Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-2006-944514
Dresdner Dermatologische Demonstration 2006 - zugleich Tagung der Sächsischen Dermatologischen Gesellschaft, 8. April 2006
Conference Report: Dresden Dermatology Demonstration 2006 - Meeting of the Saxonian Society of Dermatology, April 8th, 2006
Prof. Dr. Uwe Wollina
Hautklinik am Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt · Städtisches Klinikum ·
Friedrichstraße 41 · 01067 Dresden
Email: wollina-uw@khdf.de
Publication History
Publication Date:
13 September 2006 (online)
- Sporotrichoide atypische Mykobakteriose
- Lentigo-maligna-Melanom der Stirn
- Endangiitis obliterans (Winiwarter-Buerger)
- Persistent pigmentierte purpurische Mycosis fungoides
- Cyclophosphamid-Pulsbehandlung des subakut-kutanen Lupus erythematodes
- Pachydermoperiostosis (Touraine-Solente-Gole-Syndrom)
- Proteus-Syndrom
- Morbus Galli-Galli
- Vernarbendes Schleimhautpemphigoid
- Porokeratosis superficialis disseminata actinica (Chernosky und Freeman)
- Ausgedehnte dystope Kalzifizierung bei Ulcus cruris und chronisch-venöser Insuffizienz
Sporotrichoide atypische Mykobakteriose
#M. Gruner, J. Schönlebe, J. Prinz
#53-jährige Patientin
Anamnese: Drei Monate vor der ersten Vorstellung in unserer Klinik bemerkte die Patientin zwei erythematöse Plaques an der rechten Handkante, die sehr langsam an Größe zunahmen (Abb. [1 a]). Vier Wochen später traten schmerzlose subkutane Knoten an der Oberarm-Innenseite auf (Abb. [1 b]). Weitere Beschwerden oder Allgemeinsymptome bestanden nicht. Sie hat seit etwa 6 Jahren ein Warmwasseraquarium, welches sie regelmäßig selbst reinigt.


Abb. 1 Atypische Mykobakteriose, sporotrichoide Form. a Knotiger Plaque am Handrücken und b subkutane Knoten entlang der Lymphbahnen am Oberarm.

Abb. 2 Atypische Mykobakteriose, Histologie (HE × 4): Dermal ausgedehnte Granulombildung.
Allgemeinbefund: guter Allgemein- und Ernährungszustand. Kardial, pulmonal sowie abdominal bestanden keine Auffälligkeiten. Laborbefunde inkl. Entzündungsparametern unauffällig.
Hautbefund: zwei bis ca. 3 cm im Durchmesser große erythematöse Plaques an der rechten Handkante. Zwei subkutane derbe kirschgroße Tumoren an der rechten Oberarm-Innenseite.
Histologie: Befund einer umschriebenen granulomatösen Entzündung mit mehreren konfluierten Epitheloidzellgranulomen, teilweise vom Sarkoidose-Typ, teilweise bestehend aus palisadenförmig um eine zentrale, Leukozytenkernschutt einschließende Nekrose angeordneten Histiozyten mit wenigen mehrkernigen Riesenzellen vom Fremdkörper- und Langhans-Typ, umgeben von wechselnd breiten Lymphoidzellwällen. Pilznachweis negativ. Kein Nachweis säurefester Stäbchen (Abb. [2]) .
Mikrobiologie: kultureller Nachweis von Mycobacterium marinum, Resistenzbestimmung: empfindlich gegenüber Clarithromycin und Rifampicin, resistent gegenüber Doxycyclin.
Therapie: anfangs Doxycyclin 200 mg/d, nach Erhalt der mikrobiologischen Befunde einschließlich der Resistenzbestimmung Clarithromycin 2 × 250 mg/d über 4 Wochen.
Kommentar: Mycobacterium marinum wird sowohl durch Süß- als auch durch Salzwasserfische übertragen [7]. Die Infektion erfolgt über Bagatellverletzungen, in der Regel an den Händen. Dort bildet sich eine rötliche Papel, ein verruköser Plaque oder Knoten. Im weiteren Verlauf kommt es (seltener) zur sporotrichoiden Knotenbildung bzw. Lymphangitis. Fortschreitende Infektionen (Phlegmone, disseminierte Aussaat) sind typisch für immunkompromittierte Patienten [3].
Der Nachweis von M. marinum erfolgt mittels Kultur (Resistenzbestimmung!) oder PCR. Positive Tuberkulintest-Reaktionen sind typisch. Die Histologie ist hilfreich bei der Einordnung der Erkrankung. Die Befunde sind vom Immunstatus des Patienten abhängig [3].
Die Therapie sollte immer antibiotisch erfolgen. Es werden Clarithromycin, Tetracycline, Trimethoprim/Sulfamethoxazol und Rifampicin im Mittel über einen Zeitraum von mindestens vier Wochen empfohlen. Während in Deutschland eine Monotherapie ausreichend zu sein scheint [4 - 6], wird beispielsweise in den USA eine Zweierkombination bevorzugt [2,7].
Bei Lymphangitis oder sporotrichoider Ausbreitung ist nach klinischer Abheilung noch eine weitere medikamentöse Behandlung über zwei Monate empfehlenswert. Abszedierungen werden zusätzlich chirurgisch behandelt [1].
#Literatur
1Ang P, Rattana-Apiromyakji N, Goh CL. Retrospective study of Mycobacterium marinum skin infections. Int J Dermatol 2000; 39: 343 - 347
2 Aubry A, Chosidow O, Caumes E, Robert J, Cambau E. Sixty-three cases of Mycobacterium marinum infection: clinical features, treatment, and antibiotic susceptibility of causative isolates. Arch Intern Med 2002; 162: 1746 - 1752
3 Bartralot V, García-Patos V, Sitjas D, Rodríguez-Cano L, Mollet J, Martín-Casabona N, Coll P, Castells A, Pujol RM. Clinical patterns of cutaneous nontuberculous mycobacterial infections. Br J Dermatol 2005; 152: 727 - 734
4 Bormann G, Marsch WC. Sporotrichoide atypische Mykobakterien. Antibiotische Monotherapie. Hautarzt 2004; 55: 292 - 295
5 Fischer TW, Assefa S, Bauer HI, Graefe T, Scholz M, Pfister W, Barta U, Wollina U, Elsner P. Diagnostic odyssey of a cutaneous mycobacteriosis rare in Central Europe. Dermatology 2002; 205: 289 - 292
6 Hofbauer GF, Burg G, Nestle FO. Sporotrichoide Infektion mit Mycobacterium marinum: Erfolgreiche Therapie mittels interner Tetrazyklingabe. Hautarzt 2000; 51: 349 - 352
7 Lewis FM, Marsh BJ, von Reyn CF. Fish tank exposure and cutaneous infections due to Mycobacterium marinum: tuberculin testing, treatment, and prevention. Clin Infect Dis 2003; 37: 390 - 397
#Lentigo-maligna-Melanom der Stirn
#G. Hansel, J. Schönlebe, J. Schorcht
#65-jährige Patientin
Anamnese und Hautbefund: Seit ca. 20 Jahren bestand an der Glabella ein 90 × 70 mm großer, flacher, asymmetrischer, unregelmäßig begrenzter und pigmentierter Tumor mit einem linkslateral der Mittellinie gelegenen knotigen Tumoranteil von 12 × 8 mm Größe (Abb. [3 a]).


Abb. 3 Lentigo-maligna-Melanom. a Ausgangsbefund, b unmittelbar bei Abschluss der Radiotherapie.
Laborbefunde: einschließlich Tumormarker S100 und LDH sämtlich im Referenzbereich.
Bildgebende Diagnostik ohne Anhalt für Metastasierung.
Histologie: invasives Lentigo-maligna-Melanom, Clark level IV, Tumordicke 1,92 mm. Exzision in toto.
Therapie und Verlauf: Es erfolgte die operative Entfernung des knotigen Tumoranteils, bei dessen histologischer Untersuchung sich der Verdacht auf Vorliegen eines Melanoms bestätigte. Aufgrund der großflächigen Tumorausdehnung war weder die geforderte Einhaltung des Sicherheitsabstandes noch die operative Behandlung des sich in situ verhaltenden Tumoranteils möglich. Es wurde die Indikation zur kurativen adjuvanten Radiatio gestellt. Nach individueller CT-gestützter 3D-Bestrahlungsplanung erfolgte die Bestrahlung am Linearbeschleuniger in einer Gesamtbehandlungszeit von 45 Tagen mit 66 Gy für die Narbenregion und 60 Gy Gesamtdosis für das Lentigo-maligna-Areal. Unmittelbar nach Bestrahlungsende bestand eine ausgeprägte Strahlendermatitis, die anfänglich mit Prednicarbat-Creme, später mit Dexpanthenol-Salbe behandelt wurde (Abb. [3 b]).
Bei einer Kontrolluntersuchung im März 2006 fanden wir keine Anhaltpunkte für eine Metastasierung. An der Glabella persistierte lediglich eine blasse grau-braune Pigmentierung. In der histologischen Untersuchung ließ sich kein vitales Tumorgewebe mehr nachweisen.
Kommentar: Beim malignen Melanom stellt die schnittrandkontrollierte operative Tumorentfernung die Therapiemethode der ersten Wahl dar. Insbesondere beim Lentigo-maligna-Melanom und dem Vorläufer, der Lentigo maligna, kann die Strahlentherapie als alleinige kurative Therapie angewendet werden, vor allem dann, wenn es sich um sehr große Läsionen, operativ schlecht zugängliche Körperregionen oder inoperable ältere Patienten handelt. Die kosmetischen und funktionellen Ergebnisse sind wie auch bei der vorgestellten Patientin in der überwiegenden Mehrheit gut [1 - 3].
#Literatur
1 Ballo MT, Ang KK. Radiation therapy for malignant melanoma. Surg Clin North Am 2003; 83: 323 - 342
2 Panizzon RG. Radiotherapy of skin tumors. Recent Results Cancer Res 2002; 160: 234 - 239
3 Schmidt-Wendtner MH, Brunner B, Konz B, Kaudewitz P, Wendtner CM, Peter RU, Plewig G, Volkenandt M. Fractionated radiotherapy of lentigo maligna and lentigo maligna melanoma in 64 patients. J Am Acad Dermatol 2000; 43: 477 - 482
#Endangiitis obliterans (Winiwarter-Buerger)
#A. Koch, L. Unger, J. Schönlebe
#36-jähriger Patient
Anamnese: Nach Angaben des Patienten traten während eines Skiurlaubs im Frühjahr des Jahres 2005 an den Endphalangen der Finger Ulzerationen auf, die eine schlechte Heilungstendenz aufwiesen. Unter lokaltherapeutischen Maßnahmen ließ sich auch in den Folgemonaten keine Besserung erzielen. Im Juli des gleichen Jahres erfolgte die stationäre Einweisung. Seit dem 17. Lebensjahr war der Patient starker Raucher mit einem Konsum von ca. 30 Zigaretten pro Tag. Bereits als Kind neigte der Patient zu rezidivierenden Verfärbungen der Finger, ohne dass weitere krankhafte Veränderungen hinzukamen. Nebenbefundlich bestand eine arterielle Hypertonie.
Hautbefund: An den Fingerkuppen D II rechts und D III der linken Hand fielen centgroße rattenbiss-artige Ulzerationen auf. Die Digiti III bis V rechts sowie IV u. V links zeigten stecknadel-kopfgroße streifige Nekrosen an den Fingerspitzen (Abb. [4]). Die Zehen waren jeweils unauffällig.

Abb. 4 Endangiitis obliterans der Finger.
Konsile: Diabetologe: Diagnose einer gemischten Hyperlipoproteinämie. Medikamentöse Therapie mit CSE-Hemmer empfohlen. Angiologe: Nachweis einer Mikrozirkulationsstörung mittels Lichtreflex-Rheographie.
Labor: BSG 27 mm, C3 1,21 g/l, C4 0,17 g/l, ANA 1 : 160; ANCA, Cardiolipin-AK, Hepatitis-Ak/-Ag negativ, TPHA negativ; zirkulierende Immunkomplexe 114 µg/ml, Cholesterol 10,12 mmol/l, Triglyceride 6,72 mmol/l.
Histologie: Biopsie vom 3. Finger rechts (HE, PAS, Pappenheim): Epidermis mit schwielenartig kompakter Hyperorthokeratose. Vereinzelt nachweisbare Angiektasien. Schütteres perivaskulär lokalisiertes lymphomonozytoides entzündliches Infiltrat mit einzelnen Mastzellen in der oberflächlichen retikulären Dermis. Direkte Immunfluoreszenz (IgA, IgM, IgG, C3, C4, C1q) negativ.
Therapie und Verlauf: Anhand des typischen klinischen Bildes, der Anamnese sowie des Nachweises von zirkulierenden Immunkomplexen wurde die Winiwarter-Buerger-Krankheit diagnostiziert. Lokal kamen zunächst für die Ulzerationen antibiotische Externa zur Anwendung. Im Anschluss wurde eine 14-tägige Prostavasin-Infusionsserie (12-stdl. 2 Amp. in 250 ml NaCl-Lsg.) durchgeführt und ASS 100 verordnet. Wir empfahlen die strikte Meidung von Nikotin und Alkohol sowie das Tragen von Handschuhen in der kalten Jahreszeit.
Kommentar: Die Endangiitis obliterans ist eine entzündliche Gefäßerkrankung mit segmentalem Befall der kleinen und mittleren Arterien und Venen sowie folgendem Verschluss derselben. Die Krankheit verläuft sowohl akut, subakut sowie chronisch. Bei den akuten Verlaufsformen finden sich oft periphere Nekrosen, die bei fulminantem Verlauf zur Amputation der betroffenen Gliedmaßen führen. Die Entzündungsreaktion ist auf die Gefäße begrenzt, wobei die Gefäßwand mit Entzündungszellen durchsetzt wird. Der strukturelle anatomische Aufbau der einzelnen Gefäße bleibt dabei erhalten. Gleichzeitig lässt sich ein thrombotischer Verschluss der Gefäße finden, wobei nicht sicher geklärt ist, ob die Entzündung oder die Obliteration ursächlich ist [2]. Serologische und histochemische Untersuchungen sprechen für eine Immunpathogenese. Es ließen sich u. a. Autoantikörper gegen Elastin, Kollagen I und III sowie antinukleäre antiarterielle Immunkomplexe finden.
Das Manifestationsalter der Endangiitis obliterans liegt meistens unter 40 Jahren. Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Der vermehrte Tabakkonsum muss als ein Triggerfaktor für die Endangiitis obliterans angesehen werden. Durch die Zunahme des Nikotinkonsums bei Frauen in den letzten Jahrzehnten ist in Mitteleuropa eine deutliche Verschiebung der Geschlechterverteilung von ursprünglich 99 : 1 bei Buerger über 10 : 1 in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts auf nunmehr 3,4 : 1 zu verzeichnen. Nach statistischen Erhebungen aus dem Jahr 2003 rauchen in Deutschland ca. 18 Millionen Menschen (27 %). 35 % der Männer und 22 % der Frauen sind Raucher [4,5].
Die Diagnostik der Endangiitis erfolgt primär klinisch und anamnestisch. Rheographie und Venenverschlussplethysmographie sowie selektive Feinnadel-DSA können die Diagnostik komplettieren. Bei fast allen Patienten findet sich der Befund multipler, segmentaler oder fokaler Läsionen mit interkurrierenden glattwandigen Gefäßstrecken im Bereich der peripheren Blutbahn [3].
Das therapeutische Konzept umfasst in erster Linie die strenge Nikotinkarenz. Als medikamentöse Maßnahmen kommen Vasodilatantien, Antikoagulantien und Thrombozytenaggregationshemmer in Frage [1]. Bei den operativen Vorgehensweisen werden die thorakale und lumbale Sympathektomie bevorzugt. Die Amputation stellt die letzte therapeutische Möglichkeit bei foudroyant verlaufender Erkrankung dar. Ein Zusammenhang der Hyperlipoproteinämie (HLP) mit der Endangiitis obliterans ließ sich nicht herstellen.
#Literatur
1 Gruss JD, Bartels D, Haidar A, Vargas H, Simmenroth H. Continuous intra-arterial perfusion of prostaglandin E1 in inoperable stage-IV arteriopathies. J Mal Vasc 1983; 8: 133 - 137
2 Lambrecht R, Heinrich P, Ladetzki HH, Morenz J. Clinical, immunologic and therapeutic aspects of endangiitis obliterans. Z Gesamte Inn Med 1988; 43: 511 - 514
3 Vorstand der Dt. Ges. f. Gefäßchirurgie (Hrsg). Leitlinien zu Diagnostik und Therapie in der Gefäßchirurgie. Köln: Deutscher Ärzteverlag, 1998
4 Voigt H, Kohler H, Joel A. The significance of inflammatory vascular diseases. Z Gesamte Inn Med. 1988, 43: 509 - 510
5 Statistisches Bundesamt. Mikrozensus Rauchen. www.rauchfrei.de, 2003
#Persistent pigmentierte purpurische Mycosis fungoides
#A. Koch, G. Haroske, U. Wollina
#71-jähriger Patient
Anamnese: Nach Angaben des Patienten fielen im Frühjahr des Jahres 2005 asymptomatische rötliche Flecken an den Beinen auf. In den folgenden Monaten wurden die Hautveränderungen dunkler und breiteten sich aus. Aufgrund des unklaren Lokalbefundes wurde im Juli 2005 eine Borrelienserologie veranlasst, die positive Titer erbrachte. Eine daraufhin eingeleitete Antibiose mit Doxycyclin führte nicht zur Besserung des Hautbildes, weshalb die stationäre Einweisung zur Abklärung erfolgte. Weitere Erkrankungen: arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus.
Hautbefund: Bevorzugt an den Beinen, aber auch an den oberen Extremitäten sowie am Stamm zeigten sich purpurische Hautveränderungen mit einer atrophischen Oberfläche (Abb. [5]). An den Oberarmen fiel eine epidermale Komponente im Sinne von Ekzemmorphen auf. Insgesamt kann man von einem poikilodermatischen Hautbild sprechen. Die Lymphknotenstationen in Axillen und Leisten sowie zervikal zeigten leicht vergrößerte Lymphknoten mit annehmbar reaktiv veränderter Binnenstruktur.

Abb. 5 Persistent purpurische Mycosis fungoides.
Labor: BSG 26 mm, Lymphozyten 2,79 Gpt/l, Borrelien-AK-IgM 6,4 U/ml; Borrelien-AK-IgG 292,5 U/ml, Interleukin-2-Rezeptor 753 U/ml, CD4/CD8-Ratio 4,3.
Histologie: Biopsie vom Oberschenkel (HE, PAS, Eisen, Pappenheim, CD3, CD4, CD8, CD20, CD30): Geringe epidermale Akanthose. Im angrenzenden Korium geringe bis mäßige bandartige, perivaskulär betonte lymphozytäre Entzündungszellinfiltration. In der epidermalen Junktionszone einzelne, teils linienförmig angeordnete Lymphozyten mit chromatindichten Kernen, die von einem optisch leeren Saum umgeben werden (Halo-Zellen). Es besteht ein Epidermotropismus durch gleichartige chromatindichte Zellen, die geringe Zellatypien aufweisen. Im Stratum papillare sind kleinere Fibrosierungen und Kapillarektasien nachweisbar (Abb. [6]).

Abb. 6 Persistent purpurische Mycosis fungoides, Histologie (HE 4 ×): In der oberen Dermis perivaskulär konzentriertes lymphozytäres Infiltrat, dezente epidermale spongiotische Entzündungsreaktion.
Immunhistologisch stellen sich die lymphoiden Zellen mit CD4, CD3 und CD8 dar, wobei die CD4/CD8-Ratio zu Gunsten von CD4 verschoben ist. Daneben einzelne CD30-positive lymphoide Zellen.
Therapie: Creme-PUVA und topische Steroide.
Kommentar: Dieser Patient verweist auf die Vielgestaltigkeit von Lymphomen der Haut. Unter dem Bild einer purpurischen Dermatose, hier wurde an eine Purpura pigmentosa progressiva gedacht, konnte anhand des typischen histologischen Abbildes die Diagnose einer malignen Hauterkrankung gestellt werden. Die Morphologie dieser Dermatose ist wechselnd. Es werden mehrere Unterformen geführt. Als wichtigste Differenzialdiagnose der Purpura pigmentosa progressiva werden die Stauungspurpura, aber auch die Mycosis fungoides (M.f.) genannt. Sowohl die M.f. als auch die chronische Pigmentpurpura können klinisch und histologisch nur schwer in ihren Anfangsstadien unterschieden werden, so dass der Verlauf oftmals erst zur Diagnose führt. Pruritische purpurische Veränderungen können einer M.f. über Jahre vorausgehen [1,3,4]. Histologisch ist ein lichenoides Entzündungsmuster häufiger anzutreffen. Papilläre Ödeme, ansonsten nicht typisch für die Mycosis fungoides, sind nicht selten [2]. Die Besonderheit in unserem Falle ist das Auftreten nicht pruritischer Veränderungen bei persistent pigmentierter purpurischer Mycosis fungoides.
#Literatur
1 Puddu P, Ferranti G, Frezzolini A, Colonna L, Ciachini G. Pigmented pupura-like eruption as a cutaneous sign of mycosis fungoides with autoimmune purpura. J Am Acad Dermatol 1999; 40: 298 - 299
2 Toro JR, Sander CA, LeBoit PE. Persistent pigmented purpuric dermatitis and mycosis fungoides: stimulant, precursor, or both? A study by light microscopy and molecular methods. Am J Dermatopathol 1997; 19: 108 - 118
3 Ugajin T, Satoh T, Yokozeki H, Nishioka K. Mycosis fungoides presenting as pigmented purpuric eruption. Eur J Dermatol 2005; 15: 489 - 491
4 Viseux V, Schoenlaub P, Cnudde F, Le Roux P, Leroy JP, Plantin P. Pigmented purpuric dermatitis preceding the diagnosis of mycosis fungoides by 24 years. Dermatology 2003; 207: 331 - 332
#Cyclophosphamid-Pulsbehandlung des subakut-kutanen Lupus erythematodes
#A. Gemmeke, U. Wollina
#52-jahriger Patient
Anamnese: Der Patient stellte sich erstmals vor 2,5 Jahren mit seit 4 Jahren bestehenden brennenden Erythemen vor. Zunächst waren lediglich die sonnenexponierten Areale von Gesicht, Dekolletee und Armen, im Verlauf aber auch des Stammes, betroffen. Der Patient klagte seitdem auch über erhöhte Lichtempfindlichkeit. Der Patient ist seit vielen Jahren wegen einer medikamentös eingestellten Epilepsie in ärztlicher Behandlung.
Hautbefund: Es zeigten sich anuläre, polyzyklische, schuppende Erytheme mit z. T. zentraler Atrophie und erythematosquamösem Randsaum vor allem der lichtexponierten Körperareale von Gesicht, Dekolletee und Armen, aber auch ein ausgeprägter Befund am Körperstamm (Abb. [7 ]a).


Abb. 7 Ausgedehnter therapieresistenter subakut-kutaner Lupus erythematodes a vor Behandlung, b nach Cyclophosphamid-Pulstherapie (3 Tage).
Laborbefunde: ANA 1 : 640, SSA-Antikörper 1,7 U/ml.
Histologie: teils gering verschmälerte und gering hyperorthokeratotische Epidermis. Herdförmige Basalzellalteration mit Nachweis einzelner Dyskeratosen. Geringe bis mäßige perivaskuläre und perifollikuläre sowie fokal auch interstitielle lymphohistiozytäre Infiltrate im oberen und mittleren Korium. An der Basalmembran sowie perivaskulär herdförmige Ablagerung von IgG und C3.
Apparative Untersuchungen: unauffällig.
Therapie und Verlauf: Initial stellten wir den Patienten auf Methylprednisolon mit einer Erhaltungsdosis von 16 mg täglich ein. Aufgrund des progredienten und ausgeprägten Hautbefundes entschlossen wir uns zur Durchführung einer dreitägigen Pulstherapie mit Cyclophosphamid 1000 mg als intravenösem Bolus. Gleichzeitig erhielt der Patient beim ersten Zyklus 80 mg Prednisolon oral, das wir im Verlauf auf eine Erhaltungsdosis von 10 mg täglich reduzierten. Das Blutbild, die Leber- und Nierenwerte sowie der Urin wurden regelmäßig kontrolliert.
Die Behandlung wurde von dem Patienten ohne Auftreten von Nebenwirkungen sehr gut vertragen. Nach drei Zyklen war der Hautbefund deutlich gebessert. Die Erytheme waren abgeblasst. Zur Sicherung des unter der Cyclophosphamid-Therapie erreichten Behandlungserfolges stellten wir den Patienten abschließend auf 200 mg Hydroxychloroquin täglich ein.
Nach Absetzen dieser Medikation kam es zu einem prompten Rezidiv der Hautveränderungen, so dass wir zwei weitere Zyklen der Cyclophosphamid-Bolustherapie durchführten. Erneut kam es bei guter Verträglichkeit zu einer raschen, deutlichen und stabilen Besserung des Hautbefundes (Abb. [7 b]), so dass wir auf eine weitere Nachbehandlung bei engmaschigen Verlaufskontrollen verzichteten.
Kommentar: Der Lupus erythematodes ist eine Multisystemerkrankung unbekannter Ätiologie mit einer gegen verschiedene körpereigene Zellantigene gerichtete Regulationsstörung der zellulären und humoralen Immunantwort. Ausgehend von der kutanen Beteiligung lassen sich drei klinische Hauptmanifestationsformen unterscheiden: der chronisch-diskoide LE, der systemische LE und der subakut-kutane LE [6].
Am subakut-kutanen Lupus erythematodes erkranken dreimal mehr Frauen als Männer, das Hauptmanifestationsalter liegt zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr. Meist bestehen kutan disseminierte SCLE-Läsionen in lichtexponierten Hautarealen, die meist ohne Narbenbildung abheilen. Bis zu 60 - 70 % der betroffenen Patienten zeigen eine erhöhte Photosensitivität. Relativ charakteristisch sind zirkulierende Anti-SSA/Ro-Antikörper [5].
In der Regel bedarf der SCLE neben der milden lokalen Kortikoidsteroidanwendung mit ausreichendem Lichtschutz einer oralen Therapie mit Antimalariamitteln wie Hydroxychloroquin, eventuell in Kombination mit systemischen Kortikosteroiden [2]. Bei akuten Exazerbationen oder einem Übergang in einen systemischen LE ist der Einsatz von Cyclophosphamid zu erwägen.
Cyclophosphamid gehört zu den alkylierenden Zytostatika mit phasenunspezifischer Wirkung auf die Alkylierung der Nukleinsäuren. Eingesetzt wird Cyclophosphamid bei lymphoblastischen Leukämien und Lymphomen, aber auch bei der rheumatoiden Arthritis erzielt Cyclophosphamid gute Erfolge. In der Dermatologie wird Cyclophosphamid insbesondere in der Therapie des Lupus erythematodes und des Pemphigus vulgaris angewendet [1].
Die Cyclophosphamid-Pulsbehandlung wird wesentlich besser vertragen als eine low-dose-Therapie [4]. Als wichtigste unerwünschte Wirkung kommt es zur allgemeinen Knochenmarkdepression mit folgender Panzytopenie. Das Maximum liegt in der Regel zwischen dem 9. und 12. Tag nach Therapiebeginn. Zusätzlich können Gastroenteritiden oder eine hämorrhagische Zystitis auftreten. Cyclophosphamid wirkt reversibel toxisch auf die Gonaden und kann zu Amenorrhoe bzw. Azoospermie führen. Allergische Reaktionen können auftreten und das Absetzen des Medikamentes erforderlich machen. Regelmäßige Blutbild- und Urinuntersuchungen sowie Kontrollen der Leber- und Nierenwerte sind daher erforderlich. Zur Minderung der Nebenwirkungen der zytostatischen Immunsuppression hat sich die Pulstherapie in 4-wöchigen Abständen durchgesetzt.
#Literatur
1 Appelhans M, Bonsmann G, Örge C, Bröcker EB. Dexamethason-Cyclophosphamid-Stoßtherapie bei blasenbildenden Autoimmundermatosen. Hautarzt 1993; 44: 143 - 147
2 Fabbri P, Cardinali C, Giomi B, Caproni M. Cutaneous lupus erythematosus: diagnosis and management. Am J Clin Dermatol 2003; 4: 449 - 465
3 Law WG, Thong BY, Lian TY, Kong KO, Chng HH. Acute lupus myocarditis: clinical features and outcome of an oriental case series. Lupus 2005; 14: 827 - 831
4 McCune WJ, Golbus J, Zeldes W, Bohlke P, Dunne R, Fox DA. Clinical and immunological effects of monthly administration of intravenous cyclophosphamide in severe systemic lupus erythematosus. N Engl J Med 1998; 318: 1423 - 1431
5 Tebbe B, Hoffmann S, Orfanos CE. Verlauf und Prognose des subakut-kutanen Lupus erythematodes. Hautarzt 1994; 45: 690 - 694
6 Wollina U, Hein G. Lupus erythematosus - clinical spectrum of common and uncommon presentations. Clinics Dermatol 2005; 23: 470 - 479
#Pachydermoperiostosis (Touraine-Solente-Gole-Syndrom)
#C. Nelskamp, U. Wollina
#24-jähriger Patient
Familienanamnese: Der vier Jahre ältere Bruder zeigt eine ähnliche Symptomatik mit noch stärker ausgeprägter Faltenbildung im Gesicht. Die übrigen 5 Geschwister (4 Schwestern, ein Bruder) sind erscheinungsfrei.
Anamnese: Der Patient berichtete über eine zunehmende Verdickung und Faltenbildung der Gesichtshaut etwa seit dem 17. Lebensjahr mit begleitendem Spannungsgefühl der Kopfhaut. Zusätzlich bemerkte er eine vermehrte Schweißbildung palmar, plantar und fazial. Seit mehreren Jahren bestehen Gelenkbeschwerden (besonders Kniegelenke), welche lange Zeit als Folge einer seronegativen Rheumatoidarthritis angesehen wurden.
Hautbefund: Pachydermie der Gesichtshaut mit Ausbildung tiefer Falten an Stirn, Glabella und nasolabial (Abb. [8]). Auch an den Extremitäten findet sich eine Pachydermie, jedoch in geringerer Ausprägung. Es fielen zudem eine palmoplantare und axilläre Hyperhidrose (Minor-Schweißtest positiv), Seborrhoe sowie angedeutete Trommelschlegelfinger mit Uhrglasnägeln (Abb. [9]), hypermobile Gelenke (Überstreckbarkeit der Fingergelenke) und Schwellung großer Gelenke (Knie) auf.

Abb. 8 Pachydermoperiostose: Prominente persistente Faltenbildung.

Abb. 9 Pachydermoperiostose: Uhrglasnägel und gering ausgeprägter Trommelschlegelfinger.
Röntgen Hände: Deutliche Cutisverdickung vor allem im Bereich der Grundphalangen II-IV, aber auch Mittelphalangen, zudem diaphysäre Kortikalisverdickungen. Beckenübersicht: Kortikalisverdickung an den proximalen Femuren. Knie bds.: Keulenartig verbreiterte Femurmetaphysen und exostosenartige Knochenappositionen an distalem Femur und proximaler Tibia, Kortikalisappositionen am proximalen Fibulaschaft bds. Kein Anhalt für Polyarthritis oder degenerative Veränderungen. OSG bds.: Deutliche Verbreiterung und Verplumpung der distalen Abschnitte der Unterschenkelknochen.
Röntgen Füße: Analog zu Händen diaphysäre Kortikalisverdickung vor allem Ossa metatarsalia V.
Echokardiographie und Bodyplethysmographie: unauffällig.
Sonographie Knie- und Sprungelenke: Kniegelenkserguss links und massive Synovialproliferation Knie bds. und Sprunggelenk bds.
Labor: BSG 20 mm/h. Im Referenzbereich: Elektrophorese, Citrullin-Antikörper, Rheumafaktor, ANA (mit Differenzierung), HLA-B27 negativ. Mikrobiologie vom Punktat des Kniegelenks steril.
Histologie (parietal links): akanthotisch verbreiterte Epidermis.
Therapie und Verlauf: Eine effektive Behandlung der Hautsymptomatik besteht in plastisch-kosmetischen Eingriffen. Entsprechende Aktivitäten wurden wegen der dominierenden Gelenksymptomatik zurückgestellt.
Aufgrund zunehmender Gelenkbeschwerden der Knie erfolgte die Kniegelenkpunktion durch unsere rheumatologischen Kollegen. Es fand sich reichlich klare und niedrig-visköse Flüssigkeit mit nur geringer Anzahl von Entzündungszellen, so dass von Kortikoidinjektionen abgesehen und die Indikation zur offenen Synovektomie gestellt wurde.
Kommentar: Die Pachydermoperiostosis (McKusick 167 100) ist eine seltene Genodermatose mit autosomal-dominantem oder rezessivem Erbgang [1]. Die Erkrankung, erstmals 1868 von Friedreich beschrieben [2], betrifft vorwiegend Männer und geht mit einer Verdickung der Haut (Pachydermie, Cutis verticis gyrata) und des Periostes der Röhrenknochen (Hyperostose) einher. Weitere in unterschiedlicher Ausprägung auftretende Symptome sind Seborrhoe, Hyperhidrosis, Trommelschlegelfinger, Akromegalie und Spongiosa-Umbau [1]. Es werden nach Touraine et al. (1935) drei Formen unterschieden: kompletter Typ mit Pachydermie und Periostose, inkompletter Typ ohne Pachydermie und eine forme fruste (Pachydermie mit minimalen Skelettveränderungen [4]. Die sekundäre Pachydermoperiostose geht mit Erkrankungen innerer Organe (häufig Lungentumoren) einher (Bamberger-Pierre-Marie-Syndrom). Eine kausale Therapie ist nicht möglich. Die rheumatologischen Symptome können durch Steroide, nichtsteroidale Antirheumatika und Colchicin gemildert werden. Die dermatologischen Symptome können mit Hilfe der plastischen Chirurgie verbessert werden [3].
#Literatur
1 Castori M, Sinibaldi L, Mingarelli R, Lachman RS, Rimoin DL, Dallapiccola B. Pachydermoperiostosis: an update. Clin Genet 2005; 68: 477 - 486
2 Friedreich N. Hyperostose des gesamten Skelettes. Arch Pathol Anat 1868; 43: 83 - 87
3 Seyhan T, Ozerdem OR, Aliagaoglu C. Severe complete pachydermoperiostosis (Rouraine-Solente-Gole syndrome). Dermatol Surg 2005; 31: 1465 - 1467
4 Touraine A, Solente G, Gole L. Un syndrome osteodermopathique: la pachidermie plicaturee avec pachydermostose des extremities. Presse Med 1935; 43: 1820 - 1824
#Proteus-Syndrom
#C. Nelskamp, E. Köstler
#67-jährige Patientin
Familienanamnese: unauffällig hinsichtlich möglicher Dysplasien
Anamnese: Die Patientin stellte sich mit einem seit einer Woche bestehenden, großflächigen, stark sezernierenden erosiven Areal am linken distalen Unterschenkel vor. Es imponierte eine ausgeprägte Stammvarikosis, welche sich bereits während der Adoleszenz entwickelte. Seit Geburt ist eine Schädelanomalie auffällig, es bildeten sich im Laufe ihres Lebens riesige Exostosen der Kalotte aus, welche klinisch als faustgroße knöcherne Tumore imponieren.
Allgemeinbefund: Kachektischer Ernährungszustand. Im Rahmen der körperlichen Untersuchung fielen eine Extrasystolie und Hepatomegalie auf.
Hautbefund: Am linken distalen Unterschenkel, oberhalb des Malleolus lateralis, zeigte sich ein ca. 11 × 7 cm großes, erosives, leicht überwärmtes und stark sezernierendes Areal. Der linke Unterschenkel erscheint zudem kräftiger und derber als der rechte (Abb. [10]). Das linke Bein ist ca. 2 cm länger, woraus ein funktioneller Beckenschiefstand resultiert. Auch die massive Stammvenenvarikosis ist stärker linksseitig ausgeprägt. Die Füße sind beidseits kräftig, sehr groß und zeigen neben einer Onychogryphose aller Zehennägel besonders plantar massive papillomatöse Hyperkeratosen.

Abb. 10 Proteus-Syndrom: partieller Riesenwuchs und massive Stammvarikosis.
Am behaarten Kopf imponieren drei bis 12 × 10 cm große, knöcherne, nicht verschiebliche Tumore (Abb. [11]).

Abb. 11 Proteus-Syndrom: massive Exostosen.
Röntgen Füße: keulenartige Auftreibung der distalen Abschnitte der Unterschenkelknochen sowie massive Verdickung der Cutis im Bereich beider Sprunggelenke und Füße, vor allem im Bereich der Großzehen.
Röntgen Schädel: Bds. temporal bis okzipital reichende ausgedehnte Exostosen der Schädelkalotte. Eine dritte längliche exostosenartige Ausbuchtung liegt links hochparietal. Die Veränderungen sind teils ineinander fließend und übergehend, jedoch glatt begrenzt ohne Anhalt für maligne Entartung.
Labor: CRP 18,8 g/l und pathologisches Urinsediment (Ery 50, Leu > 100, Bak ++).
Therapie: Die Behandlung der großflächigen Wunde am linken Unterschenkel erfolgte mit Gentamycin und Ringer-Lösung, später mit Varidase-Salbe und Kompression. Die Wunde am Unterschenkel war bei Entlassung nahezu abgeheilt. Nekrosen und Keratosen an den Füßen wurden abgetragen. Zudem wurde die Onychogryphose mechanisch beseitigt.
Kommentar: Das Proteus-Syndrom beschreibt ein seltenes Krankheitsbild (ca. 100 - 200 Fälle in der Literatur beschrieben) mit verschiedenen Wachstumsanomalien unter häufiger Beteiligung vaskulärer und skelettaler Strukturen. Bezüglich der Genetik wird ein Mosaizismus favorisiert [1]. Im Rahmen der vaskulären Anomalien sind Mutationen des Tumorsuppressorgens PTEN (Phosphatase- und Tensin-Homologes auf Chromosom 10) bekannt [4]. Da PTEN-Mutationen auch bei Polyposis beobachtet wurden, verwundert es nicht, dass die Polypose auch im Rahmen des Proteus-Syndroms vorkommt [3].
Das klinische Bild ist sehr vielgestaltig, Symptome wie partieller Riesenwuchs im Bereich der Hände und Füße, Hemihypertrophie, subkutane und abdominelle Tumore, pigmentierte Naevi und Exostosen (Ossifikationsstörung einzelner Knochen) sowie vaskuläre Malformationen sind möglich [1,2]. Differenzialdiagnostisch ist das Proteus-Syndrome von einem Klippel-Trènaunay-Syndrom (hier obligater Naevus flammeus) und der Neurofibromatose zu unterscheiden.
#Literatur
1 Cohen MM Jr. Proteus syndrome: an update. Am J Med Genet C Semin Med Genet 2005; 137: 38 - 52
2 Kim DK, Myung SJ, Yang SK, Hong SS, Kim KJ, Byeon JS, Lee GH, Kim JH, Min YI, Lee SM, Jeong JY, Song K, Jung SA. Analysis of PTEN gene mutations in Korean patients with Cowden syndrome and polyposis syndrome. Dis Colon Rectum 2005; 48: 1714 - 1722
3 Nguyen D, Turner JT, Olsen C, Biesecker LG, Darling TN. Cutaneous manifestations of proteus syndrome: correlations with general clinical severity. Arch Dermatol 2004; 140: 1001 - 1002
4 Wang QK. Update on the molecular genetics of vascular anomalies. Lymphat Res Biol 2005; 3: 226 - 233
#Morbus Galli-Galli
#C. Krönert, J. Schönlebe
#38-jähriger Patient
Familienanamnese: Vater zeigte ähnliche pigmentierte Hautveränderungen.
Anamnese: Aufgetreten in der dritten Lebensdekade, bestehen seit ca. 15 Jahren am Oberkörper makulöse, zum Teil papulöse bräunliche Hautveränderungen, die im Sommer (Schwitzen) v. a. submammär vereinzelt zu erosiven entzündlichen Papeln führen.
Hautbefund: An Stamm/Oberkörper finden sich zahlreiche disseminiert stehende, ca. 3 - 4 mm große, mittelbraune, unregelmäßig begrenzte und pigmentierte Makulae und vereinzelt bräunlich-rötliche, zum Teil etwas keratotische Papeln (Abb. [12]). Keine Bläschen und Blasen. Hals und Beugen frei. Schleimhäute unauffällig.

Abb. 12 Morbus Galli-Galli: Kleine hyperpigmentierte Makeln und Papeln.
Histologie: umschriebene Verbreiterung der Epidermis mit kleinen pseudozystischen intraepidermalen Keratineinschlüssen, Ausbildung wechselnd stark pigmentierter, langer, schlanker, teils bizarr verzweigter Reteleisten, herdbetont rundzellig entzündliche Begleitreaktion im oberen korialen Bindegewebe, ferner in oberen Epidermisschichten mehrere umschriebene Akantholysen.
Therapie: keine erforderlich.
Kommentar: Erstmals 1982 bei dem Brüderpaar Galli diagnostiziert, gehört der Morbus Galli-Galli neben dem Morbus Dowling-Degos, dem Morbus Kitamura, dem Haber-Syndrom, der symmetrischen Akropigmentierung (Dohi) u. a. zur seltenen autosomal dominanten Gruppe der Genodermatose aus dem Formenkreis der umschriebenen retikulären Hyperpigmentierungen. Diese mannigfaltigen Erscheinungsformen des komplexen Krankheitsbildes wurden früher als eigenständige Entitäten aufgefasst [1,6,8].
Die Hautveränderungen manifestieren sich im zweiten oder dritten Lebensjahrzehnt bevorzugt in den großen Beugen und im Nacken. Es handelt sich eher um kosmetisch störende Veränderungen ohne pathologische Relevanz. Gelegentlich können Wärme und Schwitzen jedoch zu entzündlichen Veränderungen mit Juckreiz und Brennen führen [2,7].
Die Histologie zeigt eine dem Morbus Dowling-Degos vergleichbare Befundkonstellation: Verbreiterung der Epidermis, pseudozystische intraepidermale Keratineinschlüsse, Ausbildung langer, schlanker, teils bizarr verzweigter hyperpigmentierter Reteleisten, entzündliche Begleitreaktion, jedoch zusätzlich die für den Morbus Galli-Galli typischen Akantholysen. Diesem feingeweblichen Bild liegt wahrscheinlich eine Proliferation der basalen Epidermisschichten mit einer stark gesteigerten Melanogenese zugrunde [3,4].
Differenzialdiagnostisch müssen Erkrankungen mit Hyperpigmentierungen und Lentigines berücksichtigt werden. Eine Therapie ist nicht erforderlich, ggf. können für die entzündlichen Veränderungen lokale Steroide zum Einsatz kommen. Der Versuch mit externen und systemischen Retinoiden führte nicht zum Erfolg [5].
#Literatur
1 Bardach H, Gebhart W, Luger T. Genodermatose bei einem Brüderpaar: Morbus Dowling-Gegos, Grover, Darier, Hailey-Hailey oder Galli-Galli? Hautarzt 1982; 33: 378 - 383
2 Biltz H, Kiessling M. Morbus Dowling-Degos - eine autosomal dominante Genodermatose. Z Hautkr 1988; 63: 642 - 644
3Braun-Falco M, Volgger W, Borelli S, Disch R. Galli-Galli disease: an unrecognized entity or an acantholytic variant of Dowling-Degos disease? J Am Dermatol 2001; 45: 760 - 763
4Crovato F, Desirello G, Rebora A. Is Dowling-Degos disease the same disease as Kitamuras reticulate acropigmentation? Br J Dermatol 1983; 109: 105 - 110
5Oppolzer G, Schwarz T, Duschet P, Brenner W, Gschnait F. M. Dowling-Degos: frustraner Therapieversuch mit Retinoiden. Hautarzt 1987; 38: 615 - 618
6Rebora A, Crovato F. The spectrum of Dowling-Degos disease. Br J Dermatol 1984; 110: 627 - 630
7 Rütten A, Strauß T. Morbus Galli-Galli - Ein weiterer Fallbericht. Akt Dermatol 1995; 21: 255 - 257
8 Schiller M, Kütting B, Metze D. Umschriebene retikuläre Hyperpigmentierungen - ein weites klinisches Spektrum. Hautarzt 1999; 50: 580 - 585
#Vernarbendes Schleimhautpemphigoid
#K. Hasenöhrl, J. Schönlebe, H. Pigors, E. Köstler
#43-jähriger Patient
Anamnese: Anamnestisch berichtet der Patient über eine Bindehautentzündung, welche seit drei Jahren nie vollständig abheilte. Vor zwei Jahren kam es erstmals zu krustigen Hautveränderungen an Extremitäten und Kopfhaut. Im Februar 2005 erfolgte die Einweisung in die Hautklinik unter dem klinischen Bild eines impetiginisierten Ekzems.
Histologisch fiel eine subepidermale Spaltbildung auf, jedoch keine Blasenbildung. Auch unter Berücksichtigung der Immunfluoreszenz mit fraglichem IgG-Nachweis entlang der epidermalen Basalmembran konnte eine blasenbildende Dermatose nicht sicher diagnostiziert werden. Die Konjunktivitis mit Symblepharonbildung führte zum dringenden Verdacht eines vernarbenden okulären Schleimhautpemphigoids. Die stationäre Behandlung in der Augenklinik erfolgte aber erst im November 2005. Zur erneuten Aufnahme in die Hautklinik aufgrund verschlechterten Haut- und Augenbefundes kam es im Februar 2006.
Aufnahmebefund: Synechien der Augenlider, Skleren gerötet, Kornea getrübt, Lichtempfindlichkeit (Abb. [13]). An Unterarmen, nuchal, Kopfhaut, Kinn multiple nummuläre, krustig belegte Areale; an Stamm und unteren Extremitäten: fleckige Hyperpigmentierungen (Abb. [14]).

Abb. 13 Vernarbendes Schleimhautpemphigoid - Synechien an den Augenlidern, Photosensitivität.

Abb. 14 Vernarbendes Schleimhautpemphigoid - kutane Manifestation mit krustösen Herden, keine Blasen.
Laborparameter: Blutsenkung 29 mm/h, Leukozyten 22 Gpt/l, Thrombozyten 377 Gpt/l, ANA 1 : 320, Pemphigoid-Antikörper 1 : 20.
Histologie: Hauterosionen bzw. Ulzerationen partiell abgedeckt von leukozytenhaltigem Fibrinschorf und gesäumt von gefäßreichem Granulationsgewebe. Bedeckende Epidermis am Rand hyperplastisch mit Hypergranulose und Hyperortho- sowie herdförmiger Hyperparakeratose. Epidermis stellenweise schütter granulozytär durchsetzt. Im dermalen Bindegewebe in der Umgebung ein oberflächlich perivaskuläres, teils betont rundzelliges, teils gemischtzellig entzündliches Infiltrat mit wechselnder Zahl beigemischter Plasmazellen. Keine Infiltrateosinophilie.
Direkte Immunfluoreszenz: periläsional linear positive bzw. linear schwach positive Immunreaktion entlang der epidermalen Basalmembran für IgG und C3. IgA, IgM, C4, C1q negativ, unspezifische Fibrinogenreaktion.
Therapie und Verlauf: Seit 11/2005 Dapson 150 mg/d; Cyclophosphamid 150 mg/d. Ab 2/2006 Methylprednisolon 100 mg/d; Mycophenolsäure 360 mg/d. Lokal Vidisic Edo Augengel und Dexa Edo Augentropfen. Darunter erhebliche Besserung des Augenbefundes und Abheilung der Hautveränderungen.
Kommentar: Das vernarbende Pemphigoid ist eine seltene eigenständige bullöse Dermatose.
Betroffen sind vorwiegend Erwachsene ab den mittleren Lebensjahren. Die Hauptlokalisation ist die Mundschleimhaut in 80 %, gefolgt von ein- oder doppelseitigem Befall der Konjuktiven. Hautläsionen kommen in weniger als 20 % der Patienten vor. Sie ähneln milden Formen des bullösen Pemphigoids (BP) und heilen narbig ab. Eine Variante ist das chronisch lokalisierte vernarbende Pemphigoid mit alleiniger Hautmanifestation vorwiegend am Capillitium (Brunsting-Perry-Typ). Genitale Läsionen können zu Strikturen führen (z. B. Urethralstenose, Phimose). Typisch sind Bläschen und Erosionen der Mundschleimhaut mit Larynx- und Ösophagusbeteiligung. Narben können zu Atembehinderung und Problemen bei der Nahrungsaufnahme führen [2].
Augenbefall führt zur subepithelialen fibrinösen Konjunktivitis mit Erosionen, Photophobie. Im Verlauf Bildung fibrotischer Narbenstränge und Adhäsionen, Verlötung und Schrumpfung beider Fornices, Verziehung der Lider, Entropium, Symblepharon und Pannusbildung bis zur Erblindung.
Ätiologisch kommt es zur Antikörperbildung gegen Autoantigene wie beim BP (BPAG 1, BPAG 2) und gegen Epiligrin (Strukturprotein der Ankerfilamente). Klinisch ist das vernarbende Pemphigoid jedoch eine eigenständige Dermatose. Die Vernarbung scheint Folge der persistierenden Erosionen zu sein.
Histologisch findet sich eine Spaltbildung in der tiefen Lamina lucida. Die direkte Immunfluoreszenz weist IgG-, IgA- und C3-Ablagerungen an der Basalmembran nach. Zirkulierende IgA-Autoantikörper wurden in 20 % gefunden, jedoch ohne prognostischen Wert. Zusätzlich konnten autoreaktive T-Zellen gegen BPAG 2 im Serum einiger Patienten nachgewiesen werden [2].
Die Therapie des vernarbenden Pemphigoids ist unbefriedigend. Die Augenbeteiligung erfordert eine interdisziplinäre Betreuung. Therapieresistente Patienten profitieren durch die immunsuppressive Behandlung mit Mycophenolatmofetil bzw. Mycophenolsäure. Die Ansprechrate liegt bei 50 % [1,2]. Bei unserem Patienten führte die Gabe von Mycophenolsäure 360 mg tgl. kombiniert mit Prednisolon 100 mg tgl. in langsam absteigender Dosierung zu einer deutlichen Verbesserung des Lokalbefundes. Eine operative Behandlung der Synechien am Auge ist geplant.
#Literatur
1Kirtschig G, Murrell D, Wojnarowska F, Khumalo N. Interventions for mucous membrane pemphigoid/cicatricial pemphigoid and epidermolysis bullosa aquisita: a systematic literature review. Arch Dermatol 2002; 138: 380 - 384
2Margherita EE, Sumera RA, Foster CS. Mucous membrane pemphigoid: an update. Curr Opin Ophtalmol 2005; 16: 303 - 307
#Porokeratosis superficialis disseminata actinica (Chernosky und Freeman)
#K. Leonhardt, J. Schönlebe, U. Wollina
#63-jährige Patientin
Anamnese: Die Patientin berichtet über seit Anfang der 90er Jahre bestehende, an sich asymptomatische Hautveränderungen an den Unterschenkeln sowie den Oberarmstreckseiten. Sie bestünden ganzjährig.
Hautbefund: Hauttyp I-II nach Fitzpatrick. An beiden Armen, v. a. den Unterarmstreckseiten, und den Unterschenkelstreckseiten fallen multiple, einzeln stehende, leicht atrophische Makeln mit leicht bräunlicher Hyperpigmentierung auf. Die zirka 5 mm großen Makeln haben einen rötlich-ringförmig Randsaum, zentral liegt eine Eindellung und teilweise Abblassung vor.
Histologie: Man erkennt mehrere kleinherdig umschriebene flache Einsenkungen der Epidermisoberfläche mit kurzstreckigen Unterbrechungen des ansonsten regelrecht erhaltenen Stratum granulosum mit hier entspringenden rauchsäulenartigen Parakeratosen entsprechend sog. kornoiden Lamellen. Im Papillarkörper und dem oberen Korium findet sich ein oberflächliches perivaskuläres, lymphomonozytoides entzündliches Infiltrat (Abb. [15]).

Abb. 15 Porokeratose, Histologie: typische Kornoidlamelle (HE × 4).
Therapie: topisch tretinoinhaltige Salben.
Kommentar: Die disseminierte aktinische Porokeratose wird mit verschiedenen Mutationen der Zytoskelettbestandteile wie Actin oder der adhärenten Junktionen in Zusammenhang gebracht. So wurden Mutationen und Variationen in den Genen SSH1, ARPC3, SART3 nachgewiesen.
Sie wird wahrscheinlich autosomal-dominant vererbt. Die Mutationen sind den Chromosomen 12, 15 und 18 zuzuordnen. Die Vererbung erfolgt autosomal-dominant [2,4,5].
Histologisch imponiert der scharf begrenzte Randwall mit einer aufgeworfenen Hornlamelle, so genannte „kornoide Lamelle”. Diese ist Ausdruck einer klonalen Keratinozytenproliferation mit DNA-Ploidie. In Zellkulturen konnte keine UV-Überempfindlichkeit der Keratinozyten und Fibroblasten festgestellt werden. P53-Mutationen waren nicht gehäuft. Stattdessen ist das terminale Reifungsprogramm der Keratinozyten gestört [1].
Aufgrund des Vorkommens in sonnenexponierten Hautarealen wird ein konsequenter Lichtschutz angeraten. Vor dem Hintergrund der wissenschaftlichen Daten ist diese Empfehlung jedoch fragwürdig [1]. Retinoide, 5-FU, photodynamische und Lasertherapie sind geeignet, die Erkrankung zu behandeln.
#Literatur
1D’Errico M, Teson M, Calcagnile A, Corona R, Didona B, Meschini R, Zambruno G, Dogliotti E. Characterization of the ultraviolet B and X-ray response of primary cultured epidermal cells from patients with disseminated superficial actinic porokeratosis. J Invest Dermatol 2004; 150: 47 - 55
2Wei S, Yang S, Lin D, Li M, Zhang X, Bu L, Zheng G, Hu L, Kong X, Zhang X. A novel locus for disseminated superficial porokeratosis maps to chromosome 18p11.3. J Invest Dermatol 2004; 123: 872 - 875
3Zhang ZH, Huang W, Niu ZM, Liu WD, Xiang LH, Yuan WT, Zhao JJ, Gu CY, Chai B, Jiang FX, Xu SJ, Zheng ZZ. Two closely linked variations in actin cytoskeleton pathway in a Chinese pedigree with disseminated superficial actinic porokeratosis. J Am Acad Dermatol 2005; 52: 972 - 976
4Zhang ZH, Niu ZM, Yan WT, Zhao JJ, Jiang FX, Zhang J, Chai B, Cui F, Chen W, Lian CH, Xiang LH, Xu SJ, Liu WD, Zheng ZZ, Huang W. A mutation in SART3 gene in a Chinese pedigree with disseminated superficial actinic porokeratosis. Br J Dermatol 2005; 152: 658 - 663
#Ausgedehnte dystope Kalzifizierung bei Ulcus cruris und chronisch-venöser Insuffizienz
#B. Heinig, T. Kittner, E. Köstler
#80-jährige Patientin
Anamnese: Im Juli 2002 erfolgte erstmals die stationäre Aufnahme wegen eines therapieresistenten Ulcus cruris links, das in wechselnder Intensität seit ca. 17 Jahren bestand. Im Rahmen der Diagnostik fielen bereits damals röntgenologisch ausgedehnte Kalkeinlagerungen im umgebenden Weichteilgewebe auf. 04/2005 trat eine Becken-Beinvenenthrombose links auf, welche die passagere Antikoagulation erforderte. Wegen ausgeprägter Stauungsdermatitis beider Unterschenkel mit stark sezernierenden Ulzerationen wurde die Patientin 10/2005 erneut aufgenommen. Die bekannten lokalen Kalkeinlagerungen in Kutis und Subkutis waren als Kalkplatten palpabel und schränkten bei vorbestehender Cox- und Gonarthrose auch die Mobilität ein. Als Begleiterkrankungen wurden ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus mit Retino- und Nephropathie, arterielle Hypertonie, chronisch-ischämische Herzkrankheit, Fettstoffwechselstörung und Adipositas, chronisch-venöse Insuffizienz, Cox- (TEP links 2003) und Gonarthrose sowie Z. n. Ablatio mammae bei Karzinom 03/2003 registriert.
Allgemeinbefund: kardiopulmonale Kompensation bei gering reduziertem Allgemeinzustand. Blutdruck 120/70 mm Hg. Hypästhesien im Fußbereich beiderseits im Sinne diabetischer Neuropathie.
Hautbefund: Sklerosiertes Ödem beider Unterschenkel mit Rötung und Hyperpigmentierung sowie plattenförmig tastbare Gewebeverkalkungen im Ulkus- und Wundrandbereich. Rechts mehrere schmierig belegte, nässende Ulzerationen mit entzündlicher Umgebung.
Duplexsonografie: periphere Venen links: V. iliaca externa und V. femoralis communis rekanalisiert bei Z. n. Becken-Beinvenenthrombose 04/2005. Postthrombotische Veränderungen in V. femoralis superficialis und V. poplitea links.
Röntgen in 2 Ebenen (Abb. [16]): linkes Kniegelenk und Unterschenkel: Calcinosis cutis. Im Vergleich zur Voruntersuchung v. 06/2002 unveränderte Ausdehnung der massiven, scholligen konfluierenden Verkalkungen vor allem im Bereich der distalen zwei Unterschenkeldrittel. Geringere Ausprägung der Veränderungen im ventralen Anteil des proximalen Unterschenkeldrittels. Im Zusammenhang mit der Klinik handelt es sich am ehesten um kutane und subkutane Verkalkungen. Mäßiggradige Gonarthrose.

Abb. 16 Ausgedehnte dystope Kalzifizierungen bei Ulcus cruris und CVI. Röntgen p. a. 2005.
Rechtes Kniegelenk und Unterschenkel: keine wesentliche Befundänderung zur Voruntersuchung von 06/2002. Bekannte ausgedehnte Weichteilverkalkungen im Sinne einer Calcinosis cutis mit besonderer Ausprägung in den distalen zwei Unterschenkeldritteln. Infolge von Summationseffekten ist eine genaue topische Zuordnung der Kalkeinlagerungen nicht möglich. Geringgradige Gonarthrose.
Labor in SI-Einheiten: Blutzucker 6,74 mmol/l, HbA1c 9,1 %, CRP 21,5 g/l.
Therapie: nach initialer Octenisept-Feuchtbehandlung der Unterschenkel befundadaptierte Unterschenkelkompressionsbandage und Hochlagerung. Nekrektomien im Ulkusbereich. Physiotherapeutisch versorgten wir mit entstauender Kinesitherapie, manueller Sprunggelenksmobilisation in PIR-Techniken sowie Gangschulung. Bei gut gesäuberten Wundverhältnissen konnte die Patientin mit der Empfehlung zur lokalen Behandlung mit Pasta argenti nitrici 1 % und Kompression in die ambulante Betreuung entlassen werden.
Kommentar: Dystope Kalkablagerungen kommen nicht nur im Rahmen entzündlicher Systemerkrankungen, sondern auch bei malignen und endokrinologischen Erkrankungen, Niereninsuffizienz, posttraumatisch und bei entzündlichen Hauterkrankungen vor. In Abhängigkeit von der Grunderkrankung und Parametern des Kalzium- und Phosphatstoffwechsels wird dabei die dystrophische von der metastatischen Calcinosis cutis unterschieden. Charakteristika der dystrophischen Calcinosis cutis (im Gegensatz zur metastatischen) sind normale Serumwerte für Kalzium, Phosphat, Parathormon und alkalische Phosphatase. Kutane Kalkablagerung kann prinzipiell in allen Hautabschnitten erfolgen [1].
Im vorliegenden Patientenfall handelte es sich bei normalen Serumkonzentrationen für Kalzium und Parathormon um eine ungewöhnlich ausgedehnte dystope Calcinosis cutis bei chronisch-venöser Insuffizienz. Die Verkalkungen sind ursächlich am Therapieversagen einer alleinigen Lokalbehandlung und Kompressionstherapie eines Ulcus cruris beteiligt [1,3]. Deshalb empfehlen wir in der Regel ein aktives chirurgisches Vorgehen mit tiefer und ausgedehnter Shave-Exzision und Meshgraft-Deckung des Defektes [2]. Wegen der plattenförmig ausgedehnten Ossifikationen im Ulkus- sowie Umgebungsbereich bei eingeschränkter Operationsfähigkeit der Patientin entschlossen wir uns entgegen des sonstigen Therapiekonzeptes zu einer konservativen Behandlung.
#Literatur
1Enoch S, Kupitz S, Miller DR, Harding KG. Dystrophic calcification as a cause for non healing leg ulcers. Int Wound J 2005; 2: 142 - 147
2Köstler E, Konrad H, Wollina U. Treatment of dystrophic calcification in leg ulcers. Int Wound J 2005; 2: 239
3Turczanska E. Extensive calcification of the lower leg complicating venous ulceration. J Tissue Viability 2004; 14: 102 - 103
Prof. Dr. Uwe Wollina
Hautklinik am Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt · Städtisches Klinikum ·
Friedrichstraße 41 · 01067 Dresden
Email: wollina-uw@khdf.de
Prof. Dr. Uwe Wollina
Hautklinik am Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt · Städtisches Klinikum ·
Friedrichstraße 41 · 01067 Dresden
Email: wollina-uw@khdf.de


Abb. 1 Atypische Mykobakteriose, sporotrichoide Form. a Knotiger Plaque am Handrücken und b subkutane Knoten entlang der Lymphbahnen am Oberarm.

Abb. 2 Atypische Mykobakteriose, Histologie (HE × 4): Dermal ausgedehnte Granulombildung.


Abb. 3 Lentigo-maligna-Melanom. a Ausgangsbefund, b unmittelbar bei Abschluss der Radiotherapie.

Abb. 4 Endangiitis obliterans der Finger.

Abb. 5 Persistent purpurische Mycosis fungoides.

Abb. 6 Persistent purpurische Mycosis fungoides, Histologie (HE 4 ×): In der oberen Dermis perivaskulär konzentriertes lymphozytäres Infiltrat, dezente epidermale spongiotische Entzündungsreaktion.


Abb. 7 Ausgedehnter therapieresistenter subakut-kutaner Lupus erythematodes a vor Behandlung, b nach Cyclophosphamid-Pulstherapie (3 Tage).

Abb. 8 Pachydermoperiostose: Prominente persistente Faltenbildung.

Abb. 9 Pachydermoperiostose: Uhrglasnägel und gering ausgeprägter Trommelschlegelfinger.

Abb. 10 Proteus-Syndrom: partieller Riesenwuchs und massive Stammvarikosis.

Abb. 11 Proteus-Syndrom: massive Exostosen.

Abb. 12 Morbus Galli-Galli: Kleine hyperpigmentierte Makeln und Papeln.

Abb. 13 Vernarbendes Schleimhautpemphigoid - Synechien an den Augenlidern, Photosensitivität.

Abb. 14 Vernarbendes Schleimhautpemphigoid - kutane Manifestation mit krustösen Herden, keine Blasen.

Abb. 15 Porokeratose, Histologie: typische Kornoidlamelle (HE × 4).

Abb. 16 Ausgedehnte dystope Kalzifizierungen bei Ulcus cruris und CVI. Röntgen p. a. 2005.