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DOI: 10.1055/s-2005-863077
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
Screeningprogramme für das Bronchialkarzinom - Pro
Screening for the lung cancer - proPublication History
eingereicht: 4.1.2005
akzeptiert: 28.1.2005
Publication Date:
24 February 2005 (online)
„Krebsvorsorge” und „Krebsfrüherkennung” werden inner- und außerhalb des Medizinbetriebes eher mit Brustkrebs, Prostatakrebs und Darmkrebs verbunden als mit dem Bronchialkarzinom. Gefahrenpotenzial, Häufigkeit und Prognose des Bronchialkarzinoms sind in der Öffentlichkeit unterbewertet. Es ist bisher nicht gelungen, den Zusammenhang zwischen Rauchen und Lungenkrebs in gleicher Weise in die öffentliche Wahrnehmung zu tragen, wie es den Kardiologen für Arteriosklerose und Herzinfarkt gelungen ist.
Das Bronchialkarzinom hat die ungünstigste Prognose im Vergleich zu Mamma-, Prostata und kolorektalem Karzinom. Alle epidemiologischen Daten belegen eine strenge Abhängigkeit der Prognose vom Stadium der Erkrankung. Während im Stadium IV, also mit Fernmetastasen, das 5-JÜL nur 2 - 3 % beträgt, überleben von den Patienten im lokalisierten Stadium I fast die Hälfte die 5-Jahresgrenze. Da auch die neuen innovativen Therapieoptionen so genannter „targeted therapies” mittelfristig nur eine geringe Verbesserung der Therapieergebnisse erwarten lassen, kann aus heutiger Sicht nur durch früheren Tumornachweis eine Verbesserung der Prognose erreicht werden.
Die Argumente für Früherkennungs-Konzepte sind gegeben: Das Bronchialkarzinom ist häufig, frühe Stadien haben eine gute Prognose, Spätstadien eine schlechte. Für das Bronchialkarzinom-Screening wurden laborchemische, bzw. zytologische, bildgebende und endoskopische Verfahren entwickelt. Die Untersuchung des Sputums basiert auf den Ergebnissen zum Nachweis von atypischen Zellen. Bei moderaten oder höhergradigen Atypien im Sputum von Rauchern ist die Wahrscheinlichkeit eines Bronchialkarzinoms deutlich erhöht. Mit semi-automatischen Analysegeräten kann eine Sensitivität von 75 % und eine Spezifität von 89 % erreicht werden. Neben zytologischen Atypien können im Sputum auch molekularbiologische Alterationen nachgewiesen werden. Im peripheren Blut und in anderen Körperflüssigkeiten lassen sich sowohl Tumorzellen als auch zirkulierende freie Nukleinsäuren mit typischen tumorassoziierten Alterationen nachweisen.
Als bildgebendes Verfahren steht das sog. „Low-dose-CT” zur Verfügung. Mit Mehrzeilen-Spiral-CT können große Datenmengen in sehr kurzer Zeit akquiriert werden, dabei entspricht die Strahlenbelastung einer konventionellen Röntgenaufnahme. In der ELCAP-Studie mit 1000 Probanden zeigte sich eine deutliche Überlegenheit gegenüber dem Röntgen. Die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) wird wegen der hohen Kosten zurückhaltend eingesetzt. In Studien ist die hohe Sensitivität bei allerdings eingeschränkter Spezifität belegt. Der Einsatz in Kombination mit der Computertomgraphie ist nach den vorliegenden Daten vorteilhaft. Komplementär zu den Schnittbildverfahren, mit der Stärke in der Abbildung des peripheren Lungengewebes, ist die Autofluoreszenzbronchoskopie. In den zentralen Atemwegen können mit Hilfe dieses Verfahrens nicht-invasive Schleimhautveränderungen, wie höhergradige Dysplasie oder Carcinomata in situ, mit einer höheren Sensitivität gefunden werden.
Für alle geschilderten Verfahren konnte bisher kein Vorteil hinsichtlich der Prognose gezeigt werden. Dieses Ziel erfordert hohe Patientenzahlen und lange Beobachtungszeiten. Die vorliegenden großen Studien zum Screening mittels bildgebender Verfahren sind wegen der rasanten technischen Entwicklungen bereits überholt. Die molekularbiologischen und zytologischen Untersuchungen wurden bisher nur an kleinen Gruppen ohne längeres Follow-up durchgeführt. Hier laufen rasante Entwicklung mit Markerpanels und DNA-Arrays. Die Muster molekularer Veränderungen werden langsam deutlicher, der Weg ist jedoch noch weit. Wenn über diese Verfahren Patienten mit höchstem Tumorrisiko definiert werden könnten, wird auch die Autofluoreszenzbronchoskopie zur komplementären Ergänzung und zur Materialgewinnung einen Platz im Bronchialkarzinom-Screening finden. An den Schnittstellen zwischen Klinik, Labor und technischer Entwicklung wird gearbeitet. Das größte innovative Potenzial und wesentlichen Erkenntniszuwachs sehen wir dabei in der Molekularbiologie.
Zu fordern sind Studien zur Prüfung und Entwicklung der Instrumente zur Früherkennung bei Risikogruppen. Diese Untersuchungen liegen zweifellos im öffentlichen Interesse. Folglich wäre auch eine öffentliche Förderung konsequent (Tabaksteuer?). Die Früherkennung und das Screening des Bronchialkarzinoms müssen in den Fokus wissenschaftspolitischer und gesundheitsökonomischer Überlegungen gerückt werden. Es gibt beim Bronchialkarzinom keine Alternative zur Früherkennung. Und es gibt keine akzeptable Entschuldigung, nicht an der Früherkennung des Bronchialkarzinoms zu arbeiten.
Dr. med. Bernd Schmidt
Charité - Universitätsmedizin Berlin, Medizinische Klinik m. S. Kardiologie, Pneumologie, Angiologie, Campus Charité-Mitte
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