschluss vom Sept. 2002; www.degam.de/fachdefinition.htm (acc. 01.01.2005)
3 vgl. auch G. C. Fischer, M. Beyer, F. M. Gerlach, R. Rohde-Kampmann. Bedeutung und
Möglichkeiten von allgemeinen Leitlinien für hausärztliche Versorgungsstrategien -
Brauchen wir „Basisleitlinien” in der Allgemeinmedizin? Zeitschrift für ärztliche
Fortbildung und Qualitätssicherung 2001; 95: 435-442.
4 Unter red flags werden üblicherweise direkte Warnzeichen für abwendbar gefährliche
Verläufe verstanden, als yellow flags bezeichnet man Anzeichen für Chronifizierungsprozesse
bzw. ungünstige Verläufe.
Dr. med. Thomas Lichte
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