Kardiologie up2date 2005; 1(2): 133-147
DOI: 10.1055/s-2005-870215
Herzrhythmusstörungen
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

ICD-Therapie und Primärprävention

Sven  Reek, J.  Christoph  Geller, Helmut  U.  Klein
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Publication Date:
28 July 2005 (online)

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Kernaussagen

Epidemiologie

Der plötzliche Herztod ist die häufigste Todesursache in den westlichen Industrieländern. Meist ist das direkt zum Tode führende Ereignis eine ventrikuläre Tachyarrhythmie. Viele der betroffenen Patienten leiden an einer KHK. Allerdings handelt es sich nur bei etwa einem Drittel aller PHT-Fälle um ein akutes Koronarsyndrom. Die Tatsache, dass der PHT häufig die Erstmanifestation einer Herzerkrankung darstellt, schränkt die Möglichkeiten der Primärprävention ein.

Risikoeinschätzung

Die größten Erfahrungen existieren für Patienten nach Myokardinfarkt. Hier konzentriert sich die Diagnostik auf den Nachweis myokardialer Ischämie, die linksventrikuläre Pumpfunktion und ventrikuläre Herzrhythmusstörungen.

Neue nichtinvasive Risikomarker, die auf speziellen elektrokardiographischen Techniken oder der Messung des autonomen Tonus beruhen, sind besonders für Patienten mit nicht ischämischer Kardiomyopathie vielversprechend. Allerdings konnte noch keiner dieser neuen Marker in einer prospektiven Interventionsstudie zeigen, dass mit diesem Marker identifizierte Risikopatienten von einer resultierenden therapeutischen Intervention (z. B. ICD-Implantation) profitieren. Zum jetzigen Zeitpunkt ist das Ausmaß der linksventrikulären Funktionseinschränkung der stärkste prognostische Marker. Allerdings werden durch eine hochgradig eingeschränkte Pumpfunktion zwar Patienten mit einer ungünstigen Prognose, aber nicht selektiv diejenigen identifiziert, die an einem Arrhythmieereignis versterben werden. Die relativ niedrige positiv prädiktive Wertigkeit der uns zur Verfügung stehenden Methoden erschwert die sichere Identifizierung derjenigen Patienten, die am meisten von einer Primärprophylaxe profitieren würden.

Medikamentöse Therapie

Eine optimale medikamentöse Therapie herzinsuffizienter Patienten (Betablocker, ACE-Hemmer, Angiotensinrezeptor- und Aldosteronantagonisten) führt zu einer Senkung der Gesamtsterblichkeit und des PHT und stellt die Grundlage für alle weiteren Interventionen zur Primärprävention dar.

Im Gegensatz dazu verbessert eine medikamentöse antiarrhythmische Therapie die Prognose nicht, Klasse-I-Antiarrhythmika führen bei Patienten mit struktureller Herzkrankheit sogar zu einer erhöhten Mortalität. Damit hat eine prophylaktische antiarrhythmische Therapie keinen Stellenwert in der Primärprävention des PHT.

Implantierbarer Kardioverter/Defibrillator

Der ICD ist heute die Methode der ersten Wahl bei Patienten mit lebensbedrohlichen ventrikulären Tachyarrhythmien.

Die primär-prophylaktische ICD-Implantation bei ausgewählten Hochrisikopatienten nach Myokardinfarkt ist heute etabliert.

Auch Patienten mit einer nicht ischämischen Kardiomyopathie und hochgradig eingeschränkter Pumpfunktion profitieren von einer prophylaktischen ICD-Implantation.

Bei Patienten mit fortgeschrittener Herzerkrankung und hochgradig eingeschränkter Pumpfunktion sollte daher unabhängig von der Ätiologie der zugrunde liegenden Herzkrankheit die Indikation zur prophylaktischen ICD-Implantation überprüft werden.

Patienten unmittelbar nach Myokardinfarkt oder aortokoronarer Bypassoperation profitieren hingegen nicht von einer prophylaktischen ICD-Implantation.