psychoneuro 2005; 31(9): 408
DOI: 10.1055/s-2005-917971
Kasuistik

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Normalisierung des Körpergewichts - Umstellung von Olanzapin-Filmtabletten auf Schmelztabletten

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Korrespondenzadresse

A. Joseph, MB, BS

FA für Psychiatrie/Psychotherapie, Oberarzt

Sächsisches Krankenhaus Hubertusburg

Wermsdorf

Publication History

Publication Date:
06 October 2005 (online)

 
Table of Contents

Es wird von einer 36-jährigen Patientin berichtet, bei der die Erstmanifestation psychotischer Symptome zunächst erfolgreich mit Olanzapin-Schmelztabletten (Zyprexa® VeloTabTM) behandelt wurde. Als beim neuerlichen Auftreten der Symptome eine Behandlung mit Olanzapin-Filmtabletten begonnen wurde, resultierte dies in einer Gewichtszunahme von sieben Kilogramm innerhalb weniger Wochen. Nachdem wieder auf die Schmelztabletten umgestellt worden war, gelang es, das Körpergewicht zu regulieren.

Erstmanifestation einer schizoaffektiven Störung bei einer 36-jährigen bis dato unauffälligen Frau, möglicherweise getriggert durch eine Borrelieninfektion und psychosoziale Stressoren. Größe: 172 cm, Körpergewicht: 73 kg.

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Fallbericht

Die Patientin, verheiratet, mit zwei Kindern, wurde von ihrem Ehemann in die Notaufnahme des Krankenhauses gebracht. Sie zeigte Verwirrtheitsphasen und Realitätsverkennung, war psychomotorisch unruhig, über Nacht hochgradig agitiert und psychotisch. Mitten in der Nacht sei sie mit ihrer Geige nackt aus dem Haus gelaufen und habe die Geige in eine Pfütze gelegt. Die Patientin zeigte sich fortan kaum zugänglich mit sprunghaften, inkohärenten Gedankengängen. Im Wechsel kam es zu Euphorie und Weinerlichkeit, Ängstlichkeit und regelrechten Panikzuständen. Zwei Wochen vor der aktuellen Symptomatik war die Frau noch völlig unauffällig gewesen, stand aber unter erhöhter Belastung am Arbeitsplatz und plante die berufliche Selbstständigkeit. In der Familienanamnese ist eine bipolare Erkrankung mit überwiegend schweren depressiven Phasen bekannt.

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Verlauf

Binnen 24 Stunden nach Aufnahme konnte durch Gabe von Olanzapin-Schmelztabletten (aufdosiert bis auf 20 mg) und Diazepam (bis zu 10 mg/Tag) die hochgradige Agitation mit gemischt delirantem und psychotischem Erleben gemildert und die Diagnostizierbarkeit hergestellt werden. Es fanden sich aber bis auf einen positiven Serum-Borrelien-Titer für IgG und IgM keine weiteren Auffälligkeiten.

Wegen des Verdachts auf Neuroborreliose wurde unter Beibehaltung der antipsychotischen Medikation Ceftriazon i.v. verabreicht. Es kam innerhalb von drei Tagen zu einer vollständigen Symptomremission. Diazepam wurde abgesetzt und Olanzapin-Schmelztablette langsam auf 5 mg/Tag reduziert. Die Patientin wurde am 20. Behandlungstag in die Ambulanz entlassen und Olanzapin konnte nach vier Tagen ganz abgesetzt werden.

Einen Monat später stellte sich die Patientin mit neuerlichen psychotischen Symptomen in der Institutsambulanz vor. Sie fühlte sich ängstlich, unruhig, hatte Schlafstörungen und neuerlich psychotische Symptome. Es erfolgte eine Neueinstellung auf Olanzapin-Filmtabletten (5 mg/Tag).

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Therapieumstellung

Nach fünf Wochen meldete sich die Patientin und berichtete über eine deutliche Besserung der psychotischen Symptome, klagte aber über eine Gewichtszunahme von mehr als sieben Kilogramm seit der Neueinstellung. Es erfolgte sofort eine Umstellung auf Olanzapin- Schmelztabletten (ebenfalls 5 mg/ Tag). Zehn Tage später stellte sich die Patientin erneut vor und berichtete über eine deutliche Gewichtsabnahme seit der Umstellung auf Olanzapin-Schmelztablette ohne Veränderung ihrer Essgewohnheiten.

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Befund nach Therapieumstellung

Bei noch anhaltender depressiver Symptomatik, insbesondere Antriebsmangel, Lustlosigkeit und Erschöpfung erfolgte eine antidepressive Komedikation mit Reboxetin, worunter die Symptomatik vollständig remittierte. Im weiteren Verlauf erfolgte die Einstellung auf Lamotrigin. Die Patientin ist im sechsmonatigen Follow-up auf der Dreierkombination Olanzapin-Schmelztabletten, Lamotrigin und Reboxetin stabil und voll arbeitsfähig. Sie hat derzeit wieder ihr Ausgangsgewicht von 73 kg.

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Diskussion

Der Fall der Patientin mit Erstmanifestation psychotischer Symptome bestätigt die hohe Wirksamkeit von Olanzapin. Innerhalb weniger Tage wurde eine vollständige Symptomremission erreicht und die Patientin konnte in die Ambulanz entlassen werden. Bei der anschließenden langfristigen Therapie kam es unter der Olanzapin-Filmtablette zu einer Appetit- und Gewichtssteigerung. Es gibt Einzelberichte, in denen ein günstiger Effekt auf das Körpergewicht bei Umstellung von Olanzapin-Filmtabletten auf Olanzapin-Schmelztabletten berichtet wird. Auch in diesem Fall betätigte sich dies. Unter der Schmelztablette gelang es, das Körpergewicht der Patientin zu regulieren. Der Mechanismus, warum die Schmelztablette einen positiveren Effekt auf das Körpergewicht hat, ist unklar. Diskutiert wird, ob sie aufgrund einer veränderten Pharmakokinetik, sprich einer rascheren Absorption, in geringerem Ausmaß mit 5-HT-Rezeptoren am Gastrointestinaltrakt, vor allem am Pylorus, interagiert. Über eine solche Interaktion ließe sich möglicherweise eine Appetitsteigerung und ein verspätet einsetzendes Sättigungsgefühl unter der oral verabreichten Olanzapin-Filmtablette erklären.

Diese Arbeit wurde von Lilly Deutschland GmbH unterstützt.

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Korrespondenzadresse

A. Joseph, MB, BS

FA für Psychiatrie/Psychotherapie, Oberarzt

Sächsisches Krankenhaus Hubertusburg

Wermsdorf

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Korrespondenzadresse

A. Joseph, MB, BS

FA für Psychiatrie/Psychotherapie, Oberarzt

Sächsisches Krankenhaus Hubertusburg

Wermsdorf