Zusammenfassung
Hintergrund und Fragestellung: Der Dekubitus ist unter Qualitäts- und Kostengesichtspunkten ein ernsthaftes Problem
für Krankenhäuser. Der überwiegende Anteil von Studien zur Häufigkeit des Dekubitus
wurde als Querschnittuntersuchung durchgeführt. Die darüber gewonnene Punktprävalenzrate
ist kein guter Schätzer für einen fallbezogenen Referenzwert wie die Periodenprävalenzrate.
In einem interdisziplinären Dekubitusprojekt am Universitätsklinikum Essen wurde eine
Routinedokumentation mit einer Querschnittuntersuchung kombiniert, so dass erstmals
beide Raten gegenübergestellt werden können.
Patienten und Methodik: Die routinemäßige Erfassung von Angaben zum Dekubitus durch die Pflege im rechnergestützten
System zur Basisdokumentation wurde im März 2003 gestartet. Berichtet wird über 49
904 Behandlungsfälle mit Aufnahme ab 1.4.2003 und Entlassung bis zum 31.3.2004. Das
mittlere Alter betrug 48,71 ± 22,35 Jahre. 51,2 % der Behandlungsfälle waren männlich,
48,8 % weiblich. Parallel zur Routinedokumentation untersuchte ein Dekubitusteam werktäglich
alle Patienten auf zufällig ausgewählten Stationen. Die wahre Periodenprävalenzrate
wird über drei verschiedene Verfahren geschätzt.
Ergebnisse: Bei 49 904 Behandlungsfällen wurden 700 Dekubitalgeschwüre in der Routinedokumentation
erfasst. Dies entspricht einer Periodenprävalenzrate von 1,4 %. Unter 5415 Untersuchungen
des Dekubitusteams fand sich 294mal mindestens ein Dekubitus, entsprechend einer Punktprävalenzrate
von 5,4 %. Eine Schätzung über die Sensitivität der Routinedokumentation ergibt eine
wahre Periodenprävalenzrate von 3,0 %, unter Stratifizierung für Fachabteilungen ergibt
sich ein Wert von 3,7 %. Die Hochrechnung aus der Punktprävalenzrate über die Liegedauer
ergibt eine Periodenprävalenzrate von 2,3 %.
Folgerungen: Erstmalig liegen fallbezogene Referenzwerte für die Häufigkeit von Dekubitalgeschwüren
in einem Universitätsklinikum vor. Ein Vergleich mit internationalen Indikatoren wird
durch fehlende Informationen zu deren Sensitivität erschwert. Bei einer zum Vergleich
mit Essen deutlich höheren Punktprävalenzrate in der Literatur von über 10 % scheint
ein Referenzwert von 5 % für die Periodenprävalenzrate realistisch.
Summary
Background and objective: Pressure ulcer is a relevant issue for quality management and cost containment of
hospitals. Cross-sectional studies are the typical design to estimate the frequency
of pressure ulcers. The derived point prevalence rate is not as good for a case related
reference value as the period prevalence rate. The interdisciplinary pressure ulcer
project at the University Clinics in Essen combined a routine documentation with a
cross-sectional survey, thus providing both measurements for the first time.
Patients and methods: The routine and computer-based collection of information about pressure ulcers started
in March 2003, using the patient administration system medico//s from Siemens. Findings
are presented from 49,904 admissions, starting on 91/03/2004, discharged by 31/03/2004.
The mean age was 48.7 ± 22.4 years; 51.2 % were males, 48.8 % females. Additionally,
a decubitus team examined patients from randomly selected wards each work-day. The
real period prevalence rate was calculated using the observed period prevalence rate,
the sensitivity and the point prevalence rate.
Results: In the routine documentation, 700 pressure ulcers had been recorded from 49,904 inpatient
cases (period prevalence rate 1.4 %). The decubitus team did 5,415 examinations and
294 times detected at least one pressure ulcer (point prevalence rate 5.4 %). Estimated
results in three different period prevalence rates: 3.0 % using sensitivity of the
routine documentation, 3.7 % using sensitivity stratified for departments, and 2.3
% using the point prevalence rate for cases with short, medium, and long length of
stay.
Conclusions: The project presents for the first time reference values for pressure ulcer frequency
in university clinics. A comparison with international rates is hindered by unpublished
sensitivity values. In view of the higher point prevalence rate of 10 % present in
the literature, a period prevalence rate of 5 % is a realistic reference value.