Notfall & Hausarztmedizin 2006; 32(12): 590
DOI: 10.1055/s-2006-958509
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Umstellung auf Insulin-Analogon - Weniger Hypoglykämien und keine Gewichtszunahme

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Publication Date:
03 January 2007 (online)

 
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Entsprechend den Leitlinien der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) beginnt die Behandlung des Typ-2-Diabetes mit einer Veränderung des Lebensstils, das heißt durch gesteigerte Bewegung und Gewichtsreduktion. Sind diese Maßnahmen erfolglos, sollte eine orale antidiabetische Medikation folgen, schilderte Dr. Christoph Axmann aus Liebenburg die Vorgehensweise. Sollte auch dies nicht ausreichend sein, werde auch für Patienten mit Typ-2-Diabetes eine Insulintherapie notwendig.

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Ängste und Sorgen der Patienten ernst nehmen

"Sowohl für den Patienten als auch für den Arzt stellt die Ein- beziehungsweise Umstellung auf Insulin eine große Herausforderung dar", betonte Axmann. Für Patienten ist die Angst, in der Öffentlichkeit mit einer Insulinspritze aufzufallen besonders groß. Wie soll es im Alltag, im Restaurant, auf Reisen oder am Arbeitsplatz weitergehen? Dazu kommt die Angst vor Unterzuckerung und dem damit drohenden plötzlichen Verlust der Körperkontrolle. Ein wichtiges Thema ist auch die Sorge vor einer Gewichtszunahme durch die Therapie mit Insulin. Daher gilt es, behutsam mit der Insulintherapie zu beginnen. Einen besonders einfachen Einstieg in die Insulintherapie bei Typ-2-Diabetes bietet laut Axmann die Gabe eines Verzögerungsinsulins am Abend oder zur Nacht, die orale Medikation kann meist beibehalten werden.

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Insulintherapie sollte einfach und sicher sein - ohne Gewichtszunahme

Welche Möglichkeiten der Insulintherapie es in der hausärztlichen Praxis gibt, stellte PD Dr. Klaus Ratzmann aus Berlin vor. So lässt sich aus der DAWN-Studie (Diabetes Ansichten, Wünsche und Nöte, 2002) ableiten, dass eine Insulintherapie einfach und sicher sein sollte. Dabei gelten diese Forderungen besonders für ältere, zumeist multimorbide Diabetiker und müssen sich an den Fähigkeiten und Fertigkeiten, zum Beispiel der Blutzuckerselbstkontrolle, orientieren. Dies zeigte er anhand einer zufälligen Stichprobe von 400 Patienten mit Typ-2-Diabetes in seiner Praxis: Jeder Zweite wünscht sich eine Therapie mit nur einer Injektion täglich. Auch die Gewichtszunahme, die mit einer Insulinbehandlung einhergeht, ist ein Problem. "Sie wirkt sich nicht nur körperlich, sondern auch psychisch aus", unterstrich Ratzmann. Eine Gewichtszunahme, vor allem in Kombination mit Diabetes, führt zu einem signifikant erhöhten kardiovaskulären Risiko und kann zu Depressionen führen.

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PREDICTIVETM: Gewicht bei Typ-2-Diabetikern verringerte sich

Allerdings haben neue Ergebnisse der PREDICTIVETM-Praxisbeobachtung gezeigt, dass eine Insulintherapie nicht zwangsläufig zu einem Gewichtsanstieg führen muss. An der prospektiven, nicht interventionellen, offenen Untersuchung nehmen mehr als 35000 Patienten mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes in derzeit 21 Ländern teil. Die ersten Daten der deutschen Gruppe basieren auf 10276 Patienten und wurden im Juni 2006 auf dem Kongress der amerikanischen Gesellschaft für Diabetes (ADA) vorgestellt. Die Teilnehmer der Praxisbeobachtung wurden auf das langwirksame Insulinanalogon Insulindetemir (Levemir®) umgestellt, da mit der bisherigen Behandlung die Therapieziele nicht erreicht wurden, oder es erfolgte eine Insulin-Neueinstellung bei "insulinnaiven" Patienten mit oraler Vortherapie. Drei Monate nach Umstellung auf Insulindetemir verbesserten sich die HbA1c-Werte signifikant bei Typ-1- und Typ-2-Diabetes. Die Hypoglykämierate bei Patienten mit Typ-1-Diabetes sank von 44,3 auf 12,5 und bei Typ-2-Diabetikern von 6,9 auf 1,6 Ereignisse pro Patientenjahr. Drei viertel der Patienten mit Typ-2-Diabetes erhielten lediglich eine Injektion Levemir® pro Tag. "Beeindruckend war, dass die signifikante Stoffwechselverbesserung nicht mit einer Gewichtszunahme vergesellschaftet war", sagte Ratzmann. Bei Patienten mit Typ-1-Diabetes blieb das Körpergewicht stabil, während es bei den Typ-2-Diabetikern sogar zu einer geringen, aber signifikanten Gewichtsabnahme kam. Neu war auch die Beobachtung, dass der Beginn einer Insulinbehandlung bei unzureichendem oralen Therapieerfolg nicht immer zu einem Gewichtsanstieg führen muss. Das verdeutlichten die Resultate einer Untergruppe von 1321 Typ-2-Diabetikern, bei denen eine orale Vorbehandlung in der Kombination mit Insulindetemir fortgesetzt wurde. Nach zwölf Wochen verbesserte sich der mittlere HbA1c-Wert von 8,5 auf 7,2%, die Hypoglykämierate ging von 1,4 auf 0,3 Ereignisse pro Patientenjahr zurück. Es kam zu keiner Gewichtszunahme, sondern einem Gewichtsverlust von zirka einem Kilogramm.

Die Ursache für die vorteilhafte Wirkung von Insulindetemir auf die Gewichtsentwicklung ist noch nicht in allen Einzelheiten aufgeklärt. Vermutlich sind jedoch die Albuminbindung und dadurch bedingte höhere Insulinkonzentrationen im ZNS für diesen günstigen Effekt verantwortlich. So wird dem Insulin eine ähnliche Wirkung wie dem Leptin zugesprochen, das in speziellen Regionen des Hypothalamus das Sättigungsgefühl moduliert.

Quelle: Pressemitteilung zu den Grünwalder Gesprächen "Diabetes und Übergewicht - Insulintherapie in der hausärztlichen Praxis", herausgegeben von Novo Nordisk Pharma GmbH, Mainz.

 
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