Zusammenfassung
Anliegen: Die Arbeit untersucht die Entwicklung der Krankenhauspsychiatrie in Niedersachsen
30 Jahre nach der Psychiatrie-Enquête von 1975. Methode: Die Krankenhauspläne des Landes Niedersachsen und andere Dokumente wurden für den
Zeitraum von 1985 - 2005 ausgewertet. Ergebnisse: In den 26 Jahren von 1978 - 2005 sank in Niedersachsen die Zahl der im Krankenhausplan
des Landes ausgewiesenen geförderten Krankenhausbetten aller Fachbereiche um etwa
29 % von 61 628 auf 44 022. Im Gebiet Psychiatrie vollzog sich dieser Bettenabbau
stärker als in den anderen Fächern. Hier sank allein seit 1985 die Zahl der psychiatrischen
Betten um 37 %. Heute verteilen sich in Niedersachsen 4618 psychiatrische Betten auf
29 Kliniken. Die mittlere Bettenziffer (BZ) liegt damit bei 5,8 Betten pro 10 000
Einwohner. Die BZ der Kliniken mit Versorgungsauftrag schwanken ganz erheblich zwischen
minimal 2,6 und maximal 12,5 Betten pro 10 000 Einwohner. Seit 1985 sind in Niedersachsen
sieben zusätzliche psychiatrische Abteilungen an Allgemeinkrankenhäusern eröffnet
worden, die allerdings deutlich geringere BZ als die meisten der älteren Fachkrankenhäuser
haben. Schlussfolgerungen: Nach der Psychiatrie-Enquête ist mit der Eröffnung zusätzlicher psychiatrischer Abteilungen
an Allgemeinkrankenhäusern die gemeindenahe Versorgung psychisch Kranker in vielen
Gebieten verbessert worden. Die zu geringen BZ dieser jüngeren Abteilungen erschweren
jedoch die Versorgung der Patienten und die Entwicklung moderner psychiatrischer und
psychotherapeutischer Behandlungsangebote erheblich. Die Fortschreibung der Krankenhausplanung
sollte sich an einer landesweit ausgewogenen Ressourcenverteilung zwischen den verschiedenen
Kliniken orientieren und die weitere Verbesserung der Gemeindenähe fördern.
Abstract
Objective: The present study examines the development in Lower Saxony (Germany) three decades
after the Psychiatric Reform of 1975. Methods: Several documents of the state of Lower Saxony were analysed concerning hospital
planning and availability of psychiatric beds from 1985 to 2005. Results: Since 1985 the number of psychiatric beds fell by 37 % to 4618 in Lower Saxony. This
means an availability of 5.8 psychiatric beds per 10,000 population. The availability
of beds ranges from a low of 2.6 to a high of 12.5 beds per 10 000 population. Since
1985 seven psychiatric departments in general hospitals have been opened. These newer
psychiatric departments have significantly fewer beds than most older psychiatric
hospitals. Conclusions: The opening of seven new psychiatric departments in general hospitals meets the requirement
of the Psychiatric Reform to improve psychiatric care in the community. However, the
availability of beds shows significant differences between psychiatric hospitals and
psychiatric departments in general hospitals.
Schlüsselwörter
Psychiatrie-Enquête - Krankenhausplanung Niedersachsen - Bettenziffer - psychiatrische
Fachkrankenhäuser - psychiatrische Abteilungen an Allgemeinkrankenhäusern
Key words
Psychiatric reform - hospital planning - Lower Saxony - availability of beds - psychiatric
hospitals - psychiatric departments in general hospitals
Literatur
- 1 Bericht über die Lage der Psychiatrie in der Bundesrepublik Deutschland. Bundestagsdrucksache
7/4200. Bonn 25. November 1975
- 2 Cranach M. Vom Streit um Spezialisierung und Regionalisierung. Wege aus der Blockierung. In:
Aktion Psychisch Kranke (Hrsg). 25 Jahre Psychiatrie-Enquête. Band II. Bonn: Psychiatrie-Verlag
2001: 14-28
- 3 Häfner H. Die Psychiatrie-Enquête - historische Aspekte und Perspektiven. In: Aktion
Psychisch Kranke (Hrsg). 25 Jahre Psychiatrie-Enquête. Band I. Bonn: Psychiatrie-Verlag
2001: 72-102
- 4 Bundesministerium für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit .Empfehlungen der Expertenkommission
der Bundesregierung zur Reform der Versorgung im psychiatrischen und psychotherapeutisch/psychsomatischen
Bereich auf der Grundlage des Modellprogramms Psychiatrie der Bundesregierung. Bonn
1988
- 5 Niedersächsisches Sozialministerium .Psychiatrie in Niedersachsen. Programm und
Bericht der Landesregierung. Hannover 1985
- 6 Niedersächsisches Sozialministerium .Niedersächsischer Krankenhausplan. Hannover
1985
- 7 Niedersächsisches Sozialministerium .Niedersächsischer Krankenhausplan.10. Fortschreibung. Hannover
1995
- 8 Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit .Niedersächsischer
Krankenhausplan 2005. 20. Fortschreibung. Hannover 2005
- 9 Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit .Einzugsbereiche
der psychiatrischen Krankenhäuser und Fachabteilungen für Unterbringungen nach dem
Niedersächsischen Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke (NPsychKG). Hannover
1.1.2005
- 10 Konferenz der für das Gesundheitswesen zuständigen Ministerinnen und Minister und
Senatorinnen und Senatoren der Länder (Gesundheitsministerkonferenz). Arbeitsgruppe
Psychiatrie der obersten Landesgesundheitsbehörden .Bestandsaufnahme zu den Entwicklungen
der Psychiatrie in den letzten 25 Jahren. Der 76. Gesundheitsministerkonferenz vorgelegt
im Juni 2003
- 11
Niedersächsisches Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke (NPsychKG)
vom 16. Juni 1997.
Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt.
1997;
51
272-279
- 12 Niedersächsisches Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales .Referat 406. Rahmenkonzept
für die teilstationäre Krankenhausbehandlung Erwachsener in Niedersachsen nach § 39
SGB V. Hannover 20.09.2000
- 13
Berger M.
Bettenführende Abteilungen für Psychotherapeutische Medizin und ihre Auswirkungen
auf die stationäre Psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgung. Mitteilungen der
DGPPN.
Nervenarzt.
2004;
75
832-840
- 14 Kulenkampff C. Grußwort des Vorsitzenden der ehemaligen Enquête-Kommission. In:
Aktion Psychisch Kranke (Hrsg). 25 Jahre Psychiatrie-Enquête. Band I. Bonn: Psychiatrie-Verlag
2001: 38-43
- 15
Bramesfeld A.
Wie gemeindenah ist die psychiatrische Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland?.
Psychiatrische Praxis.
2003;
30
256-265
- 16
Stumme W.
Zur Planung psychiatrischer Krankenhausangebote in Hessen.
Krankenhauspsychiatrie.
1993;
Sonderheft 4
3-5
PD Dr. Andreas Thiel
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie · Diakoniekrankenhaus Rotenburg
Elise-Averdieck-Str. 17
26356 Rotenburg
Email: Thiel@Diako-online.de