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DOI: 10.1055/s-2006-932666
Neuropsychiatrische Symptome bei Parkinson-Patienten
Neuropsychiatric Symptoms of Parkinson's DiseasePublication History
Publication Date:
05 September 2006 (online)
Wir haben uns daran gewöhnt, dass die Parkinson-Erkrankung nicht nur eine rein motorische Erkrankung ist. Schon unsere Lehrer haben davon gesprochen, dass Depressionen bei der Parkinson-Erkrankung möglicherweise eine organische Ursache im Rahmen der Systemdegenration haben. Wir haben dann gelernt, dass der Einsatz moderner Parkinson-Mittel häufig zu Halluzinationen und psychotischen Symptomen führen kann. Neu ist jetzt, dass es auch demenzielle Symptome gibt. Für überzogen hielten aber die meisten von uns die Schätzung, dass bis zu 40 % aller Parkinson-Patienten unter dementiven Erscheinungen leiden sollten. Eine erste norwegische Studien hat diesen Befund erbracht, und er wurde von vielen angezweifelt.
Im vorliegenden Heft der AKTUELLEN NEUROLOGIE wird nun erstmals von einer deutschen Studie berichtet, die in mehrerlei Hinsicht beachtlich ist. Zunächst einmal handelt es sich um einen neuen Typ von epidemiologischer Studie. Es wurden aus 5196 Fachärzten für Neurologie, Psychiatrie und Nervenheilkunde 2596 ausgewählt, von denen 517 an der Studie teilgenommen haben. 53 % waren Fachärzte für Nervenheilkunde und 33 % Fachärzte für Neurologie oder Psychiatrie. Sie haben im Rahmen der Vorstudie an einem einzigen Tag im April 2005 bei Parkinson-Patienten, die an diesem Tag von ihnen im Rahmen der Praxistätigkeit behandelt wurden, einen klinische Kurzbeschreibung abgegeben, ob demenzielle, depressive oder psychotische Symptome vorliegen. Hauptergebnis dieser Vorstudie mit einer methodenimmanent noch wenig ausgefeilten Untersuchung war, dass die norwegischen Studie für Deutschland bestätigt wurde. Auf der Grundlage dieser Untersuchung ist dann im Oktober 2005 die eigentliche Hauptstudie erfolgt, die mit standardisierten Skalen gearbeitet hat.
Diese Studie ist nicht nur wegen ihres Ergebnisses, sondern auch wegen der dahinter stehenden Zusammenarbeit von großer Bedeutung. Zunächst einmal haben sich 517 Fachärzte unentgeltlich die Zeit genommen, einen umfangreichen Fragebogen auszufüllen und haben damit diese Studie überhaupt erst möglich gemacht. Die akademischen Institutionen, die an dieser Studie beteiligt sind, bedanken sich ausdrücklich für dieses nicht selbstverständliche Engagement. Es zeigt, dass trotz der zunehmend schwierigeren Arbeitsbedingungen unsere niedergelassenen Kollegen weiterhin an machbarer und sinnvoller Forschung interessiert sind und sich dafür auch einsetzen. Die Studie wird federführend von einem epidemiologisch interessierten Psychologischen Lehrstuhl geleitet. Die Studiengruppe selbst besteht nicht nur aus Neurologen sondern auch verschiedene Psychiater haben sich an Design und Auswertung der Studie maßgeblich beteiligt. Es wird erkennbar, dass die Kooperation zwischen den Fachgebieten Neurologie, Psychologie und Psychiatrie erfreulich eng wurde und zu einem so hervorragenden Ergebnis geführt hat. Hinzukommt, dass die Firma NOVARTIS die erforderlichen Kosten für Personal und Sachmittel zur Durchführung dieser Studie ohne wissenschaftliche Einflussnahme zur Verfügung gestellt hat. Auch diese Art der Kooperation ist sicherlich beispielhaft.
Offenbar gelingt es jenseits der täglichen Auseinandersetzung um Budgets, Zuständigkeiten, und Verantwortlichkeiten dennoch manchmal Ärzte und Wissenschaftler verschiedener Fachgebiete und Geldgeber aus der Industrie zusammenzuführen, um mit relativ begrenztem Aufwand eine so wichtige Frage zu klären. Wir sind gespannt auf die Ergebnisse der Hauptstudie. Dies sollte als positives Beispiel durchaus Schule machen.
Prof. Dr. med. Günther Deuschl
Klinik für Neurologie · Universitätsklinikum Schleswig-Holstein
Schittenhelmstraße 10
24105 Kiel
Email: g.deuschl@neurologie.uni-kiel.de