Z Orthop Ihre Grenzgeb 2005; 143(1): 4-7
DOI: 10.1055/s-2005-864768
Orthopädie aktuell

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Mindestmengen in der Hüftgelenkendoprothetik bei Koxarthrose - Eine Analyse der Daten der externen Qualitätssicherung in Nordrhein-Westfalen

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Prof. Dr. Rüdiger Smektala

Leitender Arzt, Abteilung für Unfallchirurgie

Knappschaftskrankenhaus Bochum-Langendreer, Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum

In der Schornau 23-25

44892 Bochum

Dr. Dr. Ulrich Schulze Raestrup

Qualitätssicherung NRW

Ärztekammer Westfalen-Lippe

Gartenstr. 210-214

48147 Münster

Prof. Dr. R. Wittenberg

Chefarzt der Orthopädischen Klinik

St. Elisabeth Hospital Herten

Im Schlosspark 12

45699 Herten

Dr. Jochen Bredehöft

Abteilungsleiter, Qualitätssicherung NRW

Ärztekammer Westfalen-Lippe

Gartenstr. 210-214

48147 Münster

Publication History

Publication Date:
08 March 2005 (online)

 
Table of Contents
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Prof. Dr. Rüdiger Smektala

Analysiert wurden die Daten der externen Qualitätssicherung zur Hüft- TEP bei Koxarthrose auf dem Boden der BQS Daten für das Land Nordrhein-Westfalen. Zu analysieren waren Fragen nach dem Zusammenhang von Fallzahl und Ergebnisqualität. In die Untersuchung gingen 51090 Fälle aus den Jahren 2001 bis 2003 ein.

Ergebnis: Allgemeine Komplikationen wie kardiovaskuläre Komplikationen, Pneumonie, Lungenembolie, Thrombose stehen in keinem Zusammenhang mit der Fallzahl. Spezifische Komplikationen wie Infektion, Nachblutung/Hämatom, Gefäß-Nerven-Läsion, TEP-Luxation sind in Einrichtungen mit hoher Fallzahl weniger häufig. Auch unter den Kliniken mit kleiner Fallzahl finden sich ausgezeichnete Behandlungsergebnisse. Auch unter den Kliniken mit hoher Fallzahl finden sich schlechte Behandlungsergebnisse.

Schlussfolgerung: Ein Schwellenwert, ab dem ein gutes Behandlungsergebnis zu erwarten ist, lässt sich nicht festlegen. Die Fallzahl ist kein Ersatzkriterium für Ergebnisqualität.

Hochaktuell ist die Diskussion um einen vermuteten Zusammenhang zwischen Mindestmengen einer medizinischen Prozedur und der Ergebnisqualität. Gemäß § 137 SGB V sollen Mindestmengen für medizinische Maßnahmen festgelegt werden, bei denen ein wissenschaftlich bewiesener Zusammenhang zwischen der Leistungsmenge und der Ergebnisqualität besteht. Für die Endoprothetik des Kniegelenks hat der gemeinsame Bundesausschuss die Beratungen zu dieser Frage im August 2004 begonnen, ohne zunächst Mindestmengen festzulegen, während für einige Prozeduren (Ösophagusresektion, Pankreasresektion etc.) Mindestmengen pro Krankenhaus und Arzt schon festgelegt wurden.

Von Seiten der Kostenträger ist in der Vergangenheit mehrfach der Wunsch geäußert worden, auch Mindestmengen für die Endoprothetik des Hüftgelenkes bei Koxarthrose festzulegen. Im Gutachten von Geraedts (Zit) wird für die Endoprothetik des Kniegelenkes ein Zusammenhang zwischen einer Mindestmenge und der erwarteten Qualität als möglich bezeichnet, für die Endoprothetik der Hüfte verneint. Es ist nicht auszuschließen, dass in Zukunft im gemeinsamen Bundesausschuss von Seiten der Kostenträger der Antrag gestellt wird, auch Mindestmengen für die Endoprothetik des Hüftgelenkes festzulegen.

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Bundesgeschäftsstelle für Qualitätssicherung (BQS) in Düsseldorf

Ziel der Arbeit ist es, die Daten der externen Qualitätssicherung im Bundesland Nordrhein-Westfalen für die Endoprothetik des Hüftgelenkes für die Jahre 2001 bis 2003 zum Zusammenhang Fallzahl/Ergebnisqualität zu analysieren. Es handelt sich um 51 090 Patienten aus 264 Krankenhäusern. Während im Jahr 2001 nur 26% aller Patienten erfasst wurden, waren es im Jahr 2002 92% und 2003 annähernd alle Patienten des Bundeslandes. In die Untersuchung eingeschlossen wurden alle Patienten, die älter als 18 Jahre waren und die in Krankenhäusern behandelt wurden, die mehr als 5 Fälle im Jahr behandelten (s.u.). Grundlage der Untersuchung waren die Erhebungsinstrumente der Bundesgeschäftsstelle für Qualitätssicherung (BQS) gemäß der Spezifikationen 3.01 in 2001, 3.01 und 5.01 in 2002 und 5.01 sowie 6.0 in 2003. Die Ergebnisse der unterschiedlichen Erhebungsinstrumente wurden für die relevanten Fragestellungen gematched.

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Ergebnisse der Analyse

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Fallzahlgruppen

Zur Bestimmung der Fallzahl wurde die gemittelte Patientenzahl/Jahr eines Krankenhauses berechnet. Da die Erhebungsquote des Jahres 2001 unvollständig war, konnten nur die Fälle der Jahre 2002 und 2003 berücksichtigt werden. Auf Grundlage der berechneten Werte wurden die Krankenhäuser einer Fallzahlgruppe zugeordnet. Es stellte sich heraus, dass mehr als die Hälfte aller Krankenhäuser (136) zwischen 5 und 49 Patienten im Jahr operierten, die maximale Operationszahl im Jahr lag bei 457 Koxarthrose-Operationen. Nimmt man die gleiche Auswertung, bezogen auf die Patienten vor, stellt man fest, dass 6488 Patienten in Einrichtungen behandelt wurden, die zwischen 5 und 49 Patienten behandelten.

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Letalität

Die Letalität während des Aufenthaltes im Krankenhaus lag bei 51090 dokumentierten Patienten bei 0,20%. Die Letalität, die im Zusammenhang mit der/dem dokumentierten Fallpauschale/Sonderentgelt oder der zugrundeliegenden Erkrankung stand, lag sogar nur bei 0,07%. Weitere Analysen zeigten keine Unterschiede.

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Komplikationen

3320 Patienten (6,3%) erlitten während des Krankenhausaufenthaltes wenigstens eine Komplikation. Allgemeine Komplikationen waren seltener als spezifische Komplikationen.

Unter allgemeinen Komplikationen wurden erfasst: kardiovaskuläre Komplikationen, Pneumonie, Lungenembolie, Thrombose. Insgesamt traten allgmeine Komplikationen in 2,2% der Fälle auf.

Folgende spezifische Komplikationen wurden erfasst: Wundinfektion, Abszess, Hämatom, Nachblutung, Gefäß-Nerven-Läsion, Prothesenluxation. Spezifische Komplikationen traten in 4,8% der Fälle auf. Sowohl für die allgemeinen bzw. spezifische Komplikationen waren Mehrfachnennungen möglich.

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Risikoadjustierung

Rein deskriptive Analysen hatten in der Vergangenheit bei einigen Qualitätsindikatoren schon gezeigt, dass mit steigender Fallzahl eine Verbesserung der Qualität zu vermuten sei. Schlussfolgerungen aus einem derartigen deskriptiven Vergleich wären jedoch nur zulässig, wenn in Kliniken unterschiedlicher Größen (Fallzahl) auch ein vergleichbares Krankengut operiert worden wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall. Um diesen Unterschieden gerecht zu werden, wurden die Ergebnisse mit der Methode der logistischen Regression risikoadjustiert. Abhängige Variablen waren wenigstens eine intra- oder postoperative Komplikation unter Einschluss der Kovarianten Alter, Geschlecht, ASA-Klassifikation, subjektives Beschwerdebild des Patienten, Voroperationen und die durchschnittliche Fallzahl.

Risikoadjustiert errechnet sich in der Gruppe I (< 50 Fälle/Jahr) ein 1,15fach (95%-Konfidenzintervall 1,1 -1,4) und in der Gruppe II (≥ 50, < 100 Fälle/Jahr) ein 1,5fach (95%-Konfidenzintervall 1,1 -1,4) höheres Risiko bei einer endoprothetisch Versorgung einer Koxarthose. Diese Unterschiede sind signifikant. Bei näherer Betrachtung gilt dieser Zusammenhang jedoch nur für die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer spezifischen Komplikation, nicht für die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer allgemeinen Komplikation.

Nach diesen Ergebnissen ist ein gutes Behandlungsergebnis in Kliniken mit hoher Fallzahl wahrscheinlicher. Lässt sich hieraus ein Schwellenwert, eine Mindestmenge, ab der die Ergebnisse schlechter werden, ableiten?

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Bestimmung einer Mindestmenge

Stellt man den Zusammenhang zwischen Fallzahl und Ergebnisqualität nicht in nach Operationsvolumen klassifizierten Kliniken dar, sondern für einzelne Kliniken, so ergeben sich typische Punktwolken. Dargestellt sind die schon definierten "spezifischen Komplikationen". Diese treten durchschnittlich in 4,6% der Fälle auf. Diese rein deskriptive Darstellung zeigt höhere spezifische Komplikationsraten als im Durchschnitt zu erwarten sowohl in Kliniken mit hoher Fallzahl als auch in Kliniken mit niedriger Fallzahl.

Durch das Modell der multiplen logistischen Regression (s.o) lässt sich risikoadjustiert die erwartete Wahrscheinlichkeit einer Komplikation berechnen. Wird diese ins Verhältnis zu den beobachten Komplikationen gesetzt, so erhält man als Quotient die s.g. O/E Ratio (observed/expected). Bei einem Wert von 1 entspricht die Rate der beobachteten Komplikationen der Rate der erwarteten Komplikationen, liegt der Klinikwert über 1, sind die Ergebnisse ungünstiger als erwartet, liegt der Wert unter 1, günstiger als erwartet. Ein Wert von 2 bedeutet, dass der Klinikwert an beobachteten spezifischen Komplikationen doppelt so hoch wie erwartet liegt.

Die Ergebnisse für zumindest eine spezifische Komplikation zeigt die Abbildung [1]. In der Abbildung [2] sind zwei Ellipsen eingezeichnet worden. Die Ellipse unterhalb der Linie 1 zeigt Einrichtungen mit kleiner Fallzahl und einer spezifischen Komplikationsrate, die geringer als erwartet ist. Die Ellipse oberhalb der Linie 1 umfasst Einrichtungen mit hoher Fallzahl und einer Komplikationsrate, die höher als risikoadjustiert zu erwarten ist. Ein stringenter Zusammenhang zwischen hoher Fallzahl und zu erwartender guter Qualität besteht also für den untersuchten Parameter "spezifische Komplikationen" nicht.

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Abb. 1: Externe QS TEP bei Coxarthrose in NRW (wenigstens eine spezifische Komplikation).

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Abb. 2: Externe QS TEP bei Coxarthrose in NRW (wenigstens eine spezifische Komplikation).

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Auswirkungen von Mindestmengen auf die Krankenhausdichte

In einer Untersuchung von N. Roeder et al. wurden Berechnungen angestellt, welche Auswirkungen Mindestmengen in der Endoprothetik des Hüftgelenkes für die Krankenhauslandschaft in der Region des Krankenhauszweckverbandes Köln/Bonn hätten. In nahezu allen Krankenhäusern der Region wird die Endoprothetik des Hüftgelenkes betrieben. Es wurden verschiedene Berechnungen mit fiktiven Mindestmengen erstellt. Die Autoren stellen fest, dass von Mindestmengenregelungen vor allem kleinere Krankenhäuser mit bis zu 250 Betten betroffen wären. Eine Beispielrechnung für die fiktive Mindestmenge 40 Endoprothesen an der Hüfte pro Jahr zeigt Abbildung [3].

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Abb. 3: Leistungsumverteilung (Implantation einer Hüftgelenkprothese) nach Bettenzahl der Krankenhäuser (Mindestmenge 40).

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Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Fallzahl und Ergebnisqualität

Vielfältig sind in der Literatur Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen der Fallzahl und der Ergebnisqualität. Ursächlich werden zwei Zusammenhänge vermutet: Erfahrung durch die häufige Durchführung einer Operation verbessert das Ergebnis, oder gute Ergebnisse führen dazu, dass Patienten gezielt diese Einrichtung aufsuchen. Die vorliegende Untersuchung wird diese Streitfrage nicht klären. Die Untersuchung liefert aber Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Fallzahl und Ergebnisqualität, kann jedoch einen Schwellenwert nicht bestimmen.

Einigkeit besteht darüber, dass die langfristige Haltbarkeit einer Hüftgelenkendoprothese, die Standzeit, die endscheidende Zielgröße für die Hüftgelenkendoprothetik ist. Nationale Langzeitergebnisse sind in Deutschland nur für einzelne Kliniken, die ihr Patientengut nachuntersuchen, bekannt. Eine flächendeckende Erhebung, wie es das norwegische Endoprothesenregister darstellt, existiert für Deutschland nicht. Bisher ist die Einrichtung eines nationalen Endoprothesenregisters an vielfältigem Widerstand gescheitert. Wir können also keine Aussagen darüber machen, ob in Deutschland eine Beziehung zwischen der Fallzahl pro Arzt, der Fallzahl pro Abteilung und der Standzeit einer Endoprothese existiert.

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Norwegisches Endoprothesenregister: niedrige Fallzahl pro Operateur als Risikofaktor

Für das norwegische Register stellten Espehaug et al. fest, dass die geringste Revisionsrate wegen Lockerung der Prothese in lokalen und regionalen Krankenhäusern vorlag, wo der einzelne Operateur hohe Operationsfallzahlen aufwies, unabhängig von der Gesamtzahl der Operationen in der Einrichtung. In Universitätskliniken lag zwar eine hohe Fallzahl für die Abteilung, aber eine geringe Fallzahl pro Operateur vor. Hüftendoprothesen, die in Universitätskliniken implantiert worden waren, wurden häufiger gewechselt als Prothesensysteme, die in regionalen oder lokalen Krankenhäusern implantiert wurden.

Eine niedrige Fallzahl pro Operateur war ein Risikofaktor für eine Revisionsoperationsrate. Die mittlere Operationsfrequenz pro Operateur lag in Universitätskliniken bei 11 TEP- Operationen pro Jahr, in regionalen Krankenhäusern bei 18 Operationen und bei 27 Operationen pro Operateur und Jahr in lokalen Krankenhäusern. Eine Risikoadjustierung erbrachte keinen Unterschied im Patientengut von Universitätskliniken und regionalen Krankenhäusern. Ein Schwellenwert ließ sich in dieser Untersuchung nicht bestimmen. Für nichtzementierte Prothesen waren weniger als 10 Operationen im Jahr mit einer hohen Revisionsrate verknüpft. Für zementierte Systeme bestand dieser Zusammenhang nicht.

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Geringere Letalität, weniger Luxationen und Infektionen: Nicht immer bei hoher Fallzahl

In einer Metaanalyse der internationalen Literatur zum Thema Fallzahl/ Ergebnisqualität werteten Halm et al. 11 Studien aus. Zielkriterium war die Mortalität. Die Krankenhaussterblichkeit spielt jedoch für die zu untersuchende Frage keine Rolle, die eigene Untersuchung zeigte eine Krankenhaussterblichkeit von 0,2 % im Land Nordrhein-Westfalen. Das Review von Halm erbrachte keinen signifikanten Zusammenhang zwischen Fallzahl und Ergebnisqualität bei der Hüft-TEP.

In einer Untersuchung von Katz et al. (2001) zum Zusammenhang von Fallzahl und Ergebnisqualität wurden folgende Parameter untersucht: Letalität, Luxation, tiefe Infektion, Lungenembolie ( in den ersten 90 Tagen nach primärer Hüft-TEP-Implantation). Die Untersuchung erfolgte risikoadjustiert für Alter, Geschlecht, Grad der Koxarthrose, Komorbidität und Einkommen. Untersucht wurde die Fallzahl pro Chirurg und pro Krankenhaus. Angegeben werden die Oddsratio und die Konfidenzintervalle. Die Untersuchung hat Defizite wegen fehlender Angaben zu den einzelnen Kliniken, Operationseinzelheiten und dem Grad der präoperativen Einschränkung. 52% aller Patienten werden von Operateuren operiert, die pro Jahr weniger als 10 Hüft-TEP implantieren. Die 90-Tage-Letalität war statistisch signifikant geringer in Krankenhäusern mit mehr als 100 TEP Operationen im Jahr als in Einrichtungen mit weniger als 10 Operationen im Jahr. Die Luxationsrate war bei Operateuren mit mehr als 50 TEP-Operationen im Jahr statistisch signifikant geringer als bei Operateuren mit weniger als 5 TEP-Operationen im Jahr. Tiefe Infektionen traten in Krankenhäusern mit höherer Fallzahl seltener auf als in Häusern mit geringer Fallzahl, der Effekt war jedoch nicht statistisch signifikant. Abhängig von der Fallzahl pro Operateur war auch das Auftreten von Luxationen (verglichen wurden weniger als 5 TEP- Operationen mit mehr als 50 TEP-Operationen), tiefen Infektionen und Lungenembolien. Die Luxationsrate war umso geringer, je mehr Operationen der Operateur vornahm, in den Einrichtungen mit der höchsten Fallzahl hatte jedoch die Operationsfrequenz des einzelnen Operateurs keinen Einfluss auf die Luxationsrate.

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Kleine Abteilungen mit guten Ergebnissen

Die Konsequenz aus dieser Studie war jedoch nicht die Forderung, Abteilungen mit geringer Fallzahl, die Endoprothetik des Hüftgelenkes zu untersagen, sondern die Forderung, von den guten Ergebnissen einzelner Operateure und Abteilungen zu lernen. Dieser Forderung muss man sich nach den Ergebnissen der eigenen Untersuchung anschließen. Setzt man fiktiv eine Fallzahl als Schwellenwert, ab dem ein Eingriff nicht mehr durchgeführt werden darf, untersagt man auch Einrichtungen mit kleiner Fallzahl und guten Ergebnissen die Fortsetzung ihrer erfolgreichen Arbeit. Auf der anderen Seite drängt man Patienten aus den kleinen, aber erfolgreichen Abteilungen möglicherweise in Abteilungen mit höherer Fallzahl, aber messbar ungünstigen Ergebnissen.

Man muss konsequent die Möglichkeiten der externen Qualitätssicherung nutzen, um die Erfahrungen der kleinen, aber guten Einrichtungen für alle zugänglich zu machen und geht auf die Einrichtungen mit einer höheren als erwarteten Komplikationsrate zu mit dem Ziel, die Qualität für alle Patienten zu verbessern, unabhängig von der Fallzahl der Einrichtung. Die Forderung, in Ermangelung evidenzbasierter Schwellenwerte diese Schwellenwerte politisch festzulegen (Schräder), führt nicht weiter, wenn man die Interessen der Patienten verfolgt. Auch in der Arbeit von Katz wird auf den eigenen Wert einer wohnortnahen Versorgung hingewiesen.

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"High-volume-surgeon" bei mehr als 10 TEP/Jahr?

Wie schwierig es ist, amerikanische Verhältnisse für deutsche Fragestellungen auszuwerten, zeigt die Arbeit von Kreder (1997). Ein low-volume-surgeon im Staat Washington hat weniger als 2 TEP-Operationen im Jahr, ein high-volume-surgeon mehr als 10 TEP im Jahr. Können wir diese Definition für Deutschland akzeptieren? Vor dem Hintergrund dieser Definition berichtet diese Arbeit von ungünstigen Ergebnissen, wenn eine Hüft-TEP-Operation von einem low-volume-surgeon ausgeführt wird. Es liegt auf der Hand und bedarf keiner wissenschaftlichen Untersuchung, dass eine Operation, die regelmäßig weniger als 2-mal pro Jahr von einem Operateur ausgeführt wird, ungünstige Ergebnisse nach sich zieht. Nimmt man einem Operateur diese beiden Operationen pro Jahr weg, schadet man nicht dem Arzt und seiner Abteilung und nimmt eine selbstverständliche Regelung vor. Gilt eine solche Selbstverständlichkeit aber auch, wenn man eine willkürliche Fallzahl, z.B. 20 oder 40 oder 60 festlegt? Eine wissenschaftliche Evidenz für einen fixen Fallzahlengrenzwert lässt sich weder aus der eigenen Untersuchung noch aus den zitierten Arbeiten ableiten.

Ein Schwellenwert für die Endoprothetik des Hüftgelenkes lässt sich aus den BQS-Daten für das Land Nordrhein-Westfalen nicht festlegen.

Die Fallzahl ist kein Ersatzkriterium für Ergebnisqualität in der früh-postoperativen Phase.

Gute Operationsergebnisse hängen von vielen Faktoren ab, die Fallzahl ist nur einer dieser Faktoren.

Wie willkürlich diese Definitionen von high- und low-volume sind, zeigt eine Arbeit des gleichen Autors aus dem Jahr 1998 (Kreder). Die Definition von low- und high-volume erfolgte nach der Perzentilen Angabe wie in der zuvor zitierten Arbeit. Für den Staat Ontario ist nach der gleichen Definition wie im Staat Washington ein low-volume-surgeon (40. Perzentile) ein Operateur mit weniger als 9 Hüft-TEP-Operationen im Jahr. Man erkennt die Willkür hinter diesen Einteilungen.

In einer Arbeit von Lavernia (1995) wird als low-volume-surgeon ein Operateur mit einer geringeren Anzahl als 10 Operationen im Jahr festgesetzt. Bei diesen Chirurgen zeigt sich eine erhöhte Mortalität, eine Verlängerung des Krankenhausaufenthaltes und höhere Kosten als bei Chirurgen mit mehr als 10 Operationen im Jahr.

In einer Arbeit von Salomon (2002) wird die persönliche Erfahrung des Operateurs als der entscheidende Faktor für den Erfolg einer Hüft-TEP- Implantation herausgearbeitet. Die Krankenhausstrukturen spielen für den Erfolg keine Rolle.

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Schwellenwerte nicht evidenzbasiert

Warum will man in Deutschland Einrichtungen mit kleiner Fallzahl, aber wenigen, über Jahre erfahrenen Operateuren durch fiktive Fallzahlbegrenzung eine erfolgreich durchgeführte Operation verbieten? Die Analyse der Auswirkungen von Fallzahlmengen zeigt eindrücklich, dass vor allem kleinere Krankenhäuser aus der Versorgung ausscheiden würden, während große Einrichtungen profitieren. Die zititierte Arbeit zeigt jedoch, dass die Größe der Einrichtung und ihr Versorgungsniveau keinen positiven Einfluss auf das Behandlungsergebnis hat.

Auch die Kostenträger verschließen sich den Erkenntnissen der Versorgungsforschung nicht. In einer Stellungnahme zur geplanten Einführung von Mindestmengen in der Knie-Endoprothetik fasst Schräder die Erkenntnisse dahingehend zusammen, dass die Festlegung von Schwellenwerten politische Entscheidungen sind, da evidenzbasiert solche Festlegungen von Schwellenwerten nicht möglich sind. Die Forderung, Mindestmengen zu definieren, wird jedoch durch den Nachweis einer Assoziation zwischen erbrachter Leistungsmenge und Ergebnisqualität aufrechterhalten.

Literatur beim Verfasser

Prof. Dr. Rüdiger Smektala

Leitender Arzt, Abteilung für Unfallchirurgie

Knappschaftskrankenhaus Bochum-Langendreer, Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum

In der Schornau 23-25

44892 Bochum

Dr. Dr. Ulrich Schulze Raestrup

Qualitätssicherung NRW

Ärztekammer Westfalen-Lippe

Gartenstr. 210-214

48147 Münster

Prof. Dr. R. Wittenberg

Chefarzt der Orthopädischen Klinik

St. Elisabeth Hospital Herten

Im Schlosspark 12

45699 Herten

Dr. Jochen Bredehöft

Abteilungsleiter, Qualitätssicherung NRW

Ärztekammer Westfalen-Lippe

Gartenstr. 210-214

48147 Münster

Prof. Dr. Rüdiger Smektala

Leitender Arzt, Abteilung für Unfallchirurgie

Knappschaftskrankenhaus Bochum-Langendreer, Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum

In der Schornau 23-25

44892 Bochum

Dr. Dr. Ulrich Schulze Raestrup

Qualitätssicherung NRW

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Prof. Dr. R. Wittenberg

Chefarzt der Orthopädischen Klinik

St. Elisabeth Hospital Herten

Im Schlosspark 12

45699 Herten

Dr. Jochen Bredehöft

Abteilungsleiter, Qualitätssicherung NRW

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48147 Münster

 
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Abb. 1: Externe QS TEP bei Coxarthrose in NRW (wenigstens eine spezifische Komplikation).

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Abb. 2: Externe QS TEP bei Coxarthrose in NRW (wenigstens eine spezifische Komplikation).

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Abb. 3: Leistungsumverteilung (Implantation einer Hüftgelenkprothese) nach Bettenzahl der Krankenhäuser (Mindestmenge 40).