psychoneuro 2005; 31(2): 110
DOI: 10.1055/s-2005-865120
Pharma & Technik

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Muskelschmerzen - Differenzialdiagnose Chronic Fatigue Syndrom

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Publication Date:
04 March 2005 (online)

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    Berichten die Patienten über persistierende oder rezidivierend auftretende Muskelschmerzen, kann unter Umständen auch eine Myalgische Enzephalopathie (ME)/ Chronic Fatigue Syndrom (CFS) vorliegen. Muskelschmerzen (Myalgien) treten in verschiedenen Schweregraden bei bis zu 75 % aller ME/CFS-Patienten auf. Das zentrale Symptom dieser Patienten ist die durch körperliche Anstrengung hervorgerufenen Erschöpfung. Ursprünglich wurde die Erkrankung als Myalgische Enzephalomyelitis beschrieben, als 1955 in Großbritannien plötzlich eine ganze Gruppe von Patienten mit einer mysteriösen ansteckenden Erkrankung entdeckt wurde. Es gibt jedoch keine wissenschaftlichen Beweise für eine Entzündung im Gehirn, daher wird heute die Bezeichnung Chronic Fatigue Syndrom bevorzugt. Fatigue bezeichnet ein Gefühl von körperlicher und geistiger Müdigkeit, das mit reduzierten Energiereserven und Muskelkraft einhergeht. Unter physiologischen Bedingungen wird diese Erschöpfung nach extremer körperlicher oder geistiger Anstrengung als normal und angenehm empfunden. Als Krankheitssymptom tritt sie ohne vorherige Anstrengung auf, und verschwindet auch nach ausreichender Erholungszeit nicht. Fatigue interferiert mit wichtigen Aspekten des täglichen Lebens und kann somit die Lebensqualität der Betroffenen sehr ungünstig beeinflussen (siehe auch Ulrich Rüffer in psychoneuro 2004; 30: 218-220).

    Da die Ursachen des Fatigue Syndroms nur unzureichend bekannt sind, beruht die Diagnose bisher auf der subjektiven Einschätzung des Patienten, dem Vorliegen einer bestimmten Symptomkonstellation und dem Ausschluss möglicher organischer Ursachen. Zu den allgemein bekannten organischen Ursachen gehören z.B. Stoffwechselstörungen, Anämie und ein Tumorrezidiv. Nach Ausschluss dieser Möglichkeiten kann an Hand der in Tabelle 1 aufgeführten Symptomcheckliste der Fatigue Coalition die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens eines Fatigue Syndroms geprüft werden. Außerdem stehen mehrere spezifische Fragebögen zur Diagnostik zur Verfügung (z.B. Smets EM, Garssen B, Bonke B, De-Haes JC. The Multidimensional Fatigue Inventory (MFI) psychometric qualities of an instrument to assess fatigue. J Psychosom Res 1995; 39: 315-325).

    Fatigatio e.V., der Bundesverband Chronisches Erschöpfungssyndrom, hat jetzt auch einen Leitfaden zu Forschung, Diagnose und Behandlung des Chronic Fatigue Syndroms erstellt, der gegen Einsendung von zwei Euro in Briefmarken bezogen werden kann bei: Fatigatio e.V., Goethestraße 26-30, 10625 Berlin.

    Tab. 1 Diagnosekriterien eines Fatigue Syndroms
    • Müdigkeit, Energiemangel oder inadäquat gesteigertes Ruhebedürfnis

    • Gefühl der generalisierten Schwäche oder Gliederschwere

    • Konzentrationsstörungen

    • Mangel an Motivation oder Interesse, den normalen Altersaktivitäten nachzugehen

    • Gestörtes Schlafmuster (Schlaflosigkeit oder übermäßiges Schlafbedürfnis)

    • Erleben des Schlafs als wenig erholsam

    • Gefühl, sich zu jeder Aktivität zwingen zu müssen

    • Ausgeprägte emotionale Reaktion auf die empfundene Erschöpfung (z.B. Niedergeschlagenheit, Frustration, Reizbarkeit)

    • Schwierigkeiten bei der Bewältigung des Alltags

      • Störungen des Kurzzeitgedächtnisses

      • Nach körperlicher Anstrengung mehrere Stunden andauerndes Unwohlsein