psychoneuro 2006; 32(9): 398
DOI: 10.1055/s-2006-955073
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Suizidale Handlungen als Nebenwirkung selektiv-serotonerger Antidepressiva?

Jürgen Fritze1
  • 1Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN)
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Publication Date:
11 October 2006 (online)

Zusammenfassung

In den Fachinformationen und Gebrauchsinformationen einiger Fertigarzneimittel mit dem Wirkstoff Citalopram wird unter Nebenwirkungen die Inzidenz von „Selbstmordversuchen” mit „häufig (> 1 %)” angegeben. Das steht in Widerspruch zu publizierten Studien (ca. 0,003 %, z.B. Fergusson et al. 2005) und würde angesichts von jährlich ca. 2 Mio. (grobe Schätzung auf der Basis der Verordnungsdaten des Arzneiverordnungsreports 2005) mit Antidepressiva vom Typ der selektiv-serotonergen Antidepressiva (SSRI) inklusive Venlafaxin und Duloxetin behandelten Patienten bedeuten, dass jährlich rund 20000 (oder auch 200000, da „häufig” bis 10 % reicht) Suizidversuche diesem Typ der Antidepressiva anzulasten wären. Das wären 10-20 % (oder auch bis zu 100 %) aller in Deutschland jährlich begangenen Suizidversuche, deren Zahl anhand der Daten aus der WHO-Studie (Würzburg/Nürnberg) auf 100000 bis 200000 geschätzt werden kann.

Literatur:

  • 1 Fergusson D, Doucette S, Cranley K Glass, Shapiro S, Healy D, Hebert P, Hutton B. Association between suicide attempts and selective serotonin reuptake inhibitors: systematic review of randomised controlled trials.  BMJ. 2005;  330 396-402

Korrespondenzadresse:

Prof. Dr. med. Jürgen Fritze

Gesundheitspolitischer Sprecher, Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde

Asternweg 65

50259 Pulheim