Der therapeutische Einsatz von Licht in der Medizin
Der therapeutische Einsatz von Licht in der Medizin
Der Nutzen des Sonnenlichtes und die Wurzeln seines therapeutischen Einsatzes finden
sich bereits im antiken Schrifttum (1300 v. Chr.). So war bekannt, dass auf der einen
Seite zahlreiche Arzneistoffe durch Sonnenlicht in ihrer Wirksamkeit negativ beeinflusst
werden und andererseits das Sonnenlicht notwendig für den Wirkmechanismus zahlreicher
Medikamente ist.
Detaillierte Berichte über die physiologischen Effekte des Sonnenlichtes auf den menschlichen
Körper finden sich erstmals im Corpus Hippocraticum (460 - 375 v. Chr.) [1]. Erste Erfahrungen mit der Kombination aus photosensibilisierenden Medikamenten
(möglicherweise Psoralenen) und nachfolgender Bestrahlung mit Sonnenlicht finden sich
in den Schriften des Abn Mohamed Abdullah Ben Ahmed („Ebn Baithar”) (um 1200 v. Chr.)
aus Malaga [2]. Friedrich Wilhelm Herschel beschrieb erstmals um das Jahr 1800 das infrarote Spektrum
des Sonnenlichtes, das ultraviolette Licht wurde von Johann Wilhelm Ritter im Jahre
1806 entdeckt. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts vermutete man, dass das ultraviolette
Spektrum des Lichtes für die Hautrötung, den Sonnenbrand und die Bräunung verantwortlich
war, der experimentelle Beweis gelang 1889 dem schwedischen Ophthalmologen Erik Johann
Widmark. Allerdings wurde schon 1877 von Arthur Henry Downes und Thomas Porter Blunt
der bakterizide Effekt des Ultraviolettlichtes demonstriert.
Der Gebrauch von Licht zur Elimination von Bakterien beruht im Wesentlichen auf den
grundlegenden Arbeiten von Niels Ryberg Finsen, der zuerst Patienten mit Windpocken,
später mit Hauttuberkulose behandelte. Im November 1895 führte er Bestrahlungssitzungen
mit Licht aus einer Kohlebogenlampe bei einem Patienten mit Lupus vulgaris durch.
Die Behandlung resultierte in einer kompletten Remission der Erkrankung im Januar
1896. Im April desselben Jahres gründete er das Finsen Lichtinstitut, welches erst
100 Jahre später aufgrund finanzieller Probleme geschlossen wurde. Bis zum Jahr 1903
behandelte er über 800 Patienten mit der Phototherapie und erhielt im selben Jahr
den Nobel-Preis für Medizin [3].
Photoreaktionen - frühe Beobachtungen
Photoreaktionen - frühe Beobachtungen
Schon im 19. Jahrhundert wurde in zahlreichen Publikationen über die Beobachtung berichtet,
dass die Einnahme von bestimmten Medikamenten oder Pflanzen so lange harmlos auch
in höheren Konzentrationen ist, solange sich die Patienten oder auch Tiere nicht nachträglich
dem Sonnenlicht aussetzen. Baumstark beschrieb im Jahr 1874 den Einfluss des Lichtes
im Hinblick auf die klinischen Symptome bei der akuten intermittierenden Porphyrie.
Im Jahr 1892 berichtete Charles Darwin und Karl Dammann über das Auftreten exanthematischer
Reaktionen bei Tieren nach Ingestion von Buchweizen. Die aufgetretenen Hautveränderungen
waren dabei wesentlich schwerer bei Tieren mit hellem Pelz und denjenigen, welche
stärker dem Sonnenlicht ausgesetzt waren [4]. Dieselben Beobachtungen wurden auch bei Schafen und Rindern gemacht, welche Johanniskraut
aufnahmen [5].
Im Jahr 1900 berichtete Jean Prime, ein französischer Neurologe, über das Auftreten
von Fingerschwellungen, Ulzerationen, Blasen und Nagelverlusten bei Epileptikern,
welche systemisch eosinhaltige Farbstofflösungen erhielten. Diese Hautveränderungen
waren nur in lichtexponierten Arealen zu beobachten. Eosin wurde zum damaligen Zeitpunkt
aufgrund des Bromgehaltes als Antiepileptikum eingesetzt [6]. Oskar Raab nutzte erstmalig diesen wirkungsverstärkenden Effekt des Lichtes therapeutisch
aus: Raab wurde als Medizinstudent an der Universität in München im Sommer 1894 eingeschrieben.
Im Herbst 1897 sprach er bei Prof. Hermann von Tappeiner, dem damaligen Leiter der
Abteilung für experimentelle Pharmakologie vor, um ein Thema für die Anfertigung einer
Dissertation zu erhalten. Von Tappeiner beschäftigte sich damals mit der Suche nach
neuen Antimalariamitteln [7]. Raab untersuchte im Folgenden den Einfluss von Acridin und seiner Derivate auf
Infusorien und andere Protozoen in vitro mit unterschiedlichen Farbstoffkonzentrationen,
um die Schwellendosis ihrer Toxizität zu bestimmen. Obwohl er mehr als 800 Einzelexperimente
durchführte, waren seine Ergebnisse bei sehr niedrigen Wirkstoffkonzentrationen, welche
zwischen dem 24. November und 26. November 1897 durchgeführt wurden, inkonsistent
und nicht reproduzierbar. Von Tappeiner und Raab bemerkten dann, dass der einzige
Parameter, welcher sich während dieser Experimentalreihe änderte, das Tageslicht war
[8]. Auch andere Versuche mit anderen Farbstoffen, wie Eosin, Chinin oder Phosphin führten
zu den gleichen Ergebnissen: Sie bemerkten stets eine höhere Toxizität bei den gleichen
Farbstoffkonzentrationen bei gleichzeitiger Beleuchtung gegenüber einer niedrigeren
oder fehlenden Toxizität ohne Lichteinfluss.
Zum damaligen Zeitpunkt war bereits bekannt, dass Farbstoffe in der Lage sind, Licht
zu absorbieren und Fluoreszenz zu emittieren. Raab und von Tappeiner vermuteten daher,
dass der toxische Effekt fluoreszenzvermittelt war. Nach entsprechenden Bestätigungsexperimenten,
um einen direkten Einfluss des Lichtes auszuschließen - insbesondere Anteile des infraroten
Spektrums - und der Festlegung des optimalen Spektrums für die vorgeschriebene Wirkung
wurde von von Tappeiner im Jahre 1904 der Begriff „Photodynamische Reaktion” für diesen,
in seinen Augen fluoreszenzbasierten Effekt geprägt [9].
Interpretationen des photodynamischen Wirkmechanismus
Interpretationen des photodynamischen Wirkmechanismus
Nach den ersten Berichten durch Oskar Raab im Jahr 1900 untersuchten auch zahlreiche
andere Gruppen diesen Effekt. Allerdings gab es unterschiedliche Interpretationen
hinsichtlich des Wirkmechanismus. Bereits im Jahre 1895 vermutete Richardson, dass
Hydrogenperoxid für die antibakteriellen Effekte verantwortlich ist. Dieudonnée erkannte
ebenfalls zu dieser Zeit, dass das simultane Vorhandensein von Sauerstoff und Farbstoff
für die Vermittlung toxischer Effekte notwendig war [10]. Allerdings dachte zum damaligen Zeitpunkt niemand an die möglichen katalytischen
Effekte der Photosensibilisatoren.
Von Tappeiner war überzeugt, dass die Fluoreszenz für diesen Effekt verantwortlich
sei. Zusammen mit Albert Jodlbauer vermutete er, dass die photodynamische Reaktion
auf der Wirkung von Ionen in räumlicher Nähe zu den fluoreszierenden Farbstoffen beruhte.
Unterschiedliche Effekte bei den verschiedenen Farbstoffen würden daher auf dem unterschiedlichen
Ausmaß der Penetration der Farbstoffe durch zelluläre Membranen beruhen. Sowohl absorbierende
als auch fluoreszierende Farbstoffe seien in der Lage, Zellen zu sensibilisieren und
damit den photodynamischen Effekt auszulösen [10]
[11].
Im Gegensatz dazu dachten Neisser in Breslau und Dreyer am Finsen Institut, dass die
Reaktion ausschließlich auf dem Ausmaß der Sensibilisierung beruht. In Analogie mit
der optischen Photosensibilisierung fotografischer Platten würde das Substrat durch
Licht einer spezifischen Wellenlänge sensibilisiert, welches bis dato keine Reaktion
induzieren würde. Beide glaubten, dass die Fluoreszenz per se nicht Teil der photodynamischen
Reaktion sei, da sie zahlreiche Farbstoffe identifizieren konnten, welche zwar eine
ausgeprägte Fluoreszenz aufwiesen, aber keinerlei suffiziente photodynamische Aktivität
zeigten [10].
Die beiden unterschiedlichen Meinungen gipfelten in einem wissenschaftlichen Streit,
welcher in der Zeitschrift „Deutsche Medizinische Wochenschrift” im April 1904 veröffentlicht
wurde [12]. Hier beschuldigte von Tappeiner Neisser und seinen Mitarbeiter Halberstädter des
wissenschaftlichen Betruges. Neisser entgegnete in derselben Zeitschrift im Mai 1904
und betonte, dass Georges Dreyer in Kopenhagen ebenso eher dem Konzept der Sensibilisierung
denn dem Konzept, dass Fluoreszenz die Ursache der photodynamischen Wirkung sei, Glauben
schenken würde [13]. Allerdings bezogen sich weder von Tappeiner noch Neisser auf die Ergebnisse von
Ledoux-Lebards, welcher bereits beweisen konnte, dass die Anwesenheit von Sauerstoff
für die Photodynamische Therapie erforderlich ist.
Sauerstoff und seine Rolle in der Photodynamischen Therapie
Sauerstoff und seine Rolle in der Photodynamischen Therapie
Im Jahr 1902 fand nämlich Ledoux-Lebards, dass die PDT bei Paramezien unter der Verwendung
von Eosin als Farbstoff effektiver in einer offenen Flasche als in einer geschlossenen
Flasche abläuft. Er vermutete daher, dass die Anwesenheit von Sauerstoff eine Grundvoraussetzung
für die Durchführung der PDT sei [14]. Walter Straub, zum damaligen Zeitpunkt Assistenzprofessor für Pharmakologie an
der Universität Leipzig und später Nachfolger von von Tappeiner in München, war ebenso
davon überzeugt, dass Sauerstoff das wesentliche Substrat für die PDT-vermittelten
toxischen Effekte ist [15]. In einer späteren Veröffentlichung aus dem Jahre 1909 von von Tappeiner führte
auch er, im Gegensatz zu früheren Verlautbarungen auf, dass die Anwesenheit von Sauerstoff
und auch der Vorgang der Sensibilisierung mehr oder weniger für den Effekt der PDT
verantwortlich sei. Allerdings schränkte er ein, dass der genaue Mechanismus der Wirkung
wohl noch nicht geklärt sei [16].
Erste therapeutische Versuche am Menschen
Erste therapeutische Versuche am Menschen
Obwohl der Wirkungsmechanismus nach wie vor unbekannt war, dauerte es nicht lange,
bis erste therapeutische Versuche an Patienten durchgeführt wurden. Bereits anlässlich
einer kurzen Zusammenfassung der Ergebnisse von Raab im Jahr 1900 spekulierte von
Tappeiner, dass fluoreszierende Farbstoffe in Kombination mit Licht auch für therapeutische
Einsätze geeignet seien. Seiner Meinung nach sollten zunächst diese Effekte an der
Haut von Patienten untersucht werden, da dieses Organ sehr leicht zugänglich sei [17].
Zusammen mit Albert Jesionek, einem jungen Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für
Dermatologie der Universität München begann von Tappeiner im Februar 1903 mit den
ersten Versuchen am Menschen. Die erste von drei Publikationen erschien bereits am
24. November 1903 und beschäftigte sich mit der photodynamischen Behandlung von kanzerösen,
syphilitischen und tuberkulösen Hauterscheinungen [18]. In ihrer Publikation führten die beiden Autoren aus, dass sie unter normalen Bedingungen
ihre Patienten noch länger nachbeobachtet hätten, aber aufgrund äußerer Umstände („Konkurrenz”)
sei eine frühzeitige Publikation angezeigt gewesen.
Diese Konkurrenz war im Wesentlichen Dreyer in Kopenhagen und Neisser in Breslau.
Der dänische Arzt Georges Dreyer untersuchte seit 1902 den Effekt von Licht auf Bakterien.
Sein Ziel war es, Bakterien gegenüber Licht im roten Spektralbereich zu sensibilisieren,
um damit die therapeutische Eindringtiefe in das Gewebe zu erhöhen. Er glaubte daran,
dass die Sensibilisierung als solches und nicht die Absorption oder die Fluoreszenz
für den photodynamischen Effekt verantwortlich sei. Er erprobte zahlreiche Farbstoffe
und verwendete schließlich Erythrosin als den Farbstoff mit der niedrigsten Eigen-(Dunkel)-toxizität.
Neben der Wirkung auf Bakterien oder Tierhaut sensibilisierte er auch im Humanexperiment
menschliche Haut, um den phototoxischen Effekt zu demonstrieren [19].
Dreyer begann seine Versuche im März und April 1903 an Patienten mit Lupus vulgaris
mittels intra- und subkutaner Injektion einer sterilen Erythrosinlösung. Vier bis
acht Stunden nach Injektion beleuchtete er die Zielareale für 15 - 20 Minuten. Innerhalb
von 24 Stunden beobachtete er eine schwere phlegmonöse Reaktion, welche unter ausgeprägter
Narbenbildung abheilte. Die Patienten litten unter starken Schmerzen während der Bestrahlung.
Daraufhin stellte Dreyer seine Versuche ein. Diese ersten Ergebnisse wurden 1903 in
dem Organ „Dermatologische Zeitschrift” publiziert, welche genau zwei Wochen vor der
Publikation der Ergebnisse von Jesionek und von Tappeiner erschien [19]. Dreyer verließ bald darauf das Finsen Lichtinstitut und seine Versuche wurden von
Forchhammer fortgeführt, der niedrigere Sensibilisator-Konzentrationen und Lichtdosen
verwendete. Aufgrund der weiter bestehenden schweren Nebenwirkungen wurden diese therapeutischen
Versuche letztendlich auch eingestellt [20].
Im Gegensatz dazu berichteten von Tappeiner und Jesionek über sehr gute Ergebnisse
mit einer topischen Applikation von Eosin oder anderen Farbstoffen. Sie behandelten
zunächst Erkrankungen wie die Pityriasis versicolor, Psoriasis, Molluscum contagiosum,
Hauttumoren, Lupus vulgaris und sekundäre Syphilis. In einem zweiten Bericht im Jahr
1905 erweiterten die beiden Autoren ihre Untersuchungen an Patienten mit oberflächlichem
Hautkrebs und berichteten über gute Ergebnisse mittels repetitiver PDT nach topischer
Applikation einer 0,1 %igen Eosinlösung. Die Sensibilisierung und Bestrahlung entweder
mit Sonnenlicht oder Licht aus einer Kohlebogenlampe zog sich über mehrere Wochen
hin (Abb. [1]) [21]. Allerdings zeigten die Beobachtungen im weiteren Verlauf, dass dieser therapeutische
Effekt wohl nur vorübergehend war (Tumorrezidive) und sich auf die sehr oberflächlichen
Anteile der Läsionen beschränkte. Insofern wurden zum späteren Zeitpunkt auch diese
Untersuchungen nicht mehr fortgeführt [16].
Abb. 1 a Aufnahme vom 22. 3. 1904. b Aufnahme vom 31. 5. 1904. 50-jähriger Wechselwärter mit Ulcus rodens an der Unterlippe,
vor und nach mehrmaliger Bepinselung mit 1 bis 5 %iger Eosinlösung und nachfolgender
Belichtung [21].
Auf der Suche nach neuen Photosensibilisatoren
Auf der Suche nach neuen Photosensibilisatoren
Bis dato wurden die meisten Experimente mit Farbstoffen wie Chinidin, Acridin und
Eosin bei insgesamt klinisch unbefriedigenden Ergebnissen durchgeführt. Der Einsatz
anderer Farbstoffe wurde daher immer wieder versucht. Da ein weiterer wichtiger Schwerpunkt
der photobiologischen Forschung zur damaligen Zeit der Einfluss von Licht auf den
Metabolismus von Pflanzen war, wurden ebenfalls fluoreszierende Pflanzenfarbstoffe
auf ihre Eignung zur PDT hin untersucht.
Walter Hausmann, ein Südtiroler, untersuchte seit 1908 in Wien die photodynamischen
Effekte von Chlorophyllextrakten auf rote Blutzellen. Aufgrund der strukturellen Ähnlichkeit
verwendete er auch Hämatoporphyrin (Hp), ein eisenfreies Häm-Derivat [22]. Im Jahr 1911 veröffentlichte er seine Ergebnisse über den Einsatz von Hämatoporphyrin
auf Paramezien, Erythrozyten und Mäusen. Während Mäuse, die in seinem Versuchsansatz
10 mg Hämatoporphyrin erhielten und im Dunkeln gehalten wurden, keinerlei Symptome
aufwiesen, reagierten Tiere, die nur 2 mg Hp erhielten und dem Sonnenlicht ausgesetzt
wurden, mit einem ausgeprägten Erythem und Ödem bis hin zur Hautnekrose [23].
Hämatoporphyrin
Hämatoporphyrin
Diese Untersuchungen von Hausmann schienen die photodynamischen Forschungsaktivitäten
in München wieder zu beleben, welche aufgrund der schlechten klinischen Ergebnisse
bei den Patienten vorübergehend eingestellt worden waren [16]. Friedrich Meyer-Betz, ein Assistenzarzt an der Klinik und Poliklinik für Medizin
der Universität München führte am 12. Oktober 1912 einen heroischen Selbstversuch
durch: Er injizierte sich 200 mg Hp und bestrahlte ein kleines Areal im Bereich seines
Unterarmes mit Licht aus einer Finsen-Lampe. Es kam nachfolgend zum Auftreten einer
Ulzeration in diesem Bestrahlungsareal. Selbst Tage nach der Hp-Gabe erlitt er eine
massive phototoxische Reaktion während einer Bahnfahrt, die mit starker Gewebeschwellung
und brennendem Gefühl einherging (Abb. [2]) [24].
Abb. 2 a Friedrich Meyer-Betz vor seinem Selbstversuch im Oktober 1912; b deutliche Schwellung der lichtexponierten rechten Körperhälfte während einer Bahnfahrt
nach Injektion von 0,2 g Hämatoporphyrin.
Im Jahr 1931 wurde in Deutschland Hämatoporphyrin unter dem Namen „Photodyn” für psychiatrische
Indikationen (z. B. Depressionen) zugelassen. In Fällen einer Überdosierung oder einer
posttherapeutischen stärkeren Sonnenexposition wurde über phototoxische Reaktionen
berichtet. Henry Silver, ein Chicagoer Dermatologe, der Erfahrung in der Anwendung
phototherapeutischer Verfahren in der Behandlung der Psoriasis hatte, versuchte daraufhin
mittels Hp-Injektionen und nachfolgender Bestrahlung mit UV-Licht die Psoriasis vulgaris
vom Plaquetyp zu behandeln. Im Jahre 1937 berichtete er „über ein halbes Dutzend”
Patienten, welche intramuskuläre Injektionen von Hp erhielten. Zusätzlich wurde ihnen
oral Hp verabreicht. Nach zwei Therapiezyklen mit konsekutiver UV-Bestrahlung seien
viele psoriatische Plaques abgeheilt [26].
Ein weiterer wichtiger Schritt wurde von Albert Policard, einem französischen Arzt
vollzogen. Er beobachtete in dem nekrotischen Zentrum eines frisch exzidierten Rattensarkoms
eine rötliche Fluoreszenz, basierend auf der Akkumulation und Retention von Hp in
diesem Tumor [27]. Erstmals im Jahr 1942 detektierten Auler und Banzer ebenfalls eine rote Fluoreszenz
in Tumorarealen, Metastasen und in Lymphgefäßen von Krebspatienten nach subkutaner
oder intramuskulärer Injektion von Hämatoporphyrin [28]. Kriegsbedingt konnten sie ihre Experimente nicht weiter fortführen. Im Jahr 1948
bestätigten Figge und Mitarbeiter diese Ergebnisse und schlugen Hämatoporphyrin als
geeigneten Photosensibilisator für die PDT aufgrund des guten tumorlokalisierenden
Effektes vor [29]. Allerdings, aufgrund der Unreinheiten und der Tatsache, dass es sich bei Hp um
ein Gemisch verschiedener Porphyrine handelte, war der Einsatz mit z. T. schweren
phototoxischen Reaktionen vergesellschaftet und wurde daher als unpraktisch beurteilt
[30]. Samuel Schwartz stellte daraufhin im Jahr 1955 mittels Acetylierung und Reduktion
ein Hämatoporphyrinderivat (HpD) her. Dabei handelte es sich um eine Mixtur, welche
mit hydrophoben oligomeren Porphyrinen angereichert war [31]. Lipson verwendete dieses HpD zuerst an Tieren und später auch im Humanexperiment,
um verschiedene Krebsformen zu detektieren [32]
[33]
[34]
[35].
Im Jahre 1973 berichtete Thomas Dougherty über eine reduzierte Wachstumsgeschwindigkeit
von transplantierten Mammakarzinomen in Mäusen nach Sensibilisierung mit Fluoreszein
und Licht (λ = 488 nm) [36]. Dougherty postulierte daraufhin die Kriterien, die für einen erfolgreichen Photosensibilisator
für die Photodynamische Therapie zutreffen sollten.
-
Keine Toxizität bei therapeutischen Dosen,
-
definierte Aufnahme und Anreicherung im erkrankten Gewebe,
-
Aktivierung durch Licht im Wellenlängenbereich über 600 nm,
-
photochemische Aktivität.
Unter Verwendung von Dihämatoporphyrinether (DHE) konnten diese Kriterien in einer
deutlich besseren Weise als mit den bis dato verwendeten Sensibilisatoren erfüllt
werden: In einer herausragenden Arbeit aus dem Jahr 1978 berichteten Dougherty und
Mitarbeiter über 25 Patienten mit kutanen oder subkutanen Tumoren, welche mittels
PDT behandelt wurden. Die Patienten erhielten 2,5 bis 5 mg/kg KG HpD oder DHE intravenös
und wurden anschließend mit gefiltertem roten Licht (600 - 700 nm) aus einer Xenon-Bogenlampe
bestrahlt. Hundertelf der 113 Tumoren, welche in dieser Weise behandelt wurden, zeigten
eine komplette oder partielle Remission. Die Applikationsintervalle zwischen Sensibilisator
und Licht mit der höchsten Ratio zwischen Haut- und Tumorreaktion lagen im Bereich
von drei und vier Tagen [37].
Zukünftige Anwendungen
Zukünftige Anwendungen
Mittlerweile wurde der Photosensibilisator Porfimer-Natrium (Photofrin®) für die systemische
PDT in zahlreichen Ländern für unterschiedliche onkologische Indikationen zugelassen.
Aufgrund der länger anhaltenden Photosensibilisierung ist allerdings im Gegensatz
zur Pneumologie oder Gastroenterologie seine Anwendung für kleinere oberflächliche
Tumoren wie in der Dermatologie eingeschränkt. Deshalb konzentrierte sich in den letzten
beiden Jahrzehnten die Forschung auf die Identifikation von Farbstoffen, welche ebenfalls
eine hohe Tumor- zu umliegenden Normalgewebe-Ratio aufweisen. Besonders interessant
erschien daher die Untersuchung von natürlichen Vorläufern der Porphyrine. Eine dieser
Substanzen war die 5-Aminolävulinsäure (ALA), die erstmals von James Kennedy und Mitarbeitern
1990 für die Behandlung dermatologischer Erkrankungen (im Wesentlichen oberflächliche
Hauttumoren und Präkanzerosen) eingesetzt wurde [38]. Sie oder Derivate wie die Methylaminooxopentansäure (MAOP) sind derzeit die einzigen
Photosensibilisatoren in der Dermatologie, die Zulassungsstatus erreicht haben (Levulan®
Kerastick in den USA und Metvix® in Europa & Australasien). Neben der PDT sind ALA
und MAOP mittlerweile auch als Fluoreszenzdiagnostikum in der Dermatologie im Einsatz,
wie in einem der folgenden Beiträge dargelegt wird.