ergoscience 2007; 2(4): 167-168
DOI: 10.1055/s-2007-963549
Veranstaltungsberichte

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Beratung als neues Handlungsfeld in pflegerischen und therapeutischen Berufen - Tagung an der FH Bielefeld am 20. Juni 2007

H. Becker1
  • 1Georg Thieme Verlag, Stuttgart
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Publication Date:
04 October 2007 (online)

Die Angebote im Gesundheitswesen werden besonders für die wachsende Zahl chronisch kranker Patienten immer vielfältiger, komplexer und unübersichtlicher. Betroffene wollen und müssen stärker mitentscheiden, um Lösungen für ihre individuelle Situation zu finden. Das setzt voraus, dass ihnen nicht nur ausreichend Informationen zur Verfügung stehen, sondern sie benötigen meist auch eine neutrale Hilfe beim Abwägen von Vor- und Nachteilen.

Deshalb sind alle Berufe im Gesundheitswesen gefragt, sich Beratung als ein neues Handlungsfeld zu erschließen. Die FH Bielefeld bot mit ihrer interdisziplinären Fachtagung Angehörigen der therapeutischen und pflegerischen Berufe die Möglichkeit, sich einen Überblick über das Thema, den aktuellen Beratungsmarkt und die Zukunftsaussichten zu verschaffen.

Die Einführungsvorträge von Ursula Walkenhorst und Ute Hartmann, beide Professorinnen an der FH Bielefeld, zeigten unter anderem die Notwendigkeit auf, den Beratungsbegriff für Therapie und Pflege zu klären und von Patientenedukation, Anleitung, Schulung und Information sowie von psychotherapeutischer Beratung abzugrenzen. Ursula Walkenhorst fokussierte in ihrem Vortrag grundlegende Aspekte des Handlungsfeldes Beratung im Gesundheitswesen und leitete Anforderungen an und Perspektiven für Beratungsangebote in diesem Kontext ab. Ute Hartmann ging der Frage nach, welche Kompetenzen gute Beratung benötigt und welchen Beitrag hierzu verschiedene Beratungskonzepte leisten können. Bislang fehlt eine „Beratungsforschung”, die den Beratungsbedarf in der Prävention und Behandlung akuter und chronischer Erkrankungen klären, Konzepte für die Beratung entwickeln und evaluieren könnte.

Ganz anders sieht es in den Niederlanden aus, wo Beratung (z. B. Hilfsmittel- und Wohnraumberatung) bereits ein fester Bestandteil der ergotherapeutischen Praxis ist. Jeanne Heijkers, Dozentin an der Hogeschool Zuyd in Heerlen, berichtete über gesetzliche Voraussetzungen, Zuständigkeiten, Organisation und Ausbildung in diesem wichtigen Bereich.

Im Anschluss hatten mehr als 100 Teilnehmer die Gelegenheit, sich im Rahmen von jeweils 2 verschiedenen Workshops von kompetenten Vertreterinnen aus der Praxis in unterschiedliche Beratungsfelder einführen zu lassen und zu reflektieren, welche Bereiche der Beratung sich für ihren Beruf und Arbeitsbereich eröffnen könnten. So berichtete Annette Brümmer über die Arbeit der Niedersächsischen Fachstelle für Wohnberatung in Bremen. Das Thema von Peggy Nöbel von der Autovision GmbH Wolfsburg war Beratung im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements. Simone Rusch stellte das Patienteninformationszentrum des Klinikums Lüdenscheid als ein Beispiel praktizierter Pflegeberatung vor. Der Fokus von Judith Storff vom Gesundheitsladen Bielefeld lag auf Patientenberatung und den Besonderheiten „trägerunabhängiger” Beratungsstellen.

Abgerundet wurde die Veranstaltung durch die Podiumsdiskussion mit Vertreterinnen der Berufsverbände ([Abb. 1]). Leider war Maria Miesen vom Deutschen Verband der Ergotherapeuten (DVE) e. V. erkrankt und die Ergotherapeuten deshalb nicht vertreten. Was Cornelia Schneider vom Deutschen Verband für Physiotherapie (ZVK) für die Physiotherapeuten ausdrückte, trifft aber auch auf Ergotherapeuten zu: Zu lange wurde auf Veränderungen reagiert, statt sie aktiv mitzugestalten, sodass bereits berufsfremde Anbieter auf den Beratermarkt drängen. Deshalb ist schnelles Handeln notwendig, damit ihre Zukunftsvision wahr wird: Angehörige der Therapieberufe als unverzichtbare und autonome Berater in unterschiedlichen Feldern des Gesundheitswesens, der Industrie und der Verwaltung.

Abb. 1 Podiumsdiskussion mit Birgit Preis (Mi li; DFBK) und Cornelia Schneider (Mi re; ZVK) sowie Prof. Ursula Walkenhorst (li) und Ute Hartmann (re).

Heidrun Becker

Email: Heidrun.Becker@thieme.de

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