Es gibt eine Vielzahl von Medikamenten, die unerwünschte psychische Arzneimittelwirkungen
(UAW) auslösen können. Diese Medikamente werden häufig im Bereich der Inneren Medizin,
Dermatologie und Anästhesie eingesetzt und verordnet [63]. Medikamente, die psychotrop wirksam sind, können das zentrale Nervensystem beeinflussen
und in seltenen Fällen auch psychotische Zustandsbilder verursachen. Häufig werden
solche UAWs übersehen, nicht als Medikamenteneffekt identifiziert oder fälschlicherweise
als Ausdruck einer eigenständigen psychischen Störung missinterpretiert.
In der psychiatrischen Terminologie wurden seit Bonhoeffer [5] alle psychiatrischen Syndrome, die in Folge einer körperlich angreifenden Noxe akut
auftreten, als „akute exogene Reaktionstypen” beschrieben. Bonhoeffer betonte die
Noxenunspezifität der akuten exogenen Reaktionstypen sowie die Symptomunspezifität,
d.h. unabhängig von der speziellen Ätiologie können die gleichen psychiatrischen Syndrome
auftreten.
Für die Diagnose einer medikamenteninduzierten Psychose spricht insbesondere ein enger
zeitlicher Zusammenhang mit der Medikamenteneinnahme und ein schnelles Abklingen der
Psychose nach Absetzen des Medikaments [6]
[28]. Bislang gibt es keine größeren systematischen Studien zur Prävalenz und Inzidenz
medikamenteninduzierter Psychosen. In der Fachliteratur sind aber zumeist Kasuistiken
und einzelne Verläufe vorzufinden. Trotz der Einrichtung eines Spontanerfassungssystems
für unerwünschte Arzneimittelwirkungen seitens der Deutschen Arzneimittelkommission
muss aber eine hohe Dunkelziffer nicht dokumentierter Fälle angenommen werden.
Die medikamenteninduzierten Psychosen sind nach den Internationalen Klassifikationssystemen
unter die Diagnose des Delirs einzuordnen. Nach den heute gültigen internationalen
diagnostischen Klassifikationen bezeichnet die Diagnose Delir [Tab. 1] alle psychischen Störungen, die organische Ursachen haben und mit Störungen des
Bewusstseins, der Aufmerksamkeit und der Kognition einhergehen. Insbesondere in der
Störung des Bewusstseins ergibt sich neben dem akuten Auftreten der Symptome die differenzialdiagnostische
Abgrenzung zur Demenz, wobei delirante Zustandsbilder häufig komorbid mit einer Demenz
auftreten [17]. Im klinischen Alltag ist die sichere differenzialdiagnostische Zuordnung zwischen
„endogener” Psychose und „exogener” psychischer UAW als Folge einer medikamentösen
Behandlung gelegentlich schwierig.
Delirien stellen in Allgemeinkrankenhäusern vor allem in den chirurgischen und internistischen
Abteilungen ein Problem da. Nach Untersuchungen [33] kann bei 10-30 % der älteren Patienten, die in ein Allgemeinkrankenhaus aufgenommen
werden, ein Delir diagnostiziert werden. Je nach Art des Eingriffes schwanken die
Inzidenzraten für ein postoperatives Delir zwischen 20 bis 60 % [15]
[19]. Klinisch wird das Delir durch Störungen von Bewusstsein, Aufmerksamkeit, Kognition,
Wahrnehmung, Psychomotorik, Schlaf-Wach-Rhythmus und Affektivität gekennzeichnet.
Ein Delir entwickelt sich zumeist plötzlich, z.B. einige Stunden nach Medikamenteneinnahme
oder innerhalb von 48 h nach einer größeren Operation. Je langsamer die Noxe wirkt,
um so verzögerter kommt es zum Auftreten der deliranten Symptomatik. Bei täglicher
Einnahme eines niedrig dosierten anticholinerg wirksamen Medikaments tritt ein Delir
auf, wenn es zur entsprechenden Überschreitung eines gewissen individuell variablen
Gewebespiegels der jeweiligen Substanz kommt. Delirien im Anschluss an operative Eingriffe
werden am häufigsten am zweiten postoperativen Tag beobachtet. Substanzentzugsdelirien
treten unter Berücksichtigung der jeweiligen Eliminationshalbwertszeit meist einige
Stunden bis Tage nach dem abrupten Absetzten (z.B. bei Tranquilizern) auf. Die Diagnose
wird klinisch gestellt, es empfiehlt sich aufgrund der mannigfaltigen Ursachen eines
Delirs neben der psychopathologischen und körperlich-neurologischen Untersuchung je
nach Symptombild eine Reihe weiterer diagnostischer Maßnahmen durchzuführen [Tab. 2]. Bei Patienten mit hoher Vulnerabilität kann ein Delir durch weit geringere oder
weniger Noxen ausgelöst werden als bei einem Patienten mit geringer Vulnerabilität.
Daher kommen Delirien auch bei jungen Menschen vor, insbesondere nach schwierigen
und komplikationsreichen Operationen.
Besonders häufig werden Delirien durch eine Vielzahl von Medikamenten ausgelöst, die
entweder das monoaminerge System stimulieren oder im cholinergen System hemmend wirken.
Die resultierenden Krankheitsbilder werden als zentrale anticholinerge Syndrome (ZAS)
bezeichnet. In verschiedenen Studien waren Medikamente in 11-30 % der Patienten, die
ein Delir entwickelten, Ursache der Symptomatik [18]
[20]
[45]. Insbesondere Polypharmazie war mit dem erhöhten Risiko eines Delirs verbunden.
So wurde bei Verordnung von mehr als drei Medikamenten während des stationären Aufenthaltes
ein relatives Risiko von 2,9 berichtet, ein Delir zu entwickeln [25].
Hypnotika und Sedativa
Hypnotika und Sedativa
Benzodiazepine können sowohl bei Entzug wie als Nebenwirkung der Therapie Delirien
verursachen [38]. Im Entzug entwickelt sich ein Delir je nach Halbwertszeit des eingenommenen Präparates
etwa zwei bis zehn Tage nach Absetzen und erreicht schnell ein Maximum. Ein solches
Entzugsdelir kann fünf bis zehn Tage andauern und ist gekennzeichnet durch:
-
Verwirrtheitszustände
-
Depersonalisation/Derealisation
-
psychotische Symptome (Halluzinationen)
-
ängstlich-depressive Syndrome
-
Krampfanfälle
-
Oszillopsien, Dysmorphopsien
-
Photophobie
-
Hyperakusis
-
Hypersomnien
-
Dsyästhesien
-
kinästhetische Störungen
-
Muskelzittern und -faszikulationen.
Nach etwa viermonatiger Einnahme auch einer therapeutischen Dosis von Benzodiazepinen
kann es bei abruptem Absetzen zu einer Entzugssymptomatik kommen, die allerdings nicht
immer so ausgeprägt sein muss wie oben geschildert (Inzidenz < 5 %). Insbesondere
das abrupte Absetzen kurzwirksamer Benzodiazepine nach Aufnahme in ein Krankenhaus
ist eine häufige Ursache für ein Delir [18]
[45].
Antikonvulsiva
Antikonvulsiva
Psychotische Syndrome und Verwirrtheitszustände treten hauptsächlich unter Phenytoin,
Primidon und Phenobarbital auf [58], bei Überdosierungen und Intoxikationen auch unter Valproat und Carbamazepin [22]. Die neueren Antikonvulsiva scheinen insgesamt eine geringere delirogene Potenz
zu haben, dennoch liegen sowohl für Lamotrigin [40] als auch für Topiramat [37]
[41] kasuistische Berichte über psychotische Syndrome vor.
Antiparkinsonmedikamente
Antiparkinsonmedikamente
Verwirrtheitszustände, delirante Syndrome und Psychosen sind häufige Komplikationen
der medikamentösen Therapie vor allem des fortgeschrittenen Morbus Parkinson [68]. Ätiologisch ist neben der medikamentösen Therapie auch die Erkrankung selbst oder
eine komorbide Demenz zu berücksichtigen. Als Risikofaktoren für ein Delir bei Parkinsonpatienten
gelten fortgeschrittenes Alter, eine Demenz und eine Kombinationsbehandlung mit verschiedenen
Antiparkinsonmedikamenten sowie eine hohe Dosierung dieser Präparate. Alle in der
Parkinsontherapie eingesetzten Medikamente können Delirien und dopaminerge Psychosen
auslösen. Bei etwa 5 % der Patienten, die mit Standarddosierungen von Levodopa behandelt
werden, entwickelt sich ein Delir [7]
[10]. Für den Dopaminagonisten Pergolid werden Inzidenzraten von 11-33 % [34]
[31] und für Bromocriptin von 12 % [35] für delirante Syndrome berichtet. Auch unter Therapie mit Amantadin und Selegilin
treten häufiger Delirien auf [10]. In einer weiteren Studie [26] kam es zum Auftreten deliranter Symptomatik während der Umstellung von unretardierten
auf retadierte L-Dopapräparate. Vom Delir sind die im Spätverlauf der Erkrankung bei
20-35 % der Patienten vorkommenden isolierten Halluzinosen und dopamininduzierten
Psychosen zu unterscheiden, bei denen zumeist als nicht bedrohlich empfundene optische
Halluzinationen ohne wahnhaftes Erleben bei klarem Bewusstsein auftreten. Halluzinationen
beim deliranten Syndrom haben hingegen zumeist bedrohlichen Charakter und sind immer
auch mit einer Bewusstseinsstörung verbunden.
Kardiaka
Kardiaka
Bereits Duroziez beschrieb 1874 ein durch Digitalispräparate ausgelöstes Delir und
fasste die Symptomatik unter dem Begriff des deliere digitalique zusammen [13]. Die Thematik wurde in der Folgezeit ignoriert, bis Smith 1938 über das vermehrte
Vorkommen von zentralnervösen Nebenwirkungen der Digitalistherapie bei älteren Patienten
berichtete [58]. Delirien können die erste und einzige Symptomatik einer Digoxinintoxikation sein
[57]. Delirante Symptomatik ist eine häufige Komplikation der Therapie mit Digoxin [30] und kann bereits unter therapeutischen Serumspiegeln auftreten [14]
[23]. In einer großen retrospektiven kanadischen Datenanalyse über gemeldete Medikamentennebenwirkungen
fanden sich 264 Berichte über Digoxinnebenwirkungen, 213 Fälle davon waren Delirien
[46].
Die meisten der Klasse-I-Antiarrhythmika haben anticholinerge Nebenwirkungen. Entsprechen
liegen Berichte über delirante Syndrome mit psychotischer Symptomatik für Procainamid
[49], Quinidin [11]
[27], Lidocain [50] und Tocainid [4]
[9] vor. Auch hier kann eine delirante Symptomatik bei Dosierungen im therapeutischen
Bereich auftreten, nur bei Quinidin scheinen Delirien Folge eine Intoxikation zu sein.
Für Amiodaron, ein Klasse-III-Antiarrhythmikum, liegen kasuistische Berichte über
Delirien vor [3]
[65].
Kortikosteroide
Kortikosteroide
Zu den wichtigen unerwünschten Wirkungen einer Steroidtherapie gehören, neben den
affektiven Störungen und der Induktion von akuten oder chronischen kognitiven Störungen,
delirante Syndrome [48]
[54]. Nicht medikamentös bedingter Hyperkortisolismus führt zu Delirien und demenziellen
Syndromen [36]
[44]. Iatrogen können letztere auch durch eine Langzeitbehandlung mit Kortikoiden bedingt
sein, zur Ausbildung von deliranten Syndromen kommt es dagegen vor allem unter kurzzeitiger
Hochdosistherapie [47]
[61]. Delirien wurden auch als Entzugssymptomatik nach langjähriger Kortikosteroidtherapie
berichtet [8]. In der Literatur sind eine Vielzahl von kortisoninduzierten Psychosen beschrieben
[54], wobei die Rolle des Kortisols für die Genese psychotischer Syndrome unumstritten
ist. Die genauen pathophysiologischen Mechanismen, die bei der Entstehung von unerwünschten
psychotropen Nebenwirkungen mitwirken, sind allerdings noch unzureichend geklärt [48]. Eine wichtige Rolle könnte eine Dysbalance gabaerger und monoaminerger Neurotransmittersysteme
spielen. Darüber hinaus wurden eine genetische Vulnerabilität, die unterschiedliche
enzymatische Eliminationsfähigkeit der Leber und die Exkretionsleistung der Niere
sowie paranormale Blutplasmakonzentrationen von Medikamenten diskutiert [32]
[60].
Antibiotika und Chemotherapeutika
Antibiotika und Chemotherapeutika
Es liegen unzählige Berichte über Delirien und psychotische Syndrome unter Therapie
mit den unterschiedlichsten Antibiotika vor [59]. In der Literatur werden als Risikofaktoren für die Ausbildung einer deliranten
Symptomatik unter Antibiotikatherapie genannt [43]
[53]
[59]:
-
psychiatrische Vorerkrankung
-
schwere somatische Erkrankung
-
fortgeschrittenes Lebensalter
-
eingeschränkte Nierenfunktion
-
hohe Dosierung und/oder intravenöse/intrathekale Verabreichung
-
erhöhte Permeabilität der Blut-Hirn-Schranke.
Eine genaue Einschätzung der neurotoxischen Wirksamkeit der verschiedenen Antibiotikaklassen
ist nach der gegenwärtigen Datenlage schwierig, dennoch liegen die meisten Berichte
zu Delirien für Penicilline, Cephalosporine und Quinolone vor [1]
[12]
[43]
[53]
[55]
[64]. Die Inhibition der GABAergen Neurotransmission wird als eine der möglichen Ursachen
für die delirogene Wirkung der Fluoroquinolone und Penicilline angesehen [1]
[29]. Auch unter Fungiziden und Antimalariamitteln sind delirante Syndrome beschrieben
[39].
Delirien können in Folge einer Chemotherapie oder einer Behandlung mit Zytokinen auftreten
[2]
[51]
[66]
[67]. Aufgrund der in der onkologischen Chemotherapie häufigen Polypharmazie lässt sich
die verursachende Substanz nur schwierig identifizieren, und insbesondere bei ZNS-Tumoren
oder Metastasen ist die Ätiologie deliranter Syndrome oft schwierig zu bestimmen.
Insbesondere unter den Antibiotika, die zu den am häufigsten verschriebenen Medikamentengruppen
gehören, wurden wiederholt psychische Störungen in Form von halluzinatorischen Syndromen
oder deliranten Zustandsbildern beschrieben [15]. Vor allem die Gyrasehemmer können unerwünschte ZNS-Effekte auslösen, was in früheren
Zulassungs- und Postmarketingstudien mit ermittelten Häufigkeiten von 0,9 bis 2,2
% dokumentiert wurde [28]
[42]
[52]
[62]. In der psychiatrischen Universitätsklinik München wurden im Rahmen des psychiatrischen
Konsiliardienstes in den Jahren von 1990 bis 1994 alle Verdachtsfälle für psychopathologische
Auffälligkeiten nach der Einnahme von Gyrasehemmern analysiert, wobei die retrospektive
Auswertung von 4189 Berichten bei 29 Patienten den Verdacht auf das Vorliegen einer
UAW mit psychiatrischer Symptomatik unter Gyrasehemmern ergab [24].
Therapie
Therapie
Die Therapie der Wahl in der Behandlung medikamenteninduzierter Psychosen und deliranter
Syndrome ist in erster Linie die Reduktion oder das Absetzen der potenziell psychotropen
Substanz. In einzelnen Fällen kann auch eine Veränderung der Applikationsart zu einer
Remission führen. Zumeist ist eine psychiatrisch-konsiliarische Betreuung und Behandlung
hinreichend, bei schwerem Ausprägungsgrad der Symptomatik kann allerdings eine antipsychotische
Therapie und gegebenenfalls eine stationär psychiatrische Behandlung nicht zu umgehen
sein. Ist eine medikamentöse Therapie erforderlich, können antipsychotisch vor allem
Haloperidol oder Risperidon eingesetzt werden, zur Sedierung die niedrigpotenten Neuroleptika
Melperon oder Pipamperon. Bei Intoxikation mit anticholinergen Substanzen, Neuroleptika
auf Phenothiazinbasis, Antidepressiva, Antihistaminika oder Alkohol hat sich auch
der Einsatz von Physostigmin bewährt. Insbesondere bei Parkinsonpatienten sollte allerdings
eine neuroleptische Therapie mit Clozapin oder Quetiapin erfolgen, da andere Antipsychotika
zu einer Verschlechterung der Parkinsonsymptomatik führen. Bei älteren Patienten sollte
die Behandlung immer mit niedrigen Tagesdosen und langsamer Aufdosierung begonnen
werden.
Tab. 1 Diagnostische Kriterien des Delirs nach ICD-10 und DSM-IV
|
ICD-10
|
DSM-IV
|
-
Bewusstseinsstörung, d.h. verminderte Klarheit der Umgebungswahrnehmung mit eingeschränkter
Fähigkeit, die Aufmerksamkeit zu richten, aufrechtzuerhalten und zu verlagern.
-
Globale Störung der Kognition, Wahrnehmungsstörungen, wie Verzerrungen der Wahrnehmung,
Illusionen und meist optischen Halluzinationen; Beeinträchtigungen des abstrakten
Denkens und der Auffassung, mit oder ohne flüchtige Wahnideen, aber typischerweise
mit einem gewissen Grad an Inkohärenz; Beeinträchtigung des Arbeits- und Kurzzeitgedächtnisses,
mit relativ intaktem Langzeitgedächtnis; zeitlicher Desorientiertheit, in schweren
Fällen auch Desorientierung zu Ort und Person.
-
Psychomotorische Störungen (Hypo- oder Hyperaktivität mit nicht vorhersehbarem Wechsel
zwischen beiden; verlängerte Reaktionszeit; vermehrter oder verminderter Redefluss;
verstärkte Schreckreaktion.
-
Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus (Schlafstörung, in schweren Fällen völlige Schlaflosigkeit,
mit oder ohne Schläfrigkeit am Tage oder Umkehr des Schlaf-Wach-Rhythmus, nächtliche
Verschlimmerung der Symptomatik, unangenehme Träume oder Albträume, die nach dem Erwachen
als Halluzinationen oder Illusionen fortbestehen können).
-
Affektive Störungen wie Depression, Angst oder Furcht, Reizbarkeit oder Euphorie,
Apathie oder staunende Ratlosigkeit.
-
Das Störungsbild entwickelt sich innerhalb einer kurzen Zeitspanne (gewöhnlich innerhalb
von Tagen oder Stunden) und fluktuiert üblicherweise im Tagesverlauf, die Gesamtdauer
der Störung beträgt weniger als sechs Monate.
-
Eine ziemlich zuverlässige Diagnose des Delirs kann sogar dann gestellt werden, wenn
die zugrunde liegende Ursache nicht nachzuweisen ist.
|
-
A. Bewusstseinsstörung, d.h. verminderte Klarheit der Umgebungswahrnehmung mit eingeschränkter
Fähigkeit, die Aufmerksamkeit zu richten, aufrechtzuerhalten und zu verlagern.
-
B. Veränderungen der kognitiven Funktionen (wie Gedächtnisstörung, Desorientiertheit
oder Sprachstörung) oder Entwicklung von Wahrnehmungsstörungen (Illusionen, Halluzinationen,
darauf aufbauenden Wahnideen), die nicht besser durch eine schon vorher bestehende
Demenz erklärt werden können.
-
C. Das Störungsbild entwickelt sich innerhalb einer kurzen Zeitspanne (gewöhnlich
innerhalb von Tagen oder Stunden) und fluktuiert üblicherweise im Tagesverlauf.
-
D. Es gibt Hinweise aus der Anamnese, der körperlichen Untersuchung oder den Laborbefunden,
dass das Störungsbild direkte körperliche Folgeerscheinung eines medizinischen Krankheitsfaktors
ist.
|
Tab. 2 Untersuchungen bei Delir
|
Untersuchung
|
diagnostischer Rückschluss auf
|
|
Anamnese |
Substanzentzug, Demenz |
|
Temperatur |
Entzündung, Sepsis |
|
Blutbild |
Anämie, Exsikose, Entzündung |
|
Elektrolyte, Osmolarität |
Exsikose, hyperosmolares Koma, Elektrolyt-Entgleisung, Hypoparathyreodismus |
|
Glucose |
Hypo-, Hyperglykämie |
|
Leberwerte |
Leberversagen |
|
Retentionswerte |
Nierenversagen |
|
Arterielle Blutgasanalyse |
respiratorische Insuffizienz |
|
T3, T4, TSH |
Hypo-, Hyperthyreose |
|
CRP |
Entzündung |
|
Vitamin B 12 |
Hypovitaminose |
|
Urinanalyse |
Harnwegsinfekt, Substanzmissbrauch |
|
EKG |
kardiale Ursachen |
|
Röntgen-Thorax |
kardiale und pulmonale Ursachen |
|
EEG |
Epilepsie |
|
CCT, MRT |
primär zerebrale Ursachen |