Gesundheitswesen 2005; 67(10): 719-725
DOI: 10.1055/s-2005-858655
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Beteiligung von Migranten im telefonischen Gesundheitssurvey: Möglichkeiten und Grenzen

Participation of Migrants in Health Surveys Conducted by Telephone: Potential and LimitsL. Schenk1 , H. Neuhauser1
  • 1Robert Koch-Institut, Berlin
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Publication Date:
18 October 2005 (online)

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Zusammenfassung

Migranten sind eine zahlenmäßig bedeutsame Gruppe mit spezifischen Krankheitsrisiken und Gesundheitschancen. Ein Survey, der repräsentativ für die Bevölkerung in Deutschland sein möchte, sollte diese Gruppe entsprechend ihrem Anteil einbinden. Migranten sind jedoch schwieriger an Gesundheitsuntersuchungen zu beteiligen als Nicht-Migranten. Der telefonische Gesundheitssurvey 2003 (GSTel03) liefert erste Erfahrungen zum Teilnahmeverhalten von Migranten an bundesweiten telefongestützten Gesundheitsuntersuchungen. Unterschieden werden können mit dem Erhebungsinstrument des Telefonsurveys drei Migrantengruppen: Personen mit einer nichtdeutschen Staatsangehörigkeit (Ausländer), eingebürgerte Migranten sowie (Spät-)Aussiedler. Der vorliegende Beitrag befasst sich mit den besonderen Zugangsbedingungen zu einer telefonischen Gesundheitsbefragung und daraus resultierenden Verzerrungen in soziodemographischen und gesundheitsbezogenen Merkmalen. Die Analyse basiert auf einem Vergleich von Daten der Ausländerstichprobe des Telefonsurveys und Daten der amtlichen Statistik sowie der Mikrozensuserhebung aus dem Jahre 2003. Der Anteil der Personen mit nichtdeutscher Staatsangehörigkeit liegt in der GSTel03-Stichprobe deutlich unter dem in der Bevölkerung (3,7 % vs. 8,9 %). Während keinerlei auf Geschlecht und Alter bezogene Verzerrungen zu verzeichnen sind, können signifikante Unterschiede in anderen soziodemographischen Merkmalen wie Staatsangehörigkeit, Aufenthaltsdauer, Arbeitslosenquote und Bildung festgestellt werden. Diese selektive Teilnahme geht nur mit einer moderaten Verzerrung der untersuchten Gesundheitsdaten einher. Dabei lässt sich kein eindeutiger Trend ausmachen, ob der Gesundheitszustand zu positiv oder zu negativ abgebildet wird. Die Ergebnisse machen die Notwendigkeit solcher Bias-Analysen und ihrer Berücksichtigung bei der Interpretation der Ergebnisse deutlich und unterstreichen einmal mehr, dass besondere Bemühungen erforderlich sind, um Migranten in Studien einzubinden.

Abstract

Migrants living in Germany are a both large and vulnerable population subgroup. They are not easily induced to participate in health surveys, Hence, achieving high participation rates of migrants in health surveys and avoiding selection bias is a difficult task. In this study, we report on the participation of migrants in the German National Health Telephone Survey 2003 (GSTel03), the first comprehensive national health survey conducted by telephone in Germany. Three migrant groups were identified: individuals with non-German citizenship (foreigners), naturalized migrants, and ethnic German immigrants (Spätaussiedler). The aim of this study is to evaluate the degree to which the GSTel03 subsample of foreigners is representative for foreigners living in Germany. We compare the prevalence of sociodemographic characteristics and selected health indicators of foreigners in the GNTel03 subsample with prevalences from national statistics and from a large national household survey (“Mikrozensus 2003”). The proportion of participants with non-German nationality in the overall GSTel03 sample was significantly lower than the proportion of foreigners in the residential population in Germany (3.7 % vs. 8.9 %). While there was no evidence of selection bias with regard to age and sex distribution, we found significant differences with regard to other factors, including nationality, length of stay in Germany, unemployment rate and education. The comparison of health indicators showed only moderate differences between GSTel03 sample and “Mikrozensus” results. However, these differences did not consistently point to a better or worse health status in the GSTel03 sample of foreigners and should therefore not be generalised in respect of other health indicators. Our study emphasises the importance of a continuous effort to improve migrant participation in health studies and of a thorough analysis of selection bias when interpreting results.