ZFA (Stuttgart) 2005; 81(4): 145-146
DOI: 10.1055/s-2005-836495
Besprechung

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Weiterführende Informationen zu Publication bias

Further Information on Publication BiasS. Dunkelberg1
  • 1Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
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Publication History

Publication Date:
14 April 2005 (online)

Mehr zu Publication bias erfährt man in der Broschüre „Unausgewogene Berichtserstattung in der medizinischen Wissenschaft - publication bias”, die von Hans-Hermann Dubben und Hans-Peter Beck-Bornhold am Institut für Allgemeinmedizin in Hamburg im Auftrag der Unna-Stiftung erstellt wurde.

In dieser Arbeit ist Publication bias definiert als „unausgewogene Berichterstattung in der Wissenschaft, die zu einer Fehleinschätzung der wissenschaftlichen Realität und im Allgemeinen zu einer Überschätzung von Therapieerfolgen führt”. Er „behindert den wissenschaftlichen Fortschritt und verursacht die Fehlbehandlung von Patienten.”

Eine Reihe wissenschaftlicher Untersuchungen haben sich mit dem Ausmaß und der Art von Publication bias befasst, diese wurden für die Broschüre systematisch gesucht und werden berichtet. So kann man beispielsweise in Fällen, wo Studien vor Beginn der Durchführung gemeldet wurden (z. B. bei Ethikkommissionen) verfolgen, wie viele und welche Studien später veröffentlicht wurden.

Die Autoren kommen nach Sichtung der Studien zu einer Schätzung der Größenordnung von nicht publizierten Studien von etwa der Hälfte. Nicht überraschend, wird weiter festgestellt, dass Studien mit negativem Ergebnis seltener, später und in weniger hochrangigen Journals (oft auch „nur” muttersprachlich) veröffentlicht werden als solche, die einen Erfolg nachweisen.

In diesem Zusammenhang wird auch darauf hingewiesen, dass die Tendenz, positive Ergebnisse mehrfach zu publizieren, und mitunter auch so, dass dies nicht so ohne weiteres ersichtlich ist, den Publication bias weiter verstärkt.

Neben der Pharmaindustrie wie im Beitrag von Silke Brockmann geschildert, spielen aber auch andere Akteure in diesem Prozess eine Rolle: die Wissenschaftler und der auf sie einwirkende Druck, die Herausgeber von Journals, aber auch die Kommissionen bei Kongressen, die über die Annahme von Einreichungen entscheiden und nicht zuletzt der Verbraucher (Leser, Arzt, Patient oder ebenfalls Wissenschaftler). Der Mensch bevorzugt gute Nachrichten, dieser grundlegende menschliche Wesenszug ist sicher auf allen Ebenen wirksam, wird aber von Partikularinteressen auf unheilvolle Weise verstärkt.

Die aus Publication bias resultierende Überschätzung der Wirksamkeit von Therapien, die sich auch in gut gemachten Metaanalysen und Leitlinien fortsetzen kann, kann zu Behandlungskonzepten führen, die dem Patienten schaden. Die jüngste Geschichte hält eine ganze Reihe von Beispielen vor, in denen Therapiekonzepte nicht unerheblich korrigiert werden mussten.

Ein möglicher weiterer Schaden für Patienten könnte darin liegen, dass sie an überflüssigen Studien teilnehmen, da deren Fragestellung bereits beantwortet wurde wenngleich dies wegen unterlassener Publikation nicht bekannt ist. Dies resultiert ggf. auch in einer Verschwendung von Ressourcen der Gesellschaft und von Wissenschaftlern. Es wird die Frage aufgeworfen, ob das Verschweigen von Ergebnissen nicht noch mehr Schaden anrichtet als die Fälschung von Ergebnissen. Solche Fälle haben in der öffentlichen Diskussion ja bereits zunehmend Aufmerksamkeit erlangt.

Der Weltärztebund forderte bereits im Jahr 2000 in Helsinki, die Pläne aller Studien öffentlich zugänglich zu machen. Die Autoren unterstreichen die Notwendigkeit der Einführung einer konsequenten Meldepflicht und einer Pflicht zur Offenlegung aller Studien als Weg zur Bekämpfung von Publication bias.

Wer nun noch mehr wissen will, kann die Broschüre (auf die Druckversion entfällt eine Unkostenbeteilung von 6 Euro) anfordern bei: dubben@uke.uni-hamburg.de.

Dr. med. Sandra Dunkelberg

Institut für Allgemeinmedizin · Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Martinistr. 40

20246 Hamburg

Email: dunkelbe@uke.uni-hamburg.de