Kardiologie up2date 2005; 1(2): 97-102
DOI: 10.1055/s-2005-870187
Hotline - Herzrhythmusstörungen
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Update zur Diagnostik und Therapie der Synkope

Carsten  W.  Israel
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Publication Date:
28 July 2005 (online)

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Differenzialdiagnostik der Synkope: Wie und warum?

Die Synkope ist keine eigenständige Erkrankung, sondern ein Symptom, das im Zusammenhang mit vielen Erkrankungen auftreten kann (Tab. [1]). Entsprechend ist die Diagnostik der zugrunde liegenden Ursache komplex und die Differenzialdiagnose zu Erkrankungen, die ähnlich aussehen können (z. B. epileptischer oder psychogener Anfall), oft schwierig. Die diagnostischen Probleme werden durch die Tatsache widergespiegelt, dass bis vor kurzem trotz adäquater Untersuchungen die Genese und damit auch die Prognose in ca. 35 % der Fälle unklar blieb [1]: Patienten mit unklarer Synkope haben eine bessere Prognose als Patienten mit kardialer Genese (1-Jahres-Mortalität 18 - 33 %), aber eine schlechtere (ca. 5 - 6 % Mortalität im ersten Jahr) als Patienten mit neurokardialer Synkope [2]. Daneben haben Patienten mit rezidivierender Synkope eine schlechtere Lebensqualität [3]. Bereits 2001 veröffentlichte die European Society of Cardiology (ESC) sehr detaillierte Leitlinien zur Diagnostik und Therapie der Synkope [4], die den einzelnen Fall exakt abbilden und praktische Hinweise zum optimalen Vorgehen und zur Interpretation der Befunde geben (Abb. [1]). Eine Kurzfassung in Form einer „Pocket-Leitlinie” liegt ebenfalls vor und ist über die ESC erhältlich (www.escardio.org).

Tabelle 1 Differenzialdiagnose der Synkope Typ Einteilung Neurokardiale Reflexsynkope vasovagale SynkopeKarotissinussyndromSituationssynkopeHusten-/Nies-Synkopegastrointestinaler Reflex (Schlucken, Defäkation, viszeraler Schmerz)Mikturie (Post-Miktionssynkope)Synkope nach Belastungandere (z. B. Blechblasinstrument, Gewichtheben, postprandial)Glossopharyngeal- und Trigeminusneuralgie Orthostatische Synkopen autonomes Versagenprimär („pure autonomic failure”, multiple Systematrophie, Morbus Parkinson)sekundär (diabetische Polyneuropathie, Amyloidneuropathie)medikamentös induziertalkoholinduziertVolumenmangelHämorrhagie, Diarrhö, Morbus Addison Herzrhythmusstörungen Sick-Sinus-Syndromatrioventrikulärer Blockparoxysmale supraventrikuläre Tachykardienventrikuläre Tachykardienangeborene Syndrome (Long-QT-Syndrom, Brugada-Syndrom)Fehlfunktion implantierter Geräte (Schrittmacher, ICD) medikamentös induzierte Arrhythmien Strukturelle Herz-(Lungen-)Erkrankungen Klappenvitienakuter Myokardinfarkt/Ischämiehypertroph-obstruktive KardiomyopathieVorhofmyxomakute AortendissektionPerikarderguss/-tamponadeLungenembolie Zerebrovaskulär vaskuläre „Steal”-Syndrome (Subclavian-Steal-Syndrom)

Abb. 1 Flussdiagramm zum diagnostischen Vorgehen bei Bewusstseinsverlust (nach Empfehlung der Task Force on Syncope).

Da in den letzten Jahren mehrere wichtige neue Erkenntnisse gewonnen wurden, liegt jetzt ein Update dieser Leitlinien vor [5]. Einige der hierin fixierten Änderungen zu den bisherigen Empfehlungen sollen im Folgenden kommentiert werden.