Geburtshilfe Frauenheilkd 2007; 67(9): R73-R100
DOI: 10.1055/s-2007-965764
GebFra-Refresher

Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Signalhemmer in der gynäkologischen Onkologie

S. M. Jud1 , M. G. Schrauder1 , M. P. Lux1 , P. A. Fasching1 , M. W. Beckmann1 , C. R. Löhberg1
  • 1Frauenklinik Universitätsklinikum Erlangen
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Publication Date:
19 September 2007 (online)

Einleitung

Die Therapie gynäkologischer Tumoren entwickelt sich schnell weiter.

Neben der Radiatio, Chemotherapie und Antihormontherapie gewinnt die Behandlung mit Signalhemmern („small molecules“, „target therapy“) immer weiter an Bedeutung.

Als Signalhemmer werden Stoffe bezeichnet,

Signalhemmer verhindern die Weitergabe intrazellulärer Signale und hemmen durch Interaktion mit anderen Signalketten Tumorwachstum und Fernmetastasierung.

die zum einen die Weitergabe intrazellulärer Signale als „Befehle“ während des Zellmetabolismus und ‐zyklus verhindern und somit zu einer Destabilisierung des ganzen „malignen“ Mikroorganismus führen. Zum anderen hemmen sie durch Interaktionen mit anderen Signalketten und deren Faktoren das Tumorwachstum in der direkten Umgebung und die Fernmetastasierung oder - analog zu Schutzimpfungen gegen Infektionen - sensibilisieren den Körper gegen bestimmte Stoffe und bauen somit die Immunabwehr gezielt auf.

Waren bis vor einigen

Waren bis vor wenigen Jahren Antiöstrogene die einzigen Substanzen, kommen in den letzten Jahren immer neue Stoffe dazu.

Jahren die Antiöstrogene die einzigen Substanzen, die bei einem bestimmten Kollektiv angewandt wurden (anfänglich noch bei allen Brustkrebspatientinnen, später nur noch bei hormonrezeptorpositiven Patientinnen), kommen in den letzten Jahren immer neue Substanzen in die klinische Erprobung und zum Einsatz, die auf eine ganz bestimmte Kaskaden im Zellzyklus einwirken und somit z. B. die Vermehrung hemmen oder die Apoptose auslösen.

Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen beschäftigen sich aktuell mit der onkogenen Signaltransduktion in Tumorzellen, von der Zelloberfläche über unzählige Signalwege bis hin zum Effekt auf DNA oder Proteinebene.

Mittlerweile zeichnet

Mittlerweile wird der Tumorbiologie zunehmend Bedeutung beigemessen.

sich ein deutlicher Trend ab, der der Tumorbiologie eine zunehmende Bedeutung beimisst. Dies zeigte sich sowohl in St. Gallen 2007 als auch auf dem ASCO 2006. Zum einen versucht man, in der Tumorbiologie prädiktive Faktoren zu finden, die eine zuverlässige Risikoabschätzung erlauben, zum anderen neue Wege, einzelne Kaskaden im Zellorganismus gezielt zu hemmen.

Die bereits etablierten prädiktiven Faktoren, die für die Therapieentscheidung derzeit eine klinische Rolle spielen, sind der Hormonrezeptor- und der HER2/neu-Status des Tumors. Diese sind ebenfalls prognostische Faktoren und ermöglichen somit zugleich eine spezifischere Risikoabschätzung.

Dieser Artikel soll eine Übersicht über die neuen Ansatzpunkte, Wirkungsmechanismen und Medikamente, die unter dem Namen Signalhemmer subsumiert werden, geben.

Substanzklassen

Die bestbekannte Substanzklasse der Signalhemmer sind die Antiöstrogene.

„We are now beginning an era in which primary and secondary systemic therapies for breast cancer can be based on sound biologic principles“, schrieb bereits 1978 McGuire und meinte damit die antiöstrogene Therapie beim hormonrezeptorpositiven Mammakarzinom. Beispielhaft werden hier die Substanzen Raloxifen, Tamoxifen, Fulvestrant und die Aromatasehemmer der dritten Generation sowie kurz die Klasse der GnRH-Analoga vorgestellt.

Antikörper

In den letzten Jahren kamen weitere Substanzen auf den Markt, welche über Brückenbildung ihre Effekte auf den Zellzyklus ausüben. Es werden indirekte und direkte therapeutische Effekte durch Antikörper unterschieden. Zu den direkten wird die Apoptoseauslösung, die Blockade von Wachstumsrezeptoren und die Induktion zur Bildung anti-ideotypischer Antikörper gezählt;

Bei den Antikörpern unterscheidet man direkte und indirekte therapeutische Effekte.

zu den indirekten Effekten zählt die antikörperabhängige zelluläre Zelltoxizität und die durch das Komplementsystem vermittelte zelluläre Zelltoxizität. In dieser Gruppe wird vor allem auf die in der gynäkologischen Onkologie gebräuchlichen Substanzen Trastuzumab, Abagovomab und Bevacizumab eingegangen.

Neue Signalhemmer

Noch in klinischer Erprobung befinden sich zum Großteil die neuen Signalhemmer (small molecules), die, meist intrazellulär, in einem ganz bestimmten Pathway auf die Regulierung wirken und somit eine Unterbrechung der jeweiligen Signalkette bewirken.

Essenzielle Zellfunktionen wie Proliferation, Differenzierung, Migration oder Zelltod werden durch externe Signale wie Zell-Zell-Kontakte, lösliche Signalmoleküle, oder Kontakte mit der umgebenden Matrix beeinflusst. Neben den Rezeptoren im Inneren der Tumorzelle sind dabei vor allem Wachstumsrezeptoren im Bereich der Zellmembran von entscheidender Bedeutung.

Anhand von Lapatinib, Enzastaurin, Sunitinib und Gefitinib sollen die Signaltransduktionswege und Wirkungsweisen dieser neuen Signalhemmer beispielhaft verdeutlicht werden ([Tab. 1]).

Tab. 1 Beispiele für Signalhemmer in der gynäkologischen Onkologie (nach St. Gallen 2007: S11, S12) Gruppen Ansatzpunkt Beispiele neue Antikörper HER2 Trastuzumab, Pertuzumab Inhibition Signaltransduktion Tyrosinkinase HER1 & 2 Lapatinib PKC & PI3K/AKT Enzastaurin Farnesyltransferase Inoafarnib, Tipifarnib MEK, Raf-Kinase BAY 43-9006 Raf-1, VEGFR, PDGFR Sorafenib Src, EphA2, C‐FMS Dasatinib Src SKI-605 Src, BCR‐ABL AZD 0530 mTor Temsirolimus, Everolimus Inhibitoren der Angiogenese VEGF Bevacizumab VEGF, PDGF, c-KIT Sunitinib VEGF‐A, PIGF VEGF-trap Vakzine HER2neu dHER2-AS15, Abagovomab MUC-1, CEA, Sialyl-tn Antihormontherapie SERM (Selektiver Östrogen-Rezeptor-Modulator) Tamoxifen, Raloxifen SERD (Selektiver Östrogen-Rezeptor-Destruktor) Fulvestrant GnRH-Analoga Aromatasehemmer Trenantone, Triptorelin, Goserelin Letrozol, Exemestan, Anastrozol

Dr. med. Sebastian M. Jud

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