psychoneuro 2004; 30(12): 644
DOI: 10.1055/s-2005-861688
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Demenz-Patienten - Taugt Memantine auch im Praxisalltag?

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Publication Date:
14 January 2005 (online)

 
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    Der Anteil der älteren Menschen in der Bevölkerung wird vermutlich bereits in den nächsten dreißig Jahren die 20 Millionen Grenze in Deutschland überschreiten, wie Prof. Alexander Kurz. München, auf einer Pressekonferenz vorstellte. Heute kommen auf einen über 60-Jährigen noch rund 16 berufstätige Menschen und sichern so (mehr oder weniger) die Versorgung. Diese Zahl wird sich aber in den nächsten Jahren auf ein Viertel reduzieren. Antidementiva werden daher zunehmend wichtiger. Die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Memantine bei Demenz-Erkrankung ist bereits in mehreren Studien belegt. Diese Studien stellen jedoch eine eigene Welt dar: Interaktionen mit anderen Medikamenten werden z.B. durch die Studienbedingungen vermieden, um so die Patienten lange genug in den Studien halten zu können. Auch der Zeitaufwand pro Patient ist sehr hoch. Wenn man sich so intensiv um einen Patienten bemüht, fällt auch der Behandlungserfolg bereits aufgrund des Plazeboeffekts günstig aus. In der Praxis sieht der Behandlungsalltag allerdings anders aus. Der Arzt hat in der Regel nur einige Minuten zur Verfügung.

    Ob sich die Ergebnisse aus den Studien tatsächlich auf die Praxis übertragen lassen, wurde jetzt in einer großen prospektiven Anwendungsbeobachtung untersucht. Die Ergebnisse wurden von PD Dr. Pasquale Calabrese, Bochum, diskutiert. 1845 in der Regel multimorbide Demenz-Erkrankte (MMSE im Durchschnitt 15,1) hatten sechs Monate lang täglich 20 mg Memantine (Ebixa®) erhalten. Nach sechs Monaten stieg der MMSE im Schnitt um 2.5 Punkte. Nach den Ergebnissen des NOSGER-Beobachtungsbogen kam es in allen Bereichen (Gedächtnis, Aktivitäten des täglichen Lebens, Stimmung und Sozialverhalten) zu Verbesserungen. Auch ein syndromorientiertes Selbst- und Fremdeinschätzungsverfahren (EMD) bestätigte die Ergebnisse. 78,1% der Patienten verbesserten sich unter der Behandlung, in 93,2% der Fälle wurde Memantine gut bis sehr gut vertragen. "Es scheint so zu sein, dass diese Ergebnisse der Studien eine Reflektion in der Praxis erfahren", schloss Calabrese.

    Wichtig für den Behandlungserfolg ist auch, dass man von Anfang an die Angehörigen mit in die Behandlung mit einbezieht, betonte der niedergelassene Neurologe Dr. Jürgen Rieke, Giessen. Eine Definition der erreichbaren Therapieziele ("Was ist noch machbar?") für Patienten und Angehörige ist dabei unabdingbar. Lässt sich die Erkrankung stabilisieren, ist dies bereits ein enormer Erfolg. Unter Memantine konnte auch gezeigt werden, dass sich die Reizbarkeit verbessert und sich der Pflegebedarf um 52 Stunden pro Monat im Durchschnitt verringert. Patienten ohne adäquate Behandlung müssen etwa fünfmal häufiger in ein Pflegeheim eingewiesen werden als unter Memantine.

    KW

    Pressekonferenz "Alzheimer-Demenz - Ebixa® im Spannungsfeld zwischen Klinik und Praxis" am 25.11.04 im Rahmen des DGPPN-Kongresses in Berlin, unterstützt von Lundbeck, Hamburg