Handchir Mikrochir Plast Chir 2005; 37(1): 1
DOI: 10.1055/s-2005-837579
Editorial

Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Endoprothetik der Fingergelenke

Endoprosthetic Joint ReplacementP. Haußmann1
  • 1Abteilung für Hand-, Plastische und Rekonstruktive Chirurgie, DRK-Klinik Baden-Baden
Further Information

Publication History

Publication Date:
03 March 2005 (online)

Der seit Jahrzehnten erfolgreiche endoprothetische Ersatz der großen, durch Arthrose, Arthritis, Trauma und Tumor zerstörten Gelenke, insbesondere des Hüft- und Kniegelenkes, hat die Bemühungen um und die Nachfrage nach endoprothetischem Ersatz zerstörter Fingergelenke in den vergangenen zehn bis zwanzig Jahren beflügelt. Zwar wurde schon frühzeitig erkannt, dass die einfache Übertragung der Verhältnisse der großen Gelenke durch Verkleinerung des Maßstabes auf die Gelenke an der Hand, insbesondere auf die Fingergelenke, den dortigen Anforderungen nicht gerecht wurde. Die komplexen anatomischen Verhältnisse an der Hand und die besonderen biomechanischen Bewegungsabläufe und Belastungen erfordern eigene, den Bedingungen der Hand angepasste Konzepte, die allerdings zum großen Teil aus den Erfahrungen an den großen Gelenken entwickelt wurden. Dies gilt auch für viele (nicht alle) der für die Implantate verwendeten Materialien. Die anfänglichen Schwierigkeiten mit Endoprothesen an der Hand mit „klassischem“ Aufbau führten zu einer Vielzahl unterschiedlicher Modelle aus unterschiedlichen Werkstoffen, was zur Folge hatte, dass in Nachuntersuchungen weder große Patientenzahlen, noch lange Nachbeobachtungszeiten vorgewiesen werden konnten. Im Gegensatz dazu war das von A. B. Swanson vor 40 Jahren entwickelte Prinzip eines biegsamen Implantates aus Silikon als Ersatz für ein zerstörtes Fingergelenk von Anfang an erfolgreich und ist es nach einigen Veränderungen bis heute noch. Demzufolge gibt es eine Vielzahl von Berichten über Langzeitergebnisse nach weit über zehn Jahren bei Tausenden von Patienten, insbesondere nach Ersatz der Fingergrundgelenke.

In dem vorliegenden Schwerpunktheft wurde bewusst darauf verzichtet, den zahlreichen Veröffentlichungen über den Fingergrundgelenkersatz nach Swanson eine weitere hinzuzufügen. Vielmehr war es das Ziel, einige Alternativen dazu aufzuzeigen. Hierzu gehört die Spätsynovialektomie (Beitrag von K. Das Gupta und P. Haußmann), die älteren Verfahren mit Zehn-Jahres-Ergebnissen in Form der Resektions-Interpositions-Suspensions-Arthroplastik (Beitrag von A. A. J. Gruber) und der Implantation der WEKO-Fingergrundgelenkprothese (Beitrag von K. D. Wessels), sowie die moderneren Verfahren (naturgemäß nur mit kurz- oder mittelfristigen Ergebnissen) in Form des arthroplastischen Grundgelenkersatzes mit der NeuFlex-Silikon-Prothese (Beitrag von S. Schindele und Mitarb.) und die Arthroplastik der Fingergrundgelenke mittels zementfreier ungekoppelter HM-Prothese (Beitrag von B. Mayer und F. Hagena). Aussagekräftige Ergebnisberichte nach Ersatz der Grundgelenke durch Prothesen aus den interessanten Werkstoffen Keramik und Pyrocarbon liegen noch nicht vor. Deshalb wurde der Beitrag aufgenommen, der sich mit der Implantation der Pyrocarbonprothese als Ersatz des Fingermittelgelenkes beschäftigt (Beitrag von M. Schulz und Mitarb.).

Da die Indikation zum endoprothetischen Ersatz der Fingergrundgelenke vorwiegend bei Patienten mit rheumatoider Arthritis gegeben ist, wurden zu diesem Thema noch weitere Beiträge aufgenommen. Diese zeigen sehr anschaulich, dass neben dem handchirurgischen Eingriff die Berücksichtigung der gesamten Persönlichkeit des Patienten sowie eine handtherapeutische und ergotherapeutische Mitbehandlung von entscheidender Bedeutung ist (Beitrag von W. Burek und K. Holzer). Dies gilt besonders in der Rheumachirurgie der Hand bei Musikern (Beitrag von N. Ell).

Die Endoprothetik der Fingergelenke hat mit der Verwendung neuer Werkstoffe und der besseren Kenntnis und Beachtung anatomischer und funktioneller Erfordernisse bei der Gestaltung neuer Implantate die Möglichkeit eröffnet, bessere Behandlungsergebnisse auf Dauer zu erzielen. Ob dies gelingt, können nur langfristig angelegte, am besten multizentrische, kontrollierte Studien mit einer Beobachtungszeit von mindestens fünf Jahren belegen. Die damit verbundenen organisatorischen und finanziellen Probleme sind allerdings noch nicht gelöst.

Prof. Dr. med. Peter Haußmann

Abteilung für Hand-, Plastische und Rekonstruktive Chirurgie
DRK-Klinik Baden-Baden

Lilienmattstraße 5

76530 Baden-Baden

Email: p.haussmann@t-online.de