Der Klinikarzt 2006; 35(1): VIII
DOI: 10.1055/s-2006-932235
Blickpunkt

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Optimale Arzt-Patienten-Kommunikation - Den Hypertoniepatienten zum Partner machen

Further Information

Publication History

Publication Date:
01 February 2006 (online)

 
Table of Contents

Sogar wenn man - inzwischen eigentlich veraltete - Blutdruckzielwerte von unter 140/90 mmHg zugrunde legt, sind in den USA nicht einmal die Hälfte der Patienten mit bekanntem Hypertonus ausreichend therapiert. "Unsere europäischen und deutschen Zahlen sehen diesbezüglich sogar noch erheblich schlechter aus", kritisierte Prof. R. Düsing, Bonn. Eine der wesentlichen Ursachen für dieses Verhältnis ist die mangelnde Therapietreue oder Adhärenz der Patienten - angefangen damit, dass diese das Rezept gar nicht einlösen ("non-acceptance"), die Therapie ohne das Wissen des Arztes beenden ("non-persistance") oder die Medikamente mehr oder weniger unregelmäßig einnehmen ("compliance"). Pure Vergesslichkeit ist in etwa der Hälfte der Fälle der Grund hierfür, dicht gefolgt von auftretenden Nebenwirkungen oder der Furcht davor.

#

Aktuelle Compliance-Forschung

Doch wie viel Compliance braucht man für eine erfolgreiche Therapie? "Für die Behandlung von Risikofaktoren wie zum Beispiel der Hypertonie könne man wahrscheinlich von Mindestwerten von 80% ausgehen", meinte Düsing. Dies lasse sich im Alltagsleben allerdings nur schwer erreichen. Tatsächlich nehmen drei Viertel der Patienten nach eigenen Angaben ihre Medikamente nicht immer so ein, wie vom Arzt angegeben, führte Dr. Waltraud Silbernagel, Hinterzarten, anhand einer Untersuchung von Infratest aus dem Jahr 1991 aus. Noch besorgniserregender ist jedoch: 97% verschweigen dies ihrem Arzt, obwohl sie der Meinung sind, dass dieser davon wissen müsse.

Wie sich die Situation in der Hypertoniebehandlung heute darstellt, wird das VALIDE[1]-Studienprogramm beantworten. In der laufenden, offenen Anwendungsbeobachtung an über 8000 Patienten wird die Therapietreue der Patienten, die mit Valsartan oder Valsartan plus Hydrochlorothiazid (z.B. Diovan®, Codiovan®) antihypertensiv therapiert werden, mit und ohne Intervention (ausführliche Information zum Thema Bluthochdruck, Tablettentimer, Blutdruckselbstmessung und Erinnerungsaufkleber) mithilfe des gut validierten und sensitiven Morisky-Scores, der aus nur vier einfachen Fragen besteht, und einem so genannten "Pill-Count" über insgesamt sechs Monate gemessen. Die ersten Ergebnisse werden im Frühjahr dieses Jahres erwartet. Zusätzlich wird die eben gestartete VALIDE-Studie (n = 200) den Wert eines elektronischen Erinnerungssystems zur Steigerung der Compliance randomisiert und prospektiv überprüfen.

#

Nicht nur therapieren, sondern begleiten!

Kommunikation und einfache, gut strukturierte, kurze, prägnante und einprägsame Informationen seien die wichtigsten Voraussetzungen für die Kooperation des Patienten, führte auch Silbernagel aus und riet: "Holen Sie Ihre Patienten da ab, wo diese stehen und ermutigen Sie diese zu Fragen." Dabei sichern rhetorische Fragen als "Salz in der Informationssuppe" die Aufmerksamkeit. Zum Schluss ist es nach Meinung der Diplom-Psychologin wichtig zu prüfen, ob der Patient die Argumente verstanden hat. Dabei ist die Art der Frage von großer Bedeutung. "Fragt man zum Beispiel 'Habe ich mich verständlich ausgedrückt?', kommen sich die Patienten nicht dumm vor!"

Doch verstanden sei nicht einverstanden, einverstanden sei nicht angewendet und angewendet nicht eingehalten, zitierte Silbernagel den Verhaltensforscher Konrad Lorenz. Bei der Wahl der Therapie sind demnach auch die individuellen Vorstellungen der Patienten zur Erkrankung oder Compliance-Barrieren zu berücksichtigen und gemeinsam mit dem Patienten maßgeschneiderte Behandlungsschemata, die sich am Alltag und den Vorstellungen der Patienten orientieren, zu planen. "Autoritäres Vorgehen erzeugt ein nicht therapietreues Verhalten, denn so stellt der Patient seine Eigenverantwortlichkeit wieder her", erklärte die Diplom-Psychologin. Erst wenn auch der Patient mit der Therapie einverstanden ist, wird er sie auch durchführen - solange er im weiteren Behandlungsverlauf positiv bestärkt wird.

#

Einflussfaktoren auf die Therapietreue

Die Wahl des Antihypertonikums kann ebenfalls dazu beitragen, die Persistenz und die Compliance der Patienten zu erhöhen. Am besten schneiden hierbei gut verträgliche Präparate mit langer Wirkdauer ab. Bei Risikopatienten seien initiale Kombinationstherapien von Vorteil, so Düsing, da damit in der Regel weniger häufig Anpassungen der Behandlung notwendig sind und die Zahl der Therapiewechsel negativ mit der Compliance korreliert ist. "Patienten scheinen jeden Wechsel als Unsicherheit aufzufassen", konstatierte Düsing.

Vergleicht man die verschiedenen Klassen der Antihypertonika haben die Angiotensin-II-Antagonisten, wie zum Beispiel Valsartan, Studienergebnissen zufolge mit 68% nach einem bzw. 51% nach zwei Jahren die höchsten Persistenzraten. Signifikant schlechter sieht es bereits bei den ACE-Hemmern aus. Hier haben nach einem Jahr nur noch 61%, nach zwei Jahren nur noch 46% der Patienten die Medikation beibehalten (p < 0,007). Ganz abgeschlagen in dieser "Rangliste" sind die Diuretika mit 21 bzw. 16%.

sts

Quelle: Satellitensymposium "Stärken des AT1-Rezeptorantagonisten - von Einnahmetreue zur Kardioprotektion" und Pressekonferenz "Effektive Hypertonietherapie mit Diovan® - Überzeugung durch eine breite Datenlage" im Rahmen des 29. Wissenschaftlichen Kongresses Hypertonie 2005, veranstaltet von der Novartis Pharma GmbH, Nürnberg

2 VALsartan - vergleIchenDe Erhebung zur Therapietreue

2 VALsartan - vergleIchenDe Erhebung zur Therapietreue