Besteht bei einer schwangeren Patientin der Verdacht auf eine Lungenembolie, ist der
Fetus bei einer Ventilations-/Perfusions (V/P)-Szintigrafie einer vielfach höheren
Strahlenbelastung ausgesetzt als bei einer CT-Angiografie. Groves et al. untersuchten,
ob Fachleuten, die in die Diagnostik von Lungenembolien involviert sind, dieser Sachverhalt
bewusst ist.
Radiology 2006; 240:765-770
Die Autoren befragten in persönlichen Gesprächen insgesamt 161 Spezialisten in 7 kommunalen
Krankenhäusern und 7 Universitätskliniken in Großbritannien zur Dosimetrie der beiden
Verfahren V/P-Szintigrafie und CT-Angiografie in der Schwangerschaft. 102 der Studienteilnehmer
waren Radiologen (oder in der Ausbildung zum Radiologen), 13 Fachärzte für Nuklearmedizin
(oder in Ausbildung), 7 Ärzte mit beiden Fachbezeichnungen (oder in Ausbildung), 16
Medizinphysiker (oder in Ausbildung) und 23 Pneumologen (oder in Ausbildung). Es wurde
danach gefragt, welche der beiden bildgebenden Methoden für den Fetus bzw. für die
Schwangere die höhere Strahlenbelastung mit sich bringt und eine Einschätzung der
jeweiligen Strahlendosen der Verfahren bei der Schwangeren und beim Fetus erbeten
(Tab. [1]).
Nicht jeder weiß, welche Untersuchung den Fetus mehr belastet
Nicht jeder weiß, welche Untersuchung den Fetus mehr belastet
Nur 2% der Studienteilnehmer konnten alle 8 Fragen korrekt beantworten. 84% schätzten
die Strahlenbelastung für einen erwachsenen Menschen durch eine CT-Angiografie richtig
als höher ein als die durch eine V/P-Szintigrafie, aber nur 58% gaben die richtige
Antwort auf die Frage, welches Verfahren in der Schwangerschaft die höhere Strahlenbelastung
für den Fetus mit sich bringt. Das bedeutet, dass sich fast die Hälfte der Studienteilnehmer
nicht darüber im Klaren war, dass bei schwangeren Patientinnen - zumindest vom Aspekt
der Strahlenbelastung für den Fetus her gesehen - die CT-Angiografie gegenüber der
V/P-Szintigrafie bevorzugt werden sollte.
Wissenslücken in allen Teilnehmergruppen
Wissenslücken in allen Teilnehmergruppen
Bei der Rate der richtigen Antworten auf diese Frage zeigten sich in der Subgruppenanalyse
keine signifikanten Unterschiede, d.h. Spezialisten verschiedener Fachrichtungen,
Angehörige von kommunalen Krankenhäusern und Universitätskliniken sowie Fachärzte
und Ärzte in der Facharztausbildung gaben gleich häufig die falsche Antwort.
Die Autoren führen aus, dass, abhängig vom Schwangerschaftstrimester, die fetale Strahlendosis
bei einer V/P-Szintigrafie mehr als 200-mal höher liegen kann als bei einer CT-Angiografie.
Allerdings geben sie zu bedenken, dass es trotzdem auch Argumente gibt, die für eine
V/P-Szintigrafie in der Schwangerschaft sprechen könnten: Zum einen liegt die Strahlenbelastung
der Mutter bei einer CT-Angiografie höher als bei einer V/P-Szintigrafie, zum anderen
gibt es bisher keine kontrollierten Studien zu der Frage der schädlichen Effekte des
Röntgenkontrastmittels bei der CT auf den Fetus. Außerdem kann aufgrund der Verdünnung
des Kontrastmittels durch das erhöhte Blutvolumen in der Schwangerschaft die Beurteilbarkeit
einer CT-Angiografie beeinträchtigt sein.
Fazit
Fazit
Unabhängig von Ausbildungsstand, Fachrichtung und Status der Klinik konnten in Großbritannien
bei Spezialisten, die mit der Diagnostik von Lungenembolien in der Schwangerschaft
betraut sind, Wissensdefizite hinsichtlich der Dosimetrie festgestellt werden. Die
Autoren weisen darauf hin, dass zusätzliche Fortbildungen zu diesem Thema erfolgen
sollten.
Dr. Katharina Franke, Frankfurt/Main