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DOI: 10.1055/s-2005-926198
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Im Gespräch mit Dr. Heinrich Braeuer, Hamburg - Anforderungen an eine patientengerechte Epilepsietherapie
Publication History
Publication Date:
18 January 2006 (online)
Neuere antiepileptisch wirksame Substanzen mit hoher Ansprechrate und guter Verträglichkeit erleichtern die ambulante Therapie von Patienten mit Anfallsleiden. Wie sich die Medikamente in den Therapieplan einbauen lassen und welche Anforderungen heute an eine patientengerechte Epilepsietherapie gestellt werden, erläutert Dr. Heinrich Braeuer, der in Hamburg eine auf Epilepsie-Patienten spezialisierte neurologische Praxis führt.
Herr Dr. Braeuer, welche Erwartungen stellen Epilepsie-Patienten an die medikamentöse Therapie?
Menschen mit Epilepsie erwarten von einem Antikonvulsivum (AK) sichere und zuverlässige Wirksamkeit bei guter Verträglichkeit - vor allem ohne negative Auswirkungen auf kognitive Funktionen und die allgemeine Lebensqualität. Das AK soll keine hepatische Enzyminduktion und keine Medikamenteninteraktionen bewirken, die Wirkung soll schnell und vorhersagbar eintreten, es soll keinen Rebound (Verschlimmerung von Anfällen) bei Absetzen geben und insbesondere darf keine Toleranzentwicklung (Wirkungsverlust) eintreten. Schließlich soll es anwenderfreundlich (Einnahme 1-2x täglich) vorliegen und kostengünstig angeboten werden.
Wie ordnen Sie diesbezüglich die neueren Antiepileptika wie Pregabalin, Lamotrigin und Topiramat ein?
Innerhalb der genannten AK habe ich mit dem Pregabalin gute Erfahrungen gemacht.
Was sind die Vorteile von Pregabalin?
Es sind sein spezieller Wirkmechanismus und der schnelle und zuverlässige Wirkungseintritt. Pregabalin führt nicht zu hepatischer Enzyminduktion und kann wegen kaum vorhandener Medikamenteninteraktionen problemlos kombiniert werden. Das günstige Verträglichkeitsprofil, die geringen Abbruchraten und die relativ niedrigen Kosten sind weitere Pluspunkte.
Welche Ansprechraten kann man mit Pregabalin in der Zusatzbehandlung therapierefraktärer Patienten mit fokalen Anfällen im Erwachsenenalter erwarten?
Nach Literaturdatenlage und nach meinen Erfahrungen ist mit Responderraten um 50% zu rechnen.
Sehen Sie noch andere Anwendungsmöglichkeiten für Pregabalin?
Pregabalin ist bereits zugelassen für die Behandlung peripherer neuropathischer Schmerzen im Erwachsenenalter. Die Wirksamkeit und die Verträglichkeit bei Kindern sollte noch untersucht werden. Unbedingt sollten Studien mit Pregabalin in Monotherapie vorangebracht werden.
Wie gelingt die Umstellung auf Pregabalin und die Eindosierung?
Pregabalin kann schnell und mit zuverlässigem Wirkungseintritt eindosiert werden. Früher Einsatz von Pregabalin (bereits als erstes Add-On-Medikament) verhindert "kumulative Nebenwirkungen" bei Polytherapie. Bei sich ja rasch abzeichnender Wirksamkeit des Pregabalins sollte zur Verminderung des Gesamtnebenwirkungsrisikos frühzeitig die vorbestehende AK-Dosis vermindert werden. Die Ein- oder Umstellung auf Pregabalin gelingt dann problemlos, übrigens auch - unter Anpassung der Dosierung - bei Niereninsuffizienz.
Pregabalin steht jetzt seit einem Jahr für die Add-On-Therapie der Epilepsie im Erwachsenenalter zur Verfügung, welche Erfahrungen haben Sie seither damit gesammelt?
Pregabalin hat bereits nach kurzer Zeit einen festen und vorrangigen Platz als Add-On-AK zur Behandlung fokaler Anfälle eingenommen. Es zeichnet sich durch eine hohe Responderrate bei günstigem Nebenwirkungsprofil aus - und ist außerordentlich gut handhabbar.
Wie vertragen Patienten das neue Medikament und wie stark sind ZNS-Nebenwirkungen ausgeprägt?
Pregabalin wird durchweg gut vertragen. Bei vorsichtiger Aufdosierung sind nach meinen Erfahrungen ZNS-Nebenwirkungen gering - in jedem Fall sind sie dosisabhängig und zuverlässig durch Dosisanpassung reversibel! Dies wird durch ungewöhnlich niedrige Abbruchraten bei meinen Patienten bestätigt.
Dr. B. Grübler, Hannover