Notfall & Hausarztmedizin 2006; 32(10): 466
DOI: 10.1055/s-2006-956968
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Intelligente Schmerztherapie - Hohe Analgesie bei gleichzeitiger Regulation der Darmtätigkeit

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Publication Date:
27 November 2006 (online)

 
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Seit dem 2. Oktober 2006 ist ein neues, innovatives Medikament erhältlich, das die Schmerztherapie für Arzt und Patient deutlich vereinfacht. Mit der fixen Wirkstoffkombination Oxycodon und Naloxon in retardierter Form gelingt es, den gewünschten analgetischen Effekt von Oxycodon zu bewahren, die Entstehung einer opioid-induzierten Obstipation aber zu verhindern beziehungsweise deutlich zu reduzieren. Damit steht zum ersten Mal ein Präparat gegen starke Schmerzen zur Verfügung, das zugleich kausal an den Ursachen der opioid-bedingten gastrointestinalen Störungen ansetzt. Der therapeutische Nutzen für den Patienten wurde vom BfArM so hoch eingeschätzt, dass die Zulassung für Targin® im Fast-Track-Verfahren erteilt wurde.

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Obstipation als häufigste Nebenwirkung der Opioidtherapie

Die opioid-bedingte Obstipation beeinträchtigt die Lebensqualität Betroffener massiv, betonte Dr. Gerhard Müller-Schwefe, Göppingen. Die Opioidbindung an die Rezeptoren des Plexus submucosus und Plexus myentericus im Magen-Darm-Trakt bewirkt eine verstärkte Kontraktion der Ringmuskulatur, eine Erschlaffung der Längskontraktion des Darms und damit Spasmen wie auch Obstipation. Gleichzeitig wird die gastrointestinale Sekretionsleistung reduziert. Das Ergebnis ist eine massive Trägheit des Darms mit Verlangsamung der Darmpassage, inkompletter Stuhlentleerung, Blähungen und Krämpfen, Reflux, sauerem Aufstoßen, Darmgeräuschen und unkontrollierbarer Stuhlentleerung. Die zur Behandlung der opioid-induzierten Obstipation zur Verfügung stehenden Therapieoptionen verursachen ihrerseits Nebenwirkungen, die zusätzlich Schmerzen bereiten, zum Beispiel Darmspasmen, Krämpfe, Blähungen und wechselnde Durchfälle.

Eine Querschnittsbefragung von 13000 Patienten in Deutschland (DSL-Survey 2005, Deutsche Schmerzliga) ermittelte 4613 Patienten, die eine Monotherapie mit stark wirksamen Opioiden erhielten. Alle wurden zur Verträglichkeit der Opioide befragt. Das mediane Alter betrug 55 Jahre, 88% von ihnen litten unter nicht tumorbedingten Schmerzen. Mäßig bis extreme Beeinträchtigungen hatten 55% hinsichtlich des Stuhlverhaltens, knapp 50% litten unter Bauchschmerzen, 30% unter Koliken/Krämpfen, 80% unter Obstipation, 65% waren in ihrem Schlafverhalten beeinträchtigt. 55 bis 65% gaben an, bei Beruf und Haushalt, sozialen Kontakten, Stimmung und Lebensfreude sowie globaler Lebensqualität mäßig bis extrem beeinträchtigt zu sein, berichtete PD Dr. Michael Überall, Nürnberg.

Überall zeigte, dass der Anteil extremer Obstipationsbeschwerden ohne vorbeugende Gegenmaßnahmen bei etwa 35% und unter vorbeugenden Gegenmaßnahmen bei 1% lag. Er schlussfolgerte: Wer unter einer Opioid-induzierten Obstipation leidet und nicht initial begleittherapiert wird, hat keine Chancen auf die Beseitigung der Obstipation, sondern allenfalls auf deren Linderung.

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Kombination von Oxycodon und Naloxon

Targin® setzt kausal an den Ursachen der opioid-bedingten gastrointestinalen Störungen an. Das oral gegebene Naloxon wirkt an Opioidrezeptoren des Magen-Darm-Traktes, gelangt unmittelbar nach der Resorption über die Pfortader in die Leber und wird hier fast komplett abgebaut (> 97% im First Pass). Damit wirkt Naloxon prähepatisch peripher (2p) und gelangt nicht in das zentrale Nervensystem. Dagegen gelangt Oxycodon nach der Passage der Leber über den Blutkreislauf in das Nervensystem und entfaltet dort seine volle analgetische Wirkung, erklärte Müller-Schwefe.

Das Präparat eignet sich für Patienten mit starken und sehr starken Schmerzen: opioid-naive Patienten, Patienten mit opioid-bedingten Magen-Darm-Problemen und Patienten mit unzureichender Analgesie. In Studien hat sich als optimales Verhältnis Oxycodon zu Naloxon 2:1 herauskristallisiert (Abb. [1]). Durch den Wegfall sonst notwendiger Laxantien werden nicht nur zusätzliche Kosten eingespart (jährlich 750 bis 1500 Euro/Patient), auch die Therapie wird wesentlich vereinfacht.

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Patienten bewerten die Kombination von Naloxon und Oxycodon wirksamer als die Monotherapie mit Oxycodon

Bettina Baierl, Berlin

Quelle: Einführungspressekonferenz: "Targin": Die intelligente Schmerztherapie", September 2006 in Berlin. Veranstalter: Mundipharma GmbH, Limburg/Lahn.

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Literatur

  • 01 Hopp M . et al . Influence of an addition of naloxone to prolonged release (PR) oxycodone on the analgesic efficacy - Results of a clinical study. Bremen: Deutscher Schmerzkongress 2005, Poster 11.2 
  • 02 Hopp M . et al . The combination of naloxone with prolonged release (PR) oxycodon is able to reduce opioid-induced constipation - Results of a clinical study. Bremen: Deutscher Schmerzkongress 2005, Poster 11.3 
  • 03 Hopp M . et al . Schmerz 2005; 19: 103 (Sonderheft). 
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Literatur

  • 01 Hopp M . et al . Influence of an addition of naloxone to prolonged release (PR) oxycodone on the analgesic efficacy - Results of a clinical study. Bremen: Deutscher Schmerzkongress 2005, Poster 11.2 
  • 02 Hopp M . et al . The combination of naloxone with prolonged release (PR) oxycodon is able to reduce opioid-induced constipation - Results of a clinical study. Bremen: Deutscher Schmerzkongress 2005, Poster 11.3 
  • 03 Hopp M . et al . Schmerz 2005; 19: 103 (Sonderheft). 
 
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Patienten bewerten die Kombination von Naloxon und Oxycodon wirksamer als die Monotherapie mit Oxycodon