Der Klinikarzt 2005; 34(6): IV-V
DOI: 10.1055/s-2005-871801
DGIKM

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Klinisches Schmerzmanagement interdisziplinär organisieren - Schmerzen im Krankenhaus sind kein unvermeidbares Übel!

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Publication Date:
22 June 2005 (online)

 
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In der Theorie bestehe große Einigkeit über die Bedeutung der (Akut-) Schmerztherapie, meinte Prof. Chr. Maier, Bochum. Doch in den letzten zehn Jahren habe sich europaweit praktisch nichts getan. Betroffen sind jedoch nicht nur operative, sondern auch konservative Abteilungen, das haben unter anderem die Ergebnisse der Daten aus der Initiative "Schmerzfreies Krankenhaus" ergeben. Die Ursachen für 'zu viel Schmerz' beruhen dabei überwiegend auf der fehlerhaften Umsetzung bekannter Prinzipien, Inkompetenz und mangelnder interprofessioneller Kooperation. Auch Leitlinien sind derzeit nur unzureichend im klinischen Alltag implementiert, was sich unter anderem dadurch widerspiegelt, dass die Pflegenden den betreuenden Arzt häufig zu Hilfe holen müssen. Das größte Versorgungsproblem besteht dabei übrigens in der Nacht, hier leiden zirka 60% der Patienten an Schmerzen.

"Die Situation in den Kliniken ist also verbesserungswürdig", meinte Maier, "aber wir haben eine Chance!" Nur eine wichtige Maßnahme ist die Einrichtung eines effizienten Akutschmerzdienstes. "Ohne diesen ist kein nachhaltiger Fortschritt möglich", so Maier. Ein Akutschmerzdienst kann dazu beitragen, die Prozessabläufe im klinischen Schmerzmanagement zu verbessern, zum Beispiel bei der patientenkontrollierten Analgesie (auch bei Kindern!) - sei es in ihrer Effektivität, der Vermeidung unerwünschter Ereignisse oder der Schmerzchronifizierung.

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Interdisziplinäre Konzepte führen zum Erfolg

"Die Basis einer optimierten Therapie chronischer Schmerzen ist ein ungestörtes Vertrauensverhältnis zum Patienten", betonte Dr. R. Sittl, Erlangen. Erst dann können alle anderen eingeleiteten Maßnahmen, angefangen von der medikamentösen Therapie über eine Sporttherapie bzw. medizinisches Training, einer psychologischen Betreuung bis hin zu Entspannungsübungen richtig greifen. Da chronische Schmerzen in der Regel nur bis zu einem gewissen Grad reduziert werden können, profitieren Betroffene seiner Erfahrung nach von einem solchen interdisziplinären, multimodalen Konzept in besonderem Maße. "Dabei ist es von außerordentlicher Bedeutung, den Patienten zu aktivieren und ihm eine hohe Eigenverantwortlichkeit zuzubilligen", fügte Sittl hinzu.

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Auswahl der Medikation nach Schmerzentität

Ganz klar: Die Basis bei der Auswahl des Analgetikums müssen die pathophysiologischen Grundlagen des Schmerzgeschehens sein:

  • zentrale Sensibilisierung (Allodynie): Opioide, Antidepressiva, NMDA-Agonisten, GABA-Agonisten

  • periphere Sensibilisierung: nichtsteroidale Antirheumatika , Lidocain lokal, Kortikosteroide

  • ektopische Reizbildung, Spontanaktivität (einschießender Schmerz): Carbamazepin, Gabapentin

  • sympathisch afferente Kopplung: Sympathikusblockade, a-Blocker.

"Auch für komplizierte Schmerzen reicht eine Therapie mit drei Substanzen aus dieser Palette aus", meinte Sittl. Allein die richtige Auswahl der Analgetika ist jedoch nicht genug, sie müssen zudem korrekt dosiert und in einem Zeitintervall appliziert werden, der an Galenik, Halbwertszeit und Schmerzintensität angepasst ist.

Paracetamol zum Beispiel wirkt nicht bei akuten Schmerzen, kann aber Hyperalgesien verhindern und eignet sich daher nach Meinung Sittls besonders im Rahmen einer Kombinationstherapie zum Einsatz bei neuropathischen Schmerzen, Hypovolämie, pulmonaler Spastik, Atopie. Metamizol dagegen ist bei akuten starken Schmerzen indiziert, aber auch bei kolikartigen, inflammatorischen oder neuropathischen Schmerzen.

Ein besonders vielseitiges Einsatzspektrum haben Opioidanalgetika. Allerdings seien Opioide keine Wundermittel, warnte Sittl. Sie eignen sich zwar nicht nur zur Behandlung von Tumorschmerzen, auch bei nichttumorbedingten Schmerzen können sie dazu beitragen, die Beschwerden der Patienten zu lindern. Dabei sind jedoch einige Grundregeln zu beachten: So sollten Opioide in diesem Fall erst nach einer eindeutigen interdisziplinären Schmerzdiagnostik verabreicht werden, wenn Nichtopioide und Koanalgetika keine Wirkung zeigen. Zudem müssen vor Therapiebeginn psychogene Schmerzursachen ausgeschlossen sein. Auch Ziele und Dauer der Behandlung sowie eine mögliche Begleitmedikation sind schon vor dem Therapiestart exakt festzulegen, zum anderen sind die Wirkung und Nebenwirkungen regelmäßig zu kontrollieren.

Sinnvoll eingesetzt kann man also gut mit diesen Substanzen arbeiten. In Deutschland werden jedoch gerade transdermal applizierte Opioide aufgrund ihrer einfachen Handhabung inzwischen unreflektiert eingesetzt. "Hier zu Lande kann man schon fast von einer 'Pflasterseuche' sprechen", stimmte Maier zu.

Relativ neu auf dem Markt ist die Substanz Pregabalin, die zur Behandlung neuropathischer Schmerzen zugelassen ist. Sittl berichtete von einer eigenen kleinen Anwendungsbeobachtung: "28% der Patienten, deren Schmerzen mit Gabapentin nicht kontrolliert werden konnten, erfuhren unter der Pregabalintherapie eine deutliche Schmerzreduktion."

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Schmerztherapie bei Kindern

Schmerzen bei Kindern wurden über viele Jahrzehnte nur unzureichend beachtet und therapiert. Immer noch bestehen häufig Unsicherheiten über anzuwendende Substanzen und deren Dosierung. "Doch im Grunde funktioniert die Schmerztherapie bei Kindern wie bei Erwachsenen", stellte Dr. J. Berrang, Datteln, fest. "Auch bei Kindern erfolgt das Schmerzmanagement nach dem WHO-Stufenschema. Und natürlich sind ebenfalls regelmäßige Applikationsabstände einzuhalten (Therapie nach der Uhr), eine bedarfsorientierte Therapie ist obsolet."

Schwierig jedoch ist es bei Kindern, die Stärke des Schmerzes zu messen. Doch sogar bei Säuglingen und Kleinkindern bis zu vier Jahren gibt es hierzu objektivierbare Kriterien wie die KUSS[1]-Skala (Tab. [1]). 15 Minuten lang werden alle Beobachtungen gezählt und die zugehörigen Punktwerte addiert. Ab einem Wert von vier Punkten ist eine Schmerztherapie indiziert. "Überprüfen Sie die Kriterien relativ häufig", forderte Berrang, "insbesondere im postoperativen Bereich!" Etwas leichter wird es bei Kindern ab dem Alter von etwa vier Jahren, denn hier stehen verschiedene visuelle Schmerzskalen zur Verfügung. "Immer vorausgesetzt, dass Sie diese den Kindern kindgerecht erklären, lässt sich die Schmerzintensität mit solchen Smiley-Skalen sehr gut erfassen," meinte Berrang.

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sts

Quelle: DGIKM-Symposium "Interdisziplinäre Schmerztherapie" im Rahmen des 54. Deutschen Ärztekongresses Berlin

1 kindliches Unbehagen und Schmerz

1 kindliches Unbehagen und Schmerz

 
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