Der Klinikarzt 2006; 35(1): 37-42
DOI: 10.1055/s-2006-932566
DGIKM

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Das IZP stellt sich vor - Palliativmedizin: Aufgabe aller Ärzte

The IZP Introduces Itself - Palliative Medicine: a Task for Every PhysicianG.D. Borasio1 , C. Bausewein1 , A. Beyer1 , B. Fittkau-Tönnesmann1
  • 1Interdisziplinäres Zentrum für Palliativmedizin, Klinikum der Universität München (Geschäftsführender Vorstand: Prof. Dr. G.D. Borasio)
Weitere Informationen
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Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Gian Domenico Borasio

Geschäftsführender Vorstand

Interdisziplinäres Zentrum für Palliativmedizin

Klinikum der Universität München - Großhadern

Marchioninistr. 15

81377 München

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
01. Februar 2006 (online)

Inhaltsübersicht #

Zusammenfassung

Das Interdisziplinäre Zentrum für Palliativmedizin (IZP) des Klinikums der Universität München wird gemeinsam von der Klinik für Anästhesiologie, der Medizinischen Klinik III und der Neurologischen Klinik getragen. Die Leitung des Zentrums rotiert alle drei Jahre, sie betreut eine Palliativstation mit zehn Betten, einen multiprofessionellen palliativmedizinischen Konsiliardienst und die Christophorus-Akademie für Palliativmedizin, Palliativpflege und Hospizarbeit. Schwerpunkt der klinischen Arbeit ist die interdisziplinäre und multiprofessionelle Betreuung schwerstkranker Patienten und ihrer Familien in Krisensituationen - mit dem Ziel, die Patienten zu stabilisieren und nach Hause zu entlassen oder in ein stationäres Hospiz zu überweisen. Die Forschungsaktivitäten des Zentrums erstrecken sich auf die Bereiche Lebensqualität, Symptomkontrolle, nichtonkologische Erkrankungen, Versorgungsforschung, Entscheidungen am Lebensende und der medizinischen Weiterbildung. Die Universität München hat als erste Universität in Deutschland die Palliativmedizin als Pflichtlehr- und Prüfungsfach eingeführt. Darüber hinaus führt die Christophorus-Akademie Qualifizierungskurse für alle an der Palliativbetreuung beteiligten Berufsgruppen durch. Weitere Initiativen des Interdisziplinären Zentrums für Palliativmedizin betreffen die Bereiche Spiritualität, Patientenverfügungen und pädiatrische Palliativmedizin. Primäres Ziel ist die Vermehrung und möglichst breite Weitergabe von palliativmedizinischem Wissen, denn Palliativmedizin ist Aufgabe aller Ärzte.

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Summary

The Interdisciplinary Center for Palliative Medicine (IZP) of the Munich University Hospital ist the result of a cooperation between the departments of anaesthesiology, neurology and oncology. The leadership of the center rotates every three years. The IZP comprises an inpatient unit with ten beds, a consult service and the Christophorus Academy for Palliative Medicine, Palliative Nursing and Hospice Care. The focus of the clinical work is the interdisciplinary and multiprofessional care of severely ill patients and their families in critical situations, with the aim of a discharge home or to an inpatient hospice. The research activities of the IZP focus on the following topics: quality of life, symptom control, non-oncological disorders, service provision, end-of-life decisions, and medical education. The University of Munich has introduced Palliative Medicine as a core curriculum subject, for the first time in Germany. In addition, the Christophorus Academy organizes courses for all professions involved in palliative care. Further initiatives of the IZP have been started in the areas of spirituality, advance directives, and pediatric palliative medicine. The primary goal of the IZP is the increase and wide dissemination of palliative care know-how, since palliative medicine is a task for every physician.

Die Betreuung und Begleitung schwerstkranker und sterbender Patienten und ihrer Familien ist eine wesentliche Aufgabe für jeden klinisch tätigen Arzt. Palliativmedizin ist ihrem Wesen nach ein interdisziplinäres und multiprofessionelles Arbeitsfeld. Dies kommt besonders in der WHO-Definition der Palliativmedizin zum Ausdruck [15]: Demnach dient die Palliativmedizin der Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und ihren Angehörigen, die mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung konfrontiert sind. Dies geschieht durch Vorbeugung und Linderung von Leiden mittels frühzeitiger Erkennung, hochqualifizierter Beurteilung und Behandlung von Schmerzen und anderen Problemen physischer, psychosozialer und spiritueller Natur.

Die historische Entwicklung der Palliativmedizin hat die kürzlich verstorbene englische Ärztin, Krankenschwester und Sozialarbeiterin Dame Cicely Saunders [Abb. 1] geprägt, die 1967 mit der Eröffnung des St. Christopher's Hospice in London die Geburtsstunde der modernen Palliativmedizin einläutete. In den Anfangsjahren lag der Schwerpunkt auf einer Verbesserung der Schmerztherapie in der Sterbephase von Tumorpatienten. Allerdings waren von Beginn an sechs von 54 Betten in St. Christopher's für nichtonkologische Patienten reserviert, die meisten davon litten an neurologischen Erkrankungen, insbesondere der amyotrophen Lateralsklerose (ALS). Demnach war die Interdisziplinarität von Anfang an ein Charakteristikum der Palliativmedizin.

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Konzept der Einrichtung

Das Klinikum der Universität München ist ein Krankenhaus der Maximalversorgung mit etwa 2400 Betten, in dem überwiegend schwer kranke Menschen behandelt werden. Jährlich sterben allein am Standort Großhadern etwa 800 Patienten. Viele tausend unheilbar Kranke werden zusätzlich im Hause stationär oder ambulant behandelt und häufig mit einer zum Tode führenden Diagnose - aber ohne ein palliativmedizinisches Betreuungskonzept - entlassen. Diese Situation ist charakteristisch für fast alle deutschen Universitätskrankenhäuser. Das mag einer der Gründe für die weit verbreitete Skepsis in der Bevölkerung gegenüber der inzwischen hoch technisierten Medizin sein.

Wie der Deutsche Ärztetag bestätigt hat, besteht in Deutschland ein großer Bedarf für interdisziplinäre palliativmedizinische Einrichtungen, in welchen aktiv das Ziel der Maximierung der Lebensqualität von Schwerstkranken und Sterbenden sowie ihren Angehörigen verfolgt wird. Die gesellschaftspolitische Dimension der Palliativmedizin erhält durch die moderne Tendenz zur sozialen Desintegration (in München über 50 % Single-Haushalte) eine besondere Bedeutung.

Palliativmedizinische Kompetenz erfordert eine spezielle, interdisziplinäre Ausbildung und Erfahrung, vor allem auf internistischem, anästhesiologisch/schmerztherapeutischem und neurologischem Gebiet. Darüber hinaus ist eine enge Kooperation mit allen klinischen Disziplinen notwendig, die Beiträge zur Symptomlinderung leisten können. Dazu zählen beispielsweise die Strahlentherapie, die Psychiatrie, die interventionelle Radiologie, die Chirurgie oder die Neurochirurgie. Unverzichtbar ist die multiprofessionelle Zusammenarbeit aller beteiligten Berufsgruppen [Tab. 1].

In der studentischen Ausbildung in Deutschland sind palliativmedizinische Angebote nur spärlich vorhanden. Die palliativmedizinische Forschung steckt noch in den Kinderschuhen. Palliativmedizinische Einrichtungen sind an deutschen Universitäten bisher nur vereinzelt zu finden.

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Ziele des Zentrums

Am Klinikum der Universität München - Standort Großhadern wurde im April 2004 der mit Unterstützung der Deutschen Krebshilfe und des Freistaats Bayern errichtete Neubau des Interdisziplinären Zentrums für Palliativmedizin (IZP) eröffnet [Abb. 2]. Schon seit Dezember 1999 stand allen Patienten des Klinikums ein palliativmedizinischer Konsiliardienst beratend und begleitend zur Verfügung, 2003 wurden die ersten sechs provisorischen Palliativbetten in Betrieb genommen.

Zu den Zielen des Zentrums gehört es, den uns anvertrauten schwerstkranken und sterbenden Patienten und ihren Familien eine optimale palliativmedizinische Betreuung zukommen zu lassen und das vorhandene palliativmedizinische Wissen durch Forschungsprojekte zu erweitern. Palliativmedizinisches Wissen, Fertigkeiten und Haltung sollen so effizient und breitenwirksam wie möglich weitergegeben werden, einmal durch die Einbindung der Palliativmedizin in die studentische Lehre, aber auch durch Fort- und Weiterbildungskurse in Palliativmedizin, Palliativpflege und Hospizarbeit für alle beteiligten Berufsgruppen oder durch Veröffentlichungen (Artikel, Broschüren, Bücher) - sowohl fachspezifischer als auch allgemeinverständlicher Art. Die Verbreitung und Verankerung des Hospiz- und Palliativgedankens in der Gesellschaft möchten wir unterstützen. Bislang wurden verschiedene Schritte zur Realisierung dieser Ziele unternommen.

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Krankenversorgung

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Konsiliardienst

Der klinische Teil des Interdisziplinären Zentrums für Palliativmedizin besteht aus zwei Einheiten: dem Konsiliardienst und der Palliativstation. Im Rahmen des palliativmedizinischen Konsiliardiensts stehen ein Arzt mit Palliativausbildung, eine erfahrene Palliativpflegekraft und eine Sozialarbeiterin allen Stationen des Klinikums zur Beantwortung spezieller Fragen und Mitbetreuung schwerstkranker und sterbender Patienten zur Verfügung.

Im Jahr 2004 wurden über 400 Patienten in allen Kliniken des Hauses mitbetreut (Abb. 3), 30 % davon konnten nach Hause entlassen werden, 47 % wurden in andere Einrichtungen (z.B. stationäre Hospize) verlegt. Bei den 22 % der Patienten, die im Klinikum verstarben, konnten die Symptome in allen Fällen so gelindert werden, dass ein friedliches Sterben möglich war. Eine wichtige Funktion des Konsiliardiensts ist die Verbreitung von palliativmedizinischem Wissen im Klinikum.

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Palliativstation

Als Akutstation für Schwerstkranke, die sich in einer Symptomkrise befinden, hat eine Palliativstation die Aufgabe, die Symptome der Patienten zu kontrollieren und sie nach Hause zu entlassen (kein Sterbehospiz!). Seit April 2004 kann die Palliativstation zehn Betten (acht Einzel-, ein Doppelzimmer, ein Angehörigenzimmer) zur stationären Versorgung von Patienten mit schwer beherrschbaren Symptomen, und wenn nötig zur Begleitung in der Terminalphase, zur Verfügung stellen. Im Jahr 2004 wurden hier etwa 200 Patienten betreut, 30 % konnten nach Hause entlassen und weitere 15 % ins Hospiz verlegt werden. 55 % der Patienten wurden in der Sterbephase begleitet, bei allen Patienten war die Symptomkontrolle erfolgreich. In der ersten Hälfte von 2005 lag die Entlassungs- oder Verlegungsquote bei 56 %, der Anteil nichtonkologischer Patienten (die meisten davon mit neurologischen Erkrankungen) bei 27 %.

Ein wesentlicher Schwerpunkt der Arbeit der Palliativstation liegt - entsprechend der WHO-Definition - in der psychosozialen und spirituellen Betreuung von Patienten und Angehörigen. Dies geschieht durch ein multiprofessionelles Team, das zusätzlich zur ärztlich-pflegerischen Betreuung die Bereiche der Psychotherapie, Seelsorge, Sozialarbeit, sowie der Atem-, Kunst- und Musiktherapie umfasst. Besondere Bedeutung hat hier die Betreuung und Begleitung der Familienangehörigen, einschließlich der Kinder und der (oft hochbetagten und vernachlässigten) Eltern der Patienten.

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Beteiligte Fachdisziplinen

Drei Fachdisziplinen kommt bei der Palliativmedizin eine besondere Bedeutung zu:

  • der Inneren Medizin/Onkologie, aus der sich zahlenmäßig derzeit die meisten Patienten rekrutieren

  • der Anästhesiologie, wegen der herausragenden Bedeutung der Schmerztherapie in der Palliativmedizin

  • der Neurologie, aufgrund des steigenden Anteils neurologischer Patienten auf Palliativstationen und der Vielzahl von bisher wenig untersuchten und zum Teil schwer beherrschbaren neurologischen Symptomen bei Palliativpatienten [13].

Um den komplexen medizinischen Fragestellungen gerecht zu werden, wurde eine gemeinsame, gleichberechtigte interdisziplinäre Betreuung der Patienten des Palliativzentrums durch die drei genannten Fachdisziplinen beschlossen [Abb. 4]. Das Interdisziplinäre Zentrum für Palliativmedizin in München wird durch eine Kollegialleitung geführt, bestehend aus je einem Oberarzt aus jeder der beteiligten Kliniken sowie der Leiterin der Christophorus-Akademie, die den Bereich der medizinischen Aus- und Weiterbildung vertritt. Die Geschäftsführung des Zentrums rotiert alle drei Jahre. Das IZP ist nach unserem Wissen die bislang einzige palliativmedizinische Einrichtung weltweit, die in dieser Form konsequent interdisziplinär betrieben wird.

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Mitarbeiter und Finanzierung

Im Zentrum für Palliativmedizin arbeiten derzeit (teilweise auf Teilzeitstellen) 15 Pflegekräfte, fünf Ärzte, zwei Sozialarbeiter, ein Psychologe, ein Physiotherapeut, eine Atemtherapeutin, vier Akademiemitarbeiter, eine Sekretärin und zwei ehrenamtliche Mitarbeiter. Etwa ein Drittel dieser Stellen (einschließlich aller Akademiestellen) muss über Drittmittel finanziert werden. Mit dem neuen Fallpauschalensystem ist die Arbeit der Palliativmedizin hochgradig gefährdet, da sich der hohe Personalaufwand bei der Betreuung schwerstkranker und sterbender Patienten nachweislich nicht im Fallpauschalen(DRG)-System abbilden lässt. Um den Versorgungsstandard nicht absinken zu lassen, ist eine kontinuierliche Einwerbung von Drittmitteln und Spenden notwendig.

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Kooperation mit externen Institutionen

Von zentraler Bedeutung für eine erfolgreiche Begleitung unserer Patienten und ihrer Familien ist die enge Kooperation mit externen Institutionen wie Pflegediensten, ambulanten Hospizdiensten und stationären Hospizen. Die Kooperation mit dem Christophorus Hospiz Verein, dem ältesten Hospizverein Deutschlands, besteht seit der Gründung des IZP und spiegelt sich in der Übernahme der Akademie für Palliativmedizin in die Universität sowie in der Beteiligung von Mitarbeitern des Hospizvereins als Dozenten in der Akademie.

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Forschung

Schon Dame Cicely Saunders war der Meinung, „ohne Forschung wird die Palliativmedizin nicht überleben.”

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Forschungsbereiche

Die Forschungsaktivitäten des Interdisziplinären Zentrums für Palliativmedizin gliedern sich derzeit in sechs Bereiche: Im Forschungsbereich I (Lebensqualität: psychosoziale und spirituelle Aspekte) finden Projekte zur psychosozialen Betreuung statt. Hierbei geht es beispielsweise um die Erfassung der Lebensqualität bei Palliativpatienten [12] und den Zusammenhang zwischen Wert- und Sinnvorstellungen der Patienten und ihrer Lebensqualität [8]. Außerdem werden wissenschaftliche Studien zur spirituellen Begleitung durchgeführt. Neben randomisierten Studien zur spirituellen Anamnese werden die Bedeutung von religiösen oder existenziellen Fragen bei fortschreitender Erkrankung untersucht und Spiritual-Care-Trainings evaluiert [14]. Für diesen Forschungsbereich haben - zum ersten Mal in Europa - sowohl die evangelische als auch die katholische Landeskirche dem Zentrum je eine Projektstelle zur Verfügung gestellt.

Projekte zur epidemiologischen Erfassung und Therapieoptimierung bei Patienten mit Atemnot werden im Forschungsbereich II (Symptomkontrolle) durchgeführt. Im Bereich Schmerztherapie wird eine neuartige Applikationsform von Ketamin (nasale Applikation) bei Patienten mit Durchbruchsschmerzen untersucht.

Die Untersuchungen im Forschungsbereich III (nichtonkologische Erkrankungen) beschäftigen sich mit der Symptomkontrolle und Lebensqualität von Patienten und Angehörigen bei amyotropher Lateralsklerose (ALS) [11], malignen Hirntumoren [2] und chronischen Lungenerkrankungen (COPD).

Die integrierte Versorgungsforschung im Forschungsbereich IV erfasst verschiedene Aspekte der Palliativbetreuung im Hinblick auf eine Optimierung der Qualität und der Ressourcenausnutzung. Dazu zählen die Entwicklung von Skalen zur Qualitätsmessung der Palliativbetreuung [1], die Entwicklung integrierter Versorgungspfade für Palliativpatienten, die Effizienz palliativmedizinischer Konsiliardienste, die palliativmedizinische Bedarfsermittlung im ländlichen Bereich, Palliativmedizin in Alten- und Pflegeheimen sowie die pädiatrische Palliativmedizin [9].

Die medizinischen, ethischen und rechtlichen Rahmenbedingungen zu den Themenkomplexen Patientenverfügung/Vorsorgevollmacht, Therapiezieländerung sowie Entscheidungen am Lebensende werden im Bereich V (Entscheidungen am Lebensende) erforscht [7] [10].

Im Bereich Aus-, Fort- und Weiterbildung (Forschungsbereich VI) wird das neue Konzept der studentischen Lehre prospektiv evaluiert, sowie der Zusammenhang zwischen individuellen Lernstilen und Kurserfolg in der ärztlichen palliativmedizinischen Weiterbildung in einem Projekt untersucht.

Für diese Projekte konnten Drittmittel aus dem In- und Ausland eingeworben und nationale sowie internationale Kooperationen (Harvard University, Boston; Columbia University, New York; King's College, London) eingerichtet werden.

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Arbeitskreise

Inzwischen hat das Zentrum für Palliativmedizin drei interdisziplinäre Arbeitskreise (AK) am Klinikum eingerichtet: So begleitet der Arbeitskreis 'Medizin und Spiritualität' fachlich die Forschungsaktivitäten im Bereich Seelsorge und spirituelle Begleitung. Die Mitglieder rekrutieren sich aus den Bereichen Medizin, evangelische und katholische Theologie, Ethik und Philosophie. Somit erstreckt sich der interdisziplinäre Forschungsansatz über die Medizin hinaus auch auf die geisteswissenschaftlichen Fakultäten.

Das Thema „Patientenverfügungen” spielt bei jedem fünften Palliativkonsil eine wesentliche Rolle. Der Arbeitskreis 'Patientenverfügungen' bietet den Mitarbeitern im Klinikum Hilfestellung bei schwierigen Entscheidungssituationen und hat Empfehlungen zum Umgang mit Patientenverfügungen für das Klinikum erarbeitet, welche vom Vorstand an alle Mitarbeiter des Klinikums verteilt wurden. Sie können von der IZP-Internetseite www.izp-muenchen.de heruntergeladen werden.

Der dritte bestehende Arbeitskreis 'Palliativmedizin in der Pädiatrie' beschäftigt sich mit der speziellen Problematik schwerstkranker und sterbender Kinder und hat das Projekt „HOMe - Hospiz ohne Mauern” zur palliativmedizinischen Betreuung schwerstkranker Kinder und ihrer Familien im häuslichen Umfeld entwickelt [9]. Im März 2004 wurde die „Koordinationsstelle für Pädiatrische Palliativmedizin in Bayern” am IZP eingerichtet (Details s. Internetseite).

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Aus-, Fort- und Weiterbildung

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Studentische Ausbildung

Die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) hat im Wintersemester 2003/2004 ein neues medizinisches Curriculum (MeCuM) eingeführt, das deutschlandweit zum ersten Mal die Palliativmedizin als Pflichtlehr- und Prüfungsfach ins Medizinstudium integrierte. In drei Schritten werden die Studierenden dabei in die Palliativmedizin eingeführt:

  • drittes Semester: Aufklärung und Arzt-Patienten-Kommunikation

  • sechstes Semester: psychosoziale und spirituelle Grundlagen der Palliativmedizin

  • neuntes Semester: Symptomkontrolle und Schmerztherapie.

Im sechsten Semester wirken auch die nichtärztlichen Berufsgruppen im Palliativteam als Dozenten mit (Pflege, Sozialarbeit, Seelsorge, Psychotherapie, Atemtherapie etc.). Die 440 Medizinstudierenden, die jährlich an der LMU unterrichtet werden, stellen das Interdisziplinäre Zentrum für Palliativmedizin vor eine große Herausforderung, zumal an den Seminaren maximal 15 Studenten teilnehmen können.

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Fort- und Weiterbildung (Christophorus-Akademie)

Im April 2004 ist die Christophorus-Akademie für Palliativmedizin, Palliativpflege und Hospizarbeit (gegründet durch den Christophorus Hospiz Verein e.V.) in den IZP-Neubau eingezogen und in das Zentrum eingegliedert worden. Die Akademie bietet Fort- und Weiterbildungskurse für alle an der Palliativversorgung beteiligten Berufsgruppen (detailliertes Programm auf der Internetseite). Das Programm wird von Teilnehmenden aus der Region sowie dem deutschsprachigen In- und Ausland wahrgenommen. Mittelfristig ist die Einführung eines multiprofessionellen Master-Studienganges für Palliativmedizin geplant.

Die Arbeitsgruppe 'Vorsorge' an der Christophorus-Akademie hat im Auftrag des Bayerischen Justizministeriums eine der bundesweit bekanntesten Broschüren über das Thema Patientenverfügungen erstellt [5], von der schon über eine Million Exemplare gedruckt wurden.

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Veröffentlichungen

Um palliativmedizinisches Wissen in die betroffenen Berufsgruppen, aber auch in die Gesellschaft zu tragen, sind Veröffentlichungen unerlässlich. In den letzten beiden Jahren hat das Interdisziplinäre Zentrum für Palliativmedizin daher über 30 Fachartikel und Buchbeiträge sowie vier Fachbücher [3] [4] [6] [13] herausgegeben.

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Verbreitung des Palliativ-gedankens

Die Verbreitung des Hospiz- und Palliativgedankens erfolgt durch Öffentlichkeitsarbeit, Vorträge und Gremientätigkeit. Unter anderem ist Dr. Claudia Bausewein, Oberärztin am IZP, 2004 zur Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) gewählt worden. Prof. G.D. Borasio, geschäftsführender Vorstand des IZP, ist Vorstandsmitglied der „International Association for Hospice and Palliative Care” (IAHPC), die sich besonders für die Verbreitung der Palliativmedizin in Entwicklungsländern einsetzt.

Auf Anregung des IZP hat das Bayerische Sozialministerium 2004 einen „Expertenkreis Palliativmedizin und Hospizarbeit” ins Leben gerufen, der das Ziel der Erstellung eines Gesamtkonzepts für die Versorgung Schwerstkranker und Sterbender in Bayern verfolgt. An diesem Gremium sind vier Mitglieder des IZP beteiligt.

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Ausblick

Die universitäre Forschung und Lehre sowie die Fort- und Weiterbildung im Fach Palliativmedizin sind in Deutschland im Vergleich zu angloamerikanischen Ländern unterentwickelt. Derzeit gibt es in Deutschland drei Lehrstühle für Palliativmedizin - in Aachen, Bonn und Köln. An der LMU wird demnächst ein Stiftungslehrstuhl für Palliativmedizin mit Mitteln des Stifterverbandes der Deutschen Wissenschaft eingerichtet. Das IZP hat sich als Aufgabe gestellt, auf deutscher und europäischer Ebene einen Beitrag für die Etablierung und Weiterentwicklung der Palliativmedizin in Krankenversorgung, Forschung und Lehre zu leisten. Die ersten Ergebnisse ermutigen uns, den eingeschlagenen Weg fortzuführen.

„Sie sind wichtig, weil Sie eben Sie sind. Sie sind bis zum letzten Augenblick Ihres Lebens wichtig. Wir werden alles tun, damit Sie nicht nur in Frieden sterben, sondern auch bis zuletzt leben können”, Dame Cicely Saunders.

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Abb. 1 Schon vor rund 40 Jahren hat Cicely Saunders die Geburtsstunde der modernen Palliativmedizin und Hospizbewegung eingeläutet

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Abb. 2 Der Neubau des Interdisziplinären Zentrums für Palliativmedizin des Klinikums der Universität München wurde mit Unterstützung der Deutschen Krebshilfe und des Freistaates Bayern errichtet

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Abb. 3 Die meisten Anfragen an das palliativmedizinische Konsil kamen im Jahr 2004 aus dem Fachbereich Onkologie. Doch auch alle anderen Kliniken haben sich an den palliativmedizinischen Konsiliardienst gewandt

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Abb. 4 Eine gleichberechtigte interdisziplinäre Betreuung der Patienten durch die drei Fachdisziplinen Anästhesie, Onkologie und Neurologie trägt dazu bei, den komplexen medizinischen Fragestellungen Rechnung zu tragen

Tab. 1 Beteiligte Berufsgruppen
  • Ärzte

  • Angehörige

  • Atemtherapeuten

  • Diätisten

  • Ergotherapeuten

  • Hospizmitarbeiter

  • Krankengymnasten

  • Kunsttherapeuten

  • Logopäden

  • Musiktherapeuten

  • Pflegekräfte

  • Psychologen

  • Selbsthilfegruppen

  • Schlucktherapeuten

  • Seelsorger

  • Sozialarbeiter

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Literatur

  • 1 Bausewein C, Fegg M, Radbruch L. et al. . Validation and clinical application of the german version of the palliative care outcome scale (POS).  J Pain Symptom Manage. 2005;  30 51-62
  • 2 Bausewein C, Hau P, Borasio GD, Voltz R. How do patients with primary brain tumors die?.  Palliat Med. 2003;  17 558-559
  • 3 Bausewein C, Roller S, Voltz R. Leitfaden Palliativmedizin (2. Auflage). München, Jena: Urban & Fischer 2004
  • 4 Bausewein C. Sterbende begleiten. Würzburg: Echter Verlag 2005
  • 5 Bickhardt J, Borasio GD, Dworzak H. et al. .Vorsorge für Unfall, Krankheit und Alter durch Vollmacht, Patientenverfügung, Betreuungsverfügung. München: C.H. Beck Verlag, (auch kostenlos über die IZP-Website) 2005
  • 6 Borasio GD, Husemeyer IM. Ernährung bei Schluckstörungen. Stuttgart: Kohlhammer-Verlag 2004
  • 7 Borasio GD, Putz W, Eisenmenger W. Verbindlichkeit von Patientenverfügungen gestärkt.  Dtsch Ärztebl. 2003;  100 A2062-A2065
  • 8 Fegg MJ, Wasner M, Neudert C, Borasio GD. Personal values and individual quality of life in palliative care patients.  J Pain Symptom Manage. 2005;  30 154-159
  • 9 Führer M, Duroux A, Borasio GD. HOMe - Hospiz ohne Mauern. Koordinationsstelle Pädiatrische Palliativmedizin in Bayern.  Monatsschr Kinderheilkd. 2005;  153 557-562
  • 10 Jox R. Bewusstlos, aber autonom?! Ethische Analyse stellvertretender Entscheidungen für einwilligungsunfähige Patienten.  Ethik in der Medizin. 2004;  16 401-414
  • 11 Kaub-Wittemer D, von Steinbüchel N, Wasner M. et al. . Quality of life and psychosocial issues in ventilated patients with amyotrophic lateral sclerosis and their caregivers.  J Pain Symptom Manage. 2003;  26 890-896
  • 12 Neudert C, Wasner M, Borasio GD. Patients' assessment of quality of life instruments: a randomised study of SIP, SF-36 and SEIQoL-DW in patients with amyotrophic lateral sclerosis.  J Neurol Sci. 2001;  191 103-109
  • 13 Voltz R, Bernat J, Borasio GD. et al. .Palliative care in neurology. Oxford: Oxford University Press 2004
  • 14 Wasner M, Longaker C, Fegg MJ, Borasio GD. Effects of spiritual care training for palliative care professionals.  Palliat Med. 2005;  19 99-104
  • 15 World Health Organization .National Cancer Control Programmes: policies and managerial guidelines (2nd ed). Geneva: WHO 2002: 83-91
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Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Gian Domenico Borasio

Geschäftsführender Vorstand

Interdisziplinäres Zentrum für Palliativmedizin

Klinikum der Universität München - Großhadern

Marchioninistr. 15

81377 München

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Literatur

  • 1 Bausewein C, Fegg M, Radbruch L. et al. . Validation and clinical application of the german version of the palliative care outcome scale (POS).  J Pain Symptom Manage. 2005;  30 51-62
  • 2 Bausewein C, Hau P, Borasio GD, Voltz R. How do patients with primary brain tumors die?.  Palliat Med. 2003;  17 558-559
  • 3 Bausewein C, Roller S, Voltz R. Leitfaden Palliativmedizin (2. Auflage). München, Jena: Urban & Fischer 2004
  • 4 Bausewein C. Sterbende begleiten. Würzburg: Echter Verlag 2005
  • 5 Bickhardt J, Borasio GD, Dworzak H. et al. .Vorsorge für Unfall, Krankheit und Alter durch Vollmacht, Patientenverfügung, Betreuungsverfügung. München: C.H. Beck Verlag, (auch kostenlos über die IZP-Website) 2005
  • 6 Borasio GD, Husemeyer IM. Ernährung bei Schluckstörungen. Stuttgart: Kohlhammer-Verlag 2004
  • 7 Borasio GD, Putz W, Eisenmenger W. Verbindlichkeit von Patientenverfügungen gestärkt.  Dtsch Ärztebl. 2003;  100 A2062-A2065
  • 8 Fegg MJ, Wasner M, Neudert C, Borasio GD. Personal values and individual quality of life in palliative care patients.  J Pain Symptom Manage. 2005;  30 154-159
  • 9 Führer M, Duroux A, Borasio GD. HOMe - Hospiz ohne Mauern. Koordinationsstelle Pädiatrische Palliativmedizin in Bayern.  Monatsschr Kinderheilkd. 2005;  153 557-562
  • 10 Jox R. Bewusstlos, aber autonom?! Ethische Analyse stellvertretender Entscheidungen für einwilligungsunfähige Patienten.  Ethik in der Medizin. 2004;  16 401-414
  • 11 Kaub-Wittemer D, von Steinbüchel N, Wasner M. et al. . Quality of life and psychosocial issues in ventilated patients with amyotrophic lateral sclerosis and their caregivers.  J Pain Symptom Manage. 2003;  26 890-896
  • 12 Neudert C, Wasner M, Borasio GD. Patients' assessment of quality of life instruments: a randomised study of SIP, SF-36 and SEIQoL-DW in patients with amyotrophic lateral sclerosis.  J Neurol Sci. 2001;  191 103-109
  • 13 Voltz R, Bernat J, Borasio GD. et al. .Palliative care in neurology. Oxford: Oxford University Press 2004
  • 14 Wasner M, Longaker C, Fegg MJ, Borasio GD. Effects of spiritual care training for palliative care professionals.  Palliat Med. 2005;  19 99-104
  • 15 World Health Organization .National Cancer Control Programmes: policies and managerial guidelines (2nd ed). Geneva: WHO 2002: 83-91
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Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Gian Domenico Borasio

Geschäftsführender Vorstand

Interdisziplinäres Zentrum für Palliativmedizin

Klinikum der Universität München - Großhadern

Marchioninistr. 15

81377 München

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Abb. 1 Schon vor rund 40 Jahren hat Cicely Saunders die Geburtsstunde der modernen Palliativmedizin und Hospizbewegung eingeläutet

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Abb. 2 Der Neubau des Interdisziplinären Zentrums für Palliativmedizin des Klinikums der Universität München wurde mit Unterstützung der Deutschen Krebshilfe und des Freistaates Bayern errichtet

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Abb. 3 Die meisten Anfragen an das palliativmedizinische Konsil kamen im Jahr 2004 aus dem Fachbereich Onkologie. Doch auch alle anderen Kliniken haben sich an den palliativmedizinischen Konsiliardienst gewandt

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Abb. 4 Eine gleichberechtigte interdisziplinäre Betreuung der Patienten durch die drei Fachdisziplinen Anästhesie, Onkologie und Neurologie trägt dazu bei, den komplexen medizinischen Fragestellungen Rechnung zu tragen